Grundbuchberichtigung nach italienischem Erbrecht

  • Folgender Sachverhalt liegt vor: Ehemann und Ehefrau sind zu je 1/2 Anteil im Grundbuch als Eigentümer eingetragen. Ehemann ist verstorben und nach italienischem Recht beerbt worden von seiner Ehefrau zu 1/2 Anteil und seinen 3 Kindern zu je 1/6 Anteil. Antragstellender Notar beantragt nunmehr Grundbuchberichtigung dahingehend, daß die Ehefrau jetzt als Bruchteilseigentümerin des Grundbesitzes zu 3/4 Anteil und die Kinder als Bruchteilseigentümer zu je 1/12 eingetragen werden. Begründung: Nach italienischem Erbrecht bilden die Erben keine Gesamthandsgemeinschaft, sondern eine Bruchteilsgemeinschaft.
    Ferid/Firsching intern. Erbrecht scheint dies zu bestätigen, so daß ich an sich antragsgemäß eintragen möchte.
    Spricht aus eurer Sicht etwas dagegen?

  • Das würde ich nicht so sehen.

    Zwar trifft es zu, dass die Erbengemeinschaft nach italienischem Recht keine Gesamthandsgemeinschaft, sondern eine Bruchteilsgemeinschaft bildet. Gleichwohl bleibt es aber natürlich dabei, dass die Erbengemein-schaft auseinandergesetzt werden muss und bis dahin als solche an jedem einzelnen Nachlassgegenstand besteht. Nachlassgegenstand ist im vorliegenden Fall aber lediglich der Hälftemiteigentumsanteil des Erblassers, sodass es unzutreffend wäre, im Grundbuch eine Bruchteilsgemeinschaft am gesamten Grundbesitz zu verlautbaren.

    Wenn man unterstellt, dass die Eheleute bisher in Abt.I Nrn.1a (Ehemann) und 1b (Ehefrau) eingetragen waren, so würde ich unter Rötung des Namens des Erblassers wie folgt neu eintragen:

    2a--Ehefrau zu 1/2;
    2b--Kind 1 zu 1/6;
    2c--Kind 2 zu 1/6;
    2d--Kind 3 zu 1/6;

    ----zu 1/2 in Erbengemeinschaft nach italienischem Recht

    Und in der Spalte 4:

    Zu Nr.1a: ..... (Eintragungsgrundlage).

  • Hmmm...Ich blicke da jetzt nicht so richtig durch. Müßte es nicht heißen ..zu 2a,2b,2c,2d in italienischer Erbengemeinschaft an 1/2 Anteil oder so ähnlich?
    Was hat es überhaupt mit der italienischen Bruchteilsgemeinschaft auf sich? Wenn sich die Bruchteilsgemeinschaft erst für jeden Nachlaßgegenstand auseinandersetzen muß, macht das (jedenfalls für mich) gar keinen Sinn, man würde sie dann ja wie eine deutsche Gesamthandsgemeinschaft behandeln.
    Ich glaube, da muß ich doch erst mal tiefer einsteigen.

  • Ich habe in Spalte 4 geschrieben:

    Zu Nr.1a:

    Denn wenn ich nur 1a röte, bleibt das vormalige "je zur Hälfte" ja unverändert eingetragen.

    Habe es aber jetzt der guten Ordnung halber auch noch in Spalte 2 ergänzt.

    Zur Erbengemeinschaft nach italienischem Recht vgl. Süß/Haas/Wiedemann/Wiedemann, Erbrecht in Europa, Länderteil Italien, RdNrn.160 ff.

  • juris2112 ist zuzustimmen. Ohne Auseinandersetzung können m.E. die vom Notar genannten Bruchteile nicht erreicht werden, da der Erblasser nicht Alleineigentümer war und man dann das vor dem Erbfall bereits eingetragene Bruchteilseigentum mit den ererbten Bruchteilen vermischen würde.

    Ich würde eintragen:

    2.1 Ehefrau
    zu 1/2 Anteil
    2.2 Ehefrau zu 1/2
    2.3 Kind 1 zu 1/6
    2.4 Kind 2 zu 1/6
    2.5 Kind 3 zu 1/6
    zu 2.2 - 2.5 in Erbengemeinschaft nach ital. Recht zu 1/2 Anteil

    Sp. 4: Hinsichtlich 2.2 bis 2.5 aufgrund ... und im übrigen aufgrund bisheriger Eintragung eingetragen am ...

    Die Eintragung zu I/1 komplett röten.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Ich habe in einem gleichgelagerten Fall einmal die Erben als Unter-Bruchteilsgemeinschaft eingetragen, obwohl es solche im deutschen Recht nicht gibt, weil die Bruchteilsgemeinschaft der Erben nach italienischem Recht eine selbstständige Vermögenseinheit bildet.

    Also, übertragen auf den hier vorliegenden Fall:
    3.1 Ehefrau zu 1/2 Anteil
    3.2.1 Ehefrau zu 1/2 Anteil an der nach italienischem Erbrecht bestehenden Bruchteilsgemeinschaft der Erben
    3.2.2 Kind 1 zu 1/6 Anteil an der nach italienischem Erbrecht bestehenden Bruchteilsgemeinschaft der Erben
    3.2.3 Kind 2 zu 1/6 Anteil an der nach italienischem Erbrecht bestehenden Bruchteilsgemeinschaft der Erben
    3.2.4 Kind 3 zu 1/6 Anteil an der nach italienischem Erbrecht bestehenden Bruchteilsgemeinschaft der Erben
    - zu 3.2: zu 1/2 Anteil -

  • Wenn man einen völligen Neuvortrag der Eigentumsverhältnisse vorzieht, gefällt mir der Vorschlag von Ulf besser.

  • Nur vorsorglich:

    Kann man eintragen, was der Antragsteller nach dem Ausgangssachverhalt überhaupt nicht beantragt hat?

  • Danke für die Fürsorge, aber ich meinte eigentlich, daß ich genauso wie Ulf wie verfahren möchte. Ich wollte jetzt nicht sofort eintragen, zunächst geht einmal eine Zwvfg. raus.

  • Ich hänge mich hier mal dran:
    Im Grundbuch sind Eheleute zu je 1/2 Anteil eingetragen. Ehemann ist Italiener, Ehefrau ist Deutsche. Es liegt ein gemeinsames deutsches notarielles Testament der Eheleute vor, in welchem sie ihre vier Kinder zu ihren Erben einsetzen.
    Eines der Kinder beantragt die Grundbuchberichtigung nach dem verstorbenen Ehemann (die Ehefrau lebt noch).
    Kann ich jetzt aufgrund des notariellen Testaments hinsichtlich des 1/2 Anteils die vier Kinder in Erbengemeinschaft eintragen?

    Life is short... eat dessert first!

  • Das italienische Recht verbietet gemeinschaftliche Testamente (und Erbverträge) und schließt eine Umdeutung in ein Einzeltestament aus (Süß/Wiedemann/Wiedemann, Italien, Rn.22, 111, 112). Denkbar wäre allenfalls eine konkludene beschränkte Rechtswahl nach Art.25 Abs.2 EGBGB für den im Inland belegenen Grundbesitz. Das LG München I (Rpfleger 2007,316 = FamRZ 2007,1198 = ZEV 2007,434) ist der Ansicht, dass das Grundbuchamt eine solche Auslegung unter den in der Entscheidung genannten Voraussetzungen selbst vorzunehmen habe (insbesondere: bei Verwendung deutscher Rechtsbegriffe und Rechtsfiguren sowie Nennung von Normen des deutschen Erbrechts).

    Davon hängt auch im Ergebnis ab, ob es sich ggf. um eine Erbengemeinschaft nach deutschem Recht (ohne Beteiligung der Ehefrau) oder um eine Erbengemeinschaft nach italienischem Recht (unter Beteiligung der Ehefrau) handelt.

  • Vielen Dank für die Antwort!

    Das ist ja toll. Außer den Angaben zur Staatsangehörigkeit enthält das Testament nichts Besonderes:
    "Die Erschienenen baten um die Beurkundung einer gemeinsamen letztwilligen Verfügung...
    Sie erklärten dem Notar ihren letzten Willen mündlich wie folgt:
    Wir setzen unsere Kinder... gleichanteilig zu unseren Erben ein.
    Wir setzen folgenden Vermächtnisse aus:
    Der Überlebende von uns soll das lebenslängliche unentgeltliche Nießbrauchsrecht an unserem jeweiligen Miteigentumsanteil an der Eigentumswohnung ... erhalten. ...".

    Reicht das für eine Auslegung? Rechtsnormen sind gar nicht genannt, nur Rechtsbegriffe. :(
    Kann ich unter diesen Umständen einen Erbschein verlangen?

    Life is short... eat dessert first!


  • Kann ich unter diesen Umständen einen Erbschein verlangen?


    Können kann man immer und ich würde es in dem Fall auch. Denn das"... insbesondere: bei Verwendung deutscher Rechtsbegriffe und Rechtsfiguren sowie Nennung von Normen des deutschen Erbrechts..." ist ja nicht gegeben.

  • Nach den ergänzenden Angaben denke ich auch, dass der Fall mit dem vom LG München I entschiedenen Sachverhalt nicht vergleichbar ist. Dort wurden die Begriffe Vorerbe, Nacherbe, Ersatzerbe, Schlusserbe und Testamentsvollstreckung verwendet und außerdem wurde auf die §§ 181 und 2270 BGB verwiesen.

    Ein Notar, der nicht weiß, dass ein Italiener kein gemeinschaftliches Testament errichten kann. Ich fasse es nicht ...

    Viel Glück bei der etwaigen Übertragung der Nachlasssachen an die Notare!

  • Davor graut es mir auch...
    Im Übrigen wundert mich hier nichts mehr. An manchen Tagen schreibe ich mir die Finger wund mit Zwischenverfügungen, und da geht es selten um komplizierte Dinge... aber dieses leidige Thema hatten wir schon öfter.

    Am besten gehen die Leute zu ebendiesem Notar, damit er wenigstens den Erbscheinsantrag ohne Kosten beurkundet. :cool:

    Life is short... eat dessert first!

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