BUZ pfändbar ?

  • Hallo zusammen,

    habe ein Problem aus der Praxis. Folgender Sachverhalt:

    Verbraucherinsolvenzverfahren wurde am 15.01.2007 eröffnet. Aufgrund eines Arbeitsunfalles im Juli 06 bezieht der Schuldner lediglich Verletztengeld in Höhe von 750 €, also unpfändbar.
    Aus einer privaten BUZ erhält Schuldner jetzt Nachzahlung für den Zeitraum 01.08.06 - 01.05.07 in Höhe von ca. 4000 € ( also monatlich rückwirkend 444 € ). Wegen der weiteren monatlichen Rentenzahlungen erfolgt jetzt Prüfung, ob weiter BU vorliegt.

    Im Februar 2007 war hier im Forum bereits eine Diskussion, inwieweit eine Leistung, die unter § 850 b I ZPO fällt, zur Insolvenzmasse gehört. Zumindest die Kommentierungen kommen zu dem Ergebnis, dass § 850 b ZPO in § 36 InsO nicht genannt ist und daher eine private BUZ nicht zur Insolvenzmasse gehört.

    Ist es jetzt tatsächlich so, dass der Schuldner die Nachzahlung vollständig behalten darf ?

    Kann ich zukünftig ( rückwirkend dürfte wohl ausgeschlossen sein ) das Verletztengeld und die BUZ im Rahmen des § 850 e II ZPO ( ist in § 36 InsO genannt ) zusammenrechnen oder ist selbst das nicht möglich, da die BUZ nicht zur Masse gehört und daher eine Zusammenrechnung ausgeschlossen ist ?

    Ich weiß,viele Fragen und noch mehr Probleme, aber im Moment hänge ich ein bischen in der Luft.

  • Wenn § 850b ZPO nicht zieht (weil nicht in § 36 I Satz 1 InsO genannt) kommt § 850e Nr. 2/2a ZPO auch nicht in Betracht wenn es bei der Zusammenrechnung um BUZ geht. Zusammenrechnung mit BUZ ist auch nur dann möglich, wenn (zunächst) die BUZ für pfändbar erklärt wurde.

    Kann zwar meiner Meinung nach nicht Sinn des § 850b ZPO sein, die BUZ, die lediglich den berufsbedingten Ausfall abmildern soll, besonders zu schützen, aber ist halt eben so.

  • Mir auch unbegreiflich, auf Gläubigerantrag außerhalb des Verfahrens (bedingt) pfändbar, im Insolvenzverfahren niente. Klar, 850 b steht nicht im 36-er. Aber auch ich frage mich, weshalb bedingt pfändbare Bezüge nicht auch in die Masse fallen, wenn der Verwalter den Antrag stellt? :confused: :confused::confused::confused::confused:

  • Weil eine Interessenabwägung zwischen einem Gläubiger und dem Schuldner zugunsten des Gläubigers ausgehen müsste. Das kann sie nicht, weil es Interessen mehrerer Gläubiger sind und die schutzwürdigen Interessen des einzelnen Schuldners über denen der Gläubigergemeinschaft.

  • Hatte hier selbst nen ganz tollen Fall, über den ich heut noch in die Luft gehen könnte: Junger Kerl - 30 Jahre - bezieht Teil-Erwerbsunfähigkeitsrente und private BUZ, zusammen etwa 2.300 EUR-für sich allein ohne Unterhaltsverplichtungen.

    Nix pfändbar wurde mir vom Gericht bescheinigt, § 850 b ZPO passt nicht ins Inso-Konzept. Der Typ hat sich schlapp gelacht und macht sich mit seiner Lebenspartnerin ein geiles Leben. Was immer auch sein gesundheitlich Problem ist und warum er die Renten bezieht, für ein paar Stunden jobben reicht´s nämlich noch laut Bescheiden. Und die Gläubiger gucken in den Mond, verstehen die Welt nicht mehr, genauso wie die liebe Jamie. :teufel:

  • Wenn der Gesetzgeber solche Gesetze macht, dann ist das halt so.

    Aber trotzdem möchte ich nicht mit so jemand tauschen. Die BUZ gibt es nicht für nichts. Und die Teil-Erwerbsunfähigkeitsrente sicherlich auch nicht.

    Dass die Unpfändbarkeit der BUZ als Lohnersatzleistung unpfändbar ist mag unbefriedigend sein. Aber andererseits muss man auch berücksichtigen, dass der Schuldner die von seinem eigenen (evtl. unpfändbaren) Einkommen gezahlt hat. Im Gegensatz dazu wirken die Rentenbeiträge pfändungsrechtlich vermindernd auf das Nettoeinkommen.

  • Bei solche einem Einkommen könnte man aber zumindest mal darüber nachdenken, dass man dem Schuldner einen erhöhten pfändungsfreien Betrag zugesteht, den Rest könnte er dann aber zahlen. Immerhin hat mein spezieller Schuldner gut das 1 1/2 fache des nach der Tabelle zu § 850 c ZPO pfändungsfreien Betrages zur Verfügung.

    Aber der Gesetzgeber hat hier halt - mal wieder - gepennt und irgendwie scheint´s niemanden zu stören.

  • Nein, er hat die Pfändbarkeit sogar in einzelnen Fällen ausdrücklich zugelassen. Gestört hat es auch schon einige wenn man sich die Beschlüsse und Urteile des BGH dazu ansieht...

    Nur passt das halt nicht in der Insolvenz.

    Wenn Du Dir über solche Sachen Gedanken machst, dann kannst Du Dich auch darüber aufregen, dass ein alleinstehender Schuldner, der bei Mami mietfrei wohnt genau den gleichen unpfändbaren Teil des Einkommens hat wie der Schuldner, der in einer Deutschen Großstadt für sein Wohnclo mit Kochnische einschl. aller Nebenkosten die Hälfte des Grundfreibetages aufwenden muss.

    Oder der Schuldner, der im eigenen Haus lebt, oder die Miete einfach nicht zahlt, der Rentner, der in dem Grundfreibetrag einen Anteil für berufsbedingte Aufwendungen hat. Oder vielleicht, dass der Abzug des Bruttourlaubsgeldes bei der Ermittlung des pfändungsrechtlichen Einkommens dazu führt, dass in dem Urlaubsmonat dadurch weniger (oder überhaupt nichts) pfändbar ist. Der Bruttoabzug ist übrigens bei allen unpfändbaren Teilen zu machen und führt immer zu einem unbefriedigenden Ergebnis.

    Solche Sachen würden sich beliebig fortsetzen.

    Aber was soll`s - gegen Windmühlen kämpfen????


  • Nur passt das halt nicht in der Insolvenz.



    Und gerade das verstehe ich nicht. Jeder einzelvollstreckende Gläubiger könnte - unter Berücksichtigung des billigen Ermessens und nach bisher erfolgloser Zwangsvollstreckung - hier erfolgreich zugreifen. Warum sollte sowas - gerade wenn der Schuldner Eigenantrag stellt - nicht funktionieren?

    Aber du hast recht: Ich heiße nicht Quichotte ;)

  • Wie willst Du das machen mit der Interessenabwägung. Die geht zuerst mal grundsätzlich zu Gunsten des Schuldners weil diese Bezüge grundsätzlich unpfändbar sind und nur unter den besonderen Bedingungen "für pfändbar erklärt werden können".

    Das heißt also, dass die Gläubigerinteressen an der Duchsetzung der Forderung in diese Bezüge höher einzuschätzen sein müssen als die des Schuldners.

    Forderung der Bank - mit Sicherheit nicht,

    juristische Personen - ebenfalls wohl nicht,

    Handwerker, Dienstleister, die selbst zur Bezahlung der Löhne darauf angewiesen sind - vielleicht,

    Die alte Dame, die in ihrem Häuschen eine Wohnung vermietet hat und auf die Miete angewiesen ist weil sie nur eine kleine Rente hat - bestimmt!

    Und alle Gläubiger sind dann im Insolvenzverfahren vereint auf der "Gegenseite des Schuldners".

    Die Interessen der einzelnen Gläubiger stehen also mit unterschiedlicher Wertigkeit den Interessen des Schulders gegenüber.

    Die alte Dame, die 800,00 € Miete (vielleilcht 1% der Gesamtforderungen) oder so was zu bekommen hätte würde dann zu Gunsten der Bank den pfändbaren Betrag erheblich erhöhen, was dieser aber nicht zustehen würde.

    Also geht es bei einer Interessenabwägung einer einzelnen Person vs. eine Gemeinschaft nie zu Gunsten der Gemeinschaft (mit unterschiedlichen Gewichtungen) aus.


  • Und gerade das verstehe ich nicht. Jeder einzelvollstreckende Gläubiger könnte - unter Berücksichtigung des billigen Ermessens und nach bisher erfolgloser Zwangsvollstreckung - hier erfolgreich zugreifen. Warum sollte sowas - gerade wenn der Schuldner Eigenantrag stellt - nicht funktionieren?

    Jamie, geht mir genauso! Vor allem, wenn diese Schuldner dann noch grinsend vom Urlaub erzählen, denn sie demnächst antreten :D



    Wenn Du Dir über solche Sachen Gedanken machst, dann kannst Du Dich auch darüber aufregen, dass ein alleinstehender Schuldner, der bei Mami mietfrei wohnt genau den gleichen unpfändbaren Teil des Einkommens hat wie der Schuldner, der in einer Deutschen Großstadt für sein Wohnclo mit Kochnische einschl. aller Nebenkosten die Hälfte des Grundfreibetages aufwenden muss.

    Da soll es Entscheidungen geben, die ein solches Vorgehen zulassen. In meinen Augen wäre dem mietfrei wohnenden Sohnemann der Freibetrag zu kürzen bzw. ein fiktives Einkommen hinzuzurechnen.



  • @ Ernst

    Du solltest Dir die Entscheidungen des BGH zu Eigen machen, dann brauchts Du nicht (dauernd) umzudenken. Die Begründung mag zwar für den Gläubiger unbefriedigend sein, aber für die Praktikabilität auf jeden Fall nützlich.

    BGH Beschluss - IXa ZB 226/03 - vom 12.12.2003

  • Ich finde, Hego hat noch einmal sehr überzeugend und plastisch auf den Punkt gebracht, warum § 850 b ZPO in der InsO nicht geht :daumenrau
    Ob einem das gefällt oder nicht, steht auf einem anderen Blatt. Andererseits halte ich solche Fälle wie von Jamie geschildert tatsächlich für die Ausnahmen. Das ist dann eben so, ein paar fallen immer durch´s Raster. Und eine Berufsunfähigkeit in der Höhe oder auch nur zum Teil stellt nach meiner Einschätzung sicher nicht die Regel dar.

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Und gerade das verstehe ich nicht. Jeder einzelvollstreckende Gläubiger könnte - unter Berücksichtigung des billigen Ermessens und nach bisher erfolgloser Zwangsvollstreckung - hier erfolgreich zugreifen.



    Was ist denn das für'n Quatsch ! Sorry, aber gerade so ist es ja nicht. Es kann eben nicht jeder Einzelgläubiger vollstrecken, sondern nur der, für den es nach der Art seines Anspruchs billig ist. Der Gesetzgeber hätte diese Gelder auch unter 850a packen können, dann wäre sie garnicht pfändbar gewesen. Und dann hätte sich keiner aufgeregt. Warum sollen die Banken von einer Verletztenrente profitieren? Man sollte es einfach so sehen. Grundsätzlich eben unpfändbar, es sei denn, es kommt einer, der noch ärmer dran ist. Und das finde ich richtig so. Und nur weil es einen vielleicht im Einzelfall "superbevorteilt" (Was ich bei den Arten der Bezüge schon für zweifelhaft halte; ich glaube, jeder von uns wünscht sich eher, diese Bezüge nicht zu erhalten), kann man nicht das ganze System als schlecht darstellen.

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Wenn ein Insolvenzschuldner aber schon Eigenantrag über sein Vermögen stellt und dabei auch noch Kostenstundung (also mal wieder dich und mich) in Anspruch nimmt, dann sollte er auch die "gottverdammte" Pflicht haben, sein möglichstes zu tun, um wenigsten einen Teil der Kosten und der Schulden zu begleichen. Und das kann ich bei so einem Einkommen auch erwarten.

    Billiges Ermessen hin oder her: In solchem Falle muss die Entscheidung zu Gunsten der Gläubiger und der Staatskasse ausfallen. Ist es billig, dass der Schuldner sich ins Fäustchen lacht und drei Mal im Jahr Urlaub macht, während seine Gläubiger und die Landeskasse auf Geld warten und am Ende sämtliche Forderung mit Nullquote bedient werden? Das nenne ich auch mal unbillig. Wenn der Schuldner entsprechendes Einkommen durch normalerweise unpfändbare Bezüge hat, dann muss die Billigkeitsprüfung auch mal umgekehrt erfolgen. Die Gläubiger kommen sich verarscht vor, sorry, wenn ich das so direkt ausdrücke.

    Nur weil keiner seiner Gläubiger schlecht dran ist, darf er alles behalten? Ich halte das für eine Regelungslücke.

    Wer wirklich nichts zahlen kann, was durchaus die Regel sein wird, soll auch nicht geschröpft werden, keine Frage. Aber wenn ausreichend Einkommen durch solche Rentenzahlungen vorhanden ist, muss auch was für die Gläubiger und die Kasse übrig bleiben.

  • Billiges Ermessen hin oder her: In solchem Falle muss die Entscheidung zu Gunsten der Gläubiger und der Staatskasse ausfallen. Ist es billig, dass der Schuldner sich ins Fäustchen lacht und drei Mal im Jahr Urlaub macht, während seine Gläubiger und die Landeskasse auf Geld warten und am Ende sämtliche Forderung mit Nullquote bedient werden? Das nenne ich auch mal unbillig. Wenn der Schuldner entsprechendes Einkommen durch normalerweise unpfändbare Bezüge hat, dann muss die Billigkeitsprüfung auch mal umgekehrt erfolgen. Die Gläubiger kommen sich verarscht vor, sorry, wenn ich das so direkt ausdrücke.



    Ich steh voll hinter dir, Jamie! Wie du siehst, sind wir die Minderheit. Und den Bogen nicht überspannen, sonst gelten wir als "anders" und notorische Besserwisser :hetti:

    Ob Ihr glaubt oder nicht, ich habe hier nen Fall, da lebt der Schuldner ebenso von einer "BU-Rente", 51% erwerbsunfähig, aber er bekommt die Leistungen der Versicherung. Wenn der mich sieht, grinst er freundlich, zeigt mir seinen neuesten Porsche und lächelt über meinen kleinen Golf (fast zehn Jahre alt). Die Harley in der Garage, die Yacht am Gardasee. Sicher, wieder ein Extrem, und auch der Vati pumpt mächtig mit, aber auch solche Fälle gibt es. Es ist doch wohl das legitime Interesse jedes Gläubigers, sich nach dem Warum zu erkundigen, wenn sein insolventer Schuldner in Mallorca rockt und Party macht und er, der Gläubiger, gleichzeitig vom Insolvenzverwalter die Mitteilung erhält, dass die auszuschüttende Quote "0 €" beträgt.

    Ich steh hinter dir, Jamie! :daumenrau :daumenrau :daumenrau

    Gut Nacht und Grüße

    Ernst

  • Das Argument mit der Staatskasse und Kostenstundung soll wohl immer ziehen. Sorry aber das ist für mich kein Argument. Und weil es einzelne Fälle gibt, die wirklich extrem sind sollte man nicht die Gesetze beugen wollen und andere arme Würstchen bestrafen wegen dieser paar Ausnahmen.

    Es kommt auch keiner auf die Idee alle Sozialleistungen zu kürzen nur weil einige wenige die missbrauchen.

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