Anwalt legt Mandat nieder

  • Hallo!
    Gestern hatte ich eine Situation, die das Gesetz meiner Meinung nach mal wieder nicht vorsieht. :(
    Im September letzten Jahres wurde einer Antragstellerin ein Berechtigungsschein erteilt. Die Angelegenheit bezog sich auf die Geltendmachung von Forderungen aus einem Mietverhältnis (Kaution, Aufrechnung, etc.). Nur 14 Tage nach Erteilung des Scheins rechnet der Anwalt ab, er erhielt die Geschäftsgebühr und Postpauschale sprich die obligatorischen 97,44 €. Für uns war die Angelegenheit somit erledigt.
    Gestern kam nun dieselbe Antragstellerin und erklärt, der Anwalt hätte damals zwar ein Schreiben an die ehemalige Vermieterin gesandt und als diese nicht sofort einlenkte sein Mandat niedergelegt mit der Begründung, er würde demnächst die Kanzlei und damit auch den Gerichtsbezirk wechseln. Jetzt hat sich die Antragstellerin einen neuen Anwalt geholt, aber der will natürlich nicht umsonst arbeiten und hat die Antragstellerin erst mal zum Gericht geschickt, um zu sehen, ob ein neuer Berechtigungsschein erteilt würde.
    Tja, also eigentlich ist das Gericht ja meiner Meinung nach raus, denn für dieselbe Angelegenheit gibt es ja keinen zweiten Berechtigungsschein. Andererseits ist es höchst unfair gegenüber der Antragstellerin, wie sich der erste Anwalt aufgeführt und abkassiert hat.
    Habt ihr eine Idee, was die Antragstellerin machen könnte? Vielleicht zur Rechtsanwaltskammer? Aber ich glaube kaum, das die sich kümmern würde?
    Hat er eigentlich die Vergütung zu Recht bekommen? Immerhin war die Angelenheit noch nicht abgeschlossen?

    Gruß Thorscha

  • Eine Angelegenheit ist auch dann erledigt, wenn das Mandat beendet ist. Meiner unmaßgeblichen Meinung nach ist die Abrechnung der Vergütung ok, einen zweiten Schein in der selben Angelegenheit kann man nicht erteilen. RAK wird wohl nicht viel bringen (wobei: Versuch macht kluch).
    Und ansonsten: C'est la vie.

  • Sehe ich genauso. Die RA rechnen doch immer ab, wenn die Gebühr auch entstanden ist. Den Abschluss der Angelegenheit kann man sich auch schwer vorlegen lassen.
    Einen zweiten Schein für die gleiche Angelegenheit würde ich auch nicht erteilen. Die Antragstellerin kann auch nicht von einem RA erwarten, dass er jahrelang korrespondiert für "ein Appel und ein Ei".

  • Warum?
    Es gibt genügend RAe, die ihren Mandanten den Ar*** hinterher tragen müssen. So etwas nennt sich ausgleichende Gerechtigkeit. :cool:

  • Ein RA merkt häufig doch schon nach einem Schreiben, ob es in der Angelegenheit zu einer Einigung kommen kann oder nicht. Wenn er feststellt, dass die Gegenseite zu Kompromissen nicht bereit ist, kann man es ihm meiner Meinung nach nicht verübeln, wenn er irgendwann sagt, für ihn ist die Angelegenheit erledigt, da eine Einigung nicht in Betracht kommt. Für 97,44 € kann man mit Sicherheit keine Wunderdinge und keine Tätigkeit erwarten, die sich über Monate oder Jahre hinzieht, auch wenn es sich der Gesetzgeber anderes gedacht hatte ...

  • Schließe mich meinen Vorredner vollumfänglich an.

    Im übrigen ist jeder Mandant für die Auswahl seines Ra selbst verantwortlich. Dies gilt für sowohl für vermögende, als auch bei mittellosen Personen.

    Wie ich immer so schön zu sagen pflegen, wenn ich vom Ast. gefragt werde "Zu welchem RA soll ich denn gehen?" > "Wir können keinen RA empfehlen und wir dürfen auch von keinem abraten"

    Im vorliegenden Fall hat der RA m.E. alles richtig gemacht. Die RAK wird der Fall (zu recht) nicht interessieren.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Man kann auch wirklich nicht die Antragsteller mit mehreren Berechtigungsscheinen versorgen, bis ein "Problem" erledigt, oder der Antragsteller zufrieden ist. Das Instrument Beratungshilfe gibt dafür keinen Raum.

  • Ihr habt ja alle Recht! Und im Grunde meines Herzens weiß ich das ja auch! Dann werde ich der Antragstellerin halt dies erzählen, etwas abgeschwächter als dies

    Zitat


    Warum?
    Es gibt genügend RAe, die ihren Mandanten den Ar*** hinterher tragen müssen. So etwas nennt sich ausgleichende Gerechtigkeit. :cool:

    :D

    Trotzdem danke für die Postings!!

  • Das Problem hatte ich schon sehr sehr oft - wir hatten nämlich einen RA in unserem Gerichtsbezirk, der ist nach Neuseeland abgehauen (ja richtig: abgehauen).

    In diesen Fällen habe ich auch keinen Schein erteilt mit der Begründung wie schon oben: es gibt nur einmal den Schein.

    Beratungshilfe soll die rechtliche Benachteilung ausgleichen, nicht auch noch das Lebensrisiko, ob der Anwalt bis zum Ende hin tätig bleibt. In diesem Fall wäre nämlich kein Ausgleich einer Benachteiligung gegeben, sondern eine Bevorteilung gegenüber eines Normalverdienen, denn dieser müsste den neuen Anwalt auch selbst bezahlen.

    Ging jedesmal so durch :) (war schon ärgerlich, aber was solls)

  • Wobei ich in einem (leider) nicht zustimmen kann: wir müssen auch für 97,44 € so arbeiten, als bekämen wir Geld dafür. Rekord war leider eine ausländerrechtl. Angelegenheit, die sich über mehr als 200 Seiten Akte und mehr als 2 Jahre hinzog. Stundenlohn grob geschätzt 2-3 EUR. Daher halte ich persönlich auch nicht so viel von dem jetzigen System der Beratungshilfe :) aber immerhin kam ich dank der Dame sogar in die Zeitung, das hat es ein klein wenig weniger ärgerlich gemacht.

    Und ob der Kollege den Gerichtsbezirk gewechselt hat oder nicht, ist doch m.E. nicht relevant. Er wurde in einem gewissen Umfang mandatiert, und die Angelegenheit war eben noch nicht abgeschlossen. Meines Erachtens ist auch das jetzige Tätigwerden -daß er m.E. schuldet- auch noch durch die Vergütung abgedeckt. Ob es natürlich jetzt der Frau weiterhilft, einen unwilligen RA sprichwörtlich "zum jagen zu tragen" ist eine andere Frage.

    Gruß aus GER
    Wolfgang Sorge

  • Daher halte ich persönlich auch nicht so viel von dem jetzigen System der Beratungshilfe :)



    Ich auch nicht. Auch wenn´s oft nicht so aussieht: Ich habe in diesem Punkt ein Herz für RAe

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Ich finde es auch nicht so in Ordnung, dass der RA mit dieser Begründung das Mandat niederlegt. Reicht m.E. nicht und er riskiert ggf. Haftung ( wg. Schlechterfüllung).

    Was die Wirtschaftlichkeit betrifft.Es soll schon Fälle gegegeben haben, da hat ein einzelner RA ca. 30 000 Euro an BerH / Jahr abgerechnet. Ich denke bei der RA - Dichte und der heutigen Lage ist das sicherlich ein Faktor, der von manch einem einkalkuliert wird.

  • Ich denke, wir sind uns darüber einig, dass die Geschichte so nicht stimmt.Wenn der RA das Mandat schon im Oktober/November nierdergelegt hätte, wäre die Dame ja wohl kaum erst gestern gekommen. Auch die angebliche Begründung erscheint mir etwas albern; dem RA ist es, einen Umzug mal unterstellt, doch völlig Banane, wo der mdt wohnt und wie er den Weg dann zu ihm bewältigt.DASS er das Mandat aber niedergelt hat, kann ich mir durchaus vorstellen; wenn die Dame auf seine schreiben auch erst mit 6 Monaten Verspätung reagiert hat, hat er auch allen Grund dazu.
    Ich will hier nicht nach Krähen-Theorie verfahren, aber ich habe auch gelegentlich "Anwaltswechsler" als Mdten angenommen und in aller Regel zutiefst bereut.
    Vielleicht als praktischer Tip: wenn der Ast einen Sachverhalt darlegt, nach dem ein berufsrechtlicher verstoß des RAs in Betracht kommt, ast an die kammer verweisen. WENN es so gewesen wäre, wie die Astin sagt, wäre das glasklar ein Verstoß gegen so ziemlich alle Pflichten des RAs; dem würde die Kammer auch nachgehen (grundlose Mandatskündigung).
    Wenn es eher so ein RA-Mdt-Hickhack ist, der im weitesten Sinne nur einen zivilrechtlichen Schadenersatzanspruch begründen könnte, verweist die Kammer die Leutchen auf diesen Rechtsweg und macht sonst nix. Ich würde mir deshalb bei solchen Sachen zumindest nachweisen lassen, dass die RAK eingeschaltet worden ist und nichts machen wird. Dann kann man -wenn einem echt das Herz bricht- immer noch einen Schein für "Beratung wg Anwaltshaftung" ausstellen.

  • "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!