Ausschlagung wirksam?

  • Hallo, bin neu im Forum und habe folgendes Problem:
    Für meine Erblasserin ist Nachlaßpflegschaft angeordnet, da Grundstück vorhanden und Sicherungsbedürfnis gegeben. Nach ihr ist gesetzliche Erbfolge eingetreten.Sie hinterließ ihren Ehemann, der 3/4 erbt. Er ist 1952 mit Wohnsitz neue BL verstorben. Zu seiner test. Erbin setzte er seine Nichte (Wohnsitz alte BL) ein, die ausweisliche der Akten das Testament am 25.2.1952 (Ausgang bei Gericht) erhielt. Aus dem Schriftverkehr ist ersichtlich, dass die Post ca. 5 Tage benötigte.
    Sie meldete sich dann 28.6.52; 8.8.52 mit Anfragen zum Bestand des Nachlasses. Am 11.8.52 ging eine formlose Erbausschlagung ein und dann schließlich nach Hinweis auf die Formbedürftigkeit am 3.9.52 ihre mit Unterschriftsbeglaubigung durch das Amtsgericht am ihrem Wohnort versehene Erbausschlagung . Auf Anfrage des Gerichtes erklärt sie dann, sie habe Kenntnis von der Zusammensetzung des Nachlasses seit 29.7.52.
    Wann Sie Kenntnis i.S. § 1944 Abs. 2 BGB hatte geht aus der Akte nicht hervor. Offensichtlich hat damals das Gericht die EAS für wirksam erachtet, denn es hat den eingesetzten Ersatzerben über die EAS informiert, der nunmehr form-und fristgerecht ausschlug. Nun ist sie eingesetzte Erbin ja auch verstorben und ich habe hier RN (ihre Nichte und Tochter des damals eingesetzten Ersatzerben)ermittelt. Fraglich ist jetzt, ob die damals erklärte EAS wirksam erfolgte, denn z.Z. Erbfalls galt ja auch das BGB, wobei ich hier eine Frist von 6 Monaten zu berücksichtigen hätte. Mit der Frist könnte es wohl so oder so sehr knapp werden. Jedoch hätte doch durch das Amtsgericht eine Niederschrift nach § 1945 BGB gefertigt werden müssen oder?

    Für mich stellt sich jetzt die Frage, ob ich die Pflegschaft aufheben kann, da mir Erben bekannt sind( Rest 1/4 geht an die Geschwister der Grundstückseigentümerin und ist geklärt).

    Wie macht Ihr das, wenn ein Nachweis über den Zugang des Testamentes, welches i.d.R. ja formlos versandt ist nicht zu erbringen ist? Verlässt man sich auf die Angaben der Erben? Die Nichte wird ja nicht viel zur Sachaufklärung beitragen können.

  • Meines Erachtens hat vor dem Mauerbau kein Anlass bestanden, die sechswöchige Ausschlagungsfrist unter analoger Anwendung des § 1944 Abs.3 BGB auf sechs Monate zu verlängern (ebenso Soergel/Ehard/Eder, 8. Aufl. 1955, § 1944 Anm.4: "Das Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik [Ostzone] ist selbstverständ-lich nicht Ausland."). Gleichwohl war die am 3.9.1952 beim NachlG eingegangene Erbausschlagung nach meinem Dafürhalten nicht verspätet, weil sie jedenfalls als Anfechtung der Fristversäumnis i.S. des § 1956 BGB auszulegen ist und der seinerzeitige Sachvortrag der Erbprätendentin, wonach sie erst am 29.7.1952 von der Zusammensetzung (und aus damaliger Sicht: wohl Überschuldung) des Nachlasses Kenntnis hatte, aus heutiger Sicht kaum zu widerlegen ist. Dies gilt umso mehr, als auch das NachlG die Erbausschlagung als fristgerecht behandelt hat.

    Was die Unterschriftsbeglaubigung angeht, so ist zu berücksichtigen, dass die Beglaubigungsbefugnis der Gerichte erst durch das BeurkG 1970 abgeschafft wurde. Dementsprechend hatte § 1945 Abs.1 BGB im Zeitpunkt des Erbfalls (1952) noch folgende Fassung:

    "Die Ausschlagung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Nachlaßgerichte; die Erklärung ist in öffentlich beglaubigter Form abzugeben."

    Die Einfügung "die Erklärung ist zur Niederschrift des Nachlaßgerichts oder in öffentlich beglaubigter Form abzugeben", erfolgte demzufolge erst im Zuge des In-Kraft-Tretens des BeurkG.

    Damit sind gegen die Wirksamkeit der Erbausschlagung auch keine Formbedenken zu erheben.

    Also: Bei Altfällen immer auf die seinerzeitige Gesetzeslage achten, auch beim Güterstand und beim Erbrecht.

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