BGH zu Schadensersatzansprüchen bei überlasteten Behörden

  • Seit Mitte der 90er Jahre hat sich -ausgerechnet im Personalbestand- vieles verbessert?

    Ich möchte diese Aussage nicht weiter kommentieren. Mit der Wahrheit hat sie jedenfalls nichts zu tun.


    :ironie:



    Natürlich hat sich viel gebessert! Man muss doch nur die Pensenzahlen erhöhen und schon hat man einen Personalüberschuss.

  • der pferdefuß steckt auch hier im detail.

    der bgh hat ja deutlich gesagt,das noch erforscht werden muß ob die behörden alle , also auch die höheren, im rahmen ihrer möglichkeiten den versuch der abhilfe gemacht haben .

    einen besseren hinweis für den nun folgenden vortrag des landesvertreters kann es wohl kaum geben .

    und das letztentlich der haushaltsgesetzgeber an allem schuld ist,aber eben nicht zu schadensersatz herangezogen werden kann , steht ja auch schon da,wenn auch nicht genau in diesen worten .

    das ergebnis wird also lauten : kein schadensersatz!

    und damit ist klar wo die verantwortung schlußendlich liegt und m.e. nach auch hingehört : bei der politik.

  • Tach Ulf - wenn die Kollegen so dumm sind und keine schreiben, dann weiß ich auch nicht. - Hierdurch werden Sie aus der haftung befreit. Der Oldenburger war wohl so schlau und hat dies gemacht. Ergo: Es haftet der Staat und nicht der Beamte im Innenverhältnis. - Klar wird die Anzeige nicht weitergereicht, weil es in den Verwaltungen nicht selten karrieregeile Bürokraten gibt, welche auf Kos ten von Anderen schnell nach "oben" wollen. (Zur Klarstellung: Es gibt auch Verwaltungsleute die OK sind)

  • hi

    wie geht es aus ?

    Wie immer

    Aufgrund eines Einzelfalls ist das GBA in ? zu verstärken. Sie werden daher aufgefordert 1 , 2,3,4,5 usw. Rechtspfleger zur Abarbeitung der bestehenden Reste an das Gericht abzuordnen.

    Nur leider wird keiner der abgeordneten Rechtspfleger dort ankommen :D

    gruß

    wulfgerd

  • Oder dort wird alles aufgearbeitet, dafür saufen die anderen Gerichte ab. Das ist doch alles keine Lösung des Problems, sondern nur eine Umschichtung desselben.

  • Was mich in diesem Zusammenhang tierisch nervt, ist das Überall das Grundbuchamt als Behörde bezeichnet wird, anscheinend auch vom BGH? Das Grundbuchamt ist (und bleibt auch hoffentlich) Gericht [...]



    gerichte sind auch behörden (wenn auch besonders ausgestaltete).

    Ich gehe davon aus, dass dieser RPfl generell Reste von über einem Jahr hat. Und dann sehe ich keine Veranlassung, willkürlich ausgewählte Rechtsgeschäfte vorzuziehen.



    :daumenrun genau diese unlängst erst hier im forum diskutierte und von mir abgelehnte "alles strikt der reihenfolge nach" - einstellung ist es doch, die genau zu so etwas führt, wie dem regreßfall.

    denn: grade wenn alles "generell" 1 jahr dauert, muss der sachbearbeiter sich darüber im klaren sein, dass diese ungewöhnliche und im prinzip unerträgliche bearbeitungszeit zu unbilligen härten führen kann. er muss daher besonders sensibel auf die nur hierdurch hervorgerufenen (verursacherprinzip!) problemfälle reagieren.

    aber lieber ab in die insolvenz mit dem bauträger, als die akte "willkürlich" vorzuziehen? dann ist justitia wahrlich blind. ferner ist eine vorgezogene bearbeitung aus guten sachlichen gründen ganz und gar keine willkür.

    ich gehe davon aus, dass der bauträger bestimmt nicht lautlos und ohne unzählige nachfragen beim GBA und dem rpfl. in die insolvenz gegangen ist. das wäre verhinderbar gewesen.

    dann muss man sich eben mal 1 oder 2 tage richtig hinsetzen und die sache mit den 45 einheiten angehen. bei 1 jahr 8 monate und daraus resultierender vernichtung eines unternehmens durch insolvenz hier nur einen "armen kerl" als systemopfer bemitleiden zu wollen, vollziehe ich nicht nach. irgendwann in dieser ganzen zeit sollte doch wohl mal gelegenheit gewesen sein, diese längst anbrennende sache anzugehen.

  • An Spekulationen zu den tatsächlichen Verhältnissen, unter denen das Oldenburger Grundbuchpensum bearbeitet werden konnte und mußte, will ich mich nicht beteiligen. Schlüsse auf sachdienliche Arbeitstechniken halte ich deswegen auch für gewagt.
    Für den, der noch nicht das zweifelhafte Vergnügen hatte, in "abgesoffenen" Pensen zu arbeiten: Ich bitte zu beachten, daß in solchen Fällen normalerweise eine Gemengelage verschiedener Problematiken vorliegt. Es sind erhebliche Rückstände zu bearbeiten, die häufig auch umfangreiche und/oder verfahrene Verfahren enthalten und in der Masse der Rückstände sind außerdem eine Menge "durchschnittlicher" Verfahren enthalten. Wegen der langen Erledigungszeiten verliert der Sachbearbeiter wegen häufiger Anfragen allein durchs Telefonieren viel Arbeitszeit und kann nur schwer den Überblick über das Pensum behalten. Verläßlich zu beurteilen, welche Sach(en) pro Woche am akutesten hochkochen, kann ähnlich einfach wie Kafffeesatzlesen ausfallen.
    Hinzu kommt eventuell noch, dass unter Umständen die Geschäftsentwicklung dazu führen kann, dass man lange Zeit weniger Akten vom Tisch bekommt als man zugetragen bekommt. Spätestens dann ist es wie Arbeiten im Minenfeld. In so einer Situation viele einfache Sachen abzuarbeiten statt wenige komplexe ist dann vermutlich die verführerische schiefe Bahn, auf die der Sachbearbeiter unweigerlich zuläuft, wenn keine Entlastung erfolgt.

  • Ich werde mir verkneifen, einmal mehr detailliert auf das Statement von oL einzugehen, da unsere beiden Positionen insoweit abgesteckt sind. Nur so viel: Den etwas "betagteren" Usern in diesem Forum ist seit langem bekannt, welche Position oL grundsätzlich gegenüber der Spezies Rechtspfleger vertritt - ich kann es nicht mehr lesen! Bei der Wahl dieses Berufes hat er offensichtlich gleich mit beiden Händen fürchterlich ins Klo gegriffen...
    Das Kernproblem und die Konsequenzen daraus hat er offenbar nicht gecheckt und will es auch gar nicht - wie üblich. Das war´s zu oL. :mad:

  • Gericht und Behörde verhält sich wie oL zu LOL.

    Beides hat jeweils nichts miteinander zu tun. Beim ersteren bin ich mir sicher und beim letzteren hoffe ich es.

  • Was mich in diesem Zusammenhang tierisch nervt, ist das Überall das Grundbuchamt als Behörde bezeichnet wird, anscheinend auch vom BGH? Das Grundbuchamt ist (und bleibt auch hoffentlich) Gericht [...]



    gerichte sind auch behörden (wenn auch besonders ausgestaltete).

    Diese Aussage ist leider falsch.
    Es gibt zwei verschiedene gebräuchliche Behördenbegriffe:
    1. Der verwaltungsorganisationsrechtliche Behördenbegriff und
    2. der funktionale Behördenbegriff nach dem Verwaltunsgverfahrensgesetz (vgl. z.B. Wiki)

    Um nicht allzu tief in staatstheoretische Überlegungen und in das Verfassungsrecht eintauchen zu müssen, sei kurz gesagt:
    Behörde ist eine (wie auch immer geartete) Organisationseinheit der Exekutive, also der Verwaltung.
    Das GBA ist definitiv keine Verwaltung sondern ein Teil der Judikative. So war´s jedenfalls eben gerade noch...

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

  • Warum es so wichtig immer wieder klarzustellen, dass es sich beim "Grundbuchamt" tatsächlich um das Grundbuchgericht handelt wurde bei der Diskussion bei folgendemThread deutlich.
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…rundbuchgericht

    Würden die Grundbuchsachen nämlich nicht durch ein unabhängiges Gericht und dort durch den sachlich unabhängigen Rechtspfleger bearbeitet, sondern durch eine Verwaltungsbehörde, dann könnten von Koch u. Co und örtlichen Politgrössen, tatsächlich Weisungen erteilt werden, welcher Grundbuchfall vorgezogen werden muss. Ein Anruf von Parteifreund zu Parteifreund würde dann genügen und der Grundbuchbeamte müsste in die Tasten klopfen..
    Zum neoliberalen Gedankengut von Ol ist in dem damaligen Thread genug gesagt worden.
    Grundbuchsachen müssen weiterhin durch ein unabhängiges Gericht bearbeitet werden und nicht durch eine Verwaltungsbehörde, das gehört zur Rechtsstaatlichkeit. Weiter gehört zur Rechtsstaatlichkeit, dass der Staat dafür sorgt, dass das Gericht seine Aufgaben nicht nur gut sondern auch rechtzeitig erledigen kann. Der BGH will geprüft haben, ob die Verwaltungen dieser Aufgabe nachgekommen sind oder nicht. Auf der "Anklagebank" sitzen also die "Verwaltungen", die offensichtlich nicht genügend unternommen haben, um dem Grundbuchgericht die rechtzeitige
    Erledigung seiner Entscheidungen zu ermöglichen.
    Auch der Richterbund sieht die Gefahr, dass die richterliche Unabhängigkeit aufgrund von Sparzwängen, Pebbs§ usw. gefährdet ist und somit der Justizgewährungsanspruch insgesamt.
    http://www.drb.de/?http://www.dr…hluss_qual.html

  • Den folgenden Ausführungen eines Richterfunktionärs ist wohl nichts hinzuzufügen, weil der Qualitätsverlust bei den Gerichten insgesamt zu befürchten ist. Die Folge der Werteverlagerung hin zu Quantität statt Qualität ist aus dem vom BGH entschiedenen Fall ganz deutlich geworden. Die Berufsvertretungen ( Richter, Rpfl., Beamte usw.) müssen an einem Strang ziehen:
    Ich zitiere:

    Wo bleibt bei diesem Gutachten die Frage nach der Qualität, nach der Bearbeitungstiefe und nach der Bearbeitungskultur.
    So formuliert das Gutachten lediglich, daß es von einer „rechtsstaatlichen Verfahrenserledigung „ausgeht. Soll dies heißen, daß das Gutachten lediglich ausschließt, daß die Richter und Staatsanwälte keine objektive Rechtsbeugung begehen (S.14)?
    Wäre eine solche Qualitätsuntersuchung nicht etwas neben der Sache?

    Machen Sie, sehr verehrter Herr Staatsminister Banzer, die Hessifizierung von Pebb§y nicht zu einer Chimäre des tatsächlich erforderlichen Personalbedarfs!

    Was ist eigentlich der mögliche Maßstab dafür, daß Pebbsy richtig hessifiziert ist?
    Es könnte sich die Veränderung im Bestand anbieten.
    Allerdings, solange auch Schwerkriminelle in Hessen Strafrabatte bekommen und soweit Hessen auch für Schwerkriminelle und unwillige Schuldner zum positiven Standortfaktor wird, ist die Qualität richterlicher und staatsanwaltlicher Tätigkeit nicht hinreichend berücksichtigt und der Rechtsstaat in Gefahr.


    Meine Damen und Herren!
    Folgendes muß unserem sehr verehrten Herrn Staatsminister Banzer mit Nachdruck gesagt werden:
    Eine Position: „Egal, was bei Pebb§y herauskommt, die Richter müssen 20 bis 30 % mehr arbeiten“, ist unannehmbar.

    Die vom Ministerium jetzt schon angedachten Zeiten, rauben den Richterinnen und Richtern, Staatsanwältinnen und Staatsanwälten soviel von auch dieser Berufsgruppe zustehenden Freizeit, daß die Kindererziehung nachhaltig bedroht ist und die Versorgungsfrage gefährdet werden könnte, falls Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälten wegen der sich ständig verschlechternden Alimentationslage Zeit benötigen, um den entsprechenden Lebensunterhalt für sich und die Familie auch zukünftig sichern zu können.

  • Gericht und Behörde [...]Beides hat jeweils nichts miteinander zu tun. Beim ersteren bin ich mir sicher [...]


    gerichte sind auch behörden (wenn auch besonders ausgestaltete).



    Diese Aussage ist leider falsch.



    @juris2112 & Tommy

    ich denke, ihr irrt hier beide:

    "Rechtsprechende Gewalt ist Richtern anvertraut wird durch Gerichte - besondere von der übrigen Staatsorganisation abgetrennte, mit Richtern besetzte Behörden (Seifert/Hömig Art. 92 GG Rn. 3) - ausgeübt."
    (zitiert nach Degenhart, Staatsrecht, Rn. 268)

    Gerichte erlangen ihren sonderstatus also inbesondere dadurch, dass neben dem normalen beamtenbestand, über den alle behörden standardmäßig verfügen (einfacher, mittlerer, gehobener, ggf. höherer dienst) richter tätig sind.

  • Mal abgesehen von der Diskussion um die Schadenersatzklage: warum haben sich die Parteien nicht auf eine Notarbestätigung als Fälligkeitsvoraussetzung geeinigt? Gglfls. auch nachträglich, nachdem erkennbar war, dass nicht innerhalb normaler Fristen eingetragen wird.

    Ich als Antragssteller hätte das Szenario nicht hingenommen. Klar, sowas kostet zusätzliches Geld. Aber man müßte dann heute sicher nicht mehr um 450 T€ streiten und u.U. wäre der Bauträger nicht insolvent geworden (obwohl: werden sie das nicht alle?).

    Wie auf vielen anderen Gebieten des täglichen Lebens auch, ist es IMHO sehr ratsam, Eigeninitiative zu entwickeln und sich nicht auf den Staat zu verlassen. Dort ist man nämlich sehr schnell verlassen.

    Ich bin Weinkenner. Wenn ich Wein trinke, merke ich sofort: aah, Wein. (Han Twerker)

  • Mal abgesehen von der Diskussion um die Schadenersatzklage: warum haben sich die Parteien nicht auf eine Notarbestätigung als Fälligkeitsvoraussetzung geeinigt? Gglfls. auch nachträglich, nachdem erkennbar war, dass nicht innerhalb normaler Fristen eingetragen wird.



    Das habe ich auch nie verstanden. Die Parteien machen - freiwillig - einen Vertrag, in dem die Fälligkeitsvoraussetzungen so gefaßt sind. Und schon drei Wochen nach Vertragsschluß fällt ihnen ein, dass man ja dem GBa mal auf die Füße treten könnte, warum das alles so lange dauert. Es geht ja schließlich um Geld! Aber das nur am Rande.
    Zum Thema selbst:
    Ich finde, es gibt an der Entscheidung letztlich nichts, was uns Rechtspflegern in der täglichen Praxis helfen würde. Letztlich läuft es doch darauf hinaus, dass ein Bürger keinen Anspruch darauf hat, dass das Land genügend Mittel bereit stellt, um die tatsächlich benötigten Rechtspfleger zu bezahlen. Er hat "lediglich" einen Anspruch darauf, dass von Seiten der Verwaltung das vorhandene Personal "ideal" eingesetzt wird. Wie das aussehen kann? Angenommen eine Abteilung des Gerichts macht gesammelt Überlastungsanzeige. Die örtliche Verwaltung sieht keine Möglichkeit etwas zu tun und gibt die Anzeige weiter. Und wenn das Gericht Pech hat, fallen "Orga-Profis" bei besagtem Gericht ein und organisieren alles neu - natürlich viel besser als vorher - und fertig ist die Laube. Die Profis ziehen wieder ab, nachdem sie alles durcheinander gebracht haben und sagen "so, jetzt müsste es laufen, macht mal schön". Wenn vor Ort eine wirklich schlechte Verwaltung gesessen hat, mag diese Vorgehensweise natürlich Sinn machen, aber ansonsten wird der Mangel nur anders verteilt, sonst nichts.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Und wenn das Gericht Pech hat, fallen "Orga-Profis" bei besagtem Gericht ein und organisieren alles neu - natürlich viel besser als vorher - und fertig ist die Laube. Die Profis ziehen wieder ab, nachdem sie alles durcheinander gebracht haben und sagen "so, jetzt müsste es laufen, macht mal schön". Wenn vor Ort eine wirklich schlechte Verwaltung gesessen hat, mag diese Vorgehensweise natürlich Sinn machen, aber ansonsten wird der Mangel nur anders verteilt, sonst nichts.

    Wenn es so läuft wie beschrieben, dann hat des Gericht wirklich Pech.

    Wenn es aber richtig läuf, dann wird nicht alles organisiert - sondern nur die Bereiche optimiert, bei denen es erforderlich ist. Und dann ist das hinterher besser als vorher, weil das der Name "Optimierung" schon besagt. Allerdings bezieht sich das nicht nur auf die Verwaltung. (Welche nicht immer der Grund für alle Mißstände ist). Auch die Arbeitsweise des einzelnen Rechtspflegers (oder auch anderen Bearbeiters) lässt sich verbessern. (Wer kann schon von sich behaupten, er arbeite optimal?) Nur muss dazu auch die Bereitschaft bestehen, neues auszuprobieren und nicht von vornherein alles abgelehnt werden.

    Selbstverständlich sind Umstellungen am Anfang immer mit Mehraufwand verbunden (zeitlich, arbeitstechnisch, monetär). Aber nur durch diese Invenstitionen kann für die Zukunft entsprechendes Potiential erarbeitet werden. Von Nix kommt auch nix.

    Freezer

  • http://5376.rapidforum.com/topic=100981850319

    * Amtspflicht zu raschem Behördenhandeln
    Behörde hat die Amtspflicht, Anträge mit der gebotenen Beschleunigung zu
    bearbeiten / Bürger stehen Schadensersatzansprüche gegen den Staat zu...
    Von Rechtsanwalt Matthias Möller-Meinecke, Frankfurt, Fachanwalt
    Verwaltungsrecht
    --> weiter... http://www.123recht.net/article.asp?a=20261


    Amtspflicht zu raschem Behördenhandeln

    Behörde hat die Amtspflicht, Anträge mit der gebotenen Beschleunigung zu bearbeiten

    Bürger stehen Schadensersatzansprüche gegen den Staat zu


    Der Autor


    Matthias Möller-Meinecke, Frankfurt, Fachanwalt Verwaltungsrecht
    beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Baurecht, Bauplanungsrecht, Straßen- und Wegerecht und hat Interessensschwerpunkte: Energierecht, Fachanwalt Verwaltungsrecht.
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    Der Bundesgerichtshofs bejaht Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüche wegen einer unzumutbaren Verzögerung beim Handeln einer Behörde.
    1. Der Sachverhalt

    In dem zugrunde liegenden Fall hatte ein Bauträger auf seinem Grundstück Eigentumswohnungen gebildet und diese an Interessenten verkauft. Die Kaufpreiszahlungen sollten erfolgen, wenn zugunsten der Käufer Vormerkungen im Grundbuch zur Sicherung ihrer Ansprüche auf Eigentumsübertragung eingetragen waren. Der hierfür zuständige Rechtspfleger des Amtsgerichts war jedoch überlastet und trug die Vormerkungen deswegen erst nach einem Jahr und acht Monaten ein. Wegen des dem insolvent gewordenen Bauträger entstandenen Zinsschadens verlangt nunmehr die finanzierende Sparkasse, der die Ersatzansprüche abgetreten worden sind, von dem Bundesland Schadensersatz in Höhe von zunächst etwa 450.000 €. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat ihr stattgegeben.
    2. BGH: Behörde hat die Amtspflicht, Anträge mit der gebotenen Beschleunigung zu bearbeiten

    Der Bundesgerichtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Prüfung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Er hat hierbei allerdings die geltend gemachten Ersatzansprüche im Ansatz bejaht.
    Jede Behörde hat die Amtspflicht, Anträge mit der gebotenen Beschleunigung zu bearbeiten. Ist dies wegen Überlastung des zuständigen Beamten nicht gewährleistet, so haben nicht nur die zuständige Behörde, sondern auch die übergeordneten Stellen bis hin zum Ministerium im Rahmen ihrer Möglichkeiten Abhilfe zu schaffen.
    Inwieweit sie hierzu in der Lage gewesen wären, ist im vorliegenden Rechtsstreit noch von den Instanzen zu klären. Soweit zur Beschleunigung Haushaltsmittel und Stellen z.B. für die Gerichte erforderlich sind, hat der Bundesgerichtshof an seiner ständigen Rechtsprechung festgehalten, dass auf eine etwaige Pflichtverletzung des Gesetzgebers ein Schadensersatzanspruch des Bürgers nicht gestützt werden kann.
    Bei der hier in Rede stehenden unzumutbaren Verzögerung von Eintragungsanträgen kommt außer dem Amtshaftungsanspruch noch ein Anspruch des Grundstückseigentümers auf angemessene Entschädigung für die entgangene Nutzung seines Eigentums aus dem Gesichtspunkt des so genannten "enteignungsgleichen Eingriffs" in Betracht. Die Voraussetzungen eines solchen Anspruchs, der allerdings nicht auf vollen Schadensausgleich gerichtet ist, hat der Bundesgerichtshof hier für gegeben erachtet. In dieser Beziehung waren aber noch weitere tatsächliche Feststellungen zur Höhe der Entschädigung durch das Berufungsgericht erforderlich.
    Urteil vom 11. Januar 2007 - III ZR 302/05
    3. Kommentar von Rechtsanwalt Möller-Meinecke

    Diese erfreuliche Entscheidung schafft etwas Klarheit: Jede Behörde hat gegenüber dem Bürger die Pflicht, dessen Anträge mit der gebotenen Beschleunigung zu bearbeiten. Mängel in der Arbeitsorganisation rechtfertigen zukünftig keine Verzögerung mehr. Auch sind die Behörden gehalten, die modernen Medien zur raschen Abstimmung mit anderen Fachbehörden zu nutzen. Begründet sich die Verzögerung hieraus, haftet der Staat für den dadurch verursachten Schaden gegenüber dem Bürger.
    Erfreulich ist auch die Klarstellung, dass nicht nur die zuständige Behörde Kontrollpflichten hat, sondern auch die übergeordneten Stellen bis hin zum Ministerium über die zügige Bearbeitung von Bürgeranträgen wachen müssen und bei erkannten Mängeln unverzüglich Abhilfe schaffen müssen.
    Eine kleine aber wichtige Ausflucht bei der Bundesgerichtshof den Behörden aber offen gelassen: Ist eine weitere Beschleunigung nur dadurch möglich, dass der Haushaltsgesetzgeber weitere Mittel für neue Stellen oder moderne Technik zur Verfügung stellt, scheitert der Schadensersatzanspruch des Bürgers, weil der Bundesgerichtshof in die Autonomie des Parlaments zur Verteilung der Haushaltsmittel nicht eingreifen will.

  • BVerfG: Feststellungsinteresse trotz Erledigung bei fehlerhafter Sachbehandlung durch Gericht
    Trägt ein Gericht durch verfahrensfehlerhafte Behandlung eines Antrags dazu bei, dass eine Entscheidung vor dessen Erledigung nicht mehr möglich ist, so kann es später nicht unter Hinweis auf die eingetretene Erledigung eine richterliche Klärung der Sache verweigern. Das Bundesverfassungsgerichts gab damit der Verfassungsbeschwerde einer Frau statt, die sich erfolglos gegen ein vierwöchiges Hausverbot in dem Gefängnis, in dem ihr Sohn einsaß, gewehrt hatte (Beschluss vom 27.12.2006; Az.: 2 BvR 803/05). | mehr...
    http://rsw.beck.de/rsw/shop/defau…12598&toc=HP.10
    Volltext der Mitteilung unter
    http://14775.rapidforum.com/topic=100380787342

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