Mal wieder: Auslegung einer Vollmacht

  • Immer wieder diese nervigen Vollmachtsprobleme...

    Also, es wurde ein Kaufvertrag über das (gesamte) Flurstück 12 und eine noch unvermessene Teilfäche aus einem Flurstück 34 geschlossen. Die Auflassung wurde in der Urkunde nicht erklärt. Der Verkäufer hat aber den Käufer zur Erklärung der Auflassung nach Vermessung bevollmächtigt.

    Die Vollmacht ist kurz und knapp und sagt nur, dass der Käufer bevollmächtigt ist, die Auflassung zu erklären.

    Nun, nach Vermessung, erklärt der Käufer, nicht mehr das gesamte Flurstück 12 haben zu wollen, sondern nur noch eine Teilfläche daraus und lässt die neuen Flurstücke 12/1 und 34/1 unter Bezugnahme auf die Vollmacht auf.

    Ist der Käufer aufgrund der Vollmacht berechtigt, im Namen des Verkäufers auch weniger aufzulassen, als ursprünglich verkauft werden sollte?

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Da kann man wirklich trefflich streiten.

    Entweder gelangt man im Wege der Auslegung zu dem Ergebnis, dass die Vollmacht auch zu einer Auflassung von weniger berechtigt, was im Regelfall dem Vollmachtgeber Recht sein wird.

    Oder man kommt - ebenso im Wege der Auslegung - zu dem Ergebnis, dass sich bezüglich Flst.12 von Anfang an nur die Auflassung des ganzen Flst.12 in Betracht kam und die Vollmacht jedenfalls keine Teilflächenveräußerungen beinhaltet.

    Ich neige zur zweiten Variante. Der Verkäufer wollte das ganze Flst.12 veräußern, der Käufer das ganze erwerben. Die Vollmacht dient dem vereinfachten (?) Verfahrensablauf und kann daher m.E. nicht so verstanden werden, dass der Käufer da freie Hand bezüglich des Erwerbsgegenstands hätte.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Ich denke auch, dass sich die Vollmacht nur auf den ursprünglichen Vertragsgegenstand beziehen kann, für alles andere müsste der KV geändert werden.

  • kann mich nur anschließen.

    V hat an K das ganze Grdst. verkauft und ihn bevollmächtigt, die auflassung hierzu vorzunehmen. eine ermächtigung dahingehend, den kaufgegenstand neu zu bezeichnen ist darin m.E. nicht enthalten.

  • M.E. kann der Ausgangssachverhalt nicht vollständig mitgeteilt sein.

    Es ist ein Ding der Unmöglichkeit, dass der Kaufgegenstand ohne Änderung des ursprünglichen Kaufvertrags (auch im Hinblick auf einen evtl. angepassten Kaufpreis) geändert wurde. Dies ergibt sich schon daraus, dass der Eigentümer ja die zunächst gar nicht vorgesehene Vermessung des Flst.-Nr.12 beantragt haben muss und dass dieser Vermessungsantrag nur auf geänderte (notarielle) Vereinbarungen zwischen Eigentümer und Käufer zurückzuführen sein kann.

    Unter diesem Gesichtspunkt sind folgende Lösungen denkbar:

    Sollte der ursprüngliche Kaufvertrag tatsächlich nicht geändert worden sein, so ist die Auflassungsvollmacht keinesfalls ausreichend, weil sich die Vollmacht aus naheliegenden Gründen nur auf den (im Rechtssinne unverändert gebliebenen) Vertragsgegenstand beziehen kann.

    Ist der Kaufvertrag dagegen notariell geändert (und dem GBA bisher lediglich nicht vorgelegt) worden, so ist die Vollmacht wohl bereits deswegen ausreichend, weil die Änderung des Kaufvertrags auch zur inhaltlichen Änderung der erteilten Vollmacht führt. Denn in der Änderungsurkunde wird auf die Haupturkunde Bezug genommen und in der Regel ausdrücklich darauf verwiesen, dass die Bestimmungen der Vorurkunde unter Berücksichtigung der vorgenommenen Änderung unverändert bleiben. Damit passt sich die in der Vorurkunde erteilte Vollmacht den erfolgten Änderungen der Nachtragsurkunde im Hinblick auf den Vertragsgegenstand sozusagen automatisch an.

    Die vorstehenden Ausführungen gehen natürlich davon aus, dass im ursprünglichen Kaufvertrag keine Vollmacht zugunsten des Erwerbers enthalten ist, auch den schuldrechtlichen Kaufvertrag (hier: im Hinblick auf den Vertragsgegenstand) zu ändern. Aber auch wenn eine solche Vollmacht vorläge, würde hierdurch nicht entbehrlich, dass der auf beiden Seiten handelnde Bevollmächtigte im beschriebenen Sinne zuvor den Kaufvertrag ändert.

  • Wie weit reicht eine Vollmacht an Notarangestellte zur nachträglichen Änderung eines Kaufvertrages?

    Ich wäre für Gedanken zu folgender Problematik dankbar:

    Ursprünglich wurden Kaufverträge über Wohnungseigentum beurkundet. Diese sind 2018 alle vollzogen worden.
    Mittlerweile wurde festgestellt, dass zu dem Grundstück, das in WEG aufgeteilt ist, auch eine Wegefläche gehört, die mit erworben werden soll.
    In den Kaufverträgen ist den Notarangestellten Vollmacht erteilt, die Verträge auch inhaltlich zu ändern und berechtigen diese, zur Abgabe und Entgegennahme aller erforderlichen materiell- und formellrechtlichen Erklärungen gegenüber dem GBA. (im Innenverhältnis dürfen sie dies nur, wenn die Beteiligten sich vorab schriftlich zur beabsichtigten Änderung dem Notar gegenüber äußern, was vom GBA jedoch nicht zu prüfen sei). Die Vollmachten erlöschen innerhalb von 2 Jahren ab Eigentumsumschreibung aus den ursprünglichen Verträgen - also 2020.
    Nun will der Notar nachträglich die Kaufverträge ändern, so dass auch das Wegegrundstück Vertragsgegenstand ist.
    Aufgrund der erfolgten Vertragsänderung erscheint dann eine Notarangestellte in Vollmacht für die Wohnungseigentümer und erklärt die Auflassung mit dem Bauträger als Veräußerer.

    Ist die nachträgliche Änderung der Kaufverträge - mit der Einbeziehung eines weiteren Grundstücks als Vertragsgegenstand - durch die Vollmacht zur inhaltlichen Änderung der Verträge gedeckt?

    Wo das Gesetz nicht hilft, da muss Klugheit raten. (J. W. Goethe)

  • Danke für den/die Links/s

    Das Urteil des OLG Naumburg lautet im Leitsatz jedoch:
    Sind Notariatsmitarbeiter im notariell beurkundeten Grundstückskaufvertrag zur Abgabe von Erklärungen, Bewilligungen und Anträgen zur Ergänzung oder Änderung des Vertrages, soweit diese zur Behebung behördlicher oder gerichtlicher Beanstandungen zweckdienlich sind, bevollmächtigt, ermächtigt dies jene nicht, den Vertragsgegenstand insofern zu berichtigen, als nun ein Flurstück auch als Kaufgegenstand bezeichnet wird, das gar nicht Gegenstand des Kaufvertrages war.

    In meinem Fall lautet die Vollmacht aber, dass die Notarangestellten berechtigt sind, die Verträge auch inhaltlich zu ändern.

    Ich denke, dass das urteil des OLG Naumburg nicht auf meinen Fall passt.
    Bauschschmerzen habe ich trotzdem.

    Wo das Gesetz nicht hilft, da muss Klugheit raten. (J. W. Goethe)

  • Ich sehe das wie pdaw. Auch bei einer nicht der Prüfungspflicht des Grundbuchamtes unterliegenden Mitarbeitervollmacht gehe ich im Grundsatz davon aus, dass der im Vertrag festgelegte Kaufgegenstand den äußeren Rahmen und damit die Grenze für das Mitarbeiterhandeln darstellt. Es sei denn, es gibt irgendwie einen Hinweis in den Kaufverträgen auf den Wegeanteil.

    Wenn der Notar diese Bedenken nicht teilt, könnte er ihnen über eine Vertretungsbescheinigung nach § 21 III BNotO den Wind aus den Segeln nehmen.

  • Danke - Kai.
    Bei der Bescheinigung nach § 21 (3) BNotO müssten dem Notar ja aber formgerechte Vollmachten der Eigentümer (also damaligen Erwerber) vorliegen....

    Es sträubt sich wohl in jedem von uns das "Gefieder" bezüglich der beabsichtigten Änderung der Kaufverträge - Sinn und zweck ist es vom Notar, dadurch zu vermeiden, dass die 10 Eigentümer alle noch einmal erscheinen und an der Auflassung der Teilfläche mitwirken müssen. Aber das kann es ja wohl nicht sein.
    Vollmachten sind prinzipiell eng auszulegen und ich kann nicht erkennen, wie eine seinerzeit nicht bekannte Wegefläche nach 2 Jahren noch zum Vertragsgegenstand erklärt werden soll.

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  • Bei der Bescheinigung nach § 21 (3) BNotO müssten dem Notar ja aber formgerechte Vollmachten der Eigentümer (also damaligen Erwerber) vorliegen....

    Wenn er die Mitarbeitervollmacht für den Zuerwerb der Wegefläche für ausreichend hält und wie so häufig alle Verträge bei dem selben Notar beurkundet wurden, mag eine Bescheinigung nach § 21 III BNotO eine Option sein. Ich habe jedenfalls unterschiedliche Auffassungen über eine Belastungsvollmacht schon so gelöst bekommen.

  • Die Bescheinigung nach § 21 (3) BNotO leuchtet mir in diesem Zusammenhang (nachträgliche inhaltliche Änderung dahingehend, dass nun ein Wegegrundstück hinzuerworben werden soll) nicht ein. - Dies ginge nur, wenn die Beteiligten den Mitarbeitern (fremde Personen) eine Vollmacht erteilt haben um jeglichen Grundbesitz zu erwerben bzw. zu veräußern. - so wie pdaw schrieb.

    Im Zusammenhang mit einer Belastungsvollmacht pflichte ich Dir bei, dass diese bei missglückter Einbeziehung von § 800 ZPO im Nachhinein im Vertrag klargestellt werden kann - es dürfte regelmäßig dem Willen der Beteiligten entsprechen, Grundpfandrechte mit Vollstreckungsunterwerfung nach § 800 ZPO zu bestellen.
    Hier würde ich mich Deiner Meinung anschließen, dass der im Vertrag festgelegte Kaufgegenstand den äußeren Rahmen und damit die Grenze für das Mitarbeiterhandeln darstellt.

    Ich danke für Eure Anregungen und Meinungen. :)

    Wo das Gesetz nicht hilft, da muss Klugheit raten. (J. W. Goethe)

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