Prüfungspflicht ordnungsgemäße Anmeldung der Forderung aus vorsätzlich begangener

  • unerlaubter Handlung

    Großes Palaver unter den InsO RPfl - wie weit geht die Prüfungspflicht des Insolvenzgerichts, bevor man nach § 175 II InsO belehrt?
    :konferenz

    Reicht der "Tatsachenvortrag" der Krankenkasse "§§ 823 BGB, 266 a StGB" oder braucht man etwas mehr Text? Muß der Gläubiger belehrt werden, dass sein Vortrag nicht ausreichend ist? Ich lese gerade "Parteimaxime" und "der Verwalter muß den Anmeldegläubiger auf einen deutlichen Mangel hinweisen". Oder muß doch das Insolvenzgericht auf die ordnungsgemäße Anmeldung des Gläubigers vor der Belehrung des Schuldners nach § 175 II InsO hinwirken? :nixweiss:

    Wie macht Ihr es?

  • Die Literaturlage hierzu scheint wirklich unbefriedigend zu sein:

    Graf-Schlicker (§ 174 Rz. 22 f.) meint, der IV sei zur Vorprüfung verpflichtet, ob der Gläubiger die nach § 174 Abs. 2 notwendigen Tatsachen vorgetragen habe, und müsse die Anmeldung zurückweisen, wenn trotz Hinweis keine Ergänzung erfolge. Sie verweist bzgl. dieser Ansicht auf FK-Kießner, der sich allerdings zu dieser Frage gar nicht äußert. Außerdem verweist sie auf die zahlreichen Kommentatoren, die (als h.M.) eine Vorprüfungspflicht des IV für Forderungsanmeldungen allgemein bejahen. Liest man dort ein wenig nach, stellt man jedoch fest, dass es sich hierbei um zwei Paar Schuhe handelt: Vorprüfungsrecht bzw. -pflicht des IV einerseits allgemein für Forderungsanmeldungen und andererseits für den Schuldgrund nach § 174 Abs. 2. Zu letzterem schweigen die meisten Kommentare, und aus der Befürwortung einer allgemeinen Vorprüfungspflicht kann man m.E. nicht auf Entsprechendes für § 174 Abs. 2 schließen.

    Kübler/Prütting/Pape (§ 174 Rz. 45 - Exkurs: Pape löst Cierniak beim IX. Senat ab:yes: . Exkurs Ende) schreibt, das InsGericht habe die Behauptungen des Gläubigers i.R.v. § 174 Abs. 2 auf Schlüssigkeit zu prüfen. Der dortige Verweis auf FK-Ahrens läßt mich ähnlich ratlos zurück wie diese Ansicht selbst, zu deren Begründung und praktischer Umsetzung nichts weiter ausgeführt wird.

    Ich halte mich an den Gesetzeswortlaut und danach folgendes für vertretbar:

    1. Insolvenzverwalter

    Nach § 174 Abs. 2 sind bei der Forderungsanmeldung verschiedene Angaben zu machen, u.a. Tatsachen vorzutragen die ggf. eine v.b.u.H. belegen. Das ist nach dem Wortlaut ein formales Erfordernis an die Anmeldung. Bejaht man eine Vorprüfungspflicht des IV hinsichtlich der formalen Erfordernisse, dann wird er bei Anmeldung einer v.b.u.H., die gar keinen Tatsachenvortrag enthält, hinweisen und ggf. die Aufnahme der v.b.u.H. in die Tabelle verweigern dürfen bzw. müssen. Enthält die Anmeldung einen unschlüssigen Tatsachenvortrag, kann der IV hinweisen, muss es aber m.E. nicht, weil es sich insoweit nicht um ein formales Kriterium handelt; er hat notfalls den unschlüssigen Quatsch genauso in die Tabelle aufzunehmen wie sonstigen Blödsinn, den Gläubiger manchmal anmelden. Von seiner über das Formale hinausgehenden Prüfungskompetenz macht der IV im Prüfungstermin Gebrauch, indem er anerkennt oder bestreitet. Da das Gesetz ihm hinsichtlich der v.b.u.H. keine Anerkennungs- bzw. Bestreitenskompetenz zuweist, sondern diese eindeutig exklusiv beim Schuldner liegt, halte ich die obige Ansicht Graf-Schlickers für falsch, soweit sie dem IV auch nur die geringste materielle Prüfung auferlegen möchte.

    2. Insolvenzgericht

    Das Insolvenzgericht kann m.E. im Rahmen seiner Verfahrensaufsicht jederzeit formelle Mängel von Anmeldungen rügen, also auch das etwaige Fehlen von Tatsachenvortrag i.S.v. § 174 Abs. 2. Eine Pflicht hierzu kann ich dem Gesetz ebensowenig entnehmen wie gar die von Pape propagierte Pflicht zu einer Schlüssigkeitsprüfung. Damit würde sich das (für die Überprüfung, ob eine v.b.u.H. vorliegt gem. § 180 unzuständige) InsGericht Kompetenzen anmaßen, die ihm nicht zustehen.
    Alles, was dem Gesetz zu Pflichten des Gerichts im Zusammenhang mit v.b.u.H. zu entnehmen ist, steht in § 175 Abs. 2 und das ist m.E. eine rein formelle Angelegenheit: Liegt eine Anmeldung mit v.b.u.H. vor, hat das Gericht den Schuldner darüber zu unterrichten. Punkt. Wie käme das InsGericht dazu, sich in irgendeinen Aspekt der materiellen Forderungsprüfung einzumischen?

  • auch wegen des exklusiven Schuldnerwiderspruchsrechts dürfe die Entscheidung zur v.b.u.H. des LG Trier 1 S 207/05, ZInsO 04/2006, welche dem IV ein isoliertes Bestreiten der v.b.u.H gerade nicht zubilligt, interessant sein.

    Der Gläubiger meldet ja nicht mit Grund m.v.u.H an, sondern "Sozialversicherungsbeiträge AN -Anteil" und versieht diesem im dem Atribut. Auf die Schlüssigkeit der Begründung, kann es dann, wegen oben, nicht ankommen

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Sobald mir der IV eine Anmeldung mit unerlaubter Handlung zur weiteren Veranlassung übersendet, führe ich die Belehrung des Schuldners durch und fertig. Eine Prüfungspflicht sehe ich da überhaupt nicht. Wie chick schon sagte, würde ich damit wohl weit über meine Kompetenzen hinausschießen.
    Ob der IV eine Aufnahme der unerlaubten Handlung in die Tabelle ausschließen kann, wenn eine Begründung fehlt :nixweiss:
    Bei den Krankenkasse kommt das aber eigentlich nie vor, weil die mit Standardtext begründen und Otto-Normalbürger begründet schon allein deshalb um seinem Frust Luft zu machen.
    Auch wenn die Krankenkassen sich wie im Ausgangsfall geschildert mit Begründung zurückhalten, würde ich die Belehrung durchführen. Der Schuldner hat schließlich jederzeit die Möglichkeit des Widerspruchs im Termin (oder halt schriftlich bei schriftlichem Verfahren).

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Ich sehe das ein klitzekleines bißchen anders. Mir reicht die Anmeldung vbuh nicht aus. Ich möchte zumindest den Tatsachenvortrag gem. § 174 II a.E.. Hintergrund ist, dass nur dann der Schuldner prüfen kann, ob ein Widerspruch überhaupt sinnvoll ist oder nicht. Aber man kann sich natürlich darüber streiten, ob das InsoG dieses noch nachfordern kann, wenn der InsoV ohne eine Anmeldung ohne Tatsachenvortrag als vbuh in die Tabelle einträgt.

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Danke für die Meinungsäußerungen! Da ich in Trier sitze, kenne ich natürlich die Entscheidung von unserem Landgericht.

    Unsere IV prüfen in Hinblick auf "vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung nix mehr.

    Ich stand bisher auch auf dem Dtandpunkt, dass der Schuldner sich wehren muß, sprich: Widerspruch erheben. Nun war ein Kollege zur Fortbildung in Leipzig und stellt das Thema zur Diskussion.

    Es ist noch nicht ausdiskutiert. :konferenz

  • Welche Maßstäbe muss ich denn an den Tatsachenvortrag anlegen?

    Habe konkret einen Gläubiger, der einen sog. Eingehungsbetrug geltend macht.

    Schu.-V. widerspricht und rügt zudem, dass kein schlüssiger Tatsachenvortrag i. S. d. § 174 II InsO vorliege, da der Gläubiger nicht ausführt "aus welchen konkreten Umständen heraus der Schuldner bei Vertragsschluss voraussehen musste, dass er die geringen Mitgliedsbeiträge in den Folgejahren nicht werden zahlen können." Der Schu.-V. verlangt vom Gläubiger den Vortrag entsprechender Anhaltspunkte.

    Muss denn der Tatsachenvortrag wirklich soweit gehen? Ist das nicht im späteren Feststellungsverfahren zu klären?


  • Die ordnungsgemäße Anmeldung einer Forderung im Insolvenzverfahren setzt die schlüssige Darlegung des Lebenssachverhalts voraus, aus dem der Gläubiger seinen Zahlungsanspruch herleitet. Handelt es sich um die Sammelanmeldung einer Mehrzahl von Forderungen, ist der Darlegungslast für jede Einzelforderung zu genügen. 

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Die Maßstäbe sind m.E. gaaaaaaaanz gering.
    Sobald hier das Wort "Eingehungsbetrug" fällt, würde mir das leicht reichen; das "Eingehungs" könnte er sich sogar sparen...
    Das wie und warum hat uns nicht zu interessieren. Hier ist doch sowieso alles in Ordnung. VbuH in der Tabelle und einen Widerspruch des Schuldners in der Tabelle. Das restliche Gedöns können sie sich für ein Festellungsverfahren aufheben.

  • Die Maßstäbe sind m.E. gaaaaaaaanz gering.
    Sobald hier das Wort "Eingehungsbetrug" fällt, würde mir das leicht reichen; das "Eingehungs" könnte er sich sogar sparen...
    Das wie und warum hat uns nicht zu interessieren. Hier ist doch sowieso alles in Ordnung. VbuH in der Tabelle und einen Widerspruch des Schuldners in der Tabelle. Das restliche Gedöns können sie sich für ein Festellungsverfahren aufheben.



    Der Schuldnervertreter stellt sich auf den Standpunkt, eine Aufnahme in die Tabelle hätte gar nicht erfolgen dürfen, weil der Tatsachenvortrag nicht § 174 II InsO genügt. Der Gläubiger spricht auch nicht von Eingehungsbetrug, sondern sagt halt nur, dass der Schuldner bei Vertragsabschluss schon gewusst hat, dass er nicht zahlen können wird, was ich als Eingehungsbetrug werte (somit finde ich´s schlüssig vorgetragen)

    Stellte sich mir die Frage, ob ich den Gläubiger nochmals zur konkreten Darstellung auffordere oder mich auf den Standpunkt stelle, dass die das gefälligst im Feststellungsverfahren zu klären haben.

    Tendiere zu Variante 2.

  • Nimmst du die Forderung in die Tabelle nicht auf, ist der Gläubiger u.U. draußen und mit seinen Rechten abgeschnitten, sofern er sich nicht weiter drum kümmert. Es ist doch dann zumindest die Verwalterpflicht, auf Nachbesserung hinzuwirken.

    Hätte hier noch ne Frage: Der vom Schuldner eingelegte Widerspruch kann doch noch immer zurückgenommen werden, auch noch nach Aufhebung des Verfahrens. Erstattet der geprellte Gläubiger also nach dem WS des Schuldners eine Betrugsanzeige und geht die durch, wird es wesentlich einfacher sein, den Schuldner zur Rücknahme zu bewegen. Für die Einlugung des WS gibt es die Frist, nicht aber für die Rücknahme bzw. die Fk.


  • Aber nicht mehr nach Erteilung der RSB :teufel:



    Welchen Sinn sollte das bitte machen? ;)



    Wenig ! :D




    das macht viel Sinn, nämlich dann, wenn der Schuldner zur Erkenntnis gelangt, dass der Anspruch doch einer aus vbuH ist und der Gläubiger mit Klage auf Beseitigung des Widerspruches droht. Das spart Prozesskosten. Allerdings habe ich eine solche Einsicht noch nicht erlebt.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)


  • das macht viel Sinn, nämlich dann, wenn der Schuldner zur Erkenntnis gelangt, dass der Anspruch doch einer aus vbuH ist und der Gläubiger mit Klage auf Beseitigung des Widerspruches droht. Das spart Prozesskosten. Allerdings habe ich eine solche Einsicht noch nicht erlebt.



    Ich meine kürzlich im Kommentar gelesen zu haben, dass nach Aufhebung des Verfahrens Schluss mit der Feststellungsklage sein soll, aber Du hast da bestimmt noch andere Quellen.


  • das macht viel Sinn, nämlich dann, wenn der Schuldner zur Erkenntnis gelangt, dass der Anspruch doch einer aus vbuH ist und der Gläubiger mit Klage auf Beseitigung des Widerspruches droht. Das spart Prozesskosten. Allerdings habe ich eine solche Einsicht noch nicht erlebt.



    Ich meine kürzlich im Kommentar gelesen zu haben, dass nach Aufhebung des Verfahrens Schluss mit der Feststellungsklage sein soll, aber Du hast da bestimmt noch andere Quellen.




    OLG Stuttgart, 10 U 3/08

    BGH, IX ZR 124/08

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