Nachlass - Erbe?

  • Meine Erblasserin ist am 24.11.2006 verstorben.Keine Erben I. und II. Ordnung.
    Der Vater hatte eine Schwester F. diese hatte einen Sohn H.

    H. war mit R. verlobt. R. hat ein Kind am 20.09.1945 geboren. H. gilt seit 12.02.1945 als vermißt.

    Aus der Geburts- und Abstammung des Kindes geht kein Vater hervor.

    Es existiert lediglich eine eidesstattliche Versicherung der F. dahingehend dass H. und R. verlobt waren, aus dieser Verbindung das Kind hervorgegangen sei, welches
    "aufgrund der s.Zt.igen Gesetze als eheliches Kind des H. gilt" und auch Waisenrente bezieht. (Unterlagen zur Rentenzahlung liegen vor.)

    Frage: kann ich das Kind als von H. gezeugt aufgrund der eidesstattlichen Vers. anerkennen? Habe Bedenken, da hier wohl nie Vaterschaftsanerkennung oder Feststellung erfolgte. Schließlich war F. bei der Zeugung nicht dabei ?

  • Schließlich war F. bei der Zeugung nicht dabei ?



    Sicher?:wechlach:

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Nachlass ist bei mir schon laaange her aber war da nicht was, dass NEK die vor dem soundsovielten Schlagmichtot geboren wurden, ohnehin die väterliche Linie nicht aufgrund gesetzlicher Erbfolge beerben können?

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Also, man hat das ja nicht jeden Tag. Aber im § 1924 BGB steht, dass neK erst in Erbfällen nach dem 01. 07. 1970 zu den ges. Erben I. Ordnung nach dem Kindesvater zählen. Allerdings steht auch nicht jedem neK ein ges. Erbrecht nach dem Vater zu, sondern nur denen ab 1. 7. 49 geborenen Kindern u. dies auch nur dann, wenn deren Vaterschaft förmlich festgestellt worden ist. Anders wäre es wiederum, wenn DDR-Recht anzuwenden wäre, da ist jedes, vor dem 03. 10. 1990 geb. neK, ges. Erbe I. Ordnung.
    Insofern wäre in Deinem Fall m. E., auch auf Grund einer e. V. , die Erteilung eines ES gar nicht möglich, da das neK keine Erbberechtigung erlangt hat.

  • Bunny:

    So seh´ich das auch:daumenrau
    Das Kindlein ist nicht erbberechtigt

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  • Also, wenn ich meine unqualifizierte Meinung ablassen darf:

    - In Erbfällen vor dem 1.07.1970 hatte ein nichteheliches Kind nach seinem Vater kein Erb- u. Pflichtteilsrecht, weil es durch die Fiktion in § 1589 II aF mit seinem Vater als nicht verwandt galt.(Palandt § 1924 Rn. 13)
    - Für die Feststellung der Vaterschaft ist wohl zwingend ein gerichtliches Urteil notwendig, eine eidestaatliche Versicherung reicht da nicht aus (§ 1924 Rn. 11 Palland, wobei natürlich das "alte" Recht hier zu berücksichtigen wäre)

  • Auf den ersten Blick ist das vor dem Stichtag (1.7.1949) geborene nichteheliche Kind nicht nach seiner väterlichen Verwandtschaft erbberechtigt.

    Es gibt aber eine Ausnahme:

    Aufgrund des sog. Führererlasses Adolf Hitlers vom 6.11.1941 (JR 1947, 113) und eines hierauf ergangenen Runderlasses des ehemaligen Reichsministeriums des Innern vom 15.6.1943 (beide ausdrücklich nicht veröffentlicht!) war es möglich, eine Eheschließung auch nach dem Ableben des im Kriege gefallenen "Ehemannes" vorzunehmen (sog. posthume "Handschuhehe"; in Hamburg war der Bürgermeister nach der VO vom 14.1.1946, VOBl. 6, noch bis zum 28.2.1946 befugt, solche nachträglichen Eheschließungen anzuordnen). Die Gültigkeit solcher Ehen, insbesondere soweit sie in der Zeit vom 8.5.1945 bis zum 28.2.1946 geschlossen wurden, war streitig. Aufgrund des Gesetzes über die Rechtswirkungen des Ausspruchs einer nachträglichen Eheschließung vom 29.3.1951 (BGBl. I, 215), in West-Berlin Gesetz vom 23.1.1952 (VOBl. 75) wurden die Rechtsfolgen solcher Eheschließungen geregelt. Das Gesetz ist in älteren Auflagen des Palandt mit Kommentierung im Anhang zu § 13 (34. Aufl.) bzw. im Anhang zu § 13 a EheG (39. Aufl.) abgedruckt.

    Der Inhalt dieses Gesetzes in Kürze:

    § 1: Notwendigkeit eines entsprechenden Ausspruchs des Standesbeamten über die erfolgte nachträgliche Eheschließung aufgrund einer bis zum 31.3.1946 (in Berlin: bis zum 8.5.1945) ergangenen Anordnung einer obersten Verwaltungsbehörde; Frau erhält Familiennamen des Mannes (§ 1 Abs.1 Nr.1); Untersagungsmöglichkeit auf Antrag von Verwandten durch VormG (§ 2); Versorgungsansprüche der Witwe (§ 1 Abs.1 Nr.2); Kind erhält die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes -und damit natürlich ebenfalls Versorgungsansprüche als Halbwaise- (§ 1 Abs.1 Nr.3; hierzu vgl. OLG Düsseldorf StAZ 1951, 273).

    Der Sachverhalt (Waisenrente, angebliches eheliches Kind) könnte darauf hindeuten, dass diese Ausnahme vorliegt. Derlei Vorgänge sind meines Wissens in den bei den Standesämtern geführten Geburtskarteikarten vermerkt. Die Kopie einer solchen Karteikarte lag mir vor Jahren in einem Nachlassverfahren einmal selbst vor.

    Das Gesetz gilt nach dessen § 1 Abs.3 auch, wenn der Mann für tot erklärt oder der Todeszeitpunkt nach den Vorschriften des Verschollenheitsrechts festgestellt wurde.

  • Ich fasse es nicht!!!!


    Aber juris2112 sag´mal, was sind denn Geburtskarteikarten? Es gibt doch nur Geburtenbücher und Beiakten dazu, oder?

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  • Mit "Geburtskarteikarten" meinte ich die früher mangels EDV in Karteikartenform geführten Dateien, wie sie in früherer Zeit auch für Testamentsvorgänge üblich waren und die gegenüber den "alten dicken Schinken" schon eine gewissen Fortschritt aufwiesen (deshalb auch heute noch die Bezeichnung "Hauptkartei für Testamente" beim AG Schöneberg). Es mag sein, dass es insoweit von Bundesland zu Bundesland regionale Unterschiede gab. Solche Karteien gab es meines Wissens (jedenfalls in Bayern) auch bei den Standesämtern. Sie befinden sich heute aber natürlich weitgehend in den Archiven.

    Vorsorglich:

    Art.235 § 1 Abs.2 EGBGB beinhaltet für Fälle mit DDR-Bezug natürlich eine weitere Ausnahme von dem Grundsatz, dass ein gesetzliches Erbrecht nur im Hinblick auf nach dem 30.6.1949 geborene nichteheliche Kinder in Betracht kommt. Aber auch im übrigen können nichteheliche Väter mit ihren Kindern seit 1.7.1998 nach Art.12 § 10 a NEhelG rechtsgeschäftlich vereinbaren, dass die Altersgrenze die Stichtagsregelung des Art.12 § 10 Abs.2 NEhelG für künftige Erbfälle nicht mehr gelten soll.

  • Nachtrag:

    Um Missverständnissen vorzubeugen, möchte ich vorsorglich darauf hinweisen, dass es sich keinesfalls so verhält, dass vor dem 1.7.1949 geborene nichteheliche DDR-Kinder nach Art.235 § 1 Abs.2 EGBGB im Hinblick auf nach dem Beitritt eintretende Erbfällen stets erbberechtigt sind. Sind sind es vielmehr nur, wenn sie erbberechtigt gewesen wären, wäre der Erbfall mit Ablauf des 2.10.1990 eingetreten (was sich nach dem fiktiven Erbstatut des Vaters im Zeitpunkt des Beitritts entscheidet). Denn die Norm bezweckt nur, den nichtehelichen Kinder ein Erbrecht zu erhalten, das sie im Zeitpunkt des Beitritts bereits hatten. Hatten sie es aber bereits im Zeitpunkt des Beitritts nicht, erhalten sie es somit natürlich auch nicht durch die Übergangsregelung. Hat der Vater demzufolge im Zeitpunkt des Beitritts im Westen seinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt, so wäre er bei seinem fiktiven Ableben im Zeitpunkt des Beitritts nicht nach dem ZGB, sondern nach dem BGB beerbt worden, sodass sein im Osten lebendes und vor dem 1.7.1949 geborenes nichteheliches Kind nicht erbberechtigt gewesen wäre. Dabei bleibt es auch für die Zeit nach dem Beitritt.

    Das Gesagte gilt übrigens auch für das Erbrecht der väterlichen Verwandtschaft nach dem nichtehelichen Kind und dessen Verwandten, und zwar mit der Maßgabe, dass für die Bestimmung des fiktiven Erbstatuts im Zeitpunkt des Beitritts hier ausnahmsweise nicht auf das Erbstatut des Kindes, sondern auf dasjenige des Vaters abzustellen ist. Denn nur auf diese Weise wird sichergestellt, dass sich Erbrecht und Beerbung des nichtehelichen Kindes im Rahmen der Übergangsregelung nach dem gleichen Statut beurteilen.

  • @ juris.....Ich hab Angst vor dir!!!

    Nein, aber im Ernst. Woher hast du all dieses geballte Wissen? Das ist ja der blanke Wahnsinn. So viel kann doch ein Mensch allein gar nicht im Kopf haben.
    Na gut, ich kenne deinen Kopf nicht!:wechlach:

    Hut ab und ehrliche Ehrfurcht. So viele Jahre kann ich gar nicht arbeiten, um mir all das anzueigen!

    Große Dankbarkeit, dass es dieses Forum gibt und viele von uns von deinem Wissen profitieren können.:2danke

    Esra 7, Vers 25
    Du aber, Esra, setze nach der Weisheit deines Gottes, die in deiner Hand ist, Richter und Rechtspfleger ein, die allem Volk jenseits des Euphrat Recht sprechen, nämlich allen, die das Gesetz deines Gottes kennen; und wer es nicht kennt, den sollt ihr es lehren.

  • Also vielen herzlichen Dank für die große Hilfe. War mein erster Auftritt im Forum - super Sache !
    Im Übrigen war Vater Bürger der alten Bundesländer, somit entfällt das Erbrecht schon deshalb. Hatte dieses nicht beachtet.
    Schönen Tag noch !

  • Gleichwohl würde ich aufgrund der Angabe in der vorliegenden eidesstattlichen Versicherung, dass der Abkömmling nach den "seinerzeitigen" Gesetzen im Verhältnis zum Vater als eheliches Kind galt und aufgrund der erwiesenen Tatsache der Rentenzahlung (Halbwaisenrente!) vorsorglich prüfen, ob nicht tatsächlich eine nachträgliche Eheschließung in Anwendung des genannten "Führererlasses" erfolgt ist. Denn wenn dies der Fall ist und die Regularien nach dem genannten Gesetz aus dem Jahre 1951 erfüllt sind, gilt die erbrechtliche Nichtehelichen-Altersgrenze natürlich nicht, weil es sich dann ja um ein eheliches Kind handelt.

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