Umgehung der Ersatzzustellung an Gegner

  • Ich denke mal laut:

    Durch die Zustellreform kann der Zusteller die Zustellung durch Einlegung in den Briefkasten bewirken (§180 ZPO).

    § 178 II ZPO besagt, dass eine Ersatzzustellung an den Gegner nicht zulässig ist.

    Nehmen wir an, die Gegner eines Rechtsstreits wohnen unter einer Adresse und haben zusammen einen Brief kasten und auf der Zustellurkunde ist vermerkt, dass die Erstzzustellung an den Gegner nicht zulässig ist.

    Der Zusteller klingelt an der Tür und der Gegner macht auf. "Aha", denkt der Zusteller, "dem Gegner darf ich das Schriftstück nicht geben" und verabscheidet sich höflich. Der Gegner schliesst die Tür und der Zusteller legt die Sendung in den Briefkasten.

    Frage: Kann durch § 180 ZPO die Regelung des § 178 II ZPO ausgehebelt werden?

  • Hallo Kai,

    interessante Fragestellung. Diese Problematik hatte ich auch vor kurzem. in Deinem geschilderten Fall war auf der Urkunde vermerkt "Ersatzzustellung an Gegner ausgeschlossen". Da die Zustellung nach § 180 ZPO auch eine Ersatzzustellung ist, hätte der Zusteller m.E. nicht in den Briefkasten einlegen dürfen, wenn nur ein gemeinsamer Kasten vorhanden ist. Ob 180 den 178 aushebelt, ist damit jedoch nicht beantwortet. Ich wäre vorsichtig und würde vermerken "Zustellung nur persönlich". In meinem Fall hat das geklappt. Gegebenfalls stelle ich auch durch GV zu.
    Gruß
    Stefan

  • Ich hatte diesen Fall zwar noch nicht direkt, jedoch wäre vom Grundsatz her eine Aushebelung in meinen Augen möglich und machbar, wenn man die Voraussetzungen beider Vorschriften separat sieht.

    Da kaum davon auszugehen ist, dass in einem Fall wie hier geschildert, jeder der beiden Gegner einen eigenen Briefkasten hat, bin ich mit Ulf der Meinung, dass man von Gerichtsseite eindeutige Hinweise geben muss, dass ausschließlich an die Empfängerperson zuzustellen ist. Das sollte in der Regel für die Zustellerperson auch verständlich und machbar sein. Schließlich gab es die Regelung "Keine Ersatzzustellung" früher auch schon.

    Ich behaupte einfach mal, dass die Zustellung nach § 180 in einem Fall wie hier schlicht nicht nur Anwendung kommen kann/darf, um diese Aushebelwirkung zu vermeiden und den § 178 II als zwingend vorrangig zu beachten. Also schließt der 178 II (lex specialis) nach meiner Ansicht eher den § 180 aus. Das sollte nach meinem Verständnis durch den Vermerk "ERSATZzustellung ausgeschlossen", wie von Ulf gesagt, eigentlich auch hinreichend dokumentiert sein.

  • Vielen Dank für die Blumen aber in diesem Fall hatte ich mich noch gar nicht zu diesem Thema geäußert! Du meintest sicherlich Stefan!
    Aber das kann im Eifer des Gefechtes schon mal passieren! :klugschei

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Oh shit, sorry, natürlich meine ich Stefan.
    Ich beziehe mich diesbezüglich mangels besserer Argumente auf die Signatur von Ulf... :schwitz:

  • § 180
    Ersatzzustellung durch Einlegen in den Briefkasten



    Ist die Zustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 nicht ausführbar, kann das Schriftstück in einen zu der Wohnung oder dem Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt werden, die der Adressat für den Postempfang eingerichtet hat und die in der allgemein üblichen Art für eine sichere Aufbewahrung geeignet ist. Mit der Einlegung gilt das Schriftstück als zugestellt. Der Zusteller vermerkt auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstücks das Datum der Zustellung.

    Anhand des Gesetzestextes zu § 180 ist ersichtlich, dass im Falle des § 178 II eine Ersatzzustellung nach § 180 nicht in Betracht kommen kann. Wie oben zu sehen, ist in § 180 lediglich der § 178 I Nr. 1 + 2 aufgeführt, für den die Alternative des § 180 in Betracht kommt.
    Die §§ 178 II und 180 schließen sich mithin gegenseitig aus.


  • Meine Frau meinte nur ganz trocken, dieses Problem hätten sie im Kollegenkreis schon vor über einem Jahr diskutiert (und keine Lösung gefunden). Soviel zum Thema originelle Themen im Forum.

    Ich meine auch, dass es nicht sein kann, dass § 180 den § 178 II aushebelt.

    Dennoch der Versuch einer Gegenthese: § 178 II kann in § 180 neben § 178 I Nr. 1 und 2 gar nicht genannt sein; denn § 178 II sagt ja anders als § 178 I Nr. 1 und 2 gerade aus, dass etwas nicht zugestellt werden darf. Aus dem Gesetzestext kann man mE daher nur den Sinn und Zweck heranziehen und sagen, dass die Gefahr, dass der Gegner die Zustellung an sich reißt, im Falle des § 180 zu groß ist.

  • Na bitte!

    Klingt logisch und passt zu dem, was 13 schon zuvor verlautbart hat!

    Ulf

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