Österreichischer Erblasser

  • Der Erblasser, Österreicher, wohnt seit Jahrzehnten hier. Seine Ehefrau ist ebenfalls Österreicherin. Sie haben eine gemeinsame Tochter. Nachlass ist nur hier in Deutschland vorhanden. ( Kein Grundbesitz )
    Die Frau möchte nächste Woche bei mir einen Erbschein beantragen.
    Meine zaghaften Nachforschungen haben ergeben, es müsste ein Erschein nach österreichischen Recht, Frau 1/3, Tochter 2/3 beantragt werden.
    Bin mir aber ziemlich unsicher. Gibt es nicht irgendeine Erhöhung ( wie beim Zugewinn ) für die Ehefrau? Oder findet doch deutsches Recht Anwendung?

  • Art.25 Abs.1 EGBGB: österreichisches Erbstatut aufgrund der österreichischen Staatsangehörigkeit des Erblassers. Das entspricht der österreichischen Sicht der Dinge (§ 28 Abs.1 IPRG).

    Eine (nach hM auch bei ausländischem Erbstatut mögliche) Erbteilserhöhung nach § 1371 Abs.1 BGB setzt voraus, dass die Eheleute im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt haben. Das kann schlecht möglich sein, weil beide Ehegatten Österreicher sind.

    Die Erbquoten sind zutreffend (§ 757 ABGB).

    Also Fremdrechtserbschein in Anwendung österreichischen Rechts nach § 2369 BGB, beschränkt auf den im Inland belegenen beweglichen Nachlass.

    Im österreichischen Recht besteht allerdings die Besonderheit, dass mit dem Erbfall kein erbrechtlicher Vonselbsterwerb in der Person der Erben eintritt, sondern dass dieser Erwerb nur aufgrund eines gerichtlichen Erwerbsaktes, der sog. Einantwortung, stattfindet. Aus dieser Rechtslage folgt, dass das deutsche NachlG einen Erbschein nur erteilen kann, wenn die Erben eine sog. unbedingte Erbserklärung (Erbannahme mit unbeschränkter Haftung für die Nachlassverbindlichkeiten) abgeben: "Wir nehmen die Erbschaft im Sinne einer unbedingten Erbserklärung nach österreichischem Recht an." In diesem Fall braucht das der österreichischen Abhandlungsjurisdiktion unterliegende Einantwortungsverfahren nach zutreffender Auffassung nicht abgewartet werden (vgl. Staudinger/Dörner Anh. zu Art.25 EGBGB RdNr.497 mit ausführlicher Erörterung der Problematik).

  • Nur der Vollständigkeithalber:

    In ZErb Heft 9 von 2007 (Terstegen, ZErb 2007, 339 ff)
    befindet sich eine Abhandlung zu dem Thema, dass ein deutsches Gericht eine Einantwortung vorgenommen hat (das war das AG Leipzig).

    Der Autor dieses Beitrags hält das für unzulässig, er ist der Meinung, dass durch begründete Zwischenverfügung die Einantwortung durch ein österr. Gericht vorgenommen werden muß.

    Ad.Vocat

  • Ich fürchte, an dem genannten Autor ist die mit Wirkung vom 1.1.2005 erfolgte Neuregelung des österreichischen IPR vorübergegangen. Genausowenig, wie eine Einantwortung durch ein deutsches NachlG zulässig ist, ist auch keine solche durch das österreichische Verlassenschaftsgericht mehr erforderlich, und zwar unabhängig davon, ob inländischer unbeweglicher oder inländischer beweglicher Nachlass vorhanden ist (Ludwig ZEV 2005, 419).

  • Der Erbl. war österr. Staatsang. mit Wohnsitz im hiesigen Gerichtsbezirk und beweglichem Inlandsvermögen.

    Der Antragsteller (s.u.) ist testamentarischer Alleinerbe.

    Ich habe jedoch keinen Erbscheinsantrag sondern einen Einantwortungsantrag mit bedingter Erbantrittserklärung "unter Vorbehalt der Rechtswohltat des Inventars nach § 802 österr. AGBG" vorliegen.

    Das nachfolgend im Antrag errichtete Inventar weist ausschließlich Aktiva und keine Passiva auf.

    Nach Lesen der themenbezogenen Aufsätze über die Zuständigkeitsproblematik (in Bezug auf den inländ. beweglichen Nachlass und die Unzuständigkeit des österr. Verlassenschaftsgerichts bei im Ausland wohnhaften österr. Staatsangehörigen) (insb. ZEV 2005, 419) bin ich eher noch verwirrter, als zuvor.

    Ich komme für mich zunächst zu folgenden Zwischenergebnissen :

    1.
    Auf den Nachlassvorgang ist österr. Erbrecht anzuwenden, Art. 25 EGBGB, § 28 österr. IPRG

    2.
    Es liegt augenscheinlich eine Unzuständigkeit des österr. Gerichts und somit wohl eine internationale Zuständigkeit des hiesigen Nachlassgerichts vor, Art. 3a, 25 EGBGB, Art. 28 österr. IPRG, § 106 I österr. JN.

    3.
    Das Einantwortungsverfahren darf erst nach Erfüllung aller Verbindlichkeiten durchgeführt werden; es handelt sich um eine (für das deutsche Nachlassgericht) "wesensfremde" Tätigkeit, die ich (entgegen dem AG Leipzig (Beschluss vom 26.07.2007 zum Gz.: 501 VI 1261/07)) nicht vorzunehmen gedenke.

    4.
    Es liegt keine unbedingte Annahmeerklärung des Erben vor.

    5.
    Mit Ludwig (ZEV 2005, 419 (Nr. 2.3.4.)) ist m.E. davon auszugehen, dass § 28 II österr. IPRG zur Kollisionsnorm auszubauen ist, so dass sich der Erbschaftserwerb und die Haftung für die Nachlassverbindlichkeiten vorliegend nach deutschem Recht richten.

    6.
    Bei dem Ergebnis zu 5. besteht kein Rechtsschutzbedürfnis für ein Einantwortungsverfahren und eine Unzulässigkeit einer bedingten Annahme-Erklärung, § 1947 BGB.

    7.
    Das gewollte Ergebnis der Haftungsbeschränkung auf den Nachlass könnte (§ 133 BGB) durch eine Nachlassverwaltung erreicht werden, woraufhin ich den ASt. hinweisen könnte.

    Vergallopiere ich mich gerade in meinem Gedankengang zu sehr in Richtung des deutschen Rechts ?

    Über konstruktive Hinweise würde ich mich sehr freuen.

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Ich stimme Dir voll zu. Auch ich lehne die Durchführung der Einantwortung ab, obwohl auch hier einige Theoretiker das anders sehen. Für die Erteilung eines Erbscheins verlange ich ebenfalls die unbedingte Annahme. Auf die Möglichkeit der Nachlassverwaltung habe ich bislang nicht hingewiesen, wenn es nicht nach Aktenlage angebracht war.

  • Wie begründest du die Unzulässigkeit - Die "Wesensfremdheit" dieses Verfahrens für das deutsche Nachlassgericht erscheint mir etwas pauschal ?

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • BayObLGZ 1967, 201; 1967, 342; 1971, 44; 1995, 52; LG Köln MittRhNotK 1990, 285; Staudinger/Dörner (2000) Art. 25 EGBGB Rn. 808, 814, 816 und Anh. zu Art. 25 Rn. 497; Firsching IPRax 1981, 87; 1983, 167; v. Oertzen ZEV 1995, 418; Riering DNotZ 1996, 109.

    Das war alles vor dem FamFG. Da wir heute eine Weltzuständigkeit haben, wird behauptet, dass wir dann auch für die Durchführung des nach nationalem Recht Erforderlichen zuständig sind. Wie bereits geschrieben, wird von mir nicht so gesehen.

  • Die "Weltzuständigkeit" besagt nur, dass die innerstaatliche gerichtliche Entscheidung aus unserer Sicht auch im Ausland gilt, sie besagt aber nicht, welche Maßnahmen und Entscheidungen nach innerstaatlichem Recht zulässig sind.

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