Vereinigungsbaulast in der Versteigerung

  • :atall

    Wie würdet Ihr eine Baulast mit folgendem Inhalt in der Versteigerung behandeln:

    Das Grundstück xxx r wird über Baulast mit dem Grundstück Flst. Nr. xxx q der Gemarkung yyy zu einem Grundstück vereinigt. Es darf nicht getrennt vom Grundstück Flst. Nr. xxx q veräußert werden. Beide Grundstücke haben im Besitz desselben Eigentümer zu verbleiben.

    M. E. ist diese Diskrepanz zwischen öffentlichem Baurecht und Sachenrecht für uns unbeachtlich. Ich muss jeweils für beide rechtlich selbstständigen Grundstücke einzelne Verkehrswerte festsetzen und sie schlimmstenfalls einzeln ausbieten.

    Aber ein wenig kurios ist es schon: da werden Grundstücke lose "zusammengenäht", damit die Baugenehmigung erteilt werden kann, und ich "trenne die Naht" notfalls mit Zuschlag wieder auf. Über die baurechtlichen Folgen möchte ich mir keine Gedanken machen!

  • Wenn ich Stöber § 66 RZ 6.5 richtig verstehe, ist eine Baulast sogar rangfähig. Hier wäre für mich also zunächst schon mal die Frage, ob die Baulast überhaupt mit Wirkung gegen den Ersteher "bestehenbleibt".
    Wenn nicht, würde ich mir über Beachtung oder Nichtbeachtung wohl wenig Sorgen machen.

    Ich habe bereits Baulasten (z.B. auf Verzicht auf Abstandsflächen u.ä.) gehabt, die durch Zuschlag erloschen sind und damit auch das Baurecht (am Nachbargrundstück) ebenfalls in Gefahr war. Aber das ist nicht mein Problem.

  • Solche Baulast wie in #1 kenn ich auch. Beide Grundstücke hab ich jedoch einzeln ausgeboten und die sind auch einzeln weggegangen. Was aus der Baulast geworden ist, ist mir nicht bekannt. Hatte aber auf meine Verfahren keinen Einfluß.

  • Ich bin hier über den Ausschluss der getrennten Veräußerung gestolpert. Die Sachverständige hat insgesamt nur einen Wert ausgewiesen.

  • UHU ist zuzustimmen, das Gutachten musst Du wohl wieder zurückgeben.
    Stöber sagt aber auch, dass die Baulast nicht zu den Rechten am Grundstück zählen und damit grundsätzlich nicht beachtlich sind für uns.

    Lasst ja die Kinder viel lachen, sonst werden sie böse im Alter. Kinder, die viel lachen, kämpfen auf der Seite der Engel.
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    Nach manchen Gesprächen mit einem Menschen hat man das Verlangen, eine Katze zu streicheln, einem Affen zuzunicken oder vor einem Elefanten den Hut zu ziehen.
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  • Hatte auch mal ein Verfahren mit einer Baulast deren Inhalt es war, dass das zu versteigernde Grundstück nur von demjenigen genutzt werden darf, der auch den benachbarten Bauernhof betreibt.
    Die Schuldnerin vertrat den Standpunkt, dass Objekt sei aufgrund dieser Baulast nicht zu versteigern. Dem ist natürlich nicht so. Die Baulast ist eine öffentlich-rechtliche Verfügungsbeschränkung, ein eigenständiges Rechtsinstitut aus dem Landesrecht. Das Schicksal der Baulast ist im Rahmen der Zwangsversteigerung ungewiß; nach der herrschenden Rechtsmeinung muss der Ersteher damit rechnen, daß er die Baulast übernehmen muss.

    Da Objekt wurde an einen Dritten versteigert.
    Was mit der Baulast geworden ist, habe ich nicht mitbekommen. Ist auch eine Sache zwischen dem Landkreis und dem Ersteher.

  • Es gibt aber auch viele Fälle, in denen die Baulast nicht wirksam bestellt worden ist. Das sollte auch geprüft werden.

  • Der SV hätte hier die Grundstücke getrennt bewerten müssen.



    Das lässt sich leicht sagen. Es könnte aber gut sein, dass der Gutachter bewusst auf den Ausweis von Verkehrswerten der Einzelgrundstücke verzichtet hat (weil nämlich praktisch unverkäufliche Grundstücke keinen Verkehrswert haben).

    Das Thema Baulasten wurde übrigens hier bereits dikutiert. Das Ergebnis war, dass Baulasten grundsätzlich nicht untergehen. Nach meiner Meinung müsste die bestehende Vereinigungsbaulast eigentlich ein Einzelausgebot verhindern.

    Scheinbar werden derartige Grundstücke idR auch einzeln ausgeboten. Für mich bleibt dann aber die (für die Wertermittlung wichtige) Frage, welche Mittel die Baubehörde anwenden kann, um später (nach Versteigerung der einzelnen Grundstücke) die bestehende Baulast durchzusetzen (Rückbau?). Oder besteht sozusagen Bestandsschutz?:gruebel:
    Auf jeden Fall ist der Ersteher zunächst an einer separaten Weiterveräußerung gehindert.

  • Die Anwort gebe ich nach Erfahrungen mit Baulasten im Zwangsversteigerungsverfahren.


    Das lässt sich leicht sagen. Es könnte aber gut sein, dass der Gutachter bewusst auf den Ausweis von Verkehrswerten der Einzelgrundstücke verzichtet hat (weil nämlich praktisch unverkäufliche Grundstücke keinen Verkehrswert haben).



    Das gehört aber nicht zur Aufgabe des Sachverständigen. Vorliegend sind mehrere Grundstücke vorhanden, die einzeln zu bewerten sind. Was das Versteigerungsgericht daraus macht, ist diesem zu überlassen und nicht dem Sachverständigen.

    Zitat von mm62

    Das Thema Baulasten wurde übrigens hier bereits dikutiert. Das Ergebnis war, dass Baulasten grundsätzlich nicht untergehen. Nach meiner Meinung müsste die bestehende Vereinigungsbaulast eigentlich ein Einzelausgebot verhindern.



    Baulasten, insbesondere eine Vereinigungsbaulast, kann kein Einzelausgebot verhindern, selbst wenn die Vertreter der Baubehörde im Versteigerungstermin anwesend sind und diese Baulast bekannt gegeben wird (als Anmeldung).

    Zitat von mm62

    Scheinbar werden derartige Grundstücke idR auch einzeln ausgeboten. Für mich bleibt dann aber die (für die Wertermittlung wichtige) Frage, welche Mittel die Baubehörde anwenden kann, um später (nach Versteigerung der einzelnen Grundstücke) die bestehende Baulast durchzusetzen (Rückbau?). Oder besteht sozusagen Bestandsschutz?:gruebel:
    Auf jeden Fall ist der Ersteher zunächst an einer separaten Weiterveräußerung gehindert.



    Was ein Ersteher macht ist nicht mein Bier. Aufgrund der Anmeldung, die zu verlesen ist, ist ihm das mögliche Risiko bekannt.



  • Nach meiner Meinung müsste die bestehende Vereinigungsbaulast eigentlich ein Einzelausgebot verhindern.


    Da unterschiedliche Belastungen der einzelnen Grundstücke zugunsten verschiedener Gläubiger möglich sind, kann dies nicht sein.

  • Da unterschiedliche Belastungen der einzelnen Grundstücke zugunsten verschiedener Gläubiger möglich sind, kann dies nicht sein.



    Was z. B. eigentlich auch nicht sein dürfte bzw. sollte :(:

    1. Beleihungen ohne vorherige Einsichtnahme des Baulastenverzeichnisses durch den Gläubiger,
    2. Baulastübernahmen (wertmindernd) durch den Eigentümer nach erfolgter Beleihung.

    @ UHU
    Es ist mir schon klar, dass Einzelausgebote nach der Rechtslage erfolgen müssen. Allerdings sollte dem Sachverständigen auch zugestanden werden, seine Einschätzung, dass die Einzelgrundstücke keinen Verkehrswert haben, (deutlich im Gutachten) auch so zu benennen.

    Ich wollte schließlich auch nur ausdrücken, dass die jeweiligen Bestimmungen und auch die Rechtssprechung nicht so ganz zueinander passen. Wie es jörg schon sagte, die Baubehörde verpflichtet den Eigentümer zu einem Handeln (um z.B. Brandschutz o.ä. zu gewährleisten), das Gericht macht diese Verpflichtung hinfällig, das geht schlecht zusammen.

    Auch wenn es den Rechtspfleger verständlicherweise nicht mehr interessiert, was der Ersteher hinterher mit dem Grundstück macht, für den Sachverständigen ist es schon wichtig, die Problematik des Wiederverkaufs auch in den mitgeteilten Verkehrswert einfließen zu lassen. Spätestens im Falle dieses Verkaufs(versuchs) wird den SV sein Gutachten einholen.



  • Ich stimme ketchup zu. Bei im Wege der Baulast geregelten Fragen des Brandschutzes oder im Hinblick auf Stellplätze mag das ja alles noch sein, aber wie man baurechtlich davon ausgehen kann, dass ein Grundstück vorliegt, wenn ein solche unsägliche Vereinigungsbaulast vorliegt, ist mir völlig unverständlich! Sollen die Behörden doch ihre Genehmigung davon abhängig machen, dass die Grundstücke vorher vereinigt werden. Dann klappt's auch mit dem Zivilrecht. Schließlich sind ja auch Fälle denkbar, in denen eine Verfahrensverbindung gem. § 18 ZVG unzulässig ist. Im Übrigen dürfen nach § 63 Abs. 4 ZVG Einzelausgebote nur bei Verzicht aller im Termin anwesenden Beteiligten, deren Recht bei Feststellung des geringsten Gebots nicht berücksichtigt werden, unterbleiben. Ein Verstoß hiergegen ist ein Zuschlagsversagungsgrund. Eine Ausnahme für Vereinigungsbaulasten ist nicht geregelt.

  • Guten Tag ins Forum,

    Zur Baulasten allgemein:
    Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass die Baulast in der Zwangsversteigerung nicht erlischt (BVerwG, Az. 4 B 218/92, Beschluss vom 29.10.1992, NJW 1993, 480; Hamburgisches OVG, Az. Bf II 29/91, Urteil vom 12.11.1992, NJW 1993, 1877; OVG NRW, Az. 11 A 2345/92, Urteil vom 26.04.1994, Juris; OVG NRW, Az. 11 A 11/94, Urteil vom 18.07.1995, BauR 1996, 242 – 243; OVG Lüneburg, Az. 1 M 7201/95, Beschluss vom 08.12.1995, MDR 1996, 360 – 361; OVG MVP, Az. 3 M 93/01, Beschluss vom 05.11.2001, NVwZ-RR 2003, 15 – 18); so auch das OVG Münster, Urteil vom 26.04.1994 – 11 A 2345/92: „Weder aus Bundes- noch aus Landesrecht lässt sich ableiten, dass eine Baulast im Verfahren der Zwangsversteigung aufgrund eines erteilten Zuschlags erlischt...“

    Eine Baulast ist demnach keines der in den §§ 51, 91 ZVG angesprochen Rechte, sie kann demnach in der Zwangsversteigerung auch nicht erlöschen.

    @Jörg,
    solche Baulasten kenne ich leider auch, musste diese auch schon gelegentlich beachten. Problem ist, wie richtig ausgeführt wird, dass es sich bei einer Baulast um eine rein öffentlich-rechtliche Verpflichtung handelt.

    Die von mir i.d.Z. befragten Bauordnungsämter zucken regelmäßig die Achseln, wenn Sie zu der Thematik angesprochen werden, denn Sinn solcher Baulasten (wie von Ihnen eingestellt) soll tatsächlich sein, dass beide Grundstücke immer gemeinsam veräußert werden. In der Praxis trifft man auch immer wieder Grundstücke mit genau denselben Text und die Eigentümer haben schon mehrfach gewechselt. Dann erachte ich diesen Teil der Baulast als "überholt bzw. nichtig".


    M.E. kann eine gemeinsame Veräußerungspflicht mit so einer Baulast eigentlich nicht sichergestellt werden, da ja ausschließlich bauordnungsrechtliche Belange damit geklärt werden sollen. Gleichwohl bleibt m.E. so eine Baulast als klassische Vereinigungsbaulast bestehen. Ob dies bei der Bewertung im Einzelausgebot erhebliche Auswirkungen hat, kann pauschal nicht gesagt werden.

    Letztendlich muss dieses vereinigte "Grundstück" insgesamt gesehen (lediglich) alle landesbauordnungsrechtlichen Vorschriften einhalten.

  • Kurze Ergänzung:

    @mm62
    Brandschutz ist immer je Grundstück einzuhalten; dies läßt sich also nicht durch eine Vereiningungsbaulast heilen. I.d.R. bestehen in solchen Fällen oftmals Befreiungen, die aber eben nicht auf die Baulast zurück zu führen sind. So wird dies zumindest in Niedersachsen gehandhabt.

  • Schön, dass so viele Beiträge zu meiner Frage kommen, auch wenn das Thema "Baulast" bereits hier behandelt wurde.

    Vielen Dank an alle für die Beteiligung. Nichtsdestotrotz bin ich auch für weitere Posts dankbar.


  • Es gibt leider auch diese Baulasteintragungen nach erfolgter Beleihung. Nach meiner Erfahrung scheren sich die Bauämter bei einer Baulastbestellung nicht darum, was im Grundbuch eingetragen ist.
    Aus neuerer Zeit kenne ich aber einen Fall, bei dem die Vereinigung zu einem Flurstück gefordert wurde und nachzuweisen war, um die Bauabnahme zu erhalten.

  • # 15 und 16
    Es ist alles gesagt. Eine Vereinigungsbaulast hat ausschließlich baurechtlichen Charakter. Ein Ersteher wird wissen, dass er ein Flurstück mit einer Baulast erwirbt und der SV wird eventuelle Wertminderungen (ggf. mit Fingerspitzengefühl) berücksichtigt haben.

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