Rückschlagsperre im IN Verfahren

  • Die Rückschlagsperre beträgt nach § 88 InsO 1 Monat vor Antragstellung.

    Nach § 312 Abs. 1 Satz 2 InsO beträgt die Frist 3 Monate wenn das Verfahren auf Antrag des Schuldners eröffnet wurde.

    Gilt das jetzt nur für Verbraucherinsolvenzverfahren oder auch für Regelinsolvenzverfahren? Oder gilt für IN Verfahren immer nur eine Rückschlagsperre von 1 Monat?

  • Sicherungen von Gläubigern, die innerhalb eines Monats vor Stellung des Insolvenzantrags erlangt worden sind, werden nach § 88 InsO mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens unwirksam. In Verbraucherinsolvenzverfahren wird diese Monatsfrist auf drei Monate verlängert. Dadurch sollen die Erfolgschancen für die Annahme des Schuldenbereinigungsplans im Rahmen des außergerichtlichen Einigungsversuchs, der einem Verbraucherinsolvenzverfahren im Falle eines Schuldnerantrags vorgeschaltet sein muss ( §§ 305 bis 310 InsO), erhöht werden. Unwirksam wird nur die Sicherung des Gläubigers, die bereits erfolgte Befriedigung innerhalb der 3-Monatsfrist kann nur durch Anfechtung zurückerlangt werden.

  • Danke Rainer, ich habe mich nur irritieren lassen weil die dreimonatsfrist einen Antrag des Schuldners voraussetzt. Andererseits steht das aber bei den Verbraucherinsolvenzverfahren und dürfte somit nicht für Regelinsolvenzverfahren gelten.

    Kann der IV denn die Zahlungen, die vor der Monatsfrist an die Gläubiger geleistet wurden anfechten?

  • Das wird schon, der wird sicher bald hier aufschlagen und seine Sicht schildern:D

    Mir ging es in dem Fall nur darum, dass ich (weil ich damit bisher keine Berührungspunkte habtte) annahm, dass die drei Monate nur von dem Antrag aghängig waren. Dass dieser Passus in dem Verbraucherinsolvenzteil steht war mir bis dato nicht mit dieser Konsequenz bewusst.

    Wobei die Regelungen in §§ 130 und 131 InsO letztlich auch (fast immer) die Anfechtung zulassen dürften.

    Nochmals Danke!

  • Hier der Aufschlag.

    Allerdings gibt es gar nicht mehr allzu viel zu sagen/schreiben:

    1. Übersetzt man § 304 I ins Deutsche, ergibt sich, dass § 312 nur im Verbraucherinsolvenzverfahren gilt. Im IN-Verfahren gibt es daher immer nur die Monatsfrist des § 88.:(

    2. In jeder Verfahrensart gelten die §§ 129 ff. Die Anfechtung läuft im IK-Vefahren nur meist leer wegen § 313 II.

    Wurde ab 3 Monate vor (Schuldner-) Insolvenzantrag vom Gläubiger nur eine Sicherung erlangt, brauche ich im IK-Verfahren keine Anfechtung, weil § 312 I 3 dies einfacher regelt. Sobald der Gläubiger über die Sicherung hinaus jedoch eine Befriedigung erlangt hat, kommt der IV/TH nur noch über Anfechtung zur Gerechtigkeit.

    Gaaaaaanz allgemein und überblicksartig zur Anfechtung (mehr ist nicht drin, wenn's halbwegs übersichtlich bleiben soll):

    Dreimonatzeitraum: §§ 130-132 (Deckungsanfechtung)
    Zwei Jahre: §§ 133 II, 135 Nr. 2, 136 (div. Einzeltatbestände)
    Vier Jahre: § 134 ("Schenkungsanfechtung")
    Zehn Jahre: § 133 I ("Absichtsanfechtung")

  • Na das ist ja wohl auch für Grundbuchrechtspfleger nicht uninterressant. Diese 3-Monatsfrist war mir völlig unbekannt. Und wir sollten schon wissen, wann konkret das GB unrichtig ist in Bezug auf eine vor Ins.eröffnung eingetragene Zwangshypothek.

    Gut, wenn man zwischendurch auch mal andere threads liest.

  • @ chick

    Vielen Dank für die kompetente Aufklärung.:D

    Es ist ein IN Verfahren.

    Pfändung Nr. 1 wurde im März zugestellt und hat pfändbare Beträge von April bis Juli erhalten. Letzte Zahlung zum 01.07.

    Antrag auf Eröffnung war vom 11.07. und Eröffnung am 12.07.

    Pfändung Nr. 2 wurde Ende April zugestellt und angeordnet ohne Ehefrau nach § 850c IV ZPO.

    Zusätzlich pfändbare Beträge für Juni und Juli und Rest des normalen pfändbaren Betrages vom Juli weil Gl. Nr. 1 nicht den vollen Betrag beansprucht hatte (Forderung getilgt).

    Das Problem ist, dass die Anordnung nach § 850c IV ZPO am 02.07. einstweilen eingestellt wurde weil Schuldner nachgewiesen hat, dass er doch Unterhalt zu zahlen hat. Wohl aber nicht tatsächlich gezahlt hat, weil Gl. Nr. 3 die Ehefrau ist, die den Rückstand mit der Ende Juni zugestellten Pfändung gepfändet hat.

    Differenz (nach § 850c IV ZPO) für August habe ich zurückbehalten wegen einstweiliger Einstellung. Eigentlich würde der Betrag dem Schuldner zustehen weil der Beschluss mit dem angeordnet wurde, dass die Ehefrau nicht zu berücksichtigen ist, mit Ablauf Juli unwirksam wird.

    Habe aber zufällig heute Morgen erfahren, dass auch der August-Unterhalt nicht gezahlt wurde. Deswegen liegt die Voraussetzung für die Berücksichtigung der Ehefrau eigentlich nicht mehr vor.....

  • @Hego

    Das sind doch die schönen Fälle, die uns der Alltag beschwert. Kleiner Kurzkommentar:

    Allgemein handelt es sich in jedem Fall um Sicherung/Befriedigung durch Zwangsvollstreckung und somit nach ganz h.M. um einen inkongruente Deckung, für die § 131 InsO anwendbar ist. § 133 I kommt nach BGH-Ansicht nicht in Betracht, weil er zwingend eine Rechtshandlung des Schuldners voraussetzt.

    Anfechtbarkeit musst Du natürlich als DS nicht von Dir aus beachten. Auch die Rückschlagsperre beseitigt aber mit Insolvenzeröffnung nicht automatisch die öffentlichrechtliche Verstrickung; hierfür muss erst der IV tätig werden. Ich würde daher jedem DS raten, erst mal stillzuhalten bzw. allenfalls beim IV anzufragen, was er so meint.

    1. Pfändung 1 liegt ausserhalb des Dreimonatszeitraums, daher für die Pfändung selbst keine Anfechtung nach § 131, sondern ein insolvenzfestes Absonderungsrecht durch das erlangte Pfändungspfandrecht (kein § 166 II !). M.E. besteht die Anfechtbarkeit zwar gleichwohl für die im Dreimonatszeitraum bzw. danach erarbeiteten Lohnforderungen, diese Diskussion möchte ich hier allerdings nicht anfangen.

    2. Pfändung 2 fällt unter § 131 I Nr. 2 und/oder 3, es kommt für die Anfechtbarkeit also darauf an, ob entweder der Gläubiger Kenntnis von der Gläubigerbenachteiligung hatte oder ob objektiv Zahlungsunfähigkeit vorlag (ohne dass die Kenntnis des Gläubigers hiervon relevant wäre).

    3. Die Pfändung Nr. 3 ist sowohl nach § 131 I Nr. 1 anfechtbar als auch unwirksam gemäß § 88 InsO.

    Bei Anfechtung der Pfändung 2 erübrigen sich weitere Fragen, bis dahin gilt, dass die Pfändung jedenfalls mit Ablauf Juli unwirksam wird, § 114 III, womit den August in jedem Fall der IV bekommt.

    Interessant ist natürlich, ob der vom Gläubiger erwirkte § 850c IV ZPO für den IV fortwirkt bzw. ob diesbezügliche Beschlüsse des VollstrG (Einstellung) im InsVerfahren fortwirken. Ich würde dazu tendieren, dass der IV den § 850c IV (beim InsG) nochmal neu beantragen muss bzw. in jedem Fall sollte.

  • Danke chick,

    soweit ich das in der InsO nachgelesen habe glaube ich das auch so verstanden zu haben. Die Frage ist dabei für mich (am Rande) gewesen inwiefern der IV die Zahlungsunfähigkeit bzw. Kenntnis des Gläubigers darlegen kann/muss.

    Was die Pfd. Nr. 3 angeht ist klar, unwirksam (für mich) mit der Eröffnung, wobei die Zahlung von dem Augustgehalt (monatlich im Voraus) bei Kenntnis der Eröffnung bereits weg war und damit bin ich durch § 836 II ZPO geschützt.

    Es gibt also in diesem Bereich kaum eine Situation wo die Rückschlagsperre zum Zuge kommt und ich dabei die A-Karte ziehen könnte.

    Die Anordnung nach § 850c IV ZPO ist mit der Unwirksamkeit der Pfändung zu der sie erlassen wurde ebenfalls unwirksam. IV müsste neu beantragen. Kann er aber nicht, weil Unterhaltsanspruch ja besteht. Wenn er tatsächlich nicht gezahlt wird (so wie es jetzt aussieht, weil Gläubigerin und -vertreter neue Pfändung schon angekündigt haben), muss ich das nach § 850c II ZPO von mir aus beachten. Für Beschluss besteht kein Raum, weil keine eigenen Einkünfte da sind.

    Ich bin sogar der Meinung (die übrigens auch von vielen Rechtspflegern geteilt wird), dass die Anordnung nach § 850c IV ZPO, die in dem Insolvenzverfahren getroffen wurde mit der Aufhebung des Verfahrens ebenfalls seine Wirkung verliert. Der TH muss für die Laufzeit der Abtretung eine neue Anordnung bewirken.

    Das halt deswegen, weil in dem Beschluss steht: "...in dem Insolvenzverfahren.... wird angeordnet..." Wird das Verfahren aufgehoben, dann kann die Anordnung auch nicht über das Ende des Verfahrens fortdauern. Die sich anschließende Abtretung ist ein neues Verfügungsgeschäft und auch wenn dies von dem Verfahren abhängt sind es zwei getrennte Baustellen.

    Wie gesagt, die Meinung teilen nicht alle Rechtspfleger und schon gar nicht die TH weil das für die Mehrarbeit bedeutet.

  • Ich habe hierzu eine Frage. Habe von einem Inso-Verwalter in einem IN-Verfahren für die Zwangsvollstreckung Antrag auf Unterbrechung des Verfahrens nach § 240 ZPO Kraft Gesetzes. INso-Antrag ist laut Beschluss am 28.04.2010 eingegangen, Verfahren wurde am 16.07.2010 eröffnet. Die Rückschlagsperre des § 88 Inso wirkt also auf den 28.03.2010 zurück. Zwei von meinen Pfübs wurden bereits vor Beantragung des Inso-Verfahrens erlassen, einer danach. Für den danach wäre wohl die Aufhebung zu beschließen. Die beiden anderen Sachen doch wohl nicht.

  • Den Teil mit der Unterbrechung nach § 240 ZPO versteh ich nicht.... Die PfÜBse waren doch mit Eröffnung bereits erlassen, oder? Da war doch zum Zeitpunkt der Eröffnung kein Verfahren auf Erlass eines PfÜBs mehr anhängig? :gruebel:

    Es ist m.E. auch nicht maßgeblich, wann der PfÜB erlassen wurde, sondern wann die Sicherung - also die Zustellung - erfolgte, um das Eintreten der Rückschlagsperre zu prüfen. Sicherungen, die innerhalb des Monats vor Antragstellung erlangt wurden, sind mit Eröffnung unwirksam.

  • Ich halte es für ungeschickt, sich auf die Unterbrechung zu berufen. Denn der nach Eröffnung erlassene PfÜB ist bereits aus anderen Gründen unwirksam. Ich bin mir auch gar nicht sicher, ob § 240 ZPO im Vollstreckungsverfahren gilt. Im Ergebnis: Der nach Eröffnung erlassene PfÜB ist aufzuheben.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • § 240 ist da irrelevant. Es kommt lediglich auf die Voraussetzungen der Rückschlagsperre an bzw. der Unzulässigkeit der ZV-Maßnahme nach Verfahrenseröffnung.

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • Gegs:
    Doch, § 240 ZPO gilt auch in der Zwangsvollstreckung. Aber eben nur dann, wenn zum Zeitpunkt der Eröffnung noch eine Maßnahme anhängig ist.

    Aber für diesen Fall passt es eben nicht: Unterbrochen werden kann nur was, was noch anhängig ist (aber das hat hier nicht mal ein Richter verstanden, der ein zum Zeitpunkt der Eröffnung noch nicht anhängig gewesenes Klageverfahren auf Mieten gem. § 240 ZPO unterbrechen wollte. ;) )

  • @ Jamie:
    Aber wenn der PfÜB im Eröffnungszeitpunkt noch nicht erlassen war, war das Zwangsvollstreckungsverfahren noch anhängig.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • @ Jamie:
    Aber wenn der PfÜB im Eröffnungszeitpunkt noch nicht erlassen war, war das Zwangsvollstreckungsverfahren noch anhängig.



    Okay, ich war der Meinung, dass sich aus dem SV ergeben hatte, dass der PfÜB vor Eröffnung erlassen war. :gruebel: Keine Ahnung, wie ich auf jenes schmale Brett gekommen bin.

  • oki, hab den SV auch nicht weiter erfragt. IMHO gilt:
    1. zum Eröffnungszeitpunkt bereits erlassenen Pfübse = Rückschlagsperrge; jenseits davon Anfechtung
    2. zum Eröffnungszeitpunkt beantragte, noch nicht erlassene Pfübse = § 240 ZPO (wenn aber dennoch erlassen, viel spass damit)
    3. nach Eröffnung beantragte Pfübse = Antrag unzulässig, sofern nicht Ausnahme greift
    4. nach Eröffnung beantragte und erlassene Pfübse = unzulässig (sofern nicht Ausnahmen greifen) und über Rechtsmittel zu beseitigen

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