Europäischer Vollstreckungstitel (KFB)

  • Hallo, jetzt soll ich auch das erste Mal eine Bestätigung für einen Kostenfestsetzungsbeschluss erteilen.
    Die Kosten sind vom Kläger zu tragen, der Pole ist, aber im Verfahren durch einen deutschen Anwalt vertreten worden ist.
    Der Kostenfestsetzungsbeschluss ist ohne Anhörung erlassen worden, er ist sodann mit einer Abschrift des Antrages dem Klägervertreter zugestellt worden. Eine Rechtmittelbelehrung ist im KFB nicht enthalten.
    Das vorangegangene Verfahren war streitig mit Termin und Urteil.
    Kann ich die Bescheinigung erteilen? M. E. ist Heilung nach Art. 18 eingetreten oder scheitert alles etwa daran, dass der KFB trotz anwaltlicher Vertretung keine Rechtsbehelfsbelehrung enthält?
    Weiter habe ich im Forum gelesen, dass ein KFB dann bestätigungsfähig ist, wenn die Hauptsacheentscheidung bestätigungsfähig ist. Dies ist hier aber nicht der Fall, da es sich nicht um eine unbestrittene Hauptsache handelt. Ich kann dies aber nicht aus der Verordnung herauslesen, so dass ich dazu tendiere, die Bescheinigung zu erteilen.
    Für Antworten bedanke ich mich im voraus.

  • Im vorl. Fall handelt es sich offensichtlich um eine Kostenentscheidung, die in dem klageabweisenden Urteil ergangen ist.

    Bevor die Frage abschließend beantwortet werden kann, werden folgende Angaben benötigt:

    1. Datum des Kostenfestsetzungsbeschlusses
    2. Wohnsitz des Klägers
    2. Handelt es sich bei dem Kläger um einen Verbraucher?

  • Das Urteil datiert vom 22.02.2007:
    - Klage teilweise stattgegeben, teilweise abgewiesen, Widerklage ganz
    stattgegeben
    - Kosten trägt der Kläger (Pole)

    Der KFB datiert vom 19.04.2007. Der Kostenschuldner (Pole) hat seinen Wohnsitz in Polen. Zustellung des KFB an den Anwalt erfolgte am 11.05.2007.

  • Sorry:

    Kläger betreibt nach Aktenlage ein Speditionsunternehmen, es geht um den Kauf eines gebrauchten LKW, hier Herausgabe des KFz-Briefes und Schadensersatz, bei der Widerklage um Zahlung des offenen Kaufpreises.

    Ist er ein Verbraucher? Mir kommen Zweifel ... da das Rechtsgeschäft wohl offensichtlich mit seinem Gewerbebetrieb zusammenhängt und der Sch. dann nach Art. 6 Zif.1) d) nicht als Verbraucher angesehen werden kann.

  • Im vorliegenden Fall ist der Kläger kein Verbraucher.

    Der Kostenfestsetzungsbeschluss kann als Europ. Vollstreckungstitel antragsgemäß bestätigt werden, da der Kläger der Kostenfestsetzung nicht widersprochen hat.

    Obwohl es sich bei dem Kostenfestsetzungsbeschluss um eine Säumnisentscheidung handelt, kann dieser trotz des Wohnsitzes des Klägers in Polen als Europ. Vollstreckungstitel bestätigt werden, da der Kläger im vorl. Fall kein Verbraucher ist.

    Obwohl eine ausdrückliche Anordnung in der VO (EG) Nr. 805/2004 nicht enthalten ist, vertreten einige Kommentare die Auffassung, dass der Kostenfestsetzungsbeschluss u. a. nur als Europ. Vollstreckungstitel bestätigt werden kann, wenn die Hauptsacheentscheidung bestätigungsfähig ist.
    Bislang bin ich dieser Auffassung ebenfalls gefolgt.

    Nachdem mir nunmehr jedoch das Buch
    Thomas Rauscher - "Der Europäische Vollstreckungstitel über unbestrittene Forderungen"
    vorliegt, muss ich jedoch meine bisherige Meinung insoweit revidieren.

    Da eine ausdrückliche Regelung in der vorgenannten VO nicht enthalten ist, kann der Kostenfestsetzungsbeschluss als Europ. Vollstreckungstitel bestätigt werden;
    auf die Bestätigungsfähigkeit der Hauptsacheentscheidung kommt es insoweit m. E. nicht an.

  • Jetzt verstehe ich gar nicht mehr.
    Wieso kann ich den KFB als Europ. VT bestätigen, wenn doch der Schuldner des KFB, nämlich der Kläger, kein Verbraucher ist.
    Im Art. 6 Zif. 1d) steht doch als Voraussetzung ausdrücklich, dass der Schuldner der Verbraucher sein muss.
    HILFE!!

  • Falls die Schuldnerpartei, wie im vorl. Fall der Kläger, ihren Wohnsitz nicht im Inland hat, können Säumnisentscheidungen, zu denen auch im vorl. Fall der Kostenfestsetzungsbeschluss gehört, nur dann als Europ. Vollstreckungstitel bestätigt werden, wenn die Schuldnerpartei (hier: Kläger) kein Verbraucher ist.

    Handelt es sich bei der Schuldnerpartei um einen Verbraucher, so genießt er besonderen Schutz, der über die Prüfung der Zuständigkeitsvorschriften der EuGVO hinausgeht.
    Eine gegen einen Verbraucher erwirkte inl. Entscheidung kann, wenn die Forderung nicht ausdrücklich anerkannt worden ist, nur dann als Europ. Vollstreckungstitel bestätigt werden, wenn der Verbraucher seinen Wohnsitz im Inland hat, s. Art. 6 VO (EG) Nr.805/2004.

    Inl. Säumnisentscheidungen gegen Verbraucher können daher als Europ. Vollstreckungstitel nur bestätigt werden, wenn die Schuldnerpartei den Wohnsitz im Inland hat, Art. 6 I d), 3 I b) u. c) VO (EG) Nr. 805/2004.

    Die verbraucherschützenden Vorschriften gelten nur für Verbraucher, soweit diese Privatpersonen sind.

    In Verbrauchersachen können dagegen Anerkenntnisurteile als Europ. Vollstreckungstitel bestätigt werden - und zwar unabhängig vom Wohnort der Schuldnerpartei -.

  • Da der Kostenfestsetzungsbeschluss offensichtlich rechtskräftig geworden ist, kann der rechtskräftige Kostenfestsetzungsbeschluss als Europ. Vollstreckungstitel über unbestrittene Forderungen bestätigt werden.

    Der Verfahrensmangel hinsichtlich der fehlenden Rechtsbehelfsbelehrung ist durch die Rechtskraft des Kostenfestsetzungsbeschlusses geheilt (Schuldnerpartei hatte die Möglichkeit, einen Rechtsbehelf gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss einzulegen, hat jedoch von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht).

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