Qualifizierte Klausel, § 726 Abs. 1 ZPO

  • Folgender Fall:

    Im Beschluss steht::

    "Der Beklagte verpflichtet sich an die Klägerin einen Betrag von 2.500,- € zu zahlen. Der Betrag wird in monatlichen Raten von 50,- €, jeweils zum 9. eines jeden Monats, beginnend ab März 2006, bezahlt.

    Sollte der Beklagte mit mehr als einer Rate in Verzug geraten, wird der Restbetrag sofort fällig und mit Zinsen von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz auf 2.600,- € seit dem 01.01.2004 bis zum 30.09.2005 und mit weiteren Zinsen auf den ausstehenden Restbetrag verzinst."

    Der Beklagte hat letztmals im Juli 2006 eine Rate bezahlt. Auf Verfügung des Vollstreckungsgerichts beantragt der Kl.-vertreter nunmehr die Erteilung einer qualifizierten Vollstreckungsklausel gem. § 726 Abs. 1 ZPO.

    1.) Der Nachweis ist in öffentlich/öffentl. beglaubigten Urkunden zu führen.
    Aber wie soll der Kl.-vertr. diesen Nachweis in der Praxis tatsächlich erbringen?

    2.) Wie sieht der Wortlaut dieser Klausel aus?

  • Der Nachweis dürfte nur zu führen sein, wenn der Schuldner den Rückstand zugesteht.
    Leider machen sich Richter und Anwälte bei solchen Formulierungen im Titel selten Gedanken über eine spätere Vollstreckung. Pech gehabt, kann man da nur sagen. Der Titel dürfte praktisch nutzlos sein.
    Vollstrecken würde ich jedenfalls auch nur mit entsprechender Klausel.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Der Vergleichsinhalt wird landläufig als kassatorische Klausel oder Verfallsklausel bezeichnet.

    Sie ist kein Fall des § 726 ZPO.
    Es genügt hier eine einfache Klausel nach § 724 ZPO durch den UdG, da die Tatsache nicht vom Gläubiger nachzuweisen ist (vgl. z.B. Musielak, Kommentar zur Zivilprozessordnung, 5. Auflage 2007, § 726, RN 3).

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

  • Der Vergleichsinhalt wird landläufig als kassatorische Klausel oder Verfallsklausel bezeichnet.

    Sie ist kein Fall des § 726 ZPO.
    Es genügt hier eine einfache Klausel nach § 724 ZPO durch den UdG, da die Tatsache nicht vom Gläubiger nachzuweisen ist (vgl. z.B. Musielak, Kommentar zur Zivilprozessordnung, 5. Auflage 2007, § 726, RN 3).



    :zustimm:, hab ich mich auch schon einmal mit vorstehendem Ergebnis gequält.

  • An eine sog. Verfallklausel dachte ich auch zuerst. Problem hier ist aber die titulierte Zinszahlung bei Verzug. Musielak (5. Aufl., Rnr. 3 zu § 726 ZPO) und Zöller (25. Aufl., Rnr. 2 zu § 726 ZPO) sehen für diesen Fall die Erteilung einer qualifizierten Klausel für erforderlich.
    Hilfe!

  • Hier liegt m.E. der Fall "Zinszahlung bei Verzug" nicht vor, sondern eine gewöhnliche vorgenannte Verfallsklausel.
    Bei Verzug bedürfte es eines Verschuldens des Schuldners (§ 286 Abs. 4 ZPO), das dann vor Klauselerteilung nachzuweisen wäre.
    Hier ist der Anfall der Verzinsung aber nicht von einem Verzug iSd. § 286 BGB abhängig.
    Der juristisch korrekte Ausdruck in diesem Beschluss, anstelle von Verzug, wäre Rückstand gewesen.

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

  • War auch gerade :gruebel: , da diese Titulierung bei uns gang und gebe ist und NIE von mir mit einer Klausel versehen wird.
    Sehe das wie Tommy ....

  • Ich würde das Thema gern nochmal aufleben lassen und zwar mit einer leicht abgewandelten Fallkonstellation:

    Es ist eine Räumungsklage anhängig. Das Verfahren wird mit einem Vergleich abgeschlossen, welcher folgende Regelungen enthält:

    1. Bekl. verpflichtet sich, die Wohnung ... zu räumen und herauszugeben.

    2. Die Kl verpflichtet sich, die Vollstreckung aus dem Vergleich nur dann zu betreiben, wenn der Beklagte mit wenigstens zwei Monatsmieten in Verzug geraten sollte.

    Ich? Welche Belege könnten hier in öffentlich begl. Form vorgelegt werden? Klage auf Klauselerteilung?

    Fragen über Fragen! Lieben Dank für euren Einsatz und schönes Wochenende!!!

  • Das ist m.E. ebenfalls eine kassatorische Klausel, der Schuldner hat zu beweisen, dass er gezahlt hat und nicht der Gläubiger, dass nicht gezahlt wurde. So ist das in der Vollstreckung.
    D.h. einfache Klausel für den Gläubiger und V-Abwehrklage für den Schuldner.

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

  • Danke für die schnelle Hilfe!

    Meine Richterin argumentiert aber mit Rpfleger 1997, 75, daher meine Ratlosigkeit. Diese Entscheidung wird zitiert von Zöller, Auflage 27 (Richterin ist involviert wg. eingelegter sof. Beschwerde gegen Klauselerteilung durch UdG; wurde als Erinnerung ausgelegt; der Erinnerung wurde abgeholfen, daher WV bei mir).

    Würdet ihr euch trotz dieser Entscheidung noch immer für einfache Klausel entscheiden?

  • Die ist genau anderer Meinung wie wir.
    Es ist aber auch "nur" eine AG-Entscheidung.

    Im übrigen ist der Verzug des Schuldners urkundlich nur nachzuweisen, wenn ihn dieser in der notwendigen Form zugesteht. Ich bleibe bei meiner weiter oben gemachten Äußerung.

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

  • Der Sachverhalt ist mir nicht ganz klar. Der UdG hat eine einfache Klausel erteilt, wer (Sch./Gl.) hat Erinnerung eingelegt, warum hat der Richter aufgehoben?

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • Die Akte ist im Großen und Ganzen voll in die Grütze gegangen!

    1. Klauselerteilung durch UdG
    2. Schreiben durch Richterin an Parteien, dass Klausel wohl hätte vom Rpflg erteilt werden müssen wegen Bedingung
    3. Erinnerung über Klauselerteilung durch Schuldner
    4. Erinnerung wurde abgeholfen durch UdG
    5. Beschwerde des Gläubigers über Abhilfe
    6. Richterin erlässt klarstellenden Beschluss, erklärt die Beschwerde zu einer Erinnerung und begründet dort, dass die Akte nun mir vorgelegt wird zur Entscheidung über die Klauselerteilung...

    Ich glaube schlimmer geht diesmal nimmer...

  • 2. Schreiben durch Richterin an Parteien, dass Klausel wohl hätte vom Rpflg erteilt werden müssen wegen Bedingung



    :gruebel: Hä, watt mischt denn die sich denn da ein ? Datt is` doch ganz allein Sache der Parteien, ob die von allein darauf kommen, Rechtsmittel einzulegen oder nicht. Oder die falsche Klausel würde ggf. vom Vollstreckungsgericht moniert. So hätte man, eigentlich der Richterin den ganzen Rotz hinwerfen sollen, mit dem Hinweis: "Du hast den Mist angefangen, sie zu wie, du da wieder rauskommst. Wenn du Rechtspflegertätigkeiten machst, und dich da ja offenbar so toll auskennst, ist es unschädlich." Nachsatz: Zumidenst was die Wirksamkeit angeht.Ob dann wieder Grütze bei rauskommt, steht auf einem anderen Blatt.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Ja, Ernst P. so wie du dich ausdrückst fühl ich mich auch! Aber blöderweise fühl ich mich jetzt in der Verantwortung (blödes Gewissen und so)...

  • Formal hat er also die Erinnerung zurückgewiesen. Was hat der Gl.-BV vertreten,betreff Zuständigkeit? Auf jedem Fall steht ihm die sof. Beschwerde offen. Nachdém der Richter sich auch so eingemischt hat, wäre ein Hinweis auf die RM-fähigkeit angezeigt und Hinweis, dass du dich selbst als unzuständig siehst und daher Zurückweisung des Antrags beabsichtigst. (Der Gl. hat gegen deine Zurückweisung und die des Richter die Wahl, welches RM er einlegt, im Ergebnis läuft es auf dasselbe hinaus, vgl. OLG Saarbrücken v. 24.05.2004, Az.: 5 W 99/04).

    Eine Bindung an die Auffassung des Richters ist nicht eingetreten, da die Vorlage nicht durch den Rpfl., sondern den UdG erfolgt ist, § 5 RpflG.

    Anm. OLG Saarbrücken auch lesenswert bei Streit zwischen Rpfl. und UdG zur Zuständigkeit, danach weist der Rpfl. wegen Unzuständigkeit zurück, dagegen sof. Beschwerde.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • Ich habe nun noch einmal nachgelesen und denke, man kann der in # 13 genannten Entscheidung und Kommentarstelle folgen (m. E. wäre es übrigens angebracht gewesen, gleich in der 1. Fragestellung hierauf hinzuweisen).

    Als Konsequenz wird der GL die Vollstreckungsklausel, falls nicht der SCH den Verzug in öff. begl. Urkunde zugesteht, nur über den Klageweg (§ 731 ZPO) erlangen können. Ob dies im Sinne des Erfinders ist, wage ich zu bezweifeln.

    Letztendlich würde ich aber als zuständiger Rpfl. in der gegebenen Konstellation diesen Weg gehen.

    Eigentlich hätte die Richterin aber über die Erinnerung entscheiden müssen und hätte es nicht dem Rpfl. vorlegen können.

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