§ 180 ZPO Prüfungsflicht bei Ersatzzustellung in den Briefkasten

  • Die Ersatzzustellung in den Briefkasten ist ja eine feine Sache, aber leider kommen Bescheide recht häufig mit einem handschriftlichen Kommentar "unbekannt verzogen" ohne erkennbaren Absender zurück. Der Bescheid gilt nach wie vor als zugestellt, es sei denn, der Adressat hat seinen Lebensmittelpunkt verlegt (vgl. Zöller zu §180 ZPO).
    Grundsätzlich gibt es zwei denkbare Gründe für die Rücksendung:
    1. Der Adressat ist tatsächlich verzogen und der Postbote hat den Bescheid aus Macht der Gewohnheit o. ä. trotzdem zugestellt.
    2. Der Adressat ist von der schlauen Sorte und erhofft sich daruch eine Verzögerung.
    Mein Problem ist jetzt, wie ich weiter vorgehen soll, vor allem, wenn der Mahnbescheid nach Erlass des Vollsteckungsbescheids zurückkommt. Bisher habe ich den Antragsteller informiert und um Überprüfung der Anschrift gebeten. Bestätigt eine EMA einen Umzug, stelle ich neu zu.
    Was aber, wenn der Antragsgegner sich nicht abgemeldet hat?
    Kann ich die weitere Prüfung dem Prozessgericht überlassen, wenn der Schuldner bei Vollstreckungsbeginn Einspruch einlegt (er konnte vorher, bei Variante 1, nichts von dem VB wissen)?
    Sollte die Zustellung tatsächlich unwirksam sein, dürfte die Einspruchsfrist noch nicht begonnen haben.
    Zwar muss ich die wirksame Zustellung von Amts wegen prüfen, aber mir geht das bei formal korrekter ZU echt zu weit, weil die Rechtsprechung bei der Fiktion allerhand Kriterien aufstellt, nach denen der Lebensmittelpunkt bestimmt wird. Die Beweise, die nötig wären, um die Wirksamkeit abschließend zu prüfen, können eigentlich nur von dem Antragsgegner, dessen Aufenthalt eben ungeklärt ist (Patt-Situation), erbracht werden.

    :( Sorry für den langen Text, aber dieses Thema beschäftigt mich schon eine ganze Weile und ich habe noch nicht die ultimative Verfügung entwickelt.
    :schreiben

    Wünsche allen ein schönes WE!!!

  • Sei froh, dass Du auf dem Mahngericht bist. Die Prüfung all dieser Fragen obliegt dem Prozessgericht. Ist der VB erst mal erlassen, gibt´s nur noch den Einspruch, egal, ob der MB wirksam zugestellt wurde. Ist die Einspruchsfrist rum, kann das Prozessgericht ja Wiedereinsetzung gewähren.

  • Wenn der MB oder VB nicht zugestellt werden konnte, obliegt es dem Antragsteller eine neue Anschrift zu ermitteln. Kommt eine Zustellung von der Meldeanschrift zurück, weil z.B. kein Schild am Briefkasten ist, hilft oft schon der Zusatz "Meldeanschrift" im Adressfeld. Wenn der MB / VB zugestellt wurde, hilft dem Antragsgegner nur noch ein Rechtsmittel. Leider haben die Zusteller nicht mehr die Qualität früherer Jahre, ich hab schon mal eine Zustellung zurückbekommen mit dem Zusatz "konnte nicht zugestellt werden, da Briefkasten voll".

  • Zitat von Erzett

    Leider haben die Zusteller nicht mehr die Qualität früherer Jahre, ich hab schon mal eine Zustellung zurückbekommen mit dem Zusatz "konnte nicht zugestellt werden, da Briefkasten voll".


    Dieser Zusatz ist garnicht mal so selten. Hatte ich schon mehrfach. Schön auch die Sache, die jetzt gerade läuft. Mehrere Zustellungen durch persönliche Übergabe an den Adressaten in 2005. Die letzte Zustellung in 2006 kam mit dem Bermerken zurück: Adressat verstorben. Laut eingeholter EMA-Anfrage: verstorben 2001.:eek: Zombies!?

  • Zitat

    Dieser Zusatz ist garnicht mal so selten



    Und auch gar nicht so überraschend:

    Zitat

    Ist die Zustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 nicht ausführbar, kann das Schriftstück in einen zu der Wohnung oder dem Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt werden, die der Adressat für den Postempfang eingerichtet hat und die in der allgemein üblichen Art für eine sichere Aufbewahrung geeignet ist.



    Der Halbsatz

    Zitat

    und die in der allgemein üblichen Art für eine sichere Aufbewahrung geeignet ist


    ist dabei entscheidend.

    In der Begründung zum Gesetzentwurf steht zu § 180 nämlich drin, dass diese Anforderung u.a. nicht erfüllt ist, wenn der Briefkasten "überquillt" oder sonstige Anzeichen für eine nicht regelmässige Leerung bestehen.
    Daher sind - wie unser durch die ZU-Rückläufe meiner Frau kampferprobter Postauslieferer unseres Vertrauens berichtete - in einigen Bezirken die Zusteller so geschult worden, dass volle Briefkästen als nicht zuverlässig einzustufen sind und eine Ersatzzustellung hier nicht vorgenommen werden darf.
    Eine Differenzierung zwischen "voll" - was selbst bei kurzer Urlaubsabwesenheit ja mal vorkommen kann - und "verdächtig voll" wird dabei nicht vorgenommen.

    ( Juhu, ich konnte mal was in einer Fachrubrik schreiben :) )

  • @FloHH: Das ist sicherlich richtig. Aber warum kommt die Zustellung dann als unzustellbar zurück. Briefkasten ist nicht die einzige Form der Ersatzzustellung. Es müßte m.E. dann niedergelegt werden.

  • [quote=Manfred]Die Prüfung all dieser Fragen obliegt dem Prozessgericht. Ist der VB erst mal erlassen, gibt´s nur noch den Einspruch

    Sehe ich bisher auch so, es gibt keine Rechtsgrundlage, nach der ein Rechtspfleger einen unwirksamen ergangenen VB aufheben kann.
    Allerdings muss ich ja irgendwas mit dem zurückgekehrten Bescheid anfangen, wenn er nicht gleich in die große Ablage soll. Werde wohl weiterhin den Antragsteller aufklären, damit der Vorgang in der Akte ist.

    :2danke für die Antworten!

  • Etwas merkwürdig fand ich, daß in einer Sache das Schriftstück dem Sch. persönlich im Postfach übergeben wurde. Endlich mal ein Sch. der eine günstige Wohnung gefunden hat. :wechlach:

  • Zitat von Marple

    [Sehe ich bisher auch so, es gibt keine Rechtsgrundlage, nach der ein Rechtspfleger einen unwirksamen ergangenen VB aufheben kann.
    Allerdings muss ich ja irgendwas mit dem zurückgekehrten Bescheid anfangen, wenn er nicht gleich in die große Ablage soll. Werde wohl weiterhin den Antragsteller aufklären, damit der Vorgang in der Akte ist.



    Warum noch hinterher laufen? Wenn der VB wirksam erlassen ist und der MB kommt auf diese merkwürdige Weise zurück, dann würde ich den einfach "z.d.A." nehmen. Das Verfahren ist doch abgeschlossen. :gruebel:

  • Jau, habe ich in meiner kurzen Mahnabteilungspraxiszeit auch stets so gehandhabt, wie 13 vorschlägt.

    :daumenrau

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Zitat

    @FloHH: Das ist sicherlich richtig. Aber warum kommt die Zustellung dann als unzustellbar zurück. Briefkasten ist nicht die einzige Form der Ersatzzustellung. Es müßte m.E. dann niedergelegt werden.



    Das wissen wir. Aber weiss das auch die Post :gruebel: Unser Briefträger war jedenfalls bis zu seiner äh Belehrung der festen Auffassung, bei den Ersatzzustellungen gelte das "Highlander-Prinzip" ( "Es kann nur eine geben" - nämlich die "Ab in den Briefkasten" ):eek:

  • Ich schüttele jedesmal mit dem Kopf, wenn ich die Anzahl der Beanstandungen vom PZU´s sehe.

    Und vorallem die Gebühren, die die Post für falsche Zustellungen an uns zurück erstattet uiuiui

    @Erzett: Ist für dich also eine Ersatzzustellung an ein Postfach zulässig ?

  • Zitat von BlackDevil

    @Erzett: Ist für dich also eine Ersatzzustellung an ein Postfach zulässig ?



    Wie bitte? Wo hat Erzett das denn gesagt? :confused:

  • ;) Ich hab das einfach mal so in den Raum geworfen.

    War nicht so ernst gemeint !

    Ich hatte auf eine entschiedene Antwort gehofft :)

  • Zitat von BlackDevil

    ;) Ich hab das einfach mal so in den Raum geworfen.

    War nicht so ernst gemeint !

    Ich hatte auf eine entschiedene Antwort gehofft :)




    Axo!
    Ich schätze mal, die Antwort bekommst Du auch noch... :teufel:



  • Bei unserem Gericht nimmt ein Privatunternehmen die Zustellungen vor, was auch oftmals zu wünschen übrig lässt. Wir hatten insoweit einmal den umgekehrten Fall: Da ist in einem Haus mit mehreren Wohnparteien eine Zustellung dergestalt erfolgt, dass das Schriftstück wegen Überfüllung einfach AUF den Briefkasten gelegt worden ist. Zufällig wohnt eine Dame des LG in diesem Haus und hat dies aufgedeckt. Bei dem anschließenden Wirbel hätte ich nicht bei sein mögen.
    Den Ausführungen von FloHH kann man daher nur zustimmen.


    @ FloHH
    Doppel-Juhu!
    Der Fachbeitrag ist auch noch wertvoll! [Blockierte Grafik: http://www.cosgan.de/images/more/schilder/196.gif:daumenrau

  • Zitat von 13

    [Warum noch hinterher laufen? Wenn der VB wirksam erlassen ist und der MB kommt auf diese merkwürdige Weise zurück, dann würde ich den einfach 'z.d.A.' nehmen. Das Verfahren ist doch abgeschlossen.


    Für Hinterherlaufen habe ich keine Lust, dachte nur, es könnte vielleicht doch zur Prüfungspflicht der wirksamen Zustellung gehören, weil diverse Antragsgegnervertreter nach einigen Jahren mit dieser Vorstellung um Überprüfung durch das Mahngericht bitten.
    Ähnlich Fälle habe ich bei Insolvenzverwaltern, die nach Zustellung des VB an den Antragsgegner den Insobeschluss schicken. Meistens war das Insolvenzverfahren schon vor MB-Antrag eröffnet und ich schreibe den IV mit Hinweis auf einen Einspruch an. Eine IV'in teilte zweimal mit, dass sie keinen Einspruch einlegt, weil der VB offensichtlich unwirksam sei (????).:behaemmer
    Wollte mich nur mal rückversichern, wie ihr die Sache beurteilt, nicht, dass ich mir noch irgendeinen Ärger einhandle.

    ...lieber Fachjurist und Fachidiot,als Volljurist und Voll...

  • Moin BlackDevil. Ersatzzustellung doch nicht, wenn der Schuldner im Postfach persönlich anwesend ist. Und ob im Postfach noch Platz für weitere Familienangehörige ist, wage ich zu bezweifeln.

  • Zitat von Erzett

    Moin BlackDevil. Ersatzzustellung doch nicht, wenn der Schuldner im Postfach persönlich anwesend ist. Und ob im Postfach noch Platz für weitere Familienangehörige ist, wage ich zu bezweifeln.



    Der PF-Inhaber müsste dann wohl die Gesichtsform von Sponge-Bob haben - oder wie heißt der Typ? :D

  • @Erzett: Ich meine eine Ersatzzustellung an ein Postfach als ähnliche Einrichtung gem. § 180 ZPO
    Wobei der Schuldner natürlich nicht sein Lager im Postfach aufgeschlagen hat :)

    @ 13: So in der Art hrhr ;)

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