Dolmetscherauslagen

  • Ich habe einen Fall, in dem bei einem mittellosen Betreuten Dolmetscherauslagen entstehen, da der Betreuer sich sonst nicht mit der betreuten Person verständigen kann. Eine Erstattung der Aulagen kommt gem. § 4 Abs. 2 VBVG m.E. nicht in Betracht.
    Das Ergebnis erscheint mir unbillig, ich sehe jedoch keine Möglichkeit,
    dem Betreuer die Dolmetscherauslagen zu erstatten.
    Wie verfahrt Ihr in diesen Fällen? Ich meine gehört zu haben, insoweit läge schon ein Verfahren dem Bundesverfassungsgericht vor, habe dazu haber bisher nichts Konkretes finden können.

  • Wir genehmigen diese Kosten hier nicht und haben sie immer abgesetzt. Schießlich müssen sich die Betroffenen im Alltag ja auch irgendwie verständigen (beim Einkauf oder so). Da fungieren doch meistens Familienangehörige etc. Warum soll das hier anders sein ?

  • Wie wäre es mit einem Betreuer, der die Sprache versteht. Im Umkreis von Koblenz gibt es mittlerweile einen, der wirbt mit seinen Russischkenntnissen. Der hat sozusagen eine Marktlücke entdeckt :wechlach:

  • Das Problem ist mir schon des öfteren vorgekommen. Ich sehe die Lösung anders als oben ausgedrückt.
    Der Betreuer ist als solcher bestellt. Ob er mangels Sprachkenntnissen geeignet (§ 1897 I BGB) ist, spielt für den Rpfl. keine Rolle. Die richterliche Ernennung steht nun mal felsenfest.
    Der Betreuer muss sich mit dem Betreuten verständigen können. Ohne Verständigung geht es nicht. Ich habe deshalb keine Bedenken, dass der Betreuer im Rahmen der §§ 1835 I, 670 BGB einen Dolmetscher hinzuzuzieht. Die Kosten sind zweifelsfrei über § 670 BGB erstattbar.
    Die Regelung, dass in der Vergütung des Betreuers nach § 4 II VBVG seine Auslagen enthalten sind, bezieht sich m. E. nur auf die Kosten, die in der Person des Betreuers selbst entstanden sind, z. B. seine Fahrt-, Telefon- und Portokosten usw.. Diese Regelung kann sich nicht auf Kostenpositionen beziehen, deren Ursache in der Person des Betreuten liegt, denn dieser beherrscht nicht die deutsche Sprache, muss sich aber gegenüber dem Betreuer, von dem nicht verlangt werden kann, dass er z. B. Kishuaheli perfekt beherrscht, verständlich machen. Es beauftragt ja nicht der Betreuer für sich den Dolmetscher, sondern er zieht diesen im Namen des Betreuten, in dessen Vertretung auf dessen Kosten bei.
    Schon an anderer Stelle habe ich zum Ausdruck gebracht, dass es keinen Sinn macht, einem gelernten Rechtsanwalt-Betreuer neben seiner nach dem VBVG zu bemessenden Vergütung nach § 1835 III BGB die anwaltspezifischen Dienste gesondert nach dem RVG zu vergüten, während einem Betreuer, der einen Rechtsanwalt beauftragt, dessen Honorar aus der in der Vergütung enthaltenen Auslagenpauschale (3,00 €!!!) bezahlen soll.
    Nichts anderes kann für einen Dolmetscher gelten.

    Bei mittellosen Betreuten hat die Staatskasse leider das Pech, zahlen zu müssen.

  • Betrifft Dolmetscherauslagen

    Betreuter ist geduldeter Flüchtling aus dem arabischen Sprachraum. Betreuung wurde umfassend mit Gesundheitsfürsorge, alle Vermögensangelegenheiten, Postempfang,
    Aufenthalts- und Wohnungsangelegenheiten, Vertr. Behörden-, Renten-, Versicherungsanstalten eingerichtet.
    Betreuter ist ca. 40 J. alt, erhält eine Depotmedikation zu Behandlung einer chronischen Psychose, lebt mit den ca. 80 J. alten Eltern in einer 3-Zimmerwohnung.
    Betreuter wie Angehörige sind der deutschen Sprache nicht mächtig.
    Anfragen an AG und Betreuungsbehörden ergaben nur das rechtliche Betreuer mit arabisch Kenntnissen nicht bekannt sind.
    Von Zeit zu Zeit verweigert der Betreute die Medikamentengabe. Dies führt im Ergebnis zu einer gesteigerten Agitiertheit die dann eine Krankenhausbehandlung notwendig macht.
    Da der Betreute sich nicht verständigen kann ist mehrfach bereits eine Unterbringung nach dem PsychKG in NRW erfolgt.
    Eine Beauftragung eines Dolmetschers erfolgte durch Betreuer.
    Ein Kostenübernahmeantrag an das AG wurde mit Hinweis auf § 4 Abs.2 VBVG durch den Bezirksrevisor am Landgericht abgelehnt.
    Die entsprechenden Aufgaben des Betreuers sind im Ergebnis nicht ausführbar.

  • Der BezRev kann nichts ablehnen, er kann nur seine Meinung als Vertreter der Staatskasse in Kostensachen abgeben.
    Der Rechtspfleger entscheidet über den Auslagenerstattungsantrag. Sein Beschluss ist mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar. Dann entscheidet das Landgericht, das natürlich den BezRev im Ohr sitzen hat, aber immer noch eine eigene Meinung zu vertreten weiß.

  • ich hab genau einen solchen fall derzeit auch. die anfrage liegt beim bez rev zur stellungnahme, nachdem mein abt-ri sich nicht festlegen mochte. die tendenz geht jedoch dahin, dass wir zum wohle des betreuten und des betreuers erstatten werden.

  • Nun, den Abt.richter hätte ich nicht gefragt:
    a) ist der gar nicht zuständig, es sei denn der Beschwerdewert ist nicht erreicht, was bei Dolmetscherkosten erfahrungsgemäß selten der Fall ist
    b) ist dieser erfahrungsgemäß erst dann geneigt zu entscheiden, wenn er muss
    c) bin ich Manns genug, das selbst zu entscheiden und entweder glorreich aus der Schlacht zurückzukehren oder ehrenhaft unterzugehen.

  • Nun, den Abt.richter hätte ich nicht gefragt



    Hätte ich auch nicht gemacht. Ich kann auch nicht nachvollziehen, warum in dem zu #5 beschriebenen Fall keine Beschwerde eingelegt worden ist. Ich würde in so einem Fall einen förmlichen Beschluss machen und, soweit der Beschwerdewert nicht erreicht ist, die sofortige Beschwerde zulassen, da es sich ja um ein generelles Problem handelt.

    Die Erfahrung der letzten Monate zeigt nach meiner Meinung, dass sich die Gerichte über die Auslagen, die in der Pauschale enthalten sind, Gedanken machen müssen. Wenn ich die Kommentierung nach altem Recht nehme, führt das in manchen Fällen dazu, dass die Auslagen höher als der Vergütungsanspruch, der auch noch die Mehrtwertsteuer enthält, sind.

  • Nun, den Abt.richter hätte ich nicht gefragt:
    a) ist der gar nicht zuständig, es sei denn der Beschwerdewert ist nicht erreicht, was bei Dolmetscherkosten erfahrungsgemäß selten der Fall ist
    b) ist dieser erfahrungsgemäß erst dann geneigt zu entscheiden, wenn er muss
    c) bin ich Manns genug, das selbst zu entscheiden und entweder glorreich aus der Schlacht zurückzukehren oder ehrenhaft unterzugehen.



    die vorlage kam nach rücksprache mit meiner bezrev, da er über nen geeigneteren betreuer nachdenken sollte....weil wir bis zu dessen abdanken einen hatten, der die sprache kann...nu isser weg und wir finden keinen mehr:(

  • Ich halte die Rechtsauffassung des Bezirksrevisors nach ebenso geltendem wie widersinnigem Recht im Ergebnis für zutreffend.

    Wenn der Betreuer einen Dolmetscher hinzuzieht, um überhaupt seine gesetzlichen Aufgaben erfüllen zu können, kann dies auf zweierlei rechtliche Weise geschehen:

    a) Entweder es handelt sich insoweit nicht um Aufwendungen des Betreuers i.S. des § 4 Abs.2 S.1 VBVG, sondern um die Kosten für die Tätigkeit eines Dritten, der vom Betreuer namens des Betroffenen für diesen beauftragt wurde. In diesem Fall entsteht ein vertraglicher Anspruch des Dolmetschers gegen den Betroffenen, den dieser aufgrund seiner Mittellosigkeit nicht erfüllen kann und von dem klar war, dass er ihn von vorneherein nicht erfüllen kann. Da mangels Rechtsgrund zweifelsfrei kein Anspruch des Dolmetschers gegen die Staatskasse besteht, rechtsgeschäftlich eingegangene Verbindlichkeiten beglichen zu bekommen, würde sich der Betreuer mit einer solchen rechtsgeschäftlichen Beauftragung somit dem Vorwurf des Betruges aussetzen.

    b) Die zweite Möglichkeit (weitere Möglichkeiten gibt es nicht) besteht darin, dass der Betreuer den Dolmetscher im Wissen um die sich aus lit.a) ergebende Rechtslage nicht namens des Betroffenen, sondern im eigenen Namen beauftragt. Insoweit war bis zum 1.7.2005 einhellig anerkannt, dass auch notwendige Dolmetscherkosten -ebenso wie die Kosten für andere notwendige Drittleistungen- zu den erstattungsfähigen Aufwendungen des Betreuers i.S. des § 1835 Abs.1 BGB gehören (Soergel/Zimmermann § 1835 RdNr.8; Palandt/Diederichsen § 1835 RdNr.9 -auch noch in neuester 66. Aufl.-). Diese Aufwendungen -wie auch alle anderen mit Ausnahme derer i.S. des § 1835 Abs.3 BGB- sind seit 1.7.2005 aber nunmehr nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut nach § 4 Abs.2 S.1 VBVG im pauschalen Aufwendungsersatz des Betreuers inkludiert und § 1835 Abs.3 BGB hilft nicht weiter, weil es sich nicht um berufliche Dienst des Betreuers handelt.

    Natürlich ist dieses Ergebnis eine einzige (verfassungswidrige) Absurdität. Aber ich sehe nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut keine Rechtsgrundlage für die Erstattung der besagten Kosten aus der Staatskasse. Dass dieses Ergebnis gleichzeitig die fehlende Sachkenntnis aller am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Mandatsträger belegt, bedarf keiner weiteren Begründung. Die insoweit federführende Frau MdB Bätzing (SPD) ist zwar als neue Drogenbeautragte der Bundesregierung für das Betreuungsrecht nicht mehr zuständig. Nach den bisherigen Erfahrungen ist mit der Übernahme dieses neuen Amtes aber erwartungsgemäß keine Steigerung der Arbeitsqualität verbunden.

  • Betrifft Dolmetscherauslagen
    Nur als Information. Nach interner Diskussion wurden die Kosten für die
    Beauftragung des Dolmetschers durch den Betreuungsverein übernommen.

  • Die insoweit federführende Frau MdB Bätzing (SPD) ist [...] als neue Drogenbeautragte der Bundesregierung für das Betreuungsrecht nicht mehr zuständig.



    Ein Schelm wer Böses dabei denkt...

    Auch als sie noch zuständig war, hat sie sich nicht gerade mit Ruhm bekleckert (und das ohne Ansehhung der Partei für die sie tätig ist).

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Ich hatte festgestellt, dass ich nicht feststellen konnte, dass man feststellen könnte, die Arbeitsqualität wäre im neuen Amt eine höhere als früher. Damit stellte ich gleichzeitig fest, dass es mit der Arbeitsqualität auch im früheren Amt nicht zum besten bestellt war.

  • #13 ist nicht meine Meinung, aber ich meine mich zu erinnern, kürzlich eine Obergerichtsentscheidung in diesem Sinne gelesen zu haben.

    Den Unsinn dieser Regelung hat juris herausgearbeitet.

    Warum soll ich dann nicht im Rahmen der rechtspflegerischen Rechtsfortbildung das Defizit ausbügeln?

    Der Gesetzgeber hatte sicherlich ein Porzellansyndrom (s. "Humor"), als er diese Regelung schuf. Da muss ich abhelfen.

  • Das habe ich aus der Abteilung "Humor" dieses Forums. Sehr informativ. Ich empfehle das Selbststudium, da hat man mehr Spaß.
    Der Witz mit dem "Porzellansyndrom" endet mit der Auskunft des Arztes: "Ich konnte Ihrer Frau doch nicht sagen, dass sie nicht alle Tassen im Schrank hat", als der Ehemann ihn fragte, welches Krankheitsbild denn hinter dieser seine Frau betreffende Diagnose stecke.

  • Ich habe die Entscheidung noch nicht gelesen, möchte aber an dieser Stelle schon mal auf sie hinweisen:

    "Die Betreuervergütung beinhaltet auch die Kosten für einen vom Betreuer erforderlichenfalls hinzu zu ziehenden Dolmetscher".
    OLG Schleswig, Beschl. 03.09.2008, 2 W 193/07, FamRZ 2009, 1180 ff.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

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