Nachtragsverteilung hinsichtlich Mietsicherheit

  • Hallo Leute, hab mal eine Frage.

    Mein Verfahren ist eingestellt und befindet sich derzeit in der WVP. Der Treuhänder möchte nunmehr die Nachtragsverteilung angeordnet haben und zwar für eine nunmehr fällige Mietkaution, da der Schuldner vor ein paar Tagen umgezogen ist. Geht das? Fällt die Kaution wirklich in die Insolvenzmasse?
    Die Mietkaution war schon vor Anordnung des Verfahrens vorhanden. Der Verwalter hat sie währenddessen nicht eingezogen. Das Verfahren wurde dann eingestellt und nun, wo der Schuldner umzieht und die Kaution vom Vermieter an den Mieter geleistet werden soll, möchte der Treuhänder Ansprüche zur "ehemaligen" Masse erheben. Erscheint mir alles sehr fragwürdig.

  • Ein Verwertungsrecht des TH bestand wegen §§ 50, 173, 313 im Verfahren nicht.

    Der Vermögenswert ist erst nach Abschuss freigeworden, die Anordnung einer NTV somit angezeigt. Ob der Schuldner berechtigt auf § 765a ZPO hinweisen kann, würde ich mal offen lassen wollen

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • § 203 I Nr. 3 InsO erfasst auch Gegenstände, deren Werthaltigkeit sich erst nach dem ST herausstellt (BGH ZIP 2006, 143). Genau das ist hier der Fall: Während des laufenden Wohnmietverhältnisses ist die Kaution (bzw. der Rückzahlungsanspruch des Schuldners) zwar vielleicht ein bekannter, aber wegen § 109 I 2 InsO kein für die Masse verwertbarer, d.h. werthaltiger Gegenstand. Mit Beendigung des Mietverhältnisses wird sie das aber.

    Ich plädiere daher mit LFdC für eine NTV.

  • Versteh ich gerad nicht. :( Wenn die Mietsicherheit bis zum Abschluss des Verfahrens nicht verwertbar war, wie denn jetzt? Befinde mich doch in der Wohlverhaltensphase. Ähh

  • Versteh ich gerad nicht. :( Wenn die Mietsicherheit bis zum Abschluss des Verfahrens nicht verwertbar war, wie denn jetzt? Befinde mich doch in der Wohlverhaltensphase. Ähh



    Standardfall für die NTV ist, dass durch Zufall ein Beutel Gold auftaucht, der schon während des Insolvenzverfahrens vorhanden, nur eben unbekannt war. Da es den Goldbeutel schon während des Verfahrens gab, war er rechtlich natürlich bis Verfahrensaufhebung Insolvenzmasse. Die Unkenntnis des IV von dem Beutel stellte jedoch ein tatsächliches Hindernis der Verwertung dar. Fällt dieses Hindernis nachträglich weg, kann der Insolvenzbeschlag durch die NTV-Anordnung hergestellt und die Verwertung durchgeführt werden.

    Die Mietkaution ist ebenfalls während des laufenden Insolvenzverfahrens ganz regulär Insolvenzmasse (wie der Goldbeutel). Dem Verwertungshindernis "Unkenntnis" beim Goldbeutel entspricht im Fall der Mietkaution das Verwertungshindernis "§ 109 I 2 InsO". Endet das Mietverhältnis in der WVP fällt das (vom IV nicht zu beeinflussende) Verwertungshindernis weg und über die NTV kann der IV die Kaution genauso verwerten, wie er das gekonnt hätte, wenn das Mietverhältnis während des Insolvenzverfahrens geendet (und der Vermieter nicht verrechnet) hätte.

    Jetzt verständlicher?

  • Danke für die umfangreichen Erläuterungen!

    Diesbezüglich gibt es meinerseits keine Fragen, aber in ner ähnlichen Sache:

    Können Genossenschaftsanteile an einer Wohnungsgenossenschaft, deren Erwerb Voraussetzung für den Schuldner für den Abschluss des MV ist, wegen der grds. Zugehörigkeit zur Insolvenzmasse gekündigt werden? Solche Fälle hatte ich merhmals. Werden diese gekündigt, verliert der Schuldenr uU. die Wohnung.

    ME geht das nicht, und wenn, dann auch nur beim Auszug des Schuldners und der Beendigung des Mietverhältnisses während des Verfahrens oder danach (dann NTV)

  • Diesbezüglich gibt es meinerseits keine Fragen, aber in ner ähnlichen Sache:

    Können Genossenschaftsanteile an einer Wohnungsgenossenschaft, deren Erwerb Voraussetzung für den Schuldner für den Abschluss des MV ist, wegen der grds. Zugehörigkeit zur Insolvenzmasse gekündigt werden? Solche Fälle hatte ich merhmals. Werden diese gekündigt, verliert der Schuldenr uU. die Wohnung.

    ME geht das nicht, und wenn, dann auch nur beim Auszug des Schuldners und der Beendigung des Mietverhältnisses während des Verfahrens oder danach (dann NTV)



    Ich meine, hierzu kürzlich was gelesen zu haben, finde es aber leider momentan nicht.

    M.E. ist der Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben bei der Genossenschaft bzw. dessen Realisierung etwas anderes als die Kündigung des Mietverhältnisses. D.h. als IV/TH würde ich § 109 I 2 schon aus Haftungsgesichtspunkten eng auslegen und die Kündigung des Mietverhältnisses, nicht jedoch die Realisierung im Genosschaftsanteil verkörperten Wert als von § 109 I 2 ausgeschlossen erachten. Es dürfte ja auch nicht zwingend sein, dass das Mietverhältnis des Genossen-Schuldners mit Austritt aus der Genossenschaft endet.


  • M.E. ist der Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben bei der Genossenschaft bzw. dessen Realisierung etwas anderes als die Kündigung des Mietverhältnisses. D.h. als IV/TH würde ich § 109 I 2 schon aus Haftungsgesichtspunkten eng auslegen und die Kündigung des Mietverhältnisses, nicht jedoch die Realisierung im Genosschaftsanteil verkörperten Wert als von § 109 I 2 ausgeschlossen erachten. Es dürfte ja auch nicht zwingend sein, dass das Mietverhältnis des Genossen-Schuldners mit Austritt aus der Genossenschaft endet.



    Das ist ein missliches Ding, zumal der BGH festgestellt hat, dass, trotz Satzung, der Schuldner bei Kündigung der Anteile nicht automatisch sein Nutzungsrecht verliert. Vielmehr muss die Genossenschaft einen Bedarf haben. In Zeiten knappen Wohnraums ist jedoch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass ein solcher Bedarf besteht.

    Der IV/TH muss natürlich die Erklärung nach §109 InsO angeben, befindet sich aber, wegen des o.g. Spannungsfeldes in der misslichen Lage, bei Kündigung der Anteile, den Verlust des privaten Wohnraums des Schuldners zu provozieren, der mit der Novelle gerade geschützt werden sollte.

    Sollte der Schuldner (glücklicherweise :oops: ) Mietrückstände besitzen, welche die Genossenschaft zur Aufrechnung berechtigen würde, hat man das Problem nicht.

    Im Falle eines IK - Verfahrens, könnte man sich noch über § 314, I InsO dem Schuldner aufgeben, die Anteile von der Masse wieder zu übernehmen.

    In IN-Verfahren ist mir noch keine richtig elegante Lösung eingefallen.

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  • Im Falle eines IK - Verfahrens, könnte man sich noch über § 314, I InsO dem Schuldner aufgeben, die Anteile von der Masse wieder zu übernehmen.

    In IN-Verfahren ist mir noch keine richtig elegante Lösung eingefallen.



    § 314 I sieht ja nur vor, den Schuldner ggf. zur Ablösung zwingen zu können. Auf freiwilliger bzw. einvernehmlicher Basis ist das im IN-Verfahren ohne weiteres möglich und praktiziere das auch regelmäßig - z.B. bei Lebensversicherungen mit Mini-Rückkaufswerten.

  • Auf freiwilliger bzw. einvernehmlicher Basis ist das im IN-Verfahren ohne weiteres möglich und praktiziere das auch regelmäßig - z.B. bei Lebensversicherungen mit Mini-Rückkaufswerten.



    Klar, allerdings fehlt mir da, wegen § 35 InsO, die Eleganz.

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  • Klar, allerdings fehlt mir da, wegen § 35 InsO, die Eleganz.



    :wechlach: INTI, liest Du das? Wir bemühen uns hier nicht nur darum, das Recht zu wahren, sondern dies auch noch möglichst elegant zu tun!

    Nenn es "modifizierte Freigabe", Cano, dann bekommt es vielleicht einen gewissen Glamour.;)

  • Klar, allerdings fehlt mir da, wegen § 35 InsO, die Eleganz.



    :wechlach: INTI, liest Du das? Wir bemühen uns hier nicht nur darum, das Recht zu wahren, sondern dies auch noch möglichst elegant zu tun!

    Nenn es "modifizierte Freigabe", Cano, dann bekommt es vielleicht einen gewissen Glamour.;)



    INTI :ichwarsni:

    chick: wenn ich mit dem Florett komme, kommst Du mit der Keule

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  • Vielen Dank für die bisherigen Antworten. Es lebe die SuFu
    Und sehe ich das richtig, dass der Schuldner eine Freigabe der Mietkaution nur nach 765a ZPO beantragen kann?
    Ansonsten kann ich nichts passendes ersehen.

    Ich meine ja, 765a ZPO geht nicht, da nicht lebensbedrohend (BGH, - IX ZB 77/08 -). Aber auch so kann ja nach BGH - IX ZB 120/10 - eine Mietkaution nicht freigegeben werden. Obwohl darüber haben wir hier auch schon mal gestritten. Nur wo?

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Ich muss aktuell über einen Antrag auf Nachtragsverteilung bezüglich eines Kautionsrückzahlungsanspruches entscheiden. Der TH hatte im Insolvenzverfahren die Erklärung nach § 109 Abs. 1 S. 2 InsO abgegeben.

    Der BGH hat mit Beschluss vom 08.04.2014, Az.: VIII ZR 107/13 entschieden, dass mit dem Wirksamwerden der Enthaftungserklärung des TH`s der Mieter die Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis über seine Wohnung zurückbekommt. Die Frage, ob mit diesem Übergang auch der Kautionsrückzahlungsanspruch auf den Mieter zurückfällt, hat der BGH nicht abschließend geklärt.

    Das AG Göttingen hatte bereits 2009 entschieden, dass die Mietkaution dem Schuldner zusteht.

    Wie seht ihr das? Hattet ihr bereits einen vergleichbaren Fall? Ich bin mir unsicher.

  • Du hast doch als Insolvenzgericht gar nicht zu entscheiden, ob einzelne Vermögensgegenstände (noch) der Pfändung unterliegen. da soll man erst mal ein Prozessgericht ran. Sofern bei uns ein Insoverwalter einen Nachtragsverteilungsvorbehalt oder eben die Nachtragsverteilung beantragt, würde ich die anordnen, da es sich ja um einen möglichen Vermögensgegenstand i.S.d. §§ 35,36 InsO handelt.

    Ich persönlich meine, dass die Mietkaution mit Freigabe ausgeschieden ist. Aber ich bin ja kein Prozessgericht ;)...

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  • Hört sich logisch an. Danke:)

    Da bin ich mir nicht mehr so sicher. Gut es ging hier um PKH, allerdings wäre es dem BGH sicher zuzumuten gewesen, in einem obiter dictum, ein paar schlaue Sprüche abzusetzten, die den Anwendern eine Anwendungshilfe gegeben hätte, BGH vom 07.04.2016, IX ZB 89/15.

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