Vereinf. Unterhaltsfestsetzung bei ausl. Kind

  • Hallo!

    Ich habe einen Fall, in dem ein in Polen (bei der Mutter) lebendes Kind über einen deutschen RA im vereinfachten Unterhaltsfestsetzungsverfahren nach §§ 645 ff ZPO die Unterhaltsfestsetzung gegen den hier lebenden Vater beantragt hat.

    Ich habe mich ein wenig umgehört und bin zu dem Schluss gekommen, dass es wohl streitig ist, ob in solchen Fällen überhaupt das vereinfachte Verfahren zulässig ist.
    Die Tendenz geht aber wohl eher dahin, das Verfahren auch in diesen Fällen als zulässig anzusehen.

    Hat schon jemand Erfahrungen damit oder zumindest eine Meinung dazu??

    Ulf

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  • Die einzigen Bedenken, die ich da hätte, ist die Höhe des Unterhalts. Der dürfte sich doch nach dem Bedarf des Kindes in Polen richten, oder?? Die Regelsatzverordnung bezieht sich ja auch auf den Bedarf eines sich in Deutschland aufhaltenden Unterhaltsberechtigten.

    Aber prinzipiell würde ich das Verfahren erstmal anlaufen lassen und abwarten, ob Einwendungen erhoben werden.

    Problematischer ist es in meinen Augen, wenn der Antragsgegner im Ausland ist von wegen Übersetzungen und Rechtshilfeverkehr und dem ganzen Drumherum. Da kann man m.E. nicht mehr von vereinfachtem Verfahren reden.

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

  • Der Ast. verlangt auch nur 70 % des Regelbetrags, daher sehe ich wegen der Höhe nicht unbedingt das Problem. Außerdem muss ich ja wohl die Höhe im vereinfachten Verfahren gerade nicht überprüfen.

    Einwendungen sind schon erhoben. Allerdings richten die sich nicht gegen die Zulässigkeit des Verfahrens und sind auch bisher nicht in der nötigen Form (Vordruckzwang!) erhoben.
    :aetsch:
    Der Ag.-Vertr. hält den begehrten Unterhalt für zu hoch und wendet sich auch allgemein gegen eine Verpflichtung zur Unterhaltszahlung (wegen Kindesentziehung durch die Mutter).

    Wenn ich festsetzen sollte, muss ich dann eigentlich 70 % nach § 1 oder § 2 der RegelbetragVO festsetzen??? :2gruebel:

    :akteferti

    Ulf

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  • Ich habe hier erst einmal Probleme mit der örtlichen Zuständigkeit. Ich gehe mal davon aus, dass das Kind polnischer Staatsbürger ist. Nach unserem Recht, und - soweit mit bekannt ist auch nach EU-Recht - ist der Wohnsitz des Minderjährigen für Unterhaltssachen zuständig. Da für ein polnisches Kind in Polen wohl auch polnisches Recht anzuwenden ist, bestimmt sich danach auch das Domizil oder der Wohnsitz (vgl. auch Art. 18 EGBGB). Von daher sehe ich nur die Zuständigkeit der polnischen Gerichte.

    Ich würde (nach deutschem Recht) mit OLG Celle, JAmt 2003, 374 argumentieren:

    Eine Doppelwohnsitz eines Kindes liegt aber dann nicht vor, wenn die Eltern aufgrund der im Einvernehmen beider Eltern erfolgten Übersiedlung des Kindes in den Haushalt eines Elternteils eine -zumindest stillschweigende- Regelung bezüglich des Wohnsitzes getroffen haben. Eine Änderung dieses "Alleinwohnsitzes" ist nur mit Zustimmung beider sorgeberechtigter Eltern möglich.

  • Nee, örtliche Zuständigkeit hier dürfte gegeben sein, da der Ag. hier seinen Wohnsitz hat: §§ 642 Abs. S. 2, 12, 13 ZPO.
    Das habe ich in Kommentierung und Rechtsprechung schon finden können.

    Auf Wohnsitz und Staatsangehörigkeit des Kindes kommt es bei im Ausland lebenden Kindern daher nicht an, wenn der Beklagte/Antragsgegner hier seinen Wohnsitz hat.

    Aber der Gedanke ist nicht abwegig! Hatte zunächst auch gehofft, mich für unzuständig erklären zu können. :(

    Ulf

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  • Was die Zuständigkeit angeht: Lesen bildet, o.k.

    Aber welches Recht findet hier Anwendung? § 642 ZPO ist eine allgemeine Vorschrift, nicht nur für das vV. Sollte polnisches materielles Recht Anwendung finden (Art. 18 EGBGB), würde ich das vV für unzulässig halten. An dieser Kiste würde ich mir die Finger nicht verbrennen. Im Zweifel kann das OLG den Zurückweisungsbeschluss wegen Unzulässigkeit ja aufheben und die Sache zurückverweisen.

  • Zitat von Manfred


    Was die Zuständigkeit angeht: Lesen bildet, o.k.



    Macht ja nix! Wie gesagt: War ja auch erst auf der Unzuständigkeits-Schiene.

    Zitat von Manfred


    Aber welches Recht findet hier Anwendung? § 642 ZPO ist eine allgemeine Vorschrift, nicht nur für das vV. Sollte polnisches materielles Recht Anwendung finden (Art. 18 EGBGB), würde ich das vV für unzulässig halten.



    Genau das ist ja nun mein Problem!
    Ich weiß es nicht, habe aber Literatur und Entscheidungen gefunden, aus denen (zumindest indirekt) hervor geht, dass das vV auch in meinem Fall zulässig sein soll. :eek:

    Ich finde das ja auch nicht schön, habe aber noch keine richtige Begründung für eine Ablehnung der Festsetzung gefunden. :(

    Und der Ag.-Vertr. hat dazu bisher leider gar nichts vorgebracht.

    Ulf

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  • Zitat

    Ich weiß es nicht, habe aber Literatur und Entscheidungen gefunden, aus denen (zumindest indirekt) hervor geht, dass das vV auch in meinem Fall zulässig sein soll.


    Was für Literatur ist das denn?
    Ist das Kind (auch) Deutscher findet Deutsches Recht Anwendung (Art. 18 Abs. 5 EGBGB). Ist das Kind ausschließlich Pole, wirst Du erst einmal ins polnische Recht verwiesen (Art. 18 I 1 EGBGB). Im polnischen Recht ist zuerst zu prüfen, ob das polnische IPR auch das polnische Unterhaltsrecht für anwendbar erklärt. Es könnte aber auch eine Zurückverweisung ins Deutsche Recht beinhalten. Wird das polnische Recht für Anwendbar erklärt, ist zu prüfen, ob das Kind nach polnische Recht Unterhalt beanspruchen kann. Ja, dann kein vV. Nein, dann Art. 18 II EGBGB (über den Umweg Art. 18 I 2 EGBGB) und vV möglich.

  • Habe zwei Entscheidungen gefunden (eine war vom OLG Hamm), aus denen das heraus zu lesen ist. Außerdem ist es (mehr oder weniger als Nebensatz) in meinem schon häufiger hier zum vV genannten Aufsatz von RiAG Harald Vogel, Berlin, in der FPR2002 erwähnt.

    Die genauen Fundstellen kann ich jetzt nicht nennen, da ich die Sachen ausgedruckt in die Akte gelegt habe und die Akte nun auf Frist hängt.

    "Mein" Kind ist in Deutschland geboren und der Vater ist Deutscher. Daher gehe ich darzeit davon aus, dass das Kind zumindest auch die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.

    Außerdem:
    Auch das vV ist ja ein ZPO-Verfahren und damit gilt doch grundsätzlich die Parteimaxime. Wäre die eventuelle Unanwendbarkeit des deutschen Unterhaltsrechts nicht ein Einwand, der vom Ag. vorgebracht werden müsste, bevor sich das Gericht überhaupt damit auseinander setzen muss???

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Zitat

    Auch das vV ist ja ein ZPO-Verfahren und damit gilt doch grundsätzlich die Parteimaxime. Wäre die eventuelle Unanwendbarkeit des deutschen Unterhaltsrechts nicht ein Einwand, der vom Ag. vorgebracht werden müsste, bevor sich das Gericht überhaupt damit auseinander setzen muss???


    Das ist eine Frage der Zulässigkeit. Die ist von Amts wegen zu prüfen. Der Einwand der Unzulässigkeit beschränkt sich nur auf solche Tatsachen, die dem Gericht nicht bekannt sind oder bekannt sein können. Zum Beispiel dann, wenn bereits ein Titel vorhanden wäre.

    Hinsichtlich der Staatsbürgerschaft würde ich schriftlich beim ASt. nachfragen. Die Antwort darauf kannst Du dann ja mit dem Antrag zustellen.

  • @Manfred

    Zitat

    Im Zweifel kann das OLG den Zurückweisungsbeschluss wegen Unzulässigkeit ja aufheben und die Sache zurückverweisen.



    Nur zur Klarstellung:
    Gem. § 646 Abs. 2 S.3 ZPO: "Die Zurückweisung ist nicht anfechtbar." Auch nicht mit einer Erinnerung, mein OLG (Stuttgart) sieht es jedenfalls so.

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

  • Zitat

    Gem. § 646 Abs. 2 S.3 ZPO: "Die Zurückweisung ist nicht anfechtbar." Auch nicht mit einer Erinnerung, mein OLG (Stuttgart) sieht es jedenfalls so.


    Die Rechtspflegererinnerung (11 II RpflG) ist auf jeden Fall gegeben, alleine schon wegen der Rechtswirkung der Anhängigkeit des Verfahrens.

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