ausländisches Mündel

  • Wir werden hier zur Zeit mit Akten überhäuft, in denen jeweils ausländische minderjährige unbegleitete Flüchtlinge in die BRD eingereist sind. Für diese wird dann immer Vormundschaft angeordnet.

    Der Berufsvormund behauptet nun, in einem Fall, in dem er zum Vormund für ein Mündel aus dem Sudan bestellt wurde, würde die Vormundschaft erst mit dem 21. Geburtstag des Mündels enden, da man im Sudan erst mit 21 Jahren volljährig wird.

    Wir sind hier jedoch der Ansicht, dass die in Deutschland angeordnete Vormundschaft mit Vollendung des 18. Lebensjahres des Mündels endet, unabhängig von der Staatsangehörigkeit des Mündels.

    Kann jemand weiterhelfen?

  • Das ist grundsätzlich zutreffend (Art.12 der Genfer Flüchtlingskovention, abgedruckt bei Palandt/Heldrich Anh. zu Art.5 EGBGB RdNr.23) und gilt auch für anerkannte Asylberechtigte und für sonstige politisch Verfolgte i.S. von § 2 Abs.1 AsylVerfG und § 3 AsylVerfG (abgedruckt bei Palandt/Heldrich a.a.O. RdNr.29). Bei unbegleiteten minderjährigen Asylbewerbern stellt sich aber die Frage, ob es sich bei wirtschaftlicher Motivation des "Kinderverschickens ins Ausland" um Flüchtlinge handelt, die die genannten Voraussetzungen nicht erfüllen. Für solche Flüchtlinge gelten die allgemeinen Regeln des IPR, also auch Art.7 EGBGB (Palandt/Heldrich a.a.O. RdNr.5).

    Damit hängt alles vom "Flüchtlingsstatus" des betreffenden Kindes ab.

  • Bei unbegleiteten minderjährigen Asylbewerbern stellt sich aber die Frage, ob es sich bei wirtschaftlicher Motivation des "Kinderverschickens ins Ausland" um Flüchtlinge handelt, die die genannten Voraussetzungen nicht erfüllen.



    Man gut, dass ich diese Frage nicht beantworten muss.

  • Ich muss das Thema schon wieder aufgreifen, damit ihr mir helft das Knäuel in meinem Kopf zu entwirren :D
    Soweit ich das verstanden habe, gilt folgendes:

    1. Mündel ist Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention - es gilt Art. 12, so dass sich das Personalstatut in der Regel nach dem Aufenthalt (also hier Deutschland) richtet, da ein Wohnsitz nicht gegeben sein dürfte. Demnach gilt der Mündel mit 18 als volljährig, egal, was sein Heimatrecht besagt?!

    2. Mündel ist Asylberechtigter im Sinne §§2 und 3 AsylVfG - wären also zu behandeln wie unter 1. beschrieben?

    3. Mündel ist kein Flüchtling - es gilt das Haager Minderjährigenschutzabkommen und danach die Defintion des Art. 12, wonach ein Minderjähriger erst volljährig wird, wenn sowohl sein Heimatrecht als auch das Recht seines Aufenthaltes dies vorsehen. Die Vormundschaft wäre in diesen Fällen also beispielsweise bis zum 21. Lebensjahr weiterzuführen, wenn der Mündel nach Heimatrecht erst mit 21 volljährig wird?

    Wenn ich das weiter richtig verstanden habe, gilt bei 1. und 2. das Aufenthaltsrecht nur insoweit, als auf das Personalstatut abgestellt wird. Wird nicht auf das Personalstatut abgestellt, sondern auf das Wirkungsstaut (?) kann es durchaus sein, dass der Mündel in diesen speziellen Bereichen nicht handlungsfähig ist und Rechtsgeschäfte (schwebend) unwirksam sind. Trotzdem würde ich aber doch in den Fällen 1. und 2. die Vormundschaft bereits mit 18 beenden?!

    Unsere Richter möchten sich nicht wirklich mit dem Problem befassen, deshalb muss ich noch mal das Forum quälen und hoffe, dass ihr mir sagen könnt, ob ich da was durcheinandergebracht hab :(

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • zu 1.) und 2.) kann man zusammen beantworten:
    Ist er kein Wirtschaftsflüchtling, sondern ethnisch, religiös oder politisch verfolgt, wird sein Personalstatus nach deutschem Recht bewertet.
    Als anerkannter Asyberechtigter ist diese Verfolgung eindeutig festgestellt(Anerkennung erfolgt doch nur bei Vorliegen dieser Verfolgungsgründe).

    Ist er Wirtschaftsflüchtling, gilt das Recht des Heimatlandes. Es kann nicht jeder nach Belieben in andere Staaten und deren Rechtsordnung wechseln.

    zu 3.): es gilt das Recht des Heimatlandes

  • Heißt im Ergebnis, ich muss den Vormund, der regelmäßig das Jugendamt ist, jedes Mal fragen, welchen Status der Mündel hat und entsprechend lang muss dann die Vormundschaft laufen, unter Umständen nach Heimatrecht also bis zum 21. Lebensjahr. Korrekt? Wenn dem so ist, ist hier nämlich bislang einiges falsch gelaufen :(
    Und nur mal so als Anmerkung, ich habe vorher mal bei anderen Gerichten rundgefragt - da war sich auch keiner dieser Probleamtik bewusst und mir schlug ungläubiges Staunen entgegen...

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Heißt im Ergebnis, ich muss den Vormund, der regelmäßig das Jugendamt ist, jedes Mal fragen, welchen Status der Mündel hat und entsprechend lang muss dann die Vormundschaft laufen, unter Umständen nach Heimatrecht also bis zum 21. Lebensjahr. Korrekt?



    Nach meiner heutigen Meinung ist das so richtig, aber ich bin nicht sicher, ob wir das in den vergangenen Jahren immer richtig gemacht haben.

  • Heißt im Ergebnis, ich muss den Vormund, der regelmäßig das Jugendamt ist, jedes Mal fragen, welchen Status der Mündel hat und entsprechend lang muss dann die Vormundschaft laufen, unter Umständen nach Heimatrecht also bis zum 21. Lebensjahr. Korrekt? Wenn dem so ist, ist hier nämlich bislang einiges falsch gelaufen :(
    Und nur mal so als Anmerkung, ich habe vorher mal bei anderen Gerichten rundgefragt - da war sich auch keiner dieser Probleamtik bewusst und mir schlug ungläubiges Staunen entgegen...



    Mit der Problematik braucht man sich in der Realität auch nicht zu befassen, weil es hier in Deutschland wohl kaum anerkannte Asylberechtigte gibt, die unbegleitet und minderjährig sind. Als Flüchtlinge wurden nur für wenige Monate Ausländer aus Teilrepubliken Jugoslawiens anerkannt. Und dort war man mit 18 geschäftsfähig.

    Angesichts der deutschen Asyl- und Flüchtlingspraxis trifft Dich diese Last nicht.

    "Wirtschaftsflüchtlinge" ist überdies ein derart diskriminierender Begriff, dass er selbst im Vokabular hessischer Stammtisch-Spitzenköche nicht mehr vorkommt.

  • @ moosi: Tut mir leid, aber ich glaube, ich versteh dich nicht so ganz. Willst du mir mit deinem Posting sagen, dass in der Regel das Heimatrecht zur Anwendung kommt, weil normalerweise keiner mehr Flüchtlingsstatus hat oder wie hast du das gemeint? Ich steh auf der Leitung, bitte runterhelfen!
    Wir haben hier in der Regel Flüchtlinge aus afrikanischen Ländern oder Iran, Irak. Trifft für diese der Flüchtlingsstatus nicht zu? Zumindest werden sie aber vom Jugendamt so bezeichnet.

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Genauso ist es: Es sind Flüchtlinge ohne Flüchtlingsstatus.

    Hinweis: Bei unseren Mitteilungen ans Gericht fügen wir immer eine Kopie des Ausweises oder der Bescheinigungs bei, die von der Ausländerbehörde erteilt wurde. Als RP würde ich Wert darauf legen. Aus diesen Dokumenten des Ausländeramts ergibt sich der Status.

  • Genauso ist es: Es sind Flüchtlinge ohne Flüchtlingsstatus.

    Hinweis: Bei unseren Mitteilungen ans Gericht fügen wir immer eine Kopie des Ausweises oder der Bescheinigungs bei, die von der Ausländerbehörde erteilt wurde. Als RP würde ich Wert darauf legen. Aus diesen Dokumenten des Ausländeramts ergibt sich der Status.


    Ist ja doll, was es so alles gibt! Unser Jugendamt hat scheinbar von so was keine Ahnung. Dann müsste man also zukünftig zur Sicherheit diese Bescheinigung anfordern und danach entsprechend entscheiden, welches Recht anzuwenden ist, so wie du es schilderst also regelmäßig Heimatrecht, da zwar Flüchtling, aber nicht im Sinne des Gesetzes. Auf so was muss man erst mal kommen!
    Vielen vielen Dank an alle!!!

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Hallöchen,

    ich möchte das Thema hier nochmal erwärmen, allerdings unter dem Aspekt der Zuständigkeit.

    Ich habe hier ein solches Verfahren auf dem Tisch und habe die Akte dem Richter vorgelegt mit dem Vermerk seiner Zuständigkeit gem. § 14 Abs. 1 Ziffer 10 RpflG (welcher allerdings jüngst wieder eingeführt wurde).

    Nun fragt der Richter, ob wir dann nicht wenigstens für das Feststellen der Ruhe der elterlichen Sorge zuständig sind. Für mich ist das Verfahren im Ganzen zu sehen und würde sagen, dass der Richter zuständig ist.

    Wie seht Ihr das denn? Oder hatte jemand jüngst den Fall evtl. auch schon mal?

    Danke schon mal:cool:

  • Bzgl. Zuständigkeit 1674 BGB und Vormundschaft kann ich leider nichts beitragen. Möchte mich aber einklinken: Weiß jemand, ob für einen nigerianisch. Staatsangehör. auch Volljährigkeit mit 21 eintritt? (Finde es im Internet nicht)

  • Das Ruhen der elterlichen Sorge wird bei uns vom Rechtspfleger festgestellt, dann Akte an Richter z.w.V. Ob sich da jetzt wegen der ganzen Gesetzesänderung was geändert hat, weiß ich aber nicht, da ich keine F-Sachen mehr mache.

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Bei uns wird die Entscheidung nach § 1674 BGB und die Anordnung der Vormundschaft vom Richter gemacht.

    Es macht m. E. keinen Sinn, den 1674 vom Rpfl. entscheiden zu lassen und alsdann dem Richter den Beschluss vorzulegen m. d. B. um Anordnung der Vormundschaft. Da bindet das im Funktionsgefüge tiefer angesiedelte Organ das höhere. Welchen Spielraum hat der Richter denn dann noch?

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