Schnäppchen-Gutachten?!?

  • Schluss mit der umständlichen JVEG-Abrechnung!

    Schluss mit überteuerten Gutachten!

    In der Zeitschrift meiner Hausbank habe ich ein interessantes Angebot für Rechtspfleger-Schnäppchenjäger gefunden:

    Professionelle Immobilienbewertungen für nur 99 €:
    Unsere Gebietsleiter kommen nach Terminsabsprache zu ihnen und prüfen Ihre Immobilie vom Keller bis zum Dachboden. So ergibt sich ein realistisches Bild. Akribisch wird alles notiert, was Ihre Immobilie ausmacht: Bodenrichtwerte werden recherchiert, die Erstellungskosten mit Grundstücks- und Gebäudedaten sowie Bewirtschaftung kosten ins Verhältnis gesetzt, Sachwerte werden dem Marktfaktor angepasst, Liegenschaftszinssätze ermittelt, Zeitwert und alters Wertminderung eingeschätzt usw. daraus wird der Marktwert Ihre Immobilie abgeleitet diese Service gibt's jetzt im Wonnemonat Mai für nur 99 €, statt marktüblich bis zu 250 €!

    Angesichts der Preise für ein "richtiges" Gutachten halte ich diese preise für ziemlich verwegen.

  • Moin,

    muss man solche Angebote kommentieren. Ich denke doch eher nicht. Solche Angebote und die daraus resultierenden Gutachten haben m.E. einen gewissen "Heizwert", mehr aber auch nicht.

    Nur mal so nebenbei. Ich habe so einen Kollegen unlängst mal abgemahnt (nicht wegen Verstoß nach HOAI, sondern auch wegen irreführender Berufsbezeichnung).

  • Die Verfahrensbeteiligten, die Bieter und das Landgericht würden mir ein solches "Gutachten" sicher zu Recht um die Ohren hauen. Insofern ist es keine wirkliche Alternative.

    Aber für Maklerauskünfte u.ä. gilt doch sicher nicht die HOAI? Könnte sich jemand, der ein solches Angebot macht, nicht darauf berufen, dass es kein Gutachten im eigentlichen Sinne ist?

  • Natürlich kann jeder eine „π x Daumen“ –Schätzung abgeben, wenn dieser „Wert“ jedoch schriftlich als „Verkehrwert“ oder mit einer damit identischen Bezeichnung (Marktwert) ausgegeben wird, muss die entsprechende Bewertungsleistung auch nach HOAI abgerechnet werden, egal ob diese in einem Gutachten mündet oder in anderer Form vorliegt. Abweichungen davon sind rechtswidrig, Werbung damit muss unterlassen werden.


    Das ergibt sich aus der Rechtssprechung des BGH, der die Leistungsbezogenheit der HOAI bestätigt: „Die Mindest- und Höchstsätze der HOAI sind auf natürliche und juristische Personen unter der Voraussetzung anwendbar, dass sie Architekten- und Ingenieuraufgaben erbringen, die in der HOAI beschrieben sind.“ (Urteil vom 22.05.1997 - VII ZR 290/95)


    Jeder Immobilienbesitzer bzw. –interessent sollte sich eigentlich bewusst sein, welches Risiko er mit der Übernahme grober Schätzwerte als Entscheidungsgrundlage eingeht. Tatsächlich ist es jedoch häufig anders. In der hiesigen Region werden oftmals auch von Maklern ohne ersichtlichen Grund Objekte zu billig angeboten bzw. zu niedrige Schätzwerte genannt. Ursache dafür könnte sein, dass eher Interesse an einem schnellen als einem möglichst hohen Umsatz besteht.


    In dem von Kai zitierten Inserat geht es den Anbietern mit Sicherheit auch nicht um eine qualifizierte Dienstleistung zu günstigen Preisen, sondern um das Ködern von verkaufswilligen Eigentümern z.B. zum Abschluss von Makleralleinaufträgen. Schade nur, dass sich auch Banken zum Handlanger solcher zweifelhafter Anbieter machen.

  • Ein weiterer Anbieter dieser Sorte ist immobilienwert24.de für schlappe 39 €.

    Das wäre nicht der Erwähnung wert, wenn ich den Link nicht aus einer speziellen Zeitschrift hätte: Aus einer von einem Gutachter übersandten Beilage zur Zeitschrift für Grundstücksmarkt und Grundstückswert. Der darin abgedruckte Text las sich als vom Anbieter gestellt und nicht redaktionell bearbeitet. Wenn sogar in einer Zeitschrift für Sachverständige für eine solche Dienstleistung geworben wird...

  • Warum in der renommierten Zeitschrift für Sachverständige eine solche Werbung für eine m.E. wertlose bzw. für den Nachfrager potentiell schädliche Leistung zugelassen wird, kann ich nicht beantworten. Vermutlich besteht die Meinung, dass das beworbene Angebot keine ernstzunehmende "Bedrohung" für die Sachverständigen ist.

    Dieser Meinung kann man sich ohne Bedenken anschließen, wenn man sich auf der Webseite des Anbieters die AGB`s etwas genauer durchliest. Was soll man eigentlich mit einer Wertangabe, die die Besonderheiten des Objektes nicht erfasst und berücksichtigt, eigentlich anfangen? Selbst 39€ sind dann rausgeworfenes Geld :mad: . Haftung für die ausgegebenen Werte möchte der Anbieter schließlich auch nicht übernehmen.

    Leider kann das der Laie nur schwer erkennen, so dass zu befürchten ist, dass konkrete Immobilienentscheidungen auf der Grundlage solcher "Richtwerte" getroffen werden.

  • Ich kann mich meinem Vorredner nur anschließen. Das Beispiel auf der Homepage weist lediglich einen Sachwert ohne Marktanapssung aus :behaemmer. Man erhält somit lediglich irgendeinen Rechenwert, aber keinen sachgerechten Markt- oder Verkehrswert.

    Wertbeeinflussende Umstände werden nicht berücksichtigt, jegliche Haftung ausgeschlosen!? Was will man also mit so einem Stück Papier???? :wall:

    Scheinbar ist der Anbieter mit der Masche aber wirtschaftlich ziemlich erfolgreich, wenn man sich so ein schickes Büro auf der KÖ leisten kann :roll:.

  • Offensichtlich müssen nicht nur Macher einer Zeitschrift, sondern auch die Leser eine gewisse Kompetenz haben. Offensichtlich erfülle ich dieses Kompetenzkriterium nicht. Zu dem genannten Zeitschriftenartikel erreichten mich folgende Zeilen eines Sachverständigen:

    Es ist einfach so, dass diese Zeitschrift nur für Profis geschrieben wird und eben Artikel dieser Art unkommentiert eingefügt werden, da es sich ja um den "Markt" handelt. Dass jeder halbwegs realitätsbewußter Leser dies nur ironisch auffassen muss, ist doch klar. Aus dem Zusammenhang gerissen erscheint das ggf. anders. Dem Wertermittler jeder "Qualität" sollte der Verlag und die GuG eigentlich als Synonym für professionelle Fachliteratur sein.

    Es fehlte wohl für einen durchschnittlich ironiebegabten Rechtspfleger einfach ein Smiley, nämlich dieser
    :ironie:

  • Moin in die Runde,

    den Kommentar des Kollegen kann ich insofern nicht verstehen, als seriöse Fachzeitschrift und also solche bezeichne ich die GuG sollte man solchen "Mogelpackungen" nicht auch noch Tür und Tor öffnen.

    Mit Ironie hat das aus meiner Sicht gerade nicht zu tun. Ich jedenfalls wurde mich (für Jedermann erkennbar) von solchen unseriösen und nichtssagenden Wertermittlungen deutlich distanzieren.

    Im Gegenteil, ich habe solche Mitbewerber (siehe solche Anbieter unter ebay) auch schon mal abgemahnt.

    Solche Angebote (und da beziehe im mich wieder auf die Schnäppchen unter den Gutachten) sind einfach nur unlauter und dienen nur dem Zweck ahnungslosen Kunden vorzugaukeln, dass man mit so einem Papier den Wert seines Grundstücks erfährt.

    Klar irgend einen Wert hat so ein Papier, nach meiner sachverständigen Meinung - einen unbedeutenden HEIZWERT!

    Deshalb mein Tipp: Bei fast allen Gutachterausschüssen z.B. in Niedersachsen kann man auch mal eben so anrufen, um sich einen durchschnittlichen Vergleichswert telefonisch durchsagen zu lassen. Das kostet max. einen Anruf und man erhält im Pinzip nicht weniger als für die angesprochenen 39 Euronen.

  • Moin Kai,

    ich kannte den Artikel so noch nicht (danke).

    Ironie kann ich da nun wirklich nicht erkennen, sondern nur (sorry) plumpe Geschäftemacherei auf Kosten seriöser Wertermittlungen.

    Das ist keine Ohrfeige für uns Sachverständige, sondern ein K.O.

    Wer dabei von Ironie spricht, hat den Sinn solcher Werbeinträge offensichtlich nicht erkannt.

    Ich werde mal den Herausgeber der GuG anschreiben, mal sehen was der dazu sagt.

  • Einen freundlichen Gruß in die Runde!

    Ich habe vor nicht allzulanger Zeit mal derartige Angebote getestet. Da es hier so schön zum Theme passt, möchte ich meine Erfahrungen mal zum Besten geben:

    Es ging um ein Einfamilienhaus (also ein vergleichsweise einfaches, marktgängiges Objekt). Dieses wurde von einem Makler schon seit längerer Zeit angeboten und ein Interessent hatte mich mit der Bewertung beauftragt. Der Verkehrswert des Objektes wurde durch mich mit 60.000 Euro ermittelt. Kurze Zeit später wurde es für 70.000 Euro verkauft, nachdem sich drei Interessenten einen "kleinen Preiskampf" geliefert hatten.

    Mit dem Einverständnis der Beteiligten habe ich versucht, dieses Objekt bei drei verschiedenen derartigen Online-Anbietern bewerten zu lassen (diese sind jedoch ausdrücklich nicht identisch mit dem Anbieter aus der GuG!). Zwei davon haben mir Ihre "Dienstleistung" schlichtweg verweigert, als sie merkten, dass ich selbst Sachverständiger bin.

    Beim dritten Anbieter habe ich mittels einer Eingabemaske insgesamt 48 Angaben zu Objekt gemacht. Für einen Preis von 59 Euro erhielt ich zwei Tage später die 14seitige "Online-Wertermittlung" zugeschickt. Davon entfielen eine Seite auf das Deckblatt, 7 Seiten gaben die Angaben wider, die ich selbst zum Objekt gemacht hatte, 5 Seiten enthielten allgemeine Erläuterungen. Auf einer Seite schließlich wurde der "mittlere Richtwert" des Objektes mit 95.000 Euro ausgewiesen, dekoriert mit recht umfangreichen Ausführungen zum Haftungsausschluss des Anbieters. Wie der "mittlere Richtwert" ermittelt worden war, war nicht ersichtlich, dafür aber der folgende Hinweis:

    "...Falls Sie eine Überprüfung vor Ort wünschen und die Firme XXXX dazu beauftragen, rechnen wir Ihnen die Bearbeitungsgebühr für die vorliegende Verkehrswertschätzung an."

    So, nun möge sich jeder sein geneigtes Urteil selbst bilden.

    Viele Grüße, Frank Schlagehan

  • Herr Rohde hat schon recht. Solche nutzlosen und irreführenden Angebote sollten aktiv bekämpft werden (vor Gericht bzw. öffentlich in Medien usw.).

    Das Problem ist aber, dass die meisten Sachverständigen eine zeit- und kostenaufwendige Auseinandersetzung mit den Anbietern scheuen. Ich frage mich allerdings, was eigentlich die verschiedenen Sachverständigenverbände für die nicht gerade niedrigen Beiträge betreiben. Da sollte es doch einmal möglich sein, ein Musterverfahren zur Not bis vor den BGH zu bringen, um klarzustellen, dass eine "Bewertung" zwangsweise zum Verkehrswert führen und demzufoge auch nach HOAI abgerechnet werden muss.

  • Liebe hier Angewesene,

    eine Wertermittlung im Sinne des § 194 BauGB bedarf des Talents, eine auf einen bestimmten Stichtag bezogene Wirtschaftssimulation - nämlich das Verhalten eines simulierten Geschäftsverkehrs - plausibel, nachprüfbar und begründet darzustellen. In diesem Sinne ist jeder, der diese Simulationstechniken beherrscht, in der Lage, Verkehrswertermittlung zu betreiben. Dem berühmten "Augenschein" kommt dabei maßgebliche Bedeutung zu. Nur mal so zur Kenntnis: Tagtäglich werden von TÜV oder DEKRA Gutachten zur Beleihungswertermittlung in einer Größenordnung von rd. 400- 600 St. erstellt (sie haben richtig gelesen: jeden "Tag"). Honorare rd. 100-120.- EUR /St. Um nachzurechnen: Jeden Tag werden derzeit - nur in deutschen Landen !! - so rd. 145.000.000.- EUR Immobilienvermögen bewertet.:rolleyes:

    Diese Produkte nennen sich "Marktwertschätzung" oder "Ermittlung des Marktwertes". Nachdem ja §194 BauGB diesen Begriff dem Verkehrswert zugeordnet hat, müßte dies doch auch Wertermittlung sein?

    Wir sollten uns bei Angeboten solcher Art im Internet keine Sorgen machen. Sachverständig ist der, der die besten Ausreden hat. Da ist es nicht polemisch mitzuteilen, dass "Gutachten" nur das wert sind, was sie beinhalten. Dass diese Produkte zunehmend bei der Liquidation von geltlichen Forderungen zur Arbeitsbeschaffung dienen, werden die anwesenden Rechtspfleger aus eigener Praxis in der Zwangsversteigerung bestätigen können.

    Bei Tätigkeiten vor Gericht kann es allerdings nur eine Sorte von Gutachten geben: die, die dem Gericht den eigenen Augenschein erspart. Dass dabei nicht nur 10 oder 15 Seiten reichen, bedarf noch nicht einmal besonderen Sachverstands zum Wissen. :strecker

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