Fremdantrag ohne Titel möglich?

  • Folgendes Problem: Ich habe gegen ein Ehepaar als Gesamtschuldner eine Forderung von knapp 600.000,00 €. Habe ein von beiden unterzeichnetes Schuldanerkenntnis (nicht notariell beurkundet) und eine Ratenzahlungsvereinbarung, in der der Betrag zzgl. Zinsen und Kosten von beiden persönlich nochmals anerkannt wird. Es sind bereits 4x 5.000,00 € eingegangen.

    Nunmehr bittet die Mandantschaft, Insolvenzantrag für die Eheleute zu stellen.

    Gesagt, getan.

    Der Antrag ist vom Inso-AG abgewiesen worden mit der Begründung, die Forderung wäre nicht glaubhaft gemacht worden und man müsste fruchtlose ZV nachweisen, wobei die Unpfändbarkeitsbescheinigung nicht älter als sechs Monate sein dürfte.

    Gibt es denn gar keine Möglichkeiten, den Insolvenzantrag ohne Titulierung durchzubekommen? Schließlich würden dadurch weitere unnötige Kosten (und bei dem Gegenstandswert!) anfallen.

    Beide Schuldner haben mehrmals bestätigt, dass sie die Ratenhöhe auf gar keinen Fall erhöhen können. Dies ist aber für die Mandantschaft nicht tragbar.


    Ahhhhh....:confused:

    Wie weiter?

  • es geht hier wohl weniger um die Höhe der Verbindlichkeiten, bzw. deren Bestehen als um den Nachweis der Zahlungsunfähigkeit. Wenn die RZ erfüllt wird, fällt es natürlich schwer dazutun, dass ZU vorliegt. Und aus Jux und Tollerei kann Dein Mandant keinen Antrag stellen.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • es geht hier wohl weniger um die Höhe der Verbindlichkeiten, bzw. deren Bestehen als um den Nachweis der Zahlungsunfähigkeit. Wenn die RZ erfüllt wird, fällt es natürlich schwer dazutun, dass ZU vorliegt. Und aus Jux und Tollerei kann Dein Mandant keinen Antrag stellen.




    Die Ratenzahlung ist zunächst per Einzug gelaufen. Die Rate aus Januar ist von der Bank zurückgebucht worden, weil kein ausreichendes Guthaben auf dem Kto vorhanden war.

    Die Eheleute selber haben meinem Chef persönlich und auch telefonisch bestätigt, dass es ihnen nicht möglich ist diese Forderung in zumindest höheren Raten zu begleichen. Muss man denn als Gläubiger sich auf eine Ratenzahlung von ca 10-12 Jahren einlassen (vorausgesetzt die Raten kommen regelmäßig)?

  • M.E. müssen weder Titel noch Fruchtlosigkeitsbescheinigung vorliegen.

    Allerdings sind in diesen Fällen an die Glaubhaftmachung der Insolvenzgründe enorm hohe Anforderungen zu stellen. Eine richtige Idee, was dann vorzutragen ist, habe ich auch nicht.

  • M.E. müssen weder Titel noch Fruchtlosigkeitsbescheinigung vorliegen.

    Allerdings sind in diesen Fällen an die Glaubhaftmachung der Insolvenzgründe enorm hohe Anforderungen zu stellen. Eine richtige Idee, was dann vorzutragen ist, habe ich auch nicht.




    § 17
    Zahlungsunfähigkeit

    (1) Allgemeiner Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit. (2) Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.


    Das ist ja das Problem! Die Forderung ist längst fällig und unbestitten. Die Forderung kann nicht auf einmal bezahlt werden, damit könnte man ja schonmal anfangen. Die Zahlungen sind jedoch nicht generell eingestellt worden.

  • tja, wenn man sich im Vorfeld auf eine Ratenzahlung verständigt hat, die über einen solch langen Zeitraum geht, hat man ein Problem als Gläubiger, davon wieder runterzukommen.

    Zur Glaubhaftmachung des Anspruches bedarf es nicht notwendigerweise einer tituierten Forderung. Hierzu kann das Schuldanerkenntnis genügen, insoweit auch BayObLG v. 11.9.01 4 Z BR 12/01, ZInsO 21/2001

    Zum Nachweis des Eröffnungsgrundes ist eine frische Unpfändbarkeitsbescheinung sicher im eine gute Lösung, allerdings kann schon ein Schreiben des Schuldners aussreichen, dass er die fälligen Verbindlichkeiten nicht zahlen kann und weitere , HK § 14, RdNr.18.

    Ob sich Dein Mandant mit dem InsO - Antrag einen Gefallen tut, soll hier offen bleiben und kann dann nach Eröffnung der Verfahren in einem anderen Beitrag diskutiert werden

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  • Das ist ja das Problem! Die Forderung ist längst fällig und unbestitten. Die Forderung kann nicht auf einmal bezahlt werden, damit könnte man ja schonmal anfangen. Die Zahlungen sind jedoch nicht generell eingestellt worden.



    gerade wohl nicht, da Ratenzahlungsvereinbarung

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  • Die meisten Ratenzahlungsvereinbarungen enthalten eine Klausel, dass diese bei einer bestimmten Höhe von Zahlungsrückständen hinfällig sind. Zur Fälligkeit der Forderung und damit auch zur Zahlungsunfähigkeit käme man vielleicht.

    Allerdings kann Dein Mandant dann wahrscheinlich die gesamte Forderung "abschreiben".

  • Der von cano zutreffend benannte Knackpunkt scheint mir hier noch ein bisschen umkreist zu werden:

    Offenbar besteht eine Ratenzahlungsvereinbarung. Wenn und solange diese eingehalten wird bzw. nicht nur eine Zahlungsstockung auftritt, liegt keine Zahlungsunfähigkeit und damit kein Insolvenzgrund vor. Ob die Gläubigerin gern höhere Raten als vereinbart hätte und die Schuldner höhere Raten nicht zahlen können, spielt keine Rolle: Die Fälligkeiten richten nach der bestehenden Ratenzahlungsvereinbarung und nur im Hinblick auf fällig Forderungen, die nicht beglichen werden, kann Zahlungsunfähigkeit eintreten.

    Anders sieht die Sache aus, wenn die Schuldner die bestehende Ratenzahlungsvereinbarung nicht mehr einhalten und z.B.

    a) die Forderung insgesamt fällig gestellt werden kann und auch fällig gestellt wird;

    b) die Ratenrückstände, die über mehr als drei Wochen nicht beglichen werden (können), mindestens 10 % der Gesamtverbindlichkeiten ausmachen (vgl. BGH NJW 2005, 3062);

    c) die Schuldner selbst (belegfähig) mitteilen, dass sie die fälligen Raten nicht mehr zahlen können.

    Warum stellen die Schuldner eigentlich nicht selbst Insolvenzantrag, wenn sie offenbar schon so kooperativ sind und zugeben, dass sie pleite sind? Nur mit Eigenantrag können sie doch Restschuldbefreiung erlangen und das ist in der geschilderten Situation vielleicht nicht die unattraktivste Option.





  • Die Ratenzahlungsvereinbarung enthält eine Klausel, dass insoweit die Schuldner mit 7 Tagen mit der Rate in Verzug geraten, der Gesamtbetrag fällig wird. Nun, dies ist eingetreten und das wollte der Gläubiger letztendlich auch erreichen, weil das ein guter Grund war um zu sagen, jetzt vereinbaren wir höhere Raten, da dies aber seitens der Schuldner nicht möglich war, will der Mandant den Insolvenzantrag durchführen, da die Schuldner fleißig weiterarbeiten, sich an anderen Lieferanten bedienen usw..

    Also, kann man sowieso jetzt davon ausgehen, dass Vereinbarung zunächt hinfällig und die Gesamtforderung zur Zahlung fällig ist. Und genau das können die Schuldner natürlich nicht erfüllen.

    Eigenantrag schätze ich wollen sie nicht stellen, da noch relativ viele und auch gute Aufträge vorliegen.

  • M.E. müssen weder Titel noch Fruchtlosigkeitsbescheinigung vorliegen.

    Allerdings sind in diesen Fällen an die Glaubhaftmachung der Insolvenzgründe enorm hohe Anforderungen zu stellen. Eine richtige Idee, was dann vorzutragen ist, habe ich auch nicht.

    Gibt es die Möglichkeit, über die Mandantschaft weitere Umstände bezüglich des sonstigen Zahlungsverhaltens der Gegner in Erfahrung zu bringen ? Sind die Schuldner Arbeitgeber und haben vielleicht Sozialversicherungsbeiträge über einen längeren Zeitraum nicht abgeführt ? Woraus resultiert die Forderung ? Anhaltspunkte für eine Zahlungsunfähigkeit können längere Steuer- und Sozialversicherungsrückstände, die Häufung von gerichtlichen Mahnbescheiden und bei Gericht anhängigen Leistungsklagen, die Nichtbezahlung wiederkehrender Verbindlichkeit für betriebsnotwendige Leistungen (Miete, Energieversorgung) sowie die Androhung oder die Vornahme der Kündigung von Bankkrediten sein.

    Ohne Vorliegen eines Titels könnte zumindest bei der Schuldnerkartei angefragt werden, ob Eintragungen bezüglich der Schuldner vorliegen, das berechtigte Interesse kann ja durch das Schuldanerkenntnis belegt werden. Die Abgabe der eidesstattlichen Offenbarungsversicherung kann ein Anhaltspunkt für Zahlungsunfähigkeit sein. Weitere Erkenntnisquellen sind andere Vertragspartner der Schuldner, insbesondere wäre an Arbeitnehmer oder Vermieter der Schuldner zu denken.

    Dennoch dürfte es schwer fallen, den Eröffnungsgrund hinreichend darzulegen und glaubhaft zu machen.

  • Sowohl der Mann als auch die Frau haben keine EV und auch keine sonstigen Einträge in der Schuldnerkartei.

    Der Grundbesitz ist bereits überbelastet...




  • Vielen Dank für den Tipp, evtl. kann ich ja über weitere Lieferanten bzw. Angestellten was erfahren! Toll!!!

  • Die Ratenzahlungsvereinbarung enthält eine Klausel, dass insoweit die Schuldner mit 7 Tagen mit der Rate in Verzug geraten, der Gesamtbetrag fällig wird. Nun, dies ist eingetreten ....



    Wie gesagt: Wenn die Gesamtforderung fällig ist und nicht bezahlt werden kann, liegt Zahlungsunfähigkeit vor - rechtlich unproblematisch.

    Wenn die Fälligkeit der Gesamtforderung und das Unvermögen der Schuldner zur Zahlung glaubhaft gemacht werden kann, dürfte das InsGericht eigentlich keine Zicken mehr machen. Habt Ihr die Fälligstellung noch einmal explizit gegenüber den Schuldnern erklärt und von diesen daraufhin evtl. ein Schreiben erhalten, dass sie aber nicht alles auf einmal zahlen können? Mehr dürfte das InsGericht m.E. nicht verlangen können. Eigentlich sollte schon die Ratenzahlungsvereinbarung mit der Fälligkeitsklausel und eine Versicherung an Eides Statt, dass ein die Gesamtfälligkeit auslösender Verzug eingetreten ist, ausreichen.

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