Wirkungen einer Ausschlagungserklärung

  • Hallo.

    Ich habe folgenden Fall :

    Der Erblasser verstirbt am 29.04. und wird u.a. von seiner am 30.04. nachverstorbenen Ehefrau beerbt.

    Der Sohn beerbt die Ehefrau als Alleinerben und schlägt die Erbschaft am 03.06. "aus allen für ... [ihn] infrage kommenden Berufungsgründen" aus.

    Wirkt [ohne ausdrückliche Erklärung insoweit] die Ausschlagungserklärung zugleich für den Nachlass der nachverstorbenen Ehefrau, deren Alleinerbe der Sohn geworden ist ?!

  • Ich glaube, dass sich das vorliegende Problem in der Person des Sohnes überhaupt nicht stellt. Denn die Ausschlagungsfrist für die Ehefrau war noch nicht abgelaufen, weil sie bereits einen Tag nach dem Erblasser verstorben ist. Das entsprechende Ausschlagungsrecht der Witwe ging nach § 1952 BGB auf deren Erben über. Wenn der Sohn die Erbschaft nach seiner Mutter ausschlägt, ist er aber überhaupt nicht ihr Erbe geworden. Ist er es aber nicht geworden, kann er den Erstnachlass mangels Erbeserbenstellung überhaupt nicht ausschlagen. Seine Ausschlagung kann sich daher aus Rechtsgründen nur auf den Nachlass der Mutter beziehen.

    Ob die Mutter selbst Erbin nach ihrem Ehemann wurde, ist demzufolge derzeit offen. Dies hängt davon ab, ob Erben der Mutter ermittelt werden und ob diese vom geerbten Ausschlagungsrecht i.S. des § 1952 BGB Gebrauch machen.

  • @juris

    Ist der Sohn nicht aber Miterbe des vorverstorbenen Ehemannes geworden (siehe Sachverhalt: u.a von ... Ehefrau beerbt)?

    M.E. muss daher der Sohn beide Erbschaften ausschlagen, wenn er weder Vater noch Mutter beerben will.

  • Das ist natürlich klar.

    Allerdings bin ich bisher nicht davon ausgegangen, dass der Sohn auch Miterbe nach dem Vater geworden ist, weil dies aus dem Sachverhalt nicht explizit hervorgeht. Aber auch wenn es sich so verhalten sollte, muss der nach mehreren Erblassern zum Erben Berufene angeben, welche Erbschaft er ausschlagen will und welche nicht. Denn dies ist keine Frage des Berufungsgrundes, sondern eine Frage in Bezug darauf, auf welchen Nachlass sich die Ausschlagung überhaupt beziehen soll.

    Es wäre also zu fragen, ob die Ausschlagung notariell oder zur Niederschrift des Nachlassgerichts erklärt wurde, zu welcher Nachlassakte sie eingereicht oder erklärt wurde und ob sich aus ihrer inhaltlichen Formulierung irgendwelche Anhaltspunkte für den Ausschlagungswillen des Sohnes ergeben.

    Man muss also unterscheiden zwischen einer evtl. Eigenberufung des Sohnes am Nachlass des Vaters und seiner etwaigen zusätzlichen Erbeserbenstellung im Hinblick auf den Erbteil der Mutter. Für letztere verbleibt es in jedem Fall bei den Ausführungen in #2.

  • Sorry für die unklare Sachverhaltsdarstellung :

    Die Ehefrau verstarb einen Tag nach unserem Erblasser.

    Im Nachlassverfahren nach der Ehefrau hat der gemeinsame Sohn diese als Alleinerbe beerbt.

    In meinem Nachlassfall (nach dem Ehemann = Vater des Ausschlagenden) hat der Sohn die Erbschaft mit der sich aus dem Eingangsthread ergebenden Formulierung "aus allen für ... [ihn] infrage kommenden Berufungsgründen" ausgeschlagen.

    Fraglich ist, ob er somit zugleich als Alleinerbe nach der Ehefrau namens deren Nachlasses ausgeschlagen hat oder ob er dies ausdrücklich hätte angeben müssen.

    Ich tendiere dazu, dass die Formulierung den Nachlass der Ehefrau umfasst.

  • Irgendwie ist es immernoch unklar. "aus allen Berufungsgründen" heisst doch nur, ob aufgrund gesetzl. oder gewillkürter Erbfolge. Das hat doch nichts mit dem Erblasser bzw. einer Verbindung von mehreren Nachlässen zu tun.
    Sag mal nochmal genau, zu welcher Akte ausgeschlagen wurde, Erblasser muss ja genannt sein. Danach richtet es sich dann, wenn keine weiteren Formulierungen drinstehen. (siehe auch Ausführungen von juris)

  • Jetzt sehe ich etwas klarer.

    Offensichtlich verhält es sich so, dass das Problem darin besteht, dass sowohl die Erblasserwitwe als auch der Sohn selbst zu Miterben nach dem Erblasser berufen sind, dass der Sohn undifferenziert im Nachlassverfahren seines Vaters ausgeschlagen hat, ohne zu bezeichnen, ob er den einen (eigenen) oder den anderen (Witwe) oder beide Erbteile ausschlägt, dass aber gleichzeitig nicht in Frage steht, dass er die Erbschaft nach seiner Mutter angenommen hat.

    Wenn er beide Erbteile nach seinem Vater hätte ausschlagen wollen, hätte die Eingangsformulierung der Ausschlagungsurkunde eigentlich dahin lauten müssen, dass er sowohl aus eigenem Recht als auch ererbtem Recht (§ 1952 BGB) Erklärungen abgibt. Obwohl dies nicht der Fall zu sein scheint, dürfte die Auslegung gleichwohl ergeben, dass er beide Erbteile ausschlagen wollte und auch ausgeschlagen hat. Denn es ist vorbehaltlich etwaiger anderweitiger Erkenntnisse nicht ersichtlich, weshalb er -obwohl theoretisch möglich- den einen Erbteil hätte ausschlagen und den anderen hätte annehmen sollen.

    Trotzdem wurde bei der Beurkundung der Ausschlagung "a bisserl geschlampert".



  • So stellt sich der Sachverhalt dar (ich liebe undifferenzierte notarielle Ausschlagungserklärungen).

    Danke für die Bestätigung meiner Auffassung (die Auslegung der Ausschlagung betreffend).

    Ich gehe nunmehr von der Wirksamkeit der Ausschlagung seitens des Nachlasses der Witwe aus (maßgeblich für diverse vorliegende Gläubigeranfragen).

    @datwattWatt : Infolge Auslegung der Ausschlagung des Sohnes "aus allen ... infrage kommenden Berufungsgründen" (er ist zum einen als Sohn und zum anderen als Erbeserbe = Alleinerbe der Ehefrau zum Erben berufen) komme ich zu dem Ergebnis, dass der Sohn sowohl in seiner Eigenschaft als Sohn seinen eigenen Erbanteil als auch als Alleinerbe des Nachlasses seiner nachverstorbenen Mutter namens des Nachlasses deren Erbteil ausschlagen wollte. Somit wurde namens des Nachlasses der Witwe wirksam ausgeschlagen.

  • Wenn der Sohn neben seiner Mutter Erbe nach seinem Vater geworden ist, dann müßte er wegen seines Erbteils hier die Erbschaft ausschlagen.
    Der Miterbenanteil der Mutter ist nach dem Tode ihres Mannes (des Vaters) doch auf sie übergegangen. Nach ihr ist doch wohl eine neue Erbfolge entstanden. Wenn der Sohn auch das Erbe nach seiner Mutter nicht antreten will, müßte er hier ebenfalls eine Ausschlagungserklärung abgeben.

    Differenzieren muß man hier doch die beiden Erbfolgen, einmal nach dem Vater und dann nach dem Sohn ... Lägen diese 1 Jahr auseinander, würde sich die Frage doch auch nicht stellen, oder???

  • Ich möchte nochmals den Sachverhalt verdeutlichen:

    Nach dem Ableben des Vaters sind dessen Ehefrau und Sohn zu gesetzlichen Erben berufen. Kurz danach verstirbt die Ehefrau und der Sohn ist zu ihrem gesetzlichen Alleinerben berufen.

    Es geht also um drei Problemkreise:

    Zum ersten um die Erbschaft des Sohnes nach seinem Vater, die der Sohn ausschlagen kann.

    Zum zweiten um die Erbschaft des Sohnes nach der Mutter, die der Sohn lt. Sachverhalt angenommen hat.

    Und zum dritten um die Erbschaft der Witwe nach ihrem Ehemann, die der Sohn kraft ererbten Ausschlagungsrechts (§ 1952 BGB) ebenfalls ausschlagen kann. Dies könnte er mangels Erbenstellung nach seiner Mutter nicht, wenn er die Erbschaft nach seiner Mutter ausgeschlagen hätte. Wozu auch, wenn er nicht Erbe der Mutter ist? In diesem Fall würde somit die Ausschlagung seiner eigenen Erbschaft nach dem Vater genügen, weil der Sohn auf andere Weise ja überhaupt nicht zur Erbfolge nach dem Vater berufen wäre.

    Der springende Punkt ist demnach, dass die Ausschlagungsfrist im Zeitpunkt des Nachversterbens der Witwe noch nicht abgelaufen war und dass eine Ausschlagung des Witwenerbteils am Nachlass des Ehemannes durch die Erben der Witwe deren Erbrecht gleichermaßen ex tunc vernichtet, als hätte die Witwe zu ihren Lebzeiten noch selbst ausgeschlagen. Man darf also nicht die Erbenstellung der Witwe nach ihrem Ehemann mit der Erbenstellung nach der Witwe selbst verwechseln.

  • Hallo : Auch wenn es erbrechtlich irrelevant und nur materiellrechtlich für die Verteilung des Nachlasses durch den Nachlasspfleger interessant erscheint, ein "ähnlicher" Fall (bei dem ich etwas verwirrt bin) :

    Erblasser verstirbt unter Hinterlassung zweier Brüder (A und B) Januar 1998.

    Bruder A schlägt form- und fristgerecht aus.

    Bruder B (nachverstorben im Dez. 2001) tut nichts und wird u.a. zur Hälfte beerbt von Bruder A.

    Ist Bruder A materiellrechtlich durch die Erbeserbenstellung wieder mit der Verteilung der Nachlassmasse nach dem (erbrechtlich von B als Alleinerben beerbten) Erblasser drin oder umfasst die form- und fristgerechte Ausschlagungserklärung des A (aufgrund gesetzlicher Erbfolge) (trotz Ablauf der Ausschlagungsfrist des B bei dessen Tod) auch dessen Erbeserbenstellung als Miterbe des B (§§ 1952, 1951 BGB) mit der Folge, dass nur dessen übrige Miterben Nachlassempfänger sind ?

    Nach der vorstehenden Erläuterung von juris bin ich (entgegen der Auffassung des Nl-Pflegers) der Aufassung, dass A als Erbeserbe infolge Miterbenstellung nach B wieder empfangsberechtigt ist, da die Ausschlagungsfrist des B bei dessen Tode abgelaufen war.

  • A ist Miterbe nach Bruder B, dessen Nachlass selbstverständlich auch den Erbteil am ursprünglichen Nachlass X enthält. Dann A hat nur nach X und nicht nach B ausgeschlagen.

  • Dann A hat nur nach X und nicht nach B ausgeschlagen.



    Ja, das ist der springende Punkt. Die beiden Nachlässe sind insofern getrennt zu betrachten.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • danke und ich hatte mich vom Nachlasspfleger bei dem Entwurf zur Verteilung der Nachlassmasse beinahe verwirren lassen...

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