Anfechtung Verfügung auf den Todesfall

  • Guten Morgen !

    Ich bin Rechtspfleger in Betreuungssachen . Ein Betreuer wendet sich mit folgendem Problem an mich:

    Der Betroffene ist durch notarielles Testament zum Miterben (1/3) seiner verstorbenen Nachbarin eingesetzt worden. Weitere Erbin zu 2/3 ist eine andere Nachbarin der Erblasserin. Als Grund der Erbeinsetzung wurde angegeben, dass sich die Erben immer gut um sie gekümmert hätten.
    Das Testament enthält ferner eine ausdrückliche Enterbung der Nichte der Erblasserin. Diese solle auf gar keinen Fall Erbe werden, die Erblasserin sei sehr enttäuscht von ihrer Nichte, da sie sich gar nicht mehr um sie gekümmert habe. In einem ersten Testament war die Nichte zur Erbin eingesetzt worden. Gleichzeitig mit dem ersten Testament hatte die Erblasserin bzgl. eines Sparbuchs mit einem Guthaben von ca. 100.000,00 EUR eine Verfügung zu Gunsten ihrer Nichte bei der Bank erstellt. Diese Verfügung wurde jedoch von der Erblasserin nicht widerrufen.
    Weiteres Vermögen in Form von einem 1/3 Anteil an einem mit einem Geschäftshaus bebauten Grundstück und eines Sparbrief mit ca. 7000 EUR Guthaben ist vorhanden.
    Gibt es für den Miterben, vertreten durch den Betreuer, die Möglichkeit diese Vefügung zu Gunsten Dritter anzufechten, weil die Erblasserin bei der Enterbung ihrer Nichte nicht mehr an die Verfügung zu Gunsten Dritter gedacht hat ?
    Ich habe leider auf die schnelle hierzu keine Antwort gefunden.

  • Schwierig.

    Da die entsprechende Bedingung = Tod der Kontoinhaberin bereits eingetreten ist hilft der Widerruf der Erben jetzt nichts mehr, der Widerruf wirkt ja nur ex nunc, so dass der Nichte das Geld zusteht.

    Für eine Anfechtung sehe ich keinen Raum. Anfechten kann ich nur Willenserklärungen. Hier ist jedoch keine WE der Erblasserin abgegeben. Der Nicht-Widerruf stellt auch keine Willenserklärung dar die angefochten werden könnte.

    Bleibt nur noch Schenkungsrecht aber da schiebt § 530 II BGB einen Riegel vor.

    Pech würd ich sagen.

  • Guten Morgen!
    Ich weiß nicht, ob es dir hilft, aber bei den in unserem Notariat beurkundeten Testamenten ist immer folgende Belehrung enthalten:
    "Wir wurden ferner darauf hingewiesen, dass Zahlungen aus Verträgen zugunsten Dritter auf den Todesfall (z. B. Lebensversicherungen, Sparkonten) unmittelbar dem etwaigen eingesetzten Bezugsberechtigten zustehen und deshalb nicht in den Nachlass fallen."
    So wie ich das sehe, kann sich die Nichte über ein dickes Sparbuch freuen und die Nachbartanten gucken diesbezüglich ins Leere...

    Der Klügere gibt nach, aber nicht auf. ;)

  • U.U könnte man arugmentieren die Erblasserin hat bei Abschluss des Zuwendungsvertrag darauf vertraut, die Nichte würde sich um die Erblasserin kümmern und diesen hätte sie nicht abgeschlossen, hätte sie gewußt dass das Interesse der Nichte alsbald nach Sicherung der monitären Vorteile abflauen würde. Dann bliebe Raum für die Anfechtung wg. Irrtums.

    Nur dazu wäre mir das Prozessrisiko zu hoch, den Prozess würde ich als Betreuer nicht führen, da wohl schwer nachzuweisen.

  • Ich denke auch, daß sich die Erben mit dem nach Abzug der 100.000 € verbleibenden Nachlass begnügen müssen. Immerhin soll ja noch ein 1/3 Anteil an einem Geschäftshaus vorhanden sein.

    Den Vertrag zug. Dritter (Nichte) bei der Bank ggü. der Nichte anzufechten, dürfte aus meiner Sicht nicht sehr erfolgreich sein. Immerhin bestand die Anweisung offenbar längere Zeit und hätte damit die Erblasserin selbst Zeit genug gehabt die Sache rückgängig zu machen.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Beim Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall ist zu fragen, welcher Rechtsgrund im Valutaverhältnis zwischen Versprechensempfänger (Erblasser) und Begünstigtem besteht, ob die Bezugsberechtigung zu Lebzeiten des Erblasser widerruflich oder unwiderruflich begründet wurde, ob die Schenkung nach Eintritt des Erbfalls vollzogen wurde und ob das Valutaverhältnis wirksam ist.

    Es gilt demnach folgendes (Palandt/Grüneberg § 331 RdNrn.4, 5 m.w.N., im folgenden verkürzt und ohne sämtliche dort zitierte Rechtsprechungs- und Literaturnachweise wiedergegeben):

    Mit dem Eintritt des Erbfalls erwirbt der Begünstigte den vom Vertrag zugunsten Dritter umfassten Leistungsanspruch gegen die Bank und die Möglichkeit einer Änderung ohne seine Zustimmung entfällt. Im Verhältnis zu den Erben ist der Rechtserwerb des Begünstigten aber nur dann gesichert, wenn das Valutaverhältnis (meist eine Schenkung) wirksam ist. Für dessen Anfechtung gelten die §§ 119 ff. BGB und nicht § 2078 BGB (BGH NJW 2004, 767, was insbesondere beim Motivirrtum von Bedeutung ist). Außerdem kann sich eine Pflicht zur Rückabwicklung auch unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage ergeben (§ 313 BGB; BGHZ 128, 133).

    Ist zu Lebzeiten des Erblassers zwischen diesem und dem Begünstigten formlos eine Schenkung vereinbart worden (nachsehen, ob die Begünstigte auf dem bankformularmäßigen Vertrag zugunsten Dritter ebenfalls unterschrieben hat!), so wird der bestehende Formmangel nach § 518 Abs.2 BGB durch den stattfindenden Erwerb des Leistungsanspruchs gegen die Bank geheilt. Fehlt eine derartige Vereinbarung (bei einseitiger Begünstigung seitens des Erblassers), kann eine wirksame Schenkung aber auch noch nach dem Tod des Erblassers zustandekommen, nämlich dann, wenn die Bank die Drittbegünstigungserklärung auftragsgemäß an den Begünstigten übermittelt (= Schenkungsofferte) und dieser die Offerte stillschweigend annimmt (§§ 130 Abs.1, 151, 153 BGB). Anders liegt es aber, wenn der Erblasser der Bank keinen Übermittlungsauftrag erteilt hat und der Begünstigte nur zufällig von der Zuwendung erfährt oder wenn der Erblasser die Begünstigung testamentarisch widerruft und dieser Widerruf dem Begünstigten spätestens gleichzeitig mit der Begünstigungserklärung zugeht. Kommt es hiernach auf eine Schenkungsofferte und deren Annahme durch den Begünstigten an (also bei fehlender lebzeitiger formloser Vereinbarung zwischen Erblasser und Begünstigtem), können die Erben den Vertragschluss aber immer noch durch einen Widerruf des Angebots verhindern, es sei denn, der Erblasser hat den Widerruf ausgeschlossen. Hat der Erblasser den Widerruf nicht ausgeschlossen, kommt es zu dem berühmten "Wettlauf", bei dem es darauf ankommt, ob die Erben schneller widerrufen oder die Bank die Schenkungsofferte schneller an den Begünstigten übermittelt.

    Aus Sicht der Erben muss daher noch nicht unbedingt alles verloren sein. Der mitgeteilte Sachverhalt gibt aber zu einer genaueren Analyse nichts her.

  • Ich hänge mich mal an diesen Thread, da ich ein ähnliches Problem habe, aber trotzdem nicht richtig weiter weiß.

    Nachlassplegschaft wurde angeordnet. Erblasser (E) hat bei der SPK eine "Verfügung zugunsten Dritter für den Todesfall" unterzeichnet. Die Begünstigte (B) hat nicht mit unterschrieben, wurde aber von E von der bestehenden Vereinbarung in Kenntnis gesetzt. Die Vereinbarung kann ausweislich der Unterlagen "zu Lebzeiten des Gläubigers" = Erblassers gegenüber der Sparkasse widerrufen werden.

    Die Nachlasspfleger hat die Vereinbarung gegenüber der SPK schriftlich widerrufen. Die SPK ist der Meinung, dass sie dennoch an die Begünstigte auszahlen kann, da ein Widerruf nicht möglich sei.

    Wie seht ihr das?

    Wirksamer Widerruf???

    DANKE vorab.

  • Unter dem Thema Anfechtung hätte ich das nicht vermutet.;)

    Mit dem Vertrag zugunsten Dritter gem. § 331 BGB erreicht doch der Erb­lasser bereits zu Lebzeiten, dass bei seinem Tode ein Geldbetrag außerhalb des Erbgangs dem Bedachten zugewendet wird. Der Erwerb gehört nicht zum Nachlass .

    Erforderlich ist, dass der Beschenkte vor oder nach dem Tode des Erblassers das ihm mitgeteilte Schenkungsangebot annimmt.
    Auf eine Unterschrift des B kommt es m.E. nicht an, sodass ein Nachlassgegenstand , über den der NLP verfügen könnte, nicht vorliegt.

    Inwiefern wird aber der Bank hier ( unzulässige ) Rechtsberatung zuteil ?

  • @Steinkauz: Es kommt darauf an:

    Zwischen dem Bankkunden und der Bank besteht ein Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall. Aus diesem verpflichtet sich die Bank gegenüber dem Erblasser, im Todesfall an den Begünstigten (Bezugsberechtigten) zu leisten. Der Bezugsberechtigte erwirbt den Anspruch nicht aus dem Nachlass, sondern er erwirbt einen direkten Zahlungsanspruch gegen die Bank. Insoweit ist er Inhaber dieses Anspruches auch für den Fall, dass er von der Bezugsberechtigung nichts weiß.

    Im Verhältnis zwischen dem Erblasser und dem Bezugsberechtigten muss aber ein Rechtsgrund vorliegen, dass dieser die Leistung behalten darf. Im Regelfall kann eine Schenkung vorliegen.

    Eine Schenkung liegt dann vor, wenn Schenker und Beschenkter darüber einig sind, dass die Zuwendung unentgeltlich erfolgen soll (§ 516 BGB). Haben sich Erblasser und Bezugsberechtigter bereits zu Lebzeiten des Erblassers über die Schenkung verständigt (so wie im SV geschildert) und hat der Erblasser den Bezugsberechtigten darüber informiert, dass zugunsten des Bezugsberechtigten mitg der Bank ein Bezugsrecht vereinbart ist, wird der Erwerb des Anspruches mit dem Tod des Erblassers im Verhältnis zu den Erben zugunsten des Bezugsberechtigten bindend.

    Hat der Bezugsberechtigte aber keine Kenntnis von der „Schenkung“ bzw. dem Bezugsrecht, haben sich der Erblasser (zu Lebzeiten) und der Bezugsberechtigte noch nicht über die Unentgeltlichkeit der beabsichtigten Zuwendung geeinigt. Es liegt dann keine wirksame Schenkungsabrede vor. In diesen Fällen gilt die Bank konkludent als beauftragt, dem Bezugsberechtigten das Schenkungsangebot des Erblassers zu übermitteln. Dieser nimmt das Angebot stillschweigend an, §§ 130 Abs. 2, 153, 151 BGB. Dann liegt ein wirksamer Schenkungsvertrag vor. Der Bezugsberechtigte darf dann den Anspruch gegen die Bank auf die Zahlungim Verhältnis zu den Erben endgültig behalten, da ein Rechtsgrund vorliegt.

    In dem hier geschilderten Fall ist also das Bezugsrecht wirksam geworden, weil der Bezugsberechtigte davon schon vor dem Erbfall wusste. Es wäre natürlich schön, wenn darüber als Nachweis die Unterschrift auf dem Vertrag vorliegen würde, aber das ist nicht unbedingt erforderlich.

    Als Erbe und natürlich auch als Nachlasspfleger (ein guter Nachlasspfleger muss sowas wissen und machen / er kommst sonst in die Haftung), kann man also so einen Vertrag (wie auch ein Bezugsrecht bei einer Versicherung) also meistens auch noch nach dem Erbfall widerrufen, indem man der Bank/Versicherung untersagt (den Auftrag widerruft) den Eintritt des Bezugsrechts an den Bezugsberechtigten mitzuteilen und selbst einen Widerruf des Schenkungsangebotes gegenüber dem Beschenkten abgibt. Wußte der noch nichts von seinem Glück (oder kann er das "Wissen" nicht nachweisen), ist das Bezugsrecht "futsch".

    So kann man eine eigentlich außerhalb des Nachlasses weitergegebene Geldsumme in den Nachlass ziehen.....und das muss man als Nachlasspfleger sogar machen.

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  • Ergänzung:

    Die Bank/Versicherung wird jedoch trotz eines (ggf. wirksamen Widerrufs) oft dennoch entweder an den Bezugsberechtigten zahlen (und macht sich damit ggf. schadensersatzpflichtig) oder aber den Anspruch hinterlegen. Grund ist, dass die Bank die Wirksamkeit des Widerrufs oder das Bestehen/Nichtbestehen des Bezugsrechts nicht eigenständig abschließend prüfen kann und es den Parteien überläßt, sich darüber zu streiten. In einem solchen Fall sollte man (z.B. als Nachlasspfleger) darauf hinwirken, dass die Bank/Versicherung wenigstens hinterlegt und man kann dann dem pot. Bezugsberechtigten den Streit verkünden.

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  • Danke für Deine weiteren Erklärungen !
    Für den Ausgangsfall sehe ich jedoch eher schlechte Karten in der Hand des NLP.

  • Ich habe in meinem Beitrag allgemeine Ausführungen zum Widerruf solcher Verträge gemacht weil ich mir dachte, dass die Rechtslage hier (offensichtlich) nicht jedem bekannt ist. Insofern gehe davon aus, dass die Leser anhand dieser Ausführungen feststellen können, dass es in dem in #7 geschilderten Fall wesentlich darauf ankommt, ob der Bezugsberechtigte von seinem Bezugsrecht vor dem Widerruf Kenntnis hatte (und dies auch nachweisen kann). Ist dies der Fall, hat der Nachlasspfleger schlechte Karten. Gelingt kein solcher Nachweis, hat der Pfleger gute Chancen das Geld zum Nachlass zu ziehen.

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  • Gut jedenfalls , dass wir darüber gesprochen haben:daumenrau, auch wenn das Thema einen eigenen Fred verdient gehabt hätte.

  • Die Bank macht sich nicht schadensersatzpflichtig, wenn sie an den Bezugsberechtigten auszahlt. Sie muss es sogar. Der Erbe muss gegen den Bezugsberechtigten auf Heruasgabe (Abtretung) der Forderung gegen die Bank klagen und ggf. einsweiligen Rechtsschutz suchen. Nach dem Sachverhalt von Tessi fehlt es jedenfalls noch an einer Annahme des Bezugsberechtigten. Das könnte vor Gericht spannend werden.

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