Gerichtskostenrechnung

  • Hallo!
    Tu mich gerade in einer Sache etwas schwer.
    Für den 96 jährigen verwitweten Betreuten ist im November 2006 eine Betreuung eingerichtet worden, Berufsbetreuerin ist eingesetzt. Der Betreute befindet sich seit Sommer 2006 dauerhaft in einem Pflegeheim. Seine monatlichen Einnahmen decken seine monatlichen Ausgaben vollständig ab. Es ist noch ein Sparvermögen von 11 T€ vorhanden. Nun hat die Betreuerin das Vermögensverzeichnis eingereicht. Ein Grundstück (Wohnhaus und Nebengelass) ist vorhanden. Der Wert ist nicht bekannt. Das Wohnhaus ist derzeit im Leerstand. Meine Frage, da das Grundstück ja nun nicht mehr unter geschütztes Vermögen fällt, wie ermittle ich den Wert des Grundstücks? Bzw. welcher Aufwand sollte betrieben werden? Momentan kann er seine laufenden Kosten und auch die Vergütung der Betreuerin noch aus seinem Vermögen bestreiten. Tja, aber dann wäre da ja noch die Erstellung der Gerichtskostenrechnung...denke mal ich liege über dem Freibetrag der 25T€.

    lg Anja

  • In unserem Landkreis haben wir einen Gutachterausschuss für Grundstückswerte. Dort lasse ich die Betreuer den Quadratmeterpreis für das Grundstück erfragen. Diese Auskunft kostet in der Regel ca 10,00 €. Bzgl. der Aufbauten bitte ich den Betreuer, diese selbst zu schätzen.

    Sollte der Betreuer den Verkauf beabsichtigen, ist jedoch idR ein Gutachten einzuholen. Jedoch nur für die Vermögensermittlung zum Zwecke der Kostenprüfung wäre dies zu aufwendig und zu teuer.

    Meine Kollegen handhaben dies genauso.

  • Die Bodenrichtwerte kriegt man (hier zumindest) kostenlos vom landratsamt. das gebäude berechnen wir über die brandversicherungssumme von 1914 in DM (ich weis uralte mehtode, aber besser wie schätzen) genauso wie in nachlasssachen.

  • 1.In Niedersachsen ist die Kostenberechnung in Betreuungsverfahren auf den mittleren Dienst bzw. die Serviceeinheiten übertragen. Bei Euch nicht?

    Wenn ich will, kann ich natürlich Kosten berechnen.

    2. Alle, die die Angaben brauchen, können bei uns im Internet auf die Bodenrichtwerte zumindest für das Bundesland zugreifen. Wir haben entsprechende Kennungen und Passworte.

    3. Im Übrigen rechnen wir wie Andi82.

  • Zitat

    Niedersachsen ist die Kostenberechnung in Betreuungsverfahren auf den mittleren Dienst bzw. die Serviceeinheiten


    hier grds. auch - aber wir haben leider keinen kostenbeamten (bzw. angestellten mit dementsprechender vergütungstufe) in der serviceeinheit! :(

    das mit der landesweiten abfrage hört sich ja sehr gut an - hoffentlich ziehen die bayern da bald nach!

  • FVP und Boris-Grundstückswertetabelle. Berechnungs-excel-tabelle kann ich schicken. Ggfs. PN mit e-mail-Adresse senden (im Forum kann ich, glaube ich, keine Anlagen beifügen).

  • Habe noch eine Möglichkeit. Einheitswert (auf Grundsteuerbescheid) mit 4 multiplizieren (gab hier mal ´ne alte Entscheidung). Da die Grundsteuer jährlich zu zahlen ist, dürfte die Ermittlung des Wertes kein großer Aufwand darstellen.

  • Das mit dem vierfachen Einheitswert dürfte vor 20 - 30 Jahren teilweise tolerierte Praxis gewesen sein, kann aber heute auf keinen Fall mehr als brauchbare Wertermittlung angesehen werden:

    Siehe nur § 19 Abs. 4 KostO, wo als besonderes Privileg für Landwirte und Forstwirte für Vorgänge zur Übertragung des Bauernhofs oder sonst. land- oder forstwirtsch. Betriebs mit dem vierfachen Einheitswert zu bewerten sind, was damals (1989 wohl) als besondere Vergünstigung von den Bauern usw. erkämpft wurde. D. h. und wird allgem. so eingeschätzt, dass auch der vierfache Einheitswert nur einen Bruchteil des nach § 19 I u. II maßgeblichen Verkehrswertes bildet. S. auch Kommentare zu § 19 I u. II KostO.

  • Stimme zu.

    Der 4-fache Einheitswert ist -von den besagten Ausnahmen abgesehen- Schnee von gestern.

    Ich würde den Wert des Grundbesitzes aufgrund der Angaben der Angehörigen und/oder des Betreuers unter Berücksichtigung der letzten Bodenrichtwerte für Gebührenzwecke lediglich über den Daumen peilen. Alles andere steht nicht dafür.


  • Ich würde den Wert des Grundbesitzes aufgrund der Angaben der Angehörigen und/oder des Betreuers unter Berücksichtigung der letzten Bodenrichtwerte für Gebührenzwecke lediglich über den Daumen peilen. Alles andere steht nicht dafür.



    So sehe ich das auch. Die "Feuerversicherungsmethode" haben wir zwar auch gelernt, aber die wende ich nicht an, da ich die Gefahr sehe, das manch einer unter- oder überversichert ist und sich dies sehr zu Gunsten oder Lasten bei der Kostenrechnung auswirken könnte.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Bei der Daumenpeilmehtode kann man aber ganz schön daneben liegen, vorallem wenn man sich auf die Angaben des Betreuers verlassen muss, der es oft überhaupt nicht einsieht überhaupt Gerichtskosten zu zahlen => Gefahr einer zu niedrigen Schätzung! Dann doch lieber das Risiko bei der Brandversicherung!

  • Ich muss hinzufügen, dass ich den Wert von Grundbesitz auch in Nachlasssachen nie anhand der Brandversicherungsurkunde berechnet habe. Letztlich ist diese Methode doch nichts anderes als eine von der Rechtsprechung erfundene kostenrechtliche Hilfskrücke, um irgendeine Berechnungsmethode zu haben.

    Ein Beispiel: Einfamilienhaus in X.

    Den Bodenwert entnehme ich der vorliegenden und vom Gutachterausschuss von Amts wegen zur Verfügung gestellten aktuellen Richtwertliste. Einen Abschlag wegen der vorhandenen Bebauung nehme ich nicht vor. Alsdann schätze ich den Gebäudewert nach Baujahr, mitgeteiltem Erhaltungszustand und Wohnfläche analog zu den Preisen vergleichbarer Eigentumswohnungen und zähle diesen Wert dem Bodenrichtwert hinzu. Abschließend nehme ich noch eine Kontrollüberlegung vor, ob dieser Wert realistisch erscheint. Wenn man sich in seinem Landkreis auskennt, dann kommt man hierbei ohne großen Zeitaufwand zu einigermaßen realistischen Verkehrswerten. Das genügt (mir).

    Dass diese Methode durchaus funktioniert, ergibt sich m.E. schon daraus, dass sie der Revisor nicht beanstandet hat. Es kommt aber natürlich darauf an, ob der Revisor einem pragmatischen Denkansatz verhaftet ist oder ob er die Buchstaben der einschlägigen Kostenentscheidungen des BayObLG erst zählt, bevor er die Entscheidungen anwendet.

  • Bei der Daumenpeilmehtode kann man aber ganz schön daneben liegen, vorallem wenn man sich auf die Angaben des Betreuers verlassen muss, der es oft überhaupt nicht einsieht überhaupt Gerichtskosten zu zahlen => Gefahr einer zu niedrigen Schätzung! Dann doch lieber das Risiko bei der Brandversicherung!



    Die Gefahr ist sicherlich da.

    Im Rahmen des Verpflichtungstermins mache ich die Betreuer jedoch darauf aufmerksam, dass ein realistische Verkehrswert anzugeben ist. Ob der später angegebene Wert dies dann tatsächlich ist, läßt sich nach der von Juris dargestellten Methode m.E. schnell gegenrechnen.

    Manchmal hilft auch die lapidare Ansage an den Betreuer, dass ich bei einem absolut unrealistischen Wert einen Tag später auf der Matte stehe, um dem Betreuten seinen Grundbesitz abzukaufen. Die meisten Betreuer verstehen dann, dass man da nicht schwuppdiwupp irgendeinen Wert eintragen soll.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

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