Welcher Güterstand?

  • SOS!
    Ich vertrete das 1. Mal Nachlass.
    In einem Fall haben d Eheleute 1992 geheiratet. Beide waren türkische Staatsbürger. Sind dann 2001 eingebürgert. Ihre Kinder wurden 1995 + 1998 in Deutschl. geboren.
    Eine Vereinbarung hinsichtl. Güterstand wurde nach Angaben des Ehegatten nicht getroffen.
    Nun ist Ehefrau gestorben.
    Ich würde sagen es gilt das türkische Güterstandsrecht, also Gütertrennung. Stimmt das? Bin mir unsicher.

  • Erbstatut ist deutsches Recht, Art.25 Abs.1 EGBGB.

    Güterstand:
    Art. 220 Abs.3 S.5 EGBGB i.V.m. Art.15 Abs.1 EGBGB und Art.14 Abs.1 Nr.1 EGBGB: Da beide Ehegatten im Zeitpunkt der Eheschließung türkische Staatsangehörige waren, gilt in ihrer Ehe der gesetzliche türkische Güterstand. Dass beide Ehegatten später die deutsche Staatsangehörigkeit erworben haben, ist wegen der güterrechtlichen Maßgeblichkeit des Zeitpunkts der Eheschließung bedeutungslos (Palandt/Heinrichs Art.15 EGBGB RdNr.3).

    Der im Zeitpunkt der Eheschließung geltende gesetzliche türkische Güterstand der Gütertrennung wurde mit Wirkung vom 1.1.2002 durch den gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung abgelöst, weil die Ehegatten bis zum 1.1.2003 nicht anderweitig optiert hatten (Süß/Haas/Kilic, Erbrecht in Europa, Länderteil Türkei RdNrn.26, 27). Damit wäre weder § 1371 Abs.1 BGB noch § 1931 Abs.4 BGB anzuwenden, sodass es bei einer gesetzlichen 1/4-Erbquote des Ehegatten nach § 1931 Abs.1 S.1 BGB verbleibt und die beiden Kinder dementsprechend zu je 3/8 als gesetzliche Miterben berufen sind.

    Das Problem im vorliegenden Fall besteht allerdings darin, dass die Ehegatten die türkische Staatsangehörigkeit (was ich unterstelle) verloren haben, bevor die Überleitung des gesetzlichen türkischen Güterstandes durch das türkische Recht erfolgt ist. Bei solchen Sachverhalten ist es streitig, ob eine sog. "Versteinerung" des Güterstandes in dem Zeitpunkt eingetreten ist, zu welchem die Eheleute ihrem ursprünglichen Heimatstaat den Rücken kehrten (dann: Gütertrennung) oder ob der Güterstand der Ehegatten gleichwohl an späteren Änderungen nach dem ehemaligen Heimatrecht der Eheleute teilnimmt (dann: Errungenschaftsbeteiligung). Die besseren Argumente sprechen dafür, eine Versteinerung des Güterstandes zu verneinen, weil dies zur Anwendung antiquierter Rechtssätze führen würde und aus der grundsätzlichen Unwandelbarkeit des Güterstatus keine Unwandelbarkeit des Güterstandes folgt (Palandt/Heldrich Art.15 EGBGB RdNr.3 und MünchKomm/Siehr Art.15 EGBGB RdNrn.64, 65 -jeweils m.w.N.-). Folgt man dieser Ansicht, so bleibt es beim vorstehend festgestellten erbrechtlichen Ergebnis, weil es dann nicht mehr auf die Frage ankommt, ob der (nicht mehr bestehende!) gesetzliche türkische Güterstand der Gütertrennung i.S. des § 1931 Abs.4 BGB mit dem deutschen Güterstand der Gütertrennung vergleichbar ist (zu dieser Frage vgl. Jayme FS Ferid [1978] S.221).

    Ergebnis nach der genannten Auffassung also: Ehegatte 1/4, beide Kinder zu je 3/8.

  • SOS!
    Ich vertrete das 1. Mal Nachlass.
    In einem Fall haben d Eheleute 1992 geheiratet. Beide waren türkische Staatsbürger. Sind dann 2001 eingebürgert. Ihre Kinder wurden 1995 + 1998 in Deutschl. geboren.
    Eine Vereinbarung hinsichtl. Güterstand wurde nach Angaben des Ehegatten nicht getroffen.
    Nun ist Ehefrau gestorben.
    Ich würde sagen es gilt das türkische Güterstandsrecht, also Gütertrennung. Stimmt das? Bin mir unsicher.


    Hallo,

    wenn zu mir jemand kommt, der mir folgenden Sachverhalt unterbreitet:

    1. Er selbst deutscher Staatsangehöriger ( egal, warum )
    2. verstorbener Ehegatte ebenfalls deutscher Staatsangehöriger( egal warum)
    3. Zwei Kinder
    4. Keine Vereinbarung über Güterstand

    Dann nehme ich einen Erbscheinsantrag des Inhalts auf, daß er beantragt, einen Erbschein des Inhalts auszustellen, daß er Erbe zu 1/2 und seine beiden Kinder zu je 1/4 geworden sind.


    Gruß HansD

  • Auch im Ausgangssachverhalt bei unklarem Güterstand, wenn der überlebende Ehegatte angibt, dass die Ehegatten im Zeitpunkt der Eheschließung eine ausländische Staatsangehörigkeit hatten?

    Ist (nur) in einem solchen Fall nicht eher ein Haupt- und Hilfsantrag bezüglich der Erbquoten samt Hinweis auf die güterrechtliche Problematik angebracht?

    Klar ist natürlich, dass sich ein gestellter Erbscheinsantrag ohne weiteres in bloßer Schriftform ändern lässt, wenn das NachlG der Auffassung ist, dass andere Erbquoten als beantragt zum Zuge kommen.

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