Kontenfreigabe durch Insolvenzverwalter

  • Moin,
    ich habe folgende Frage:
    Bisher haben wir die Führung von Bankkonten während der Insolvenz abgelehnt, da wir der Meinung sind in ein evtl. Haftungsrisiko zu rennen.

    Kann ich ein solches Konto führen, wenn der InsoVer. das Konto freigibt?
    M.E. kann er doch eh nur den unpfändbaren Teil freigeben, Beträge darüberhinaus nicht. Diese unterliegend der Abtretung.

    Wenn der InsoVer. dennoch das Konto generell freigibt, wo liegt das Risiko falls der Schuldner mehr als den pfändungsfreien Betrag erhält? Bei der Bank oder bei dem InsoVer.?

    Wir möchten gerne auch Insolvenzschuldneren die Möglichkeit eines Kontos geben, aber selbstverständlich ohne das wir in ein unüberschaubares Risiko laufen!

    Bin gespannt auf Antworten, Danke!

  • 1. Unpfändbares Vermögen kann der IV nicht freigeben, weil es von vornherein nicht zur Insolvenzmasse gehört. Freigabe bezieht sich daher immer auf grundsätzlich insolvenzbefangene Gegenstände.

    2. Das Risiko des freigegebenen Girokontos ist weniger der Zugriff durch den IV, als vielmehr folgendes: Wenn das Konto irgendwie ins Minus rutscht und der Schuldner nicht freiwillig wieder auffüllt, schaut die Bank für eine Weile in die Röhre. Denn auf dem Konto eingehendes Geld wird in der Regel unpfändbar und daher auch nicht aufrechenbar sein und anderweitig ist beim Schuldner während des laufenden Insolvenz- und Restschuldbefreiungsverfahrens zunächst wegen Vollstreckungsverbot und später jedenfalls i.d.R. faktisch nix zu holen. Erst nach RSB-Erteilung dürfte sich die Aussicht wieder aufhellen, Neuverbindlichkeiten erfolgreich vollstrecken zu können.

    Wenn man als Bank auf Nr. Sicher gehen will, darf man dem Schuldner daher keine EC-Karte geben, etc. und muss das Konto "von Hand" führen. Das verursacht natürlich Mehraufwand und ist entsprechend unattraktiv.

    3. Ein halbwegs vertrauenswürdiger Schuldner ist im übrigen aber ein Idealkunde, weil jedenfalls keine Pfändungen ins Konto zu erwarten sind und ein vernünftiger Schuldner i.d.R. auch schon aus Dankbarkeit, dass er das Konto bekommt, "brav" ist.

  • D.h. dann also, das der IV, trotz Abtretung, den pfändbaren Teil freigeben kann, und der Schuldner diesen für sich verwenden darf.
    Ist es aber nicht die Aufgabe des Schulnders, seinen pfändbaren Teil an die Masse zu geben um den Gläubigern eine Quote zu ermöglichen?
    Es ist doch die Aufgabe des IV dafür Sorge zu tragen, daß die Gläubiger wenn möglich befriedigt werden? Wieso kann er darauf verzichten und dem Schuldner im Extremfall alles belassen?
    Bin verwirrt!!!:confused:

  • Der Insolvenzverwalter prüft bei Eröffnung des Verfahrens, was sich auf dem Girokonto befindet und wie es zustande gekommen ist. In der Regel stellt er dann fest, dass sich nur Guthaben auf dem Konto befindet, dass aus unpfändbarem Einkommen resultiert und gibt das Konto frei. Normalerweise dürfte dann auch nur noch unpfändbares Einkommen in der Zukunft eingehen, da der Arbeitgeber des Schuldners - soweit vorhanden - pfändbare Beträge direkt an den Insolvenzverwalter/Treuhänder weiterleitet. Ein pfändbarer Teil geht demnach nicht mehr auf dem Konto ein.

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Denn auf dem Konto eingehendes Geld wird in der Regel unpfändbar und daher auch nicht aufrechenbar sein ...



    Why not? Ich meine, dem Thread zum P-Konto entnommen zu haben, dass die Bank sehr wohl mit unpfändbaren Bezügen aufrechnen kann. Wenn ich mich hier irre, kann mir einer die Vorschrift nennen (vielleicht stehe ich ja auf dem Schlauch)?

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • @chriz0815

    Ich lasse mir den pfändbaren Einkommensteil eines Arbeitnehmer-Schuldners auch manchmal vom (zuverlässigen!) Schuldner undnicht vom Arbeitgeber überweisen, damit der sich die Pfändungsbearbeitungsgebühr spart, die manche Arbeitgeber berechnen.

    Beim selbständig tätigen Schuldner gehört zunächst natürlich mal alles zur Insolvenzmasse. Auch nach der BGH-Entscheidung, die dies ausführte kann der IV indes mit dem Schuldner eine Vereinbarung treffen, was letzterer jeweils monatlich/vierteljährlich/o.ä. abführt. Das ist praktikabler, als der Aufwand, wenn ich über das IV-Anderkonto auch den ganzen privaten Mist des Schuldners abwickeln darf.

    Exec

    Wenn ich mich recht erinnere, kann der Kontoinhaber innerhalb von 7 Tagen seit Eingang unpfändbaren Einkommens dieses immer vom Konto abholen, also innerhalb dieser Frist keine Verrechnung möglich.



  • Exec

    Wenn ich mich recht erinnere, kann der Kontoinhaber innerhalb von 7 Tagen seit Eingang unpfändbaren Einkommens dieses immer vom Konto abholen, also innerhalb dieser Frist keine Verrechnung möglich.



    Gilt das nicht lediglich für Sozialleistungen? Und in § 55 SGB I steht doch auch nur was von Pfändung - nicht von Aufrechnung. Ich bin verwirrt....:confused:

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Wenn ich es richtig verstehe, besteht für die bank nur ein Risiko, wenn es den Schuldner ins Soll gehen lässt!
    Also steht einer Kontoführung in Insolvenzfällen eigentlich aus Bankensicht nichts im wege!

    Danke, das hilft mir weiter!!!

  • Es wird aber immer vergessen, dass das Einkommen (auch das pfändbare) im Moment der Einzahlung auf das Konto reines Kontoguthaben und kein Lohn mehr ist. Deshalb gibt es ja den § 850k ZPO. Und deshalb gilt auch nicht § 394 BGB. Dazu gibt es auch eine ganze Reihe BGH-Entscheídungen.

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Also jetzt doch nicht??? :confused:

    Nochmal: Kann eine Bank mit dem Kontoguthaben, das aus der Überweisung des unpfändbaren Teils des Arbeitslohnes stammt, sofort aufrechnen? Und kann eine Bank mit dem Kontoguthaben, das aus der Überweisung von Sozialleistungen gem. § 55 SGB I stammt, innerhalb der ersten 7 Tage aufrechnen?

    Ich werd´ noch verrückt...

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Eindeutig bei beiden:ja. Siehe auch BGH, Urteil vom 22. 3. 2005 - XI ZR 286/04. Tenor:
    850k ZPO hindert die kontoführende Bank nicht an der kontokorrentmäßigen Verrechnung des auf das Girokonto ihres Kunden überwiesenen pfändungsfreien Arbeitseinkommens."

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Gehört nicht ganz hierher, stelle die Frage aber trotzdem mal: hat die Bank nicht bei jeder Kontoeröffnung das Risiko, dass der neue Kunde ggf. in der InsO oder Wohlverhaltensphase ist, ggf. größer Summen einzahlt und wieder verfügt und so am Treuhänder "vorbei arbeitet"? Wie wollen wir Banker das prüfen? Aktuelles Beispiel: Kunde eröffnet ein Konto; Legitimationsprüfung und die sonstigen Formalitäten werden beachtet. Er zahlt 10 TEUR ein. Nach einigen Wochen wird der Betrag wieder verfügt und das Konto aufgelöst. Wieder einige Wochen später meldet sich der InsO-Verwalter und fordert die nochmalige Leistung an die Masse, da der (Ex)-Kunde nicht über den Betrag hätte verfügen dürfen.....und nun?

  • @Michel aus L

    1. In der WVP ergeben sich für die Bank keine Probleme (solange keine Nachtragsverteilung angeordnet und Bankguthaben davon erfasst ist - das dürfte aber absolute Ausnahme sein), weil der Schuldner in seiner Verfügungsbefugnis nicht beschränkt ist.

    2. Im laufenden Insolvenzverfahren stellt sich das aufgeworfene Problem für die Bank zunächst einmal. Daher ist es durchaus sinnvoll, wenn die Bank mit Kenntnis von der Insolvenzeröffnung erst mal das Konto sperrt und sich vom IV die "Freigabe" erklären läßt.

    Exkurs: "Freigabe" des Kontos ist rechtlich natürlich etwas komplizierter, denn freigegeben werden können nur Vermögensgegenstände, in diesem Fall also Forderungen, d.h. die Forderung(en) des Schuldners aus dem Girovertrag.

    Liegt die "Freigabe" des IV vor, kann er später nicht ankommen und geltend machen, die Bank hätte Verfügungen des Schuldners nicht ausführen dürfen.

  • @ chick

    1. Aber ist der Schuldner nicht verpflichtet in der WVP sein, z.B. durch Erbschaft erlangtes Vermögen, anzugeben und (anteilig) abzuführen.

    2. Mir geht es ja darum, dass der Kunde im laufenden InsO-Verfahren ein Konto eröffnet und die Bank gar nicht weiß, dass ein InsO-Verfahren läuft. Wenn der Kunde in HH ein Verfahren laufen hat, wissen wir das in Hessen nicht unbedingt.
    :gruebel:

  • 1. Aber ist der Schuldner nicht verpflichtet in der WVP sein, z.B. durch Erbschaft erlangtes Vermögen, anzugeben und (anteilig) abzuführen.



    Diese Verpflichtung des Schuldners besteht schon: Es ist aber eben nur eine Verpflichtung, keine Einschränkung der Verfügungsbefugnis; der TH hat nicht automatisch Zugriff auf die halbe Erbschaft. Erbt der Schuldner und verjuxt gleich alles in der Spielbank, dann ist das wirksam, TH und Gläubiger schauen in die Röhre und es kann lediglich RSB-Versagungsantrag gestellt werden.

    Zitat von Michel_aus_L

    2. Mir geht es ja darum, dass der Kunde im laufenden InsO-Verfahren ein Konto eröffnet und die Bank gar nicht weiß, dass ein InsO-Verfahren läuft. Wenn der Kunde in HH ein Verfahren laufen hat, wissen wir das in Hessen nicht unbedingt.:gruebel:



    Das ist zugegebenermaßen ein praktisches Problem, das allerdings jeder hat, der mit einem "verdeckten" Schuldner paktiert. Vereinfacht sich ja vielleicht irgendwann, wenn die Online-Veröffentlichungen länger als zwei Wochen im Netz bleiben.

  • Neue Frage:
    Schuldner = Schuldner (IK Verfahren) und führt gemeinsam mit seiner Ehefrau ein Konto. Schuldner bezieht Lohn und dieser ist nicht pfändbar (liegt unter der Pfändungsgrenze) und seine Ehefrau angestellt und verdient gut (netto ca. € 1.900).

    Freigabe???

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