Antrag 850i - Abfindung schon beim TH

  • Mein Schulder hat einen Antrag nach § 850 i ZPO gestellt, da er eine Abfindung vom Arbeitgeber erhalten hat. Die Abfindung ist jedoch schon vor Antragstellung an den den Treuhänder gezahlt worden. Nach meiner bisherigen Würdigung des Sachverhaltes wäre dem Schuldner ein Teil der Abfindung wegen glaubhaft gemachter Aufwendungen grundsätzlich zu belassen.

    Frage: Entfaltet der Beschluss 850 i noch Wirkung (Abfindung ja schon ausgezahlt) oder hätte Beschlussfassung vor Auszahlung der Abfindung erfolgen müssen?

  • Da im Ausgangsfall an den Treuhänder ausgezahlt wurde und die Frage ins Insolvenzforum gestellt wurde, unterstelle ich mal, dass der Antrag stellende Schuldner sich im Verbraucherinsolvenzverfahren befindet.:)

    M.E. entfaltet der Beschluss in diesem Fall Rückwirkung. Zum einen erfasst der Insolvenzbeschlag eben nur pfändbares Vermögen, und wenn das Gericht über die Unpfändbarkeit zwar erst nachträglich befindet, diese aber ja nur feststellt (nicht herstellt), bedeutet dies m.E., dass die fraglichen Gegenstände ex tunc schon nicht zur Masse gehörten.

    Ausserdem wäre § 36 Abs. 4 Satz 1 InsO reiner Zynismus, wenn dem Schuldner die Feststellung der Unpfändbarkeit versagt wäre, sobald der IV mal seine Hände auf den Gegenstand bekommen hat.

  • Ja ist ein Antrag in einem laufenden Insolvenzverfahren. Bei den laufende Bezügen kann ich auf Antrag ja auch nur für die künftigen Bezüge die Pfändungsgrenzen erhöhen - deshalb die Frage. Eine Kollegin meinte, dass bei Abfindungen auch der Antrag vor Auszahlung der Abfindung gestellt sein müsse, da war ich etwas verwirrt. Ich gehe richtig in der Annahme, dass der Schuldner den Betrag konkret bezeichnen muss, welcher ihm freigestellt ist oder kann er das in mein (sprich: gerichtliches) Ermessen stellen?

  • Das ein gewisser Ermessensspielraum besteht, ergibt sich schon aus § 850i selbst.
    Nach §§ 36 InsO, 850 i ZPO ist dem Schuldner von einer nicht wiederkehrend zahlbaren Vergütung für persönlich geleistete Arbeiten oder Dienste so viel zu belassen, als er während eines angemessenen Zeitraums für seinen notwendigen Unterhalt bedarf. Bei der Entscheidung sind die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners, insbesondere seine sonstigen Verdienstmöglichkeiten, frei zu würdigen. Dem Schuldner ist jedoch nicht mehr zu belassen. als ihm nach freier Schätzung des Gerichts verbleiben würde, wenn sein Arbeitseinkommen aus laufenden Arbeits- oder Dienstlohn bestünde.

  • Eine Kollegin meinte, dass bei Abfindungen auch der Antrag vor Auszahlung der Abfindung gestellt sein müsse, da war ich etwas verwirrt.



    Natürlich ist es wünschenswert, wenn der Schuldner seinen Antrag vorher stellt. Aber es kann ja z.B. auch passieren, dass das mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Abfindung so schnell, oder das mit der Entscheidung über den Antrag so langsam geht, dass zum Zeitpunkt der Auszahlung durch den Arbeitgeber noch kein Beschluss vorliegt. Der vorsichtige Arbeitgeber zahlt dann wegen § 82 InsO natürlich an den IV/TH. Wenn der Beschluss nun keine ex-tunc-Wirkung hätte, dann wäre es dem Zufall überlassen, ob objektiv unpfändbares (bzw. als unpfändbar erkanntes) Vermögen als solches behandelt wird.

    Würde man die Ansicht vertreten, dass der Beschluss nur ex nunc wirkt, dann würde es in den meisten Fällen gar nicht zu einer Entscheidung kommen; denn sobald der IV den Gegenstand in den Fingern hat, wäre Erledigung eingetreten (was hoffentlich das Gericht nicht veranlassen würde, die Eilbedürftigkeit der Entscheidung nachlässig zu behandeln.:teufel:)

  • Eine Rückwirkung für bereits gezahlte Beträge tritt nicht ein [MüKo § 850i, RdNr. 3].

    Dies macht auch Sinn. Im gewöhlichen Zwangsvollstreckungsverfahren würde der Gläubiger ja auch nichts mehr herausgeben, was er bereits erlangt hat.

    Aus Gründen der Rechtssicherheit kann dies im InsO-Verfahren nicht anders sein, da ansonsten die Masse schwebend unwirksam bereicht sein könnte, je nachdem, ob der Schuldner einen Antrag stellt oder es sein läßt.

    Hierzu eine Verständnisfrage meinerseits: kann man dass auch über § 361 BGB herleiten?

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Die Rechtssicherheit sehe ich nicht gefährdet, wenn Beträge aus der Masse wieder abfließen, weil sie nicht dazu gehören. Das ist doch regelmäßig der Fall: Am Anfang wird das Girokonto des Schuldners aus der Masse wieder freigegeben, wenn es nur unpfändbare Beträge aufweist. Notwendiger Unterhalt nach § 850 i ZPO ist auch von Anfang an unpfändbar auch wenn er erst zur Masse geflossen ist, insoweit steht er einer Freigabe nicht entgegen, vgl. Chic!
    Selbst in der Zwangsvollstreckung wird davon ausgegangen, dass Abfindungen, die zurückliegende Arbeitsleistungen abgelten, für den Unterhaltsbedarf vor Antragstellung zu berücksichtigen sind. Dass im Vollstreckungsverfahren der Schuldner rechtzeitig einen einstweilige Einstellung erreicht haben muss, damit der Betrag nicht an den Gläubiger ausgekehrt wurde, sollte nicht dazu führen, dass mit Eingang des Geldes auf dem Konto des Treuhänders der Schuldner keine Chance mehr hat, zumal Arbeitgeber eher auf Anderkonten überweisen als auf Gläubigerkonten in der Einzelzwangsvollstreckung! Bei uns werden diese Zahlungseingänge genauso abgewickelt wie zu Beginn des Verfahrens die Girokontenfreigabe, ggf. ist ein Beschluss nötig, wenn der Treuhänder meint, dem Schuldner stünde weniger als von ihm beantragt zu.

    § 361 BGB gibt´s bei mir nicht (mehr) .... :gruebel:

  • Die Rechtssicherheit sehe ich nicht gefährdet, wenn Beträge aus der Masse wieder abfließen, weil sie nicht dazu gehören. Das ist doch regelmäßig der Fall: Am Anfang wird das Girokonto des Schuldners aus der Masse wieder freigegeben, wenn es nur unpfändbare Beträge aufweist. Notwendiger Unterhalt nach § 850 i ZPO ist auch von Anfang an unpfändbar auch wenn er erst zur Masse geflossen ist, insoweit steht er einer Freigabe nicht entgegen, vgl. Chic!


    contra MüKo, siehe oben

    § 361 BGB gibt´s bei mir nicht (mehr) .... :gruebel:


    mea culpa, lag an meiner, von SM handsignierten Ausgabe, jetzt 362

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Ich setze mal das Thema fort...
    Der Schuldner hat in der WVP eine Abfindung erhalten, der Arbeitgeber hat sie auch tatsächlich an ihn gezahlt. Jetzt hat der th wohl mitgeteilt, dass das Geld eigentlich zur Masse gehört und der Schuldner beantragt, ihm das Geld zu belassen. Bei grobem Überschlagen bekäme der Schuldner auch einen Teil frei.
    Da bin ich über die Entscheidung des BGH vom 14.01.2010 gestolpert (IX ZA 42/09).
    In der dortigen Konstellation ging das Geld wohl auch an den Schuldner, der es ausgegeben hat. Dann sagt der BGH: kein Rechtsschutzbedürfnis für Pfändungsschutz.
    Dass das Geld vom Arbeitgeber nicht an den th geleistet wurde, kann doch nun aber nicht dem Schuldner angelastet werden. Wenn in meinem Fall noch was von der Abfindung da ist, soll der Schuldner dann das Geld an den th leisten und dann könnte diesbezüglich eventuell ein Antrag nach § 850i ZPO gestellt werden? Ich finde das selbst sehr konstruiert. Aber jetzt einfach alles so lassen und irgendwann wird dem Schuldner dann bei der Frage der Erteilung der rsb ein Strick draus gedreht?

  • Der BGH sagt aber: Pfändungsschutzantrag ist nur möglich, wenn ZV noch nicht beendet ist; also bis zur Auszahlung der Abfindung.

  • Die hat doch der Schuldner eingesackt und verbraten. Und er braucht (so vesteht ich es) nicht mehr nachträglich nach § 850 i ZPO zu beantragen, dass das okay war, weil was weg ist, ist weg. Ob er sich damit einen Versagungsgrund eingefangen hat, lässt der BGH offen.

  • Früher wurde oft die Meinung vertreten, dass die Abfindung nicht von der Abtretung erfasst ist, weil nur laufende Bezüge abgetreten seien. Das ist meiner Meinung nach aber falsch, weil sich das "laufende" nur auf die "...an deren Stelle tretende laufende Bezüge ... bezogen hat.

    Unsicherheit besteht aber wieder durch die Entscheidungen:

    LAG Köln Urteil - 14 (9) Sa 1335/05 - vom 27.03.2006
    LAG Düsseldorf Urteil - 11 Sa 291/06 - vom 29.06.2006

    Ob das auch auf die Abtretung nach § 287 Abs. 2 InsO angewendet werden muss????

  • Zum Arbeitseinkommen zählen auch Bezüge, die der Arbeitgeber als Ersatz für entgangene oder vorenthaltene Arbeitsvergütung zu zahlen hat, wie den Lohnersatz bei vorzeitiger Entlassung, die Abfindung aus einem Sozialplan oder die Vergütung bei Annahmeverzug.

    Münchener Kommentar Insolvenzordnung
    2. Auflage 2008
    § 287 InsO RZ 40

  • #14 Genau. Jedenfalls zum Teil ist die Abfindung weg. Und jetzt will also quasi der Schuldner nachträglich die Absolution, dass das auch ok. ist.

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