Beratungshilfe im Strafrecht

  • Hallo Leute,

    gibt es noch Beratungshilfe im Strafrecht, wenn bereits ein Verfahren anhängig ist? Eigentlich müsste § 1 Abs. 1 ja entgegen stehen, aber da es ja keine PKH gibt und Pflichtverteidigung bei "Kleinigkeiten" wohl ausscheidet, müsste es ja doch gehen oder?
    Hier geht es um Beratung nach Erlass eines Strafbefehls.
    Hab nur eine Entscheidung des AG Köln von 1984 gefunden, die sagt, BerH ist auch noch im anhängigen Strafverfahren möglich.

    ???

  • Ich denke schon, dass man Beratungshilfe bewilligen müsste. Schließlich ist der Anwalt nicht im gerichtlichen Verfahren tätig geworden - indem er vor Gericht aufgetreten ist oder Schriftsätze an das Gericht verfasst hat - sondern hat den Antragsteller außerhalb der gerichtlichen Verfahrens beraten.

  • Ich habe Beratungshilfe nur dann bewilligt, wenn die Partei im Strafverfahren noch nicht aufgetreten ist (z.B. durch Einspruch gegen einen Strafbefehl). Die Beratungshilfe beschränkt sich ja sowieso auf die Beratung (2 II 2 BerHG).

    Wurde bereits eine prozessuale Erklärung abgegeben, ist die Partei in einem gerichtlichen Verfahren aufgetreten. Dann gibt´s nichts mehr. Es kommt meines Erachtens nicht darauf an, ob der RA gegenüber dem Gericht auftritt, oder nicht. Maßgebend ist alleine, ob das gerichtliche Verfahren schon läuft.

  • Ich bin da etwas anderer Ansicht. Meiner Meinung nach kommt es darauf an, ob der Anwalt im gerichtlichen Verfahren tätig wird. Ich hatte z.B. mal den Fall, dass der Antragsteller gegen einen Mahnbescheid Widerspruch eingelegt und dann einen Anwalt beauftragt hat. Der RA hat sich bei Gericht nicht legitimiert, sondern durch seine außergerichtliche Tätigkeit ein streitiges Verfahren vermieden. Meiner Ansicht nach ist das die Wahrnehmung von Rechten außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens.
    Und bei einer strafrechtlichen Beratung sehe ich das genauso.
    Im Übrigen ist die Einspruchsfrist relativ kurz, so dass der der Antragsteller möglicherweise keine andere Wahl hatte, als ersteinmal Einspruch einzulegen und dann fachkundigen Rat zu suchen.

    Übrigens läuft das gerichtliche Verfahren doch schon, wenn der Strafbefehl duch die StA beantragt wird. Wenn man also danach geht, dürfte Beratungshilfe schon dann nicht mehr gewährt werden.

  • Zitat von S.H.

    Ich bin da etwas anderer Ansicht. Meiner Meinung nach kommt es darauf an, ob der Anwalt im gerichtlichen Verfahren tätig wird.

    Es komt meiner Meinung nicht darauf an ob der Anwalt des Mandanten schon im gerichtlichen Verfahren tätig geworden ist, sondern ob der Mandant sich aus seiner Sicht bereits im Verfahren befindet oder nicht.

    Zitat

    Da es um eine Hilfeleistung für den Bedürftigen geht, kommt es darauf an, ob er sich aus seiner Sicht innerhalb oder außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens befindet.
    .

    Die objektive Abgrenzung muss aus der Sicht des Hilfsbedürftigen vorgenommen werden, weil er sich vor Eintritt in den Rechtstreit über die Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung oder -verteidigung soll informieren können. Wer selbst Klage eingereicht hat, befindet sich schon innerhalb des gerichtlichen Verfahrens. Der Beklagte befindet sich dagegen auch nach Klagezustellung aus seiner Sicht noch außerhalb des gerichtlichen Verfahrens, weil er sich noch schlüssig werden muss, ob und wie er sich am Prozess beteiligen will. Auf Kläger- wie auf Beklagtenseite soll die Beratungshilfe nach ihrer Zielsetzung gerade die Möglichkeit gewähren, sich vor Prozessbeteiligung über die Erfolgsaussichten zu unterrichten.

    NJW-Schriftenreihe, Kalthoener/Büttner Prozesskostenhilfe und Beratunghilfe, Heft 47, 1988

  • @Juergen

    "Der Beklagte befindet sich dagegen auch nach Klagezustellung aus seiner Sicht noch außerhalb des gerichtlichen Verfahrens, weil er sich noch schlüssig werden muss, ob und wie er sich am Prozess beteiligen will." (s. #6)

    Also ergibt sich für vorliegenden Fall: Beratungshilfe ist zu bewilligen (genau wie für die Beratung nach Einlegung eines Widerspruchs gegen MB, s. #4).

  • Zitat von heidebär

    @Juergen

    "Der Beklagte befindet sich dagegen auch nach Klagezustellung aus seiner Sicht noch außerhalb des gerichtlichen Verfahrens, weil er sich noch schlüssig werden muss, ob und wie er sich am Prozess beteiligen will." (s. #6)

    Also ergibt sich für vorliegenden Fall: Beratungshilfe ist zu bewilligen (genau wie für die Beratung nach Einlegung eines Widerspruchs gegen MB, s. #4).

    Das sehe ich bzgl. des Strafverfahrens hier auch so, nur würde ich nicht auf den Anwalt, wie S.H., abstellen, sondern halt auf den Mandanten. Daher komme ich beim Mahnverfahren zu einem anderen Ergebnis. Hat der Beklagte sich bereits zum Verfahren gemeldet, z.B. bereits selbe Widerpruch gegen einen MB eingelegt, würde ich keine Beratungshilfe mehr bewilligen.

  • Mal noch eine weitere Frage: wie seht Ihr das in Strafvollstreckungssachen? Es wird Beratungshilfe für einen Antrag nach § 456 a StPO beantragt. Habe mich auf den Standpunkt gestellt, dass sein ja ein gerichtliches Verfahren und Beratungshilfe scheidet aus. Jetzt argumentiert der Anwalt, dies sei ja ein strafvollstreckungsrechtliches und damit behördliches Verfahren. :confused: Was meint ihr dazu?

  • Gute Frage?? Aber: Bei einem behördlichen Verfahren würde die zuständige Behörde (StA) eine andere zumutbare Art der Hilfe darstellen. Von daher ist das eigentlich egal. Nix is mit Beratungshilfe.

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