§ 850f Abs. 1 ZPO

  • Hallo Kollegen !

    Im Verbraucherinsolvenzverfahren wurde der pfandfreie Betrag gemäß § 850 f I ZPO erhöht. Mittlerweile ist das Verfahren beendet, die WVP läuft.
    Der Treuhänder wendet weiter die erhöhten pfandfreien Beträge an und meint, dass diese auch für das RSB - Verfahren gelten, so dass es keine Einnahmen gibt.
    Ich habe da so meine Zweifel. Weshalb sollte der Beschluss aus der Verbraucherinsolvenz automatisch für die WVP gelten? Außerdem ist die Anwendung des § 850 f I ZPO in der WVP wohl eher fraglich. In einer Abhandlung im Rechtspfleger 2000, Heft 1, S. 4 wird das jedenfalls verneint.
    Was meint Ihr ?

  • Diese und auch die Anordnungen nach § 850c Abs. 4, 850e Nr. 2 und 2a ZPO sind in dem eröffneten Verfahren erlassen worden. Damit gelten sie auch nur für das Verfahren, es sein denn, dass in dem Beschluss angeordnet wurde, dass die Anordnung auch für die Laufzeit der Abtretung gilt. Schließlich lautet die Anordnung in der Regel doch...

    ....in dem Insolvenzverfahren....

    Und das wird dann irgendwann aufgehoben und der Beschluss verliert automatisch seine Wirkung.

    Das BMJ ist jedoch der Meinung, dass "...festgestellt wird welcher Betrag pfändbar ist..." und somit werde keine Anordnung nur für das eröffnete Verfahren getroffen. Na ja, das sehe ich und auch einige Rechtspfleger anders.

    Wegen § 292 Abs. 1 Satz 3 InsO kann natürlich auch für die Laufzeit der Abtretung eine derartige Anordnung erlassen werden.

  • Interessant: Wurde der pfandfreie Betrag (mal außerhalb der Insolvenz) einmal festgesetzt, so behält dieser Beschluss doch seine Wirkung, bis er geändert wird (auf Gläubigeantrag, wenn dieser herausfand, dass der Schuldner mittlerweile bspw. weniger zum Leben benötigt). In der Inolvenz ist es doch Aufgabe des tH/IV, den Schuldner diesbezüglich zu überwachen und den Beschluss dementsprechend anzugreifen?

  • Das ist richtig, in einer ZV-Sache.

    Meiner Meinung nach und wie auch fricla meint (und auch andere Rechtspfleger - teilweise) sind das eröffnete Verfahren und die Laufzeit der Abtretung zwei unterschiedliche rechtliche Grundlagen.

    Wenn das Insolvenzgericht einen Beschluss erlässt:

    In dem (Verbraucher-)Insolvenzverfahren de.... wird angeordnet,.... dann gilt diese Anordnung nur für das Insolvenzverfahren und nicht auch für die Laufzeit der Abtretung. Wenn das gewollt wäre, dann hätte man das mit dazu setzen können.

    Wie soll der Arbeitgeber denn wissen, dass er die Anordnung auch für die Abtretung beachten muss wenn es nicht angeordnet ist.

    Ein TH, bei dem ich mal den Aufhebungsbeschluss angemahnt habe hat mir gesagt, dass die AG in der Regel die Zahlungen einstellen, wenn er den Aufhebungsbeschluss vorlegt. Ist meiner Meinung nach sein Problem, wenn er nicht wenigstens zeitgleich die Abtretung vorlegt.

    Ich sehe also keinen rechtlichen Grund die Anordnung nach § 850f I ZPO über die Aufhebung des Verfahrens zu beachten wenn es nicht gesondert angeordnet ist.

  • Wenn ich im laufenden Inso-Verf. diese Anordnung erlasse, formuliere ich immer "für die Dauer der Abtretung vom .....". Diese Anordnung gilt dann auch im Restschuldbefreiungverfahren.

    Es ist dann Sache der Beteiligten ggf. einen Abänderungsantrag zu stellen bei geänderten Verhältnissen!

  • § 287 Abs. 2 InsO ...."für die Zeit von sechs Jahren nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an einen vom Gericht zu bestimmenden Treuhänder abtritt".

    Dies ist die gesetzliche Geltungsdauer der Abtretung und somit gilt die Anordnung ab Erlass bis zum Ablauf der Geltungsdauer, also auch im Insolvenzverfahren.

  • § 287 Abs. 2 InsO ...."für die Zeit von sechs Jahren nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an einen vom Gericht zu bestimmenden Treuhänder abtritt".

    Dies ist die gesetzliche Geltungsdauer der Abtretung und somit gilt die Anordnung ab Erlass bis zum Ablauf der Geltungsdauer, also auch im Insolvenzverfahren.



    Zwar ist die Geltungsdauer 6 Jahre. Aber davon zu unterscheiden ist die Wirksamkeit der Erklärung. Und die beginnt erst mit Aufhebung des Verfahrens. Vorher gelten §§ 35, 36 InsO. Da Insolvenzverfahren nicht nach der Abtretungserklärung das Einkommen abgezogen, sondern gem. §§ 35, 36 InsO zu verfahren ist, dürfte die Anordnung so nicht greifen. Andererseits scheint es ja zu klappen und die Drittschuldner scheinen damit zufrieden zu sein. Never change a winning team...

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • :zustimm: :daumenrau

    Das ist genau meine Meinung. Die Laufzeit der Abtretung wurde so formuliert und deren Ende zu bestimmen. Der Beginn lag nach dem Willen des Gesetzgebers (als ursprünglich gedachte privatrechtliche Willenserklärung) erst nach Aufhebung des Verfahren. Nämlich erst da wurde ein TH bestimmt, der die Abtretung annehmen konnte. Erst damit wird die Erklärung zum Vertrag.

    Aber warum klappt es denn bei den Drittschuldnern? Die haben in der Regel keine Ahnung und machen das, was der TH sagt. Für sie ist der TH ein vom Gericht bestellter "Bevollmächtigter" und als solchen lassen sie ihn machen was er will.

    Ich habe gerade wieder aktuell einen Fall, in dem das Verfahren aufgehoben worden ist. Weil in dem eröffneten Verfahren die Zusammenrechnung angeordnet wurde wollte ich eine Anordnung des IG, dass die Anordnung, die "im eröffneten Verfahren" erlassen worden ist auch für die Laufzeit der Abtretung gilt. Zunächst hat die Rechtspflegerin gezögert und gemeint, dass das doch klar wäre.

    Als ich dann argumentiert habe, dass die Anordnung "....in dem Verbraucherinsolvenzverfahren..." mit der Aufhebung des Verfahrens meiner Meinung nach unwirksam wird, ist sie nun doch bereit zumindest eine Klarstellung zu machen.

    Ich habe über dieses Thema mit einem Rechtspfleger gesprochen, der auch Schulungen abhält. Er ist der Meinung, dass das Gesetz insofern klar ist und die Anordnung für die Laufzeit der Abtretung zu wiederholen ist. Er will einen Aufsatz für den "Rechtspfleger" dazu schreiben. Bin mal gespannt.

  • Hallo! Mir liegen (erstmals) mehrere Anträge auf Erhöhung des unpfändbaren Betrages vor - offenbar gibt es hier nun eine besonders umtriebige Personalvermittlungsagentur. :(

    Zum Sachverhalt:
    Die Schuldner haben ein Jobangebot aus dem Ausland und machen die Annahme des Angebotes von der Durchsetzung des Antrages abhängig (Erhöhung wegen künftiger doppelter Haushaltsführung).
    Derzeit ist das Einkommen in unpfändbarer Höhe - nach der Annahme des Angebotes ist erstmal (bei Erhöhung der Pfandgrenze) ebenfalls nichts pfändbar. Die Schuldner stellen aber eine mögliche Gehaltserhöhung in Aussicht, soweit die Probezeit erfolgreich verläuft.

    Folglich wäre die Masse eigentlich in beiden Fällen (zumindest vorerst) gleich (schlecht) gestellt.
    Würdet Ihr den Beschluss erlassen, bzw. hat jmd schon einmal einen entsprechenden Beschluss gefasst?

    Mich stört bislang, dass ich eigentlich über einen Sachverhalt entscheide, der noch gar nicht vorliegt. Da die doppelte Haushaltsführung noch nicht besteht, kann der Schuldner naturgemäß keine Belege vorlegen (d.h. weder Gehaltsabrechnung noch Mietkosten etc.).

    Kann trotzdem (über den derzeit fiktiven Sachverhalt) entschieden werden?
    Wie würde dann die Formulierung aussehen, um nicht den Anschein zu erwecken, der Beschluss würde für jedes Arbeitsverhältnis des Schuldners gelten? :gruebel:

    Dazu kommt, dass die Ehefrauen der Schuldner in der Regel nicht arbeiten. Diese könnten also mMn eigentlich auch umziehen, um die Kosten der doppelten HH-Führung zu sparen. Darf man das in dem Beschluss berücksichtigen? :oops:

  • So ganz ohne Belege kannst du nicht entscheiden, zumindest müsste doch vorgelegt werden, wie der künftige Verdienst zunächst einmal aussehen soll (Angebot?). Über welchen Erhöhungsbetrag reden wir denn und wie wollen die Schuldner den ermittelt haben? Mal so ins Blaue hinein geht nicht. Ich hatte bisher nur den Fall, dass der Schuldner nach München gegangen ist um zu arbeiten (Familie blieb hier). Um die Angemessenheit der Erhöhung zu prüfen, hab ich mir vorlegen lassen, wo er sich eingemietet hat und hab dann per Internet gecheckt, ob das vom Preis okay ist. Schließlich soll sich der Schuldner kein Luxusappartement mieten. Sicherlich dürften auch deine Schuldner Anspruch auf eine Erhöhung haben, aber mir erscheint im Moment die Ermittlung der Höhe schwierig.
    Über den Punkt mit der "Erpressung" (ich gehe nur da arbeiten, wenn ich mehr Geld behalten darf) runzle ich ein wenig die Stirn, wenn ich an die Obliegenheiten des Schuldners denke (angemessene Erwerbstätigkeit sag ich nur...).
    Den Hinweis bezüglich des Mitumzugs der Ehefrauen würde ich nicht geben. Erstens weiß man regelmäßig nicht, ob diese sich nicht auch um Arbeit bemühen und am jetzigen Wohnort vielleicht mehr Chancen haben. Und zweitens sind eventuell Kinder da, denen ich einen Umzug ins Ausland nicht zumuten würde.

    In einen eventuellen Beschluss würde ich aufnehmen, dass die Entscheidung jederzeit änderbar ist, wenn sich die Verhältnisse ändern, insbesondere ein neues Arbeitsverhältnis begründet wird.

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • M.E. kann man zum jetzigen Zeitpunkt nicht über einen solchen Antrag entscheiden. Der Schuldner muss ja einen konkreten Mehrbedarf nachweisen, bzw. einen konkreten Antrag stellen um wieviel sich der pfändungsfreie Betrag erhöhen soll. Dazu braucht man Lohnbescheinigungen, Mietveträge etc.. Außerdem sollte er darlegen, wieso er eine doppelte Haushaltsführung braucht.
    Also: erst Job annehmen, dann Antrag stellen.
    "Erpressen" nach dem Motto: Wenn ich was abgeben muss, arbeite ich gar nicht oder weniger, würde ich mich nicht. Schaut eher so aus, als wollte sich da mal wieder wer zum Nulltarif durchschleichen.

  • Wenn das Insolvenzverfahren noch läuft, wäre der Sachverhalt m.E. geeignet für eine Gläubigerversammlung zur Entscheidung über Unterhalt nach § 100 InsO. Die GV könnte beschließen, dass der Schuldner über den Pfändungsfreibetrag hinaus Unterhalt in Höhe der nachzuweisenden Mehrkosten durch die doppelte Haushaltsführung erhält, maximal aber das was sein Einkommen hergibt.

    Kommt ein solcher Beschluss noch während des laufenden Insolvenzverfahrens zustande und zur Durchführung, hat man für die WVP eine Tatsachengrundlage für die dann erforderliche Entscheidung nach § 850f ZPO.

  • Also, die Verfahren befinden sich allesamt in der WVP.

    Zitat


    Also: erst Job annehmen, dann Antrag stellen.



    Na ja, ich kann schon nachvollziehen, dass die Schuldner sich vor der Arbeitsaufnahme und dem Entstehen der damit verbundenen Kosten vergewissern möchten, ob sie dann nicht evtl. draufzahlen - falls der Antrag später abgelehnt werden sollte.

    So ganz ohne Belege kannst du nicht entscheiden, zumindest müsste doch vorgelegt werden, wie der künftige Verdienst zunächst einmal aussehen soll (Angebot?).
    Über welchen Erhöhungsbetrag reden wir denn und wie wollen die Schuldner den ermittelt haben?



    Die Schuldner geben einen Mehrbetrag für die vermutlich entstehenden Kosten an. Zum Nachweis der vermutlichen Miethöhe wurden Vermietangebote vorgelegt (die sich von der Höhe auch im Rahmen halten) sowie Preisauskunft der Bahn für die Wochenendheimfahrten.

    Beantragt wird also lediglich der Mehraufwandsbetrag nicht jedoch die Festsetzung des insgesamt unpfändbaren Betrages. Geht das so? :gruebel:

    Zitat

    Ich hatte bisher nur den Fall, dass der Schuldner nach München gegangen ist um zu arbeiten (Familie blieb hier).
    In einen eventuellen Beschluss würde ich aufnehmen, dass die Entscheidung jederzeit änderbar ist, wenn sich die Verhältnisse ändern, insbesondere ein neues Arbeitsverhältnis begründet wird.



    Wie sah der Tenor des Beschlusses denn in diesem Fall aus? :gruebel:

  • Mein Fall deckt sich mit #10.
    Mich würde zunächst interessieren, ob und wie die Anhörung der Gläubiger zu Anträgen nach 850f ZPO bei den Gerichten durchgeführt wird. Habe bei den umliegenden AGs nachgefragt – dort wird nur der TH um Stellungnahme gebeten.

    Wenn der Schu eine Erhöhung des pfandfreien Betrages um zB. 400 € beantragt (300 € höhere Miete, wöchentliche Fahrten in die alte Heimat zur Lebensgefährtin), welche Berechnung stelle ich da an?
    Die Differenz Miete-bisher zu Miete-neu kann ich ja nicht zusätzlich geben. Auf der Suche danach, welcher Teil des 850c-Freibetrages auf Miete entfällt, bin ich auf BGH v. 12.12.2003 (IXa ZB 226/03) iVm BT-Drucks. 14/6812 gestoßen. Ich peile an, ca. 460 € warm als durch den Freibetrag abgedeckt anzusehen. Gegenvorschläge?
    Zu den Heimfahrten: wenn keine (kleinen) Kinder vorhanden sind, empfinde ich zwei (Bahn-)Fahrten monatlich als Maximuim. Wenn sich die Gläubiger nicht rühren, gestehe ich dem Schuldner dann vier Heimfahrten zu, weil am Ende immer noch mehr für die Gläubiger bleibt, als bei der bisherigen Arbeitsstelle?

  • Mein Fall deckt sich mit #10.
    Mich würde zunächst interessieren, ob und wie die Anhörung der Gläubiger zu Anträgen nach 850f ZPO bei den Gerichten durchgeführt wird. Habe bei den umliegenden AGs nachgefragt – dort wird nur der TH um Stellungnahme gebeten.



    Ich habe auch nur die TH zu den Anträgen angehört. Ergibt sich ja aus § 36 InsO, dass der TH isoweit an die Stelle der Gläubiger tritt.

    Die Stellungnahme eines TH liegt mir nun auch vor.
    Dieser meint, dass der unpfändbare Betrag als Festbetrag festzusetzen sei, da die Tabelle zu § 850 c ZPO für den Auslands-DS nicht gelte.

    Im übrigen wären in dem Freibetrag auch die abzuführenden Steuern zu berücksichtigen, da der Arbeitgeber ja Bruttobeträge auszahlen würde.

    Wie soll denn der Betrag dann ermittelt werden? Ist ein Bezug auf § 850 c ZPO völlig ausgeschlossen? :gruebel:
    Bzw. müssten die Bestimmungen des Arbeitgeberlandes zu Pfändungen herangezogen werden? :(

    Gibt es denn hier Kollegen aus dem "Grenzgebiet", die häufiger Schuldner/Drittschuldner im Ausland haben?

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