Kündigung von Geschäftsräumen

  • Bei mir läuft ein Betreuungsverfahren für eine Frau, die sich erst vor kurzem selbstständig gemacht hatte und nun schwer erkrankt ist. Die Betreuerin ist der Meinung, sie werde wohl ihr Gewerbe nicht mehr ausüben können. Und da außerdem kein Geld da sei, wolle sie nun die Geschäftsräume kündigen, damit wenigstens die laufenden Kosten runter gehen.
    Sie will jetzt meine Genehmigung. Ich habe mal ein bißchen gegraben, einen Genehmigungstatbestand finde ich aber nicht.
    Liege ich damit richtig, oder habe ich etwas übersehen?

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Hier dürfte keine Genehmigung erforderlich sein. Zumindest steht nichts in den Kommentaren bei mir drin und ich sehe auch sonst keinen Grund für eine Genehmigung (ist ja kein Wohnraum).

  • Eine Genehmigungspflicht sehe ich auch nicht.

    Bei Berufsbetreuern pflege ich in diesen Fällen nachzufragen, aus welchem Grunde sie eine Genehmigung für erforderlich halten.

    Mir stellt sich die Frage nach § 1837 Abs. 2 BGB. Ist es wirklich schon angebracht, das Gewerbe jetzt faktisch aufzugeben? Es kommt natürlich auf die Art der Erkrankung und des Gewerbes an. Unter Umständen würde ich zu dieser Frage ein Gutachten einholen.

  • Soweit der Betreute Vermieter ist, bedarf die Kündigung nach § 1812 BGB einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung (OLG Hamm Rpfleger 1991, 56), weil diese Norm nicht danach differenziert, ob es sich um Wohnraum oder nicht um Wohnraum handelt. Gleiches muss aber auch gelten, wenn der Betreute Mieter ist (LG Berlin Rpfleger 1973, 135; Staudinger/Engler § 1812 RdNrn.50, 51; Spanl Rpfleger 1983, 427; a.A. Erman/Holzhauer § 1812 RdNr.1; Damrau FamRZ 1984, 842; offen gelassen, aber der Genehmigungspflicht zuneigend OLG Hamm a.a.O.).

    Mit § 1907 Abs.1 BGB hat das Ganze also nichts zu tun, und zwar schon deshalb, nicht, weil es sich im vorliegenden Fall nicht um eine Wohnraumkündigung handelt. Insbesondere folgt aus § 1907 Abs.1 BGB nicht, dass eine Kündigung anderweitiger Räumlichkeiten nicht nach § 1812 BGB genehmigungspflichtig ist.

  • Schönen Dank zusammen. Der 1812 war natürlich auch mein Gedanke, aber meine Kommentierung (und auch bxxx-online) gab nichts dazu her, dass die Vorschrift auch Anwendung finden könnte, wenn der Betreute Mieter ist. Immer ging es nur um den Betroffenen als Vermieter. Dank juris habe ich jetzt konkrete Fundstellen.
    Mal sehen, welcher Auffassung ich mich anschließe. Ein bißchen unbehaglich ist mir ja schon bei dem Gedanken, dass der Betreuer ohne Genehmigung letztlich dem Betroffenen die Geschäftsgrundlage entziehen könnte...

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Man könnte aber an § 1823 BGB denken. Die Kündigung der Geschäftsräume stellt einen notwendigen Schritt zur Beendigung der Geschäftstätigkeit der Betreuten dar. Die Betreute soll ja dauerhaft außer Stande sein, ihr Gewerbe auszuüben.

  • Trotz der von juris zitierten Entscheidungen und Meinungen zu der Genehmigungspflicht der Kündigung, wenn der Betreute Mieter ist, sehe ich keine Genehmigungspflicht nach § 1812 BGB. § 1812 BGB stellt darauf ab, dass über eine Forderung oder ein anderes Recht des Mündels, kraft dessen eine Leistung verlangt werden kann, verfügt wird.

    Die Idee mit der Genehmigungspflicht nach § 1823 BGB finde ich hier besser, sogar besser als meine Überlegung in Bezug auf die Aufsichtspflicht nach § 1837 Abs. 2 BGB.

  • Wenn es hart auf hart geht, führt § 1823 BGB nicht weiter, weil die Norm lediglich eine Ordnungsvorschrift ist und ein entgegengesetzes Handeln des Betreuers demzufolge wirksam wäre.

    Die Leistung i.S. des § 1812 BGB besteht im vorliegenden Fall darin, dass der Betreute aufgrund des Mietvertrags die Zurverfügungstellung der gemietenen Räume vom Vermieter verlangen kann. Über diesen aus dem Mietvertrag folgenden Anspruch des Betreuten wird mittels Kündigung verfügt.

  • Wenn es hart auf hart geht, führt § 1823 BGB nicht weiter, weil die Norm lediglich eine Ordnungsvorschrift ist und ein entgegengesetzes Handeln des Betreuers demzufolge wirksam wäre.

    Die Leistung i.S. des § 1812 BGB besteht im vorliegenden Fall darin, dass der Betreute aufgrund des Mietvertrags die Zurverfügungstellung der gemietenen Räume vom Vermieter verlangen kann. Über diesen aus dem Mietvertrag folgenden Anspruch des Betreuten wird mittels Kündigung verfügt.


    Das stimmt zwar, hier greift aber m.E. § 1813 Nr. 1 BGB.

  • Wenn es hart auf hart geht, führt § 1823 BGB nicht weiter, weil die Norm lediglich eine Ordnungsvorschrift ist und ein entgegengesetzes Handeln des Betreuers demzufolge wirksam wäre.

    Die Leistung i.S. des § 1812 BGB besteht im vorliegenden Fall darin, dass der Betreute aufgrund des Mietvertrags die Zurverfügungstellung der gemietenen Räume vom Vermieter verlangen kann. Über diesen aus dem Mietvertrag folgenden Anspruch des Betreuten wird mittels Kündigung verfügt.


    Das stimmt zwar, hier greift aber m.E. § 1813 Nr. 1 BGB.




    In einer Kündigung liegt doch nicht die Annahme einer geschuldeten Leistung, § 1813 greift hier also nicht.

  • Zutreffend.

    Es geht nicht um die Annahme einer Leistung, sondern um eine Erklärung (Kündigung), die bewirkt, dass künftig überhaupt keine Leistung des Vertragspartners mehr erbracht wird.

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