Heim muss nicht für Bestattung aufkommen

  • "Die Betreiberin eines Alten- und Pflegeheims muss die Kosten der Bestattung eines mittellosen früheren Bewohners nicht tragen. Dies entschied das Oberverwaltungs*gericht Rheinland-Pfalz in Koblenz.

    Nach dem Tod eines Heimbewohners, der mittellos war und keine Verwandten hatte, forderte die beklagte Verbandsgemeinde die Leiterin des Alten- und Pflegeheims auf, die Beerdigungskosten in Höhe von 1.200,-- € zu erstatten. Der hiergegen erhobe*nen Klage gab das Verwaltungsgericht statt. Das Oberverwaltungsgericht bestätigte nun diese Entscheidung.
    Die Pflicht, Bestattungskosten zu tragen, setze eine enge persönliche Nähe zu dem Verstorbenen voraus, die über den Tod hinaus wirke. Ein solches Näheverhältnis bestehe zu Erben und Verwandten, nicht hingegen zu der Betreiberin eines Alten- und Pflegeheims, in dem der Verstorbene bis zu seinem Tod gelebt habe. Das Heim erbringe aufgrund vertraglicher Verpflichtung gegenüber dem Heimbewohner zu dessen Lebzeiten entgeltliche Hilfeleistungen, die zudem keine persönlichen Bin*dungen voraussetzten."

    Urteil vom 14. Juni 2007, Aktenzeichen: 7 A 11566/06.OVG


    Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz

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    Quelle: PM OVG R-Pf vom 27.06.07
    Entscheidung im Volltext

    gefunden bei: Handakte WebLAWg vom 07.07.07

  • Mir ist nicht klar, wie man überhaupt auf die Idee kommen kann, der Träger eines Heimes wäre für die Beerdigungskosten eines verstorbenen Insassen haftbar.

  • Mir ist nicht klar, wie man überhaupt auf die Idee kommen kann, der Träger eines Heimes wäre für die Beerdigungskosten eines verstorbenen Insassen haftbar.


    Der Sinn dafür ist schon klar, schließlich versucht der Kreis/die Stadt die Kosten abzuwälzen.
    Bisher war es eigentlich immer so, dass die jeweilige Stadt für solche Kosten bei mittellosen Menschen aufkam und danach versuchte, sich die Kosten bei eventuell vorhandenen Angehörigen zurück zu holen.
    Das ist denn mal eine etwas andere Variante.

  • Die Intention der Gemeinde ist mir schon klar. Aber was nützt die Intention, wenn es zu ihrer Verwirklichung keinerlei Rechtsgrundlage gibt. Und dann noch über zwei Instanzen!

    Einfach unverständlich.

  • Du vergisst dabei, dass die Gemeinden unter einem sehr starken Einspardruck stehen. Außerdem werden neue Mitarbeiter -und zwar oft genug welche, die von der Materie keine Ahnung haben- gerade in diese Bereiche versetzt, in denen es womöglich Einsparpotential gibt. Die vesuchen alles, egal ob wirklich legal oder logisch. Und wenn es dann nicht gefunzt hat, werden sie weiter versetzt. :eek:

  • Das mag ja alles sein.

    Gleichwohl ist auch die Gemeindeverwaltung an Recht und Gesetz gebunden. Und dass sie den Gemeindehaushalt aufgrund des verloren gegangenen Prozesses noch weiter belastet, sollte auch nicht übersehen werden.

    Mir ist eine solche Denkweise jedenfalls fremd - und Dir sicherlich auch.

  • Das war ja auch mal die öffentliche Klage der Präsi der VGe, die die Kostenfreiheit der Städte und Gemeinde bemängelten, weil die für jeden Mist zu den Gerichten gehen, egal ob bereits gleichlautende Entscheidungen vorliegen. Eine Verbesserung mit der in #1 zitierten Entscheidung vermag ich daher nicht zu sehen. Mit weiteren Prozessen ist zu rechnen.

  • Mir ist nicht klar, wie man überhaupt auf die Idee kommen kann, der Träger eines Heimes wäre für die Beerdigungskosten eines verstorbenen Insassen haftbar.

    Nach dem hessischen Friedhofs- und Bestattungsgesetz (§ 12 Abs. 3) ist dies tatsächlich möglich, wenn Angehörige zunächst nicht zu ermitteln sind. Der Heimträger ist in diesem speziellen Fall totensorgepflichtig. Er muss sich dann zunächst an die Erben, unterhaltspflichtige Personen oder die Angehörigen wenden und dort die verauslagten Kosten beitreiben. Erst wenn dies nicht zum Erfolg führt, kann er nach § 74 SGB XII (früher § 15 BSHG) die ihm entstandenen Kosten gegenüber dem Sozialhilfeträger geltend machen (VGH Hessen, Urteil vom 27.11.2002, Aktenzeichen 1 UE 2830/00; BVerwG, Urteil vom 29.01.2004, Aktenzeichen 5 C 2.03).

    In dem hier entschiedenen Fall (Rheinland-Pfalz) sieht das Bestattungsgesetz jedoch in der entsprechenden Regelung (§ 9 Abs. 1) keine Totensorgepflicht des Heimträgers vor. Er scheidet somit von vornherein aus.

  • Die genannnte landesrechtliche Regelung in Hessen ist nach meiner Auffassung nicht frei von verfassungsrechtlichen Bedenken. Wie soll der Heimträger gerechtfertigterweise dazu kommen, die Bestattungskosten zu tragen, nur weil sich der Erblasser zuletzt im Heim aufhielt? Bereits dieser Denkansatz ist geradezu absurd.

  • Mir ist nicht klar, wie man überhaupt auf die Idee kommen kann, der Träger eines Heimes wäre für die Beerdigungskosten eines verstorbenen Insassen haftbar.

    Nach dem hessischen Friedhofs- und Bestattungsgesetz (§ 12 Abs. 3) ist dies tatsächlich möglich, wenn Angehörige zunächst nicht zu ermitteln sind. Der Heimträger ist in diesem speziellen Fall totensorgepflichtig. Er muss sich dann zunächst an die Erben, unterhaltspflichtige Personen oder die Angehörigen wenden und dort die verauslagten Kosten beitreiben. Erst wenn dies nicht zum Erfolg führt, kann er nach § 74 SGB XII (früher § 15 BSHG) die ihm entstandenen Kosten gegenüber dem Sozialhilfeträger geltend machen (VGH Hessen, Urteil vom 27.11.2002, Aktenzeichen 1 UE 2830/00; BVerwG, Urteil vom 29.01.2004, Aktenzeichen 5 C 2.03).

    In dem hier entschiedenen Fall (Rheinland-Pfalz) sieht das Bestattungsgesetz jedoch in der entsprechenden Regelung (§ 9 Abs. 1) keine Totensorgepflicht des Heimträgers vor. Er scheidet somit von vornherein aus.


    So herum macht es ja auch noch Sinn; das heim geht in Vorleistung und hat wenn alle Stricke reißen noch den Anspruch gegen den Sozialhilfeträger ; sprich die Allgemeinheit.
    Aber die Variante andersherum ist eigentlich an Dreistigkeit nicht zu überbieten. Haushaltslöcher hin und her, ist ja auch immer mal die Frage erlaubt, wo versickern unsere Steuern eigentlich, aber wenn wir noch nicht mal soviel Geld haben, um alleinstehende Menschen anständig zu beerdigen...Motto: eben mal 100 Mios für Heiligendamm raushauen, aber ne Beerdigung für 1.200,00 Euros geht nicht mehr. :mad: DAS kann man der Allgemeinheit nicht zumuten. Mich fragt eh keiner, aber wenn ich wählen dürfte...

  • Weshalb darfst Du nicht wählen?

    Und was würdest Du wählen, wenn Du wählen dürftest?


    Kleines Missverständnis; ich meinte, wenn ich wählen dürfte, ob meine Steuern in Heiligendamm verblasen werden oder Beerdigungen bezahlt werden, würde ich..FREIBIER für alle wählen:wechlach:

  • Das war ja auch mal die öffentliche Klage der Präsi der VGe, die die Kostenfreiheit der Städte und Gemeinde bemängelten, weil die für jeden Mist zu den Gerichten gehen, egal ob bereits gleichlautende Entscheidungen vorliegen. Eine Verbesserung mit der in #1 zitierten Entscheidung vermag ich daher nicht zu sehen. Mit weiteren Prozessen ist zu rechnen.


    :eek: Kostenfreiheit? Das böse VG will hier immer Geld von uns sehen, wenn wir ein Verfahren verlieren
    (was natürlich selten vorkommt...:D)

  • Die genannnte landesrechtliche Regelung in Hessen ist nach meiner Auffassung nicht frei von verfassungsrechtlichen Bedenken. Wie soll der Heimträger gerechtfertigterweise dazu kommen, die Bestattungskosten zu tragen, nur weil sich der Erblasser zuletzt im Heim aufhielt? Bereits dieser Denkansatz ist geradezu absurd.

    Es trifft in Hessen sogar nicht nur die Heimträger, sondern auch Krankenhäuser, Gefängnisse, (Aussiedler- und Asylbewerber-)Lager und Sammelunterkünfte oder "ähnliche Einrichtungen". VGH und BVerwG stören sich - unverständlicherweise - an dieser extensiven Aufzählung nicht.

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