Anerkennung ausländische Insolvenz

  • Hallo, eine Frage, auf die ich irgendwie keine zufriedenstellende Antwort finde.

    Zwangsverwaltung Grundstück läuft. Jetzt meldet sich eine RA als Schuldnervertreter und teilt im übrigen mit, dass hinsichtlich des Schuldners ein Insolvenzverfahren in Frankreich eröffnet wurde. Nachweise liegen nicht vor. Muß sich jetzt das Gericht um diese bemühen oder sollte die Zwangsverwaltung und -versteiegerung zunächst so weiterlaufen ?

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Im Verhältnis zwischen Frankreich und Deutschland ist die EuInsVO anwendbar. Also gilt folgendes:

    Grundsätzlich entfaltet die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gem. Art. 2 Buchst. a) i.V.m. Anhang A der EuInsVO automatisch universelle Wirkung und ist in den anderen Mitgliedsstaaten anzuerkennen, Art. 16 EuInsVO. Der IV hat in den anderen Mitgliedsstaaten die gleichen Befugnisse wie im Staat der Verfahrenseröffnung, wenn kein Sekundärverfahren läuft oder gegenteilige Sicherungsmaßnahmen angeordnet sind, Art. 18 EuInsVO.

    Allerdings kann der IV den Nachweis seiner Bestellung nur durch beglaubigte Abschrift der entsprechenden Entscheidung (auf Anforderung zu übersetzen) führen, Art. 19 EuInsVO.

    Auf Antrag des IV ist die Verfahrenseröffnung in Registern der anderen Mitgliedsstaaten einzutragen - d.h. bei uns ggf. Insolvenzvermerk im Grundbuch, Art. 22 I EuInsVO. Von der Möglichkeit obligatorischer Eintragung gem. Art. 22 II EuInsVO hat Deutschland keinen Gebrauch gemacht (Paulus, EuInsVO, § 22 Rz. 2). Die Behandlung eines Antrags des ausländischen IV nach § 22 I EuInsVO ergibt sich aus Art. 102 § 6 EGInsO.

    Nach Art. 5 EuInsVO werden dingliche Rechte an (u.a.) Grundstücken von der Verfahrenseröffnung im Ausland nicht berührt. Auf die Zwangsvollstreckung in ein in Deutschland belegenes Grundstück hat somit die Eröffnung eines französischen Insolvenzverfahrens keine Auswirkungen.

    Fazit:

    1. Für das Gericht erst mal kein Handlungsbedarf, solange der IV seine Bestellung nicht nachweist und keinen Antrag auf Eintragung eines Insolvenzvermerks stellt. Selbst wenn dies geschehen sollte, bleibt die Zwangsverwaltung/-versteigerung unberührt.

    2. Für das Gericht interessant wird die ausländische Insolvenzeröffnung, wenn der Schuldner im Zwangsverwaltungs-/-versteigerungsverfahren Anträge stellt. Denn wenn man nicht die Mindermeinung vertritt, dass er trotz Insolvenzeröffnung noch Beteiligter ist, kommt ein Wegfall seiner Antragsbefugnis in Betracht.

    3. Interessant kann die Insolvenzeröffnung für dingliche Gläubiger (die aber ohnehin davon erfahren dürften) und potentielle Kaufinteressenten sein. Letztere genießen allerdings den Schutz des Grundbuchs, solange der ausländische Verwalter keinen Insolvenzvermerk eintragen läßt.

  • Super, vielen vielen Dank für Deine Mühe.

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  • Bitte, bitte! War keine so große Mühe, denn es steht ja im Gesetz :D (und ist außerdem Bestandteil meiner rudimentären Lehrtätigkeit).

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