RA drängelt wg. 120 Abs. IV

  • Ich habe hier ein wirkliches Murks-Verfahren geerbt :( .
    Die Parteien haben für den Fall der Scheidung einen Vergleich geschlossen, nach dem die Frau Anteile an zwei Lebensversicherungen in Höhe von rund 16.000 € erhalten sollte. Zugleich war vereinbart, dass das gemeinsame Haus der Parteien verkauft, von dem Kaufpreis zunächst die Verbindlichkeiten gedeckt werden und eine der LV für den Fall der Unterdeckung verwandt werden soll (Über die zweite LV wird in dem Zusammenhang nichts gesagt). Sollte sich darüber hinaus eine Unterdeckung ergeben, sollte diese zu 1/3 von der Frau, im übrigen vom Mann getragen werden.

    So. Die Frau hatte für das Verfahren PKH. Auf den Vergleich hin wurde eine Überprüfung nach 120 IV gemacht. Der Vordruck wurde eingereicht, ergab zu Vermögenswerten nichts, was dem Kollegen aber offenbar gereicht hat. Mitte 2005 kommt die Anwältin der Frau und regt eine Überprüfung an, da eine LV ausgezahlt worden sei (die zweite LV läßt sie unerwähnt). Vordruck wird rausgeschickt, ausgefüllt, gibt zur LV nichts her. Der Kollege fragt nochmal ausdrücklich nach der LV. Die Frau antwortet, das Haus sei verkauft worden, das Geld der LV dorthin geflossen. Sie sei froh gewesen, dass alle Versicherungen und der Kaufpreis die Schulden gedeckt hätten. Sie hätte von dem Geld nichts gesehen.
    Offen gestanden: damit wär`s das bei mir gewesen. Der Kollege hat aber ein Schreiben mit verschiedenen Fragen (Kauferlös, Restschulden, Gesamthöhe des ausgezahlten Betrages etc) abgelassen, das die Frau erst nach vielen Mahnungen damit beantwortet hat, dass sie keinen Überblick mehr hätte, uns aber Vollmacht erteilen würde, bei der Bank alle erforderlichen Auskünfte einzuholen. Was der Kollege auch getan hat :( . Die Bank hat aber nichts Konkretes mitgeteilt, der Kauferlös habe "bei weitem" die Verbindlichkeiten nicht gedeckt und es seien keine überschüssigen Beträge an die Frau ausgezahlt worden. Nähere Details könne man nur gegen Bearbeitungsgebühr erteilen, die dann der Frau nach Zeitaufwand in Rechnung gestellt würde. Natürlich hat aber daraufhin auch mal keiner bei der Frau nachgehakt.:mad:
    Zwischendurch hat in Vertretung immer mal wieder eine Kollegin versucht durch Schreiben an den RA (die Frau hat nichts, wir ordnen keine Zahlungen an) die Sache abzuschließen, aber jedes Mal kam ein anderer Wischiwaschi-Einwand des RA - von den vielen stereotypen Schreiben doch nunmehr seine Differenzvergütung auszuzahlen ganz abgesehen.
    Letzter Stand der Dinge ist, dass der RA nunmehr auf den Trichter mit der zweiten Versicherung gekommen ist und mal eben so die Behauptung aufstellt, dass die Summe, die der Frau aus den zwei LV zugeflossen sei, bei weitem die Unterdeckung aus dem Hausverkauf überstiegen habe.
    Dieses Schreiben wurde der Frau zur Stellungnahme übermittelt, die sich aber mal wieder nicht gerührt hat.

    Puh, soweit zum Sachverhalt. Letztlich ist die ganze Sache, wie ich finde, handwerklich ziemlich blöd gelaufen. Die Frau hat konkrete Fragen des Gerichts selten konkret beantwortet, aber letztlich ja schon eindeutig gesagt, das gesamte Geld sei für die Schulden aus dem Hausverkauf draufgegangen. Vernünftig nachgehakt hat aber von hier auch keiner. Jetzt antwortet sie schon wieder nicht. Andererseits ist sie vielleicht einfach nur die Fragerei leid, die Sache läuft ja jetzt schließlich schon lockere 1,5 Jahre.
    Ich bin hin- und her gerissen. Am liebsten würde ich dem RA schreiben, dass die Frau bereits 2005 erklärt habe, sie hätte von den Versicherungen nichts erhalten, da alles Geld in die Restschulden des Hauses gefolssen sei. Damit würde ich aber natürlich alles das, was die Kollegen seither gemacht haben ad absurdum führen.
    Alternativ könnet ich natürlich der fRau nochmal ganz konkret die Fragen stellen, die damals schon der Kollege gestellt hat. Aber so langsam wird`s ja doch lächerlich.
    Wie kriege ich das Päckchen denn jetzt möglichst elegant vom Tisch? Gute Vorschläge sind dringend erwünscht!

    P.S.: Tut mir leid, dass es so ein Mörder-Text geworden ist!

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • "Sehr geehrte Frau Rechtsanwältin, im Rahmen der von ihnen angeregten Überprüfung der persönlichen wirtschaftlichen Verhältnisse ihrer Partei, konnte keine wesentliche Verbesserung festgestellt werden.
    Weiterhin wird darauf hingewiesen, dass Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsbestimmung bewilligt ist. Eine weitere Vergütung steht Ihnen somit nicht zu. Sie werden gebeten ihre Anträge auf Auszahlung dieser Vergütung unter Vermeidung einer Zurückweisung zurückzunehmen.
    Die Akte wird weggelegt."

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

  • Die RAin hat keinen Anspruch auf eine Veranlassung nach § 120 IV ZPO (sofern die nicht ohnehin schon zur Genüge getroffen und totgeritten wurde...).
    Das Schreiben der RAin kann nur als Anregung verstanden werden. Was das Gericht daraus macht ist allein seine Sache.

    Ich sehe hier mehrere Möglichkeiten:

    1. weglegen (was stört es mich, dass das evtl. im Gegensatz zu dem Geschreibsel eines Vorgämgers steht?)

    2. neue Frist notieren (je nachdem, ob sich das noch lohnt)

    3. Aufheben, da die Erklärung über die pers. und finanziellen Verhältnisse unvollständig war/ist (unter Hinblick auf die 2. LV)

    4. Anordnung einer Einmahlzahlung unter Hinblick darauf, dass die Forderung der Landeskasse (und der RAin) einer Befriedigung von anderen Gläubigern vorgeht.

    Auch hier (s. anderer Thread) kann man es halten wie der berühmte Dachdecker: nur nicht zu tief.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • So ungefähr wie Tommy. Im Prinzip braucht dem Anwalt nur mitgeteit werden, dass es nach gerichtlicher Überprüfung bei der PKH-Bewilligung ohne Ratenzahlung verbleibt. Wenn die Anwältin anderer Auffassung ist, soll sie selber die Beweise vorlegen.
    Ihren Antrag auf Auszahlung der weiteren Vergütung braucht die Anwältin nicht zurücknehmen. Der ist ja erst mal grundsätzlich nicht falsch. Nur ausgezahlt wird eben erst, wenn die Partei das Geld eingezahlt hat. Ansonsten passiert einfach nichts außer "Weglegen".

  • Na das ging ja flott, danke! Ich werde mal einen netten Aktenvermerk machen, dann den RA anschreiben und hoffen, dass endlich Ruhe ist. Ansonsten müsste ich doch noch ausfallend werden :D

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Ich will ja nicht schon wieder motzen, aber "überprüft" worden ist hier schon mal gar nix. Wieso Akte weglegen?? Einerseits eine Riesenaffen um den berechtigungsschein tanzen lassen, aber andererseits die PKH-Gebühren einfach durchrauschen lassen.:confused:
    Mit solchen lapidaren Antworten gibt´s doch nicht mal einen Berechtigungsschein für ne Erstberatung!! Überprüfen kan man doch nur Belege. Habe ich verbummelt und erinnern kann ich mich auch nicht. Macht nix: Grundstücke werden meines Wissens per notariellem Vertrag verkauft; der Notar hat mindestens dieselbe Aufbewahrungsfrist, die ist noch nicht abgelaufen und macht sicher gerne ne Kopie.
    Die LV hat ebenfalls eine Aufbewahrungsfrist und macht auch gerne ne Kopie und ansonsten hat die Bank alle Ein- und Ausgänge auf Microfish im Keller; gegen eine geringes Entgeld..:mad:
    WENN ein Anwalt schon die Anregung der Überprüfung gibt, dann glauben Sie´s mir, hat er GUTE Gründe. genauer kann er sich weg Schweigepflicht pp nicht ausdrücken -und er erwartet dann eigentlich, dass "die Justiz" dann auch nachfasst..ich zumindest bin immer sehr enttäuscht, wenn wie oben verfahren wird.

  • weglegen war ja nur eine meiner vier Alternativen.

    Ich hätte da gar nicht zu einen Brimbramborium gestartet, wie es offenbar der Vorgänger der Threadstarterin getan hat.

    Die Partei hat Anspruch auf einen Zugewinnausgleich? Schön !

    Die Befriedigung der Staatskasse geht anderen Gläubigern vor. Daher:

    Anordnung einer Einmalzahlung (ggf. mit Aussetzung des Vollzugs, bis der Zugewinnausgleichsansprch von der Partei relisiert wurden und Auflage an die Partei es sofort anzuzeigen, wenn dies der Fall ist).

    So bekommt die Landeskasse ihr Geld und der RA seine Diff-Vergütung

    Kommt die Partei den gerichtlichen Anforderungen nicht nach wird die PKH aufgehoben.


    Ich gebe zu, man kann es wie oben beschrieben auch anders handhaben...

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."



  • @ bin-ganz-frisch: natürlich ist hier überprüft worden, wenn das Verfahren auch ganz sicher nicht so gelaufen ist, wie es eigentlich sollte. Wie ich schon sagte: bei mir wäre bereits nach der ergänzenden Angabe, dass von den LV alles in die Restschuld des Hauses geflossen ist Schluß gewesen. Den ganzen weiteren Heck-Meck hätte ich nicht mehr gemacht. Aber das ist sicher Ansichtssache. Es ist auch garnichts dagegen einzuwenden wenn ein RA dem Gericht mitteilt, dass sein Mandant zu Geld gekommen ist. Dann wird auch geprüft. Aber wenn ein RA dann letztlich immer nur wieder stereotyp vorträgt, dass "da doch noch irgendwo Geld sein muss", dann ist auch mal Schluß.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -


  • Woher nimmst Du das?



    Hierher:
    Die Rückzahlung an die Landeskasse hat ferner Vorrang vor anderen Interessen der Partei. Die Partei kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sie mit dem erhaltenen Betrag Verbindlichkeiten/Schulden beglichen hat oder dies beabsichtigt bzw. den Erwerb von Gegenständen oder Immobilien tätigen will oder diesen bereits vollzogen hat (OLG Bamberg, Beschl. 05.07.1988, JurBüro 1988, 1713, 29.01.1990, JurBüro 1991, 255 ff., 11.07.1990, JurBüro 1990, 1306 ff., 30.10.1990, JurBüro 1991, 255 ff.; OLG Celle, Beschl. 11.01.1990, Rpfleger 1990, 263 f., 08.09.2000, MDR 2001, 230; OLG Karlsruhe, Beschl. 02.09.1997, FamRZ 1998, 489; OLG Koblenz, Beschl. 02.03.1989, Rpfleger 1989, 417, 04.10.1995, Rpfleger 1996, 206 f., 26.09.2000, AnwBl 2001, 374 f., 29.06.2004, MDR 2005, 107, 19.06.2006, FamRZ 2006, 1612; OLG Köln, Beschl. 17.06.2004, FamRZ 2005, 2003 f.; OLG Nürnberg, Beschl. 03.05.1994, EzFamR aktuell 1994, 242 ff.; Zöller/Phillipi, a.a.O., § 115 Rn 72 a.E. m.w.N; FamVerf/Gutjahr, § 1 Rz. 292).
    Hat die Partei ungeachtet dessen bereits anderweitig über das Kapital verfügt, muss sie sich im Rahmen des § 120 IV ZPO so behandeln lassen, als sei der Geldbetrag noch vorhanden. Denn sind Schulden langfristig zu tilgen, darf die Partei nicht vorzeitig tilgen, sondern sie muss mit dem vorhanden Geld vorrangig die mit dem Prozess verbundenen Kosten bezahlen.

    ausführlicher siehe hier


    Edit:
    Auch wenn man davon rammdösig wird, ich habe die gute Zusammenstellung von Ernst P. versucht, von den merkgewürzigen Zeichen zu befreien, so dass man sie wieder normal lesen kann.

    13
    (Mod.)

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Danke, vorallem auch für die umfangreichen Fundstellen. Da werde ich mich mal ans Sichten geben!

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -


  • Edit:
    Auch wenn man davon rammdösig wird, ich habe die gute Zusammenstellung von Ernst P. versucht, von den merkgewürzigen Zeichen zu befreien, so dass man sie wieder normal lesen kann.

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    (Mod.)



    Danke, dass du diese Arbeit übernommen hast. :huldigen:

    Ich hatte auch kurz einen Gedanken daran verschwendet, mich dann aber doch dazu entschlossen, dass ich schon rammdösig :wall: genug war/bin.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Zitat von omawetterwax



    Aber wenn ein RA dann letztlich immer nur wieder stereotyp vorträgt, dass "da doch noch irgendwo Geld sein muss", dann ist auch mal Schluß.



    Vor allem, wenn manche Anwälte einfach nur starrsinnig darauf beharren.

    Es hört doch jeder nur, was er versteht.

    (Goethe)

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