Land vollstreckt wegen UVG-Leistungen - § 850d ZPO

  • An alle Mitstreiter,

    vielleicht könntet Ihr mir - für einen Kollegen- helfen??

    Fall:
    Gläubiger ist das Land gegen Vater X wegen UVG-Leistungen für Kind A. Es ist bekannt, dass der X noch weitere 2 minderjährige Kinder hat, die bei ihm selber im Haushalt leben. Vater X zahlt dem Kind A keinen Unterhalt. Kind A vollstreckt aber nicht selber.


    Problem:
    1) Ist das Land dem Kind, für das es UVG-Leistungen erbracht hat,- nachrangig oder gleichrangig zu behandeln. Es geht hierbei um die konkrete Festsetzung des dem Schuldner zu belassenden Pfändungsfreibetrages.

    2) Was ist, wenn der Schuldner diesem Kind konkret keinen Unterhalt zahlt??

    3) Wie ist der Rang des Landes gegenüber anderen minderjährigen Kindern des Schuldners??

    vielen Dank im Voraus

    hyp



  • Bei dem Rang streiten sich die Geister in dem Fall, in welchem der Schuldner dem Kind, dessen rückständiger Unterhalt vom Land vollstreckt wird, laufenden Unterhalt (freiwillig oder zwangsweise) leistet : Wie ist das Rangverhältnis zwischen dem (durch das Land geltend gemachten) rückständigen und dem (durch das Kind selbst geltend gemachten) laufenden Unterhalt des Kindes ?

    Hier wird aber nach dem Sachverhalt kein laufender Unterhalt geleistet, so dass das Kind unterhaltsmäßig auch nicht zu berücksichtigen ist. Somit ist von 3 gleichrangigen unterhaltsberechtigten Personen auszugehen : Den beiden weiteren Kindern und dem Pfändungsgläubiger.

    Dem Sch. hat somit sein Selbstbehalt zzgl. 2/3 des Nettomehreinkommens (für die zwei weiteren unterhaltsber. Kinder) als unpfändbar zu verbleiben, soweit alle 3 Kinder minderjährig sind.

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Dem Sch. hat somit sein Selbstbehalt zzgl. 2/3 des Nettomehreinkommens (für die zwei weiteren unterhaltsber. Kinder) als unpfändbar zu verbleiben, soweit alle 3 Kinder minderjährig sind.



    Damit stellst Du die Unterhaltsvorschussleistungen, die ja nur Rückstände sind den laufenden Unterhaltsansprüchen der übrigen Kinder gleich, mit der Folge, dass der Schuldner den laufenden Unterhalt auch nicht zahlen kann.

    Würde das Kind nun selbst pfänden (unverständlich warum das nicht schon geschehen ist) würde dafür ebenfalls der unpfändbare Betrag mit 2/3 des Mehrbetrages festgesetzt. Das würde dann zu dem Ergebnis führen, dass die Pfändung des UV die Pfändung des Unterhalts des Kindes vereiteln würde solange der UV nicht getilgt ist.

  • Mein LG entscheidet: Unterhalt bleibt Unterhalt, auch nach Erteilung der der RNK. Solange der Schuldner keinen (kostenpflichtigen) Antrag stellt, dem laufenden Unterhalt Vorrang zu geben, mahlt der zuerst, der zuerst kommt..

    Auswirkungen: Vater wird laufend auf den Rückstand gepfändet, der neu entstehende Rückstand wird zeitnah umgeschrieben und wieder vollstreckt. Mutter merkt das nicht, da sie ja ständig UVG bekommt. Nach 72 Monaten ist der Anspruch beendet und die sagenhafte Erstattungsquote von 100% der erbrachten Leistungen bessert die Statistik auf.

    Nach 72 Monaten wird die Beistandschaft beantragt. Wenn dann die Alterssteigerung dazu kommt, muss man dem Vater klar machen, dass er jetzt statt 125 € 254€ zahlen muss… Ich könnt’

    Moosi



  • Damit stellst Du die Unterhaltsvorschussleistungen, die ja nur Rückstände sind den laufenden Unterhaltsansprüchen der übrigen Kinder gleich, mit der Folge, dass der Schuldner den laufenden Unterhalt auch nicht zahlen kann.

    Würde das Kind nun selbst pfänden (unverständlich warum das nicht schon geschehen ist) würde dafür ebenfalls der unpfändbare Betrag mit 2/3 des Mehrbetrages festgesetzt. Das würde dann zu dem Ergebnis führen, dass die Pfändung des UV die Pfändung des Unterhalts des Kindes vereiteln würde solange der UV nicht getilgt ist.



    Bei der Pfändung sind mir i.d.R. die Höhe des Nettoeinkommens und der weiteren tatsächlichen Unterhaltspflichten nicht bekannt.
    Somit kann ich nicht beurteilen (und muss dies m.E. auch nicht), ob und in welchem Ausmaß das Nettomehreinkommen für die Zahlung der laufenden Unterhaltsbeträge ausreicht. Mag ggf. der Schuldner oder einer der weiteren Unterhaltsberechtigten Erinnerung einlegen, wenn der laufende Unterhalt durch die Pfändung wegen der Unterhaltsrückstände gefährdet ist.

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !


  • Bei der Pfändung sind mir i.d.R. die Höhe des Nettoeinkommens und der weiteren tatsächlichen Unterhaltspflichten nicht bekannt.
    Somit kann ich nicht beurteilen (und muss dies m.E. auch nicht), ob und in welchem Ausmaß das Nettomehreinkommen für die Zahlung der laufenden Unterhaltsbeträge ausreicht. Mag ggf. der Schuldner oder einer der weiteren Unterhaltsberechtigten Erinnerung einlegen, wenn der laufende Unterhalt durch die Pfändung wegen der Unterhaltsrückstände gefährdet ist.



    Das ist richtig, aber § 850d ZPO bestimmt doch, dass dem Schuldner so viel zu belassen ist, wie er für seinen eigenen Unterhalt und den Unterhalt seiner übrigen unterhaltsberechtigten Personen benötigt.

    Die Frage ist, wie diese Vorschrift auszulegen ist. Muss der Gläubiger zuerst mal zumindest das darlegen was er weiß oder kann das Gericht hingehen und sagen, dass der Schuldner das nachweisen muss.


  • Das ist richtig, aber § 850d ZPO bestimmt doch, dass dem Schuldner so viel zu belassen ist, wie er für seinen eigenen Unterhalt und den Unterhalt seiner übrigen unterhaltsberechtigten Personen benötigt.

    Die Frage ist, wie diese Vorschrift auszulegen ist. Muss der Gläubiger zuerst mal zumindest das darlegen was er weiß oder kann das Gericht hingehen und sagen, dass der Schuldner das nachweisen muss.



    Den Selbstbehalt lassen wir dem Schuldner ja und hinsichtlich der übrigen Unterhaltsverbindlichkeiten gibt es die Quote des Nettomehreinkommens, die auf alle gleichrangigen Unterhaltsberechtigten gleichmäßig zu verteilen ist. Erst bei Erhebung von Einwendungen, dass die Geltendmachung der Rückstände durch den Landesfiskus die laufenden Unterhaltszahlungen gefährdet, sehe ich mich zu einer Abänderungsentscheidung veranlasst. Bis zu diesem Zeitpunkt kenne ich die tatsächlichen Verhältnisse (Höhe des Einkommens und tatsächlich geschuldete Unterhaltsbeträge der übrigen, gleichrangigen (und nicht pfändenden) Unterhaltsberechtigten) auch nicht.

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Wie würdet ihr den Selbstbehalt nach § 850d in dem folgenden Fall festsetzen:

    Land vollstreckt wegen Unterhaltsrückständen (UVG) für die Kinder A und B gegen den Vater V.

    Im Antrag ist angegeben, dass der Vater gegenüber zwei Kindern (offensichtlich A und B) zum Unterhalt verpflichtet ist, jedoch nur einem dieser beiden Kinder laufenden Unterhalt leistet.

    Ist der pfandfreie Betrag nach § 850d ZPO hier auf Selbstbehalt + 1/3 des übersteigenden Betrages oder auf Selbstbehalt + 1/2 des übersteigenden Betrages festzusetzen?

    Vielen Dank im Voraus für Eure Hilfe!

  • Ich würde nur den Unterhalt berücksichtigen, den er auch leistet. Also ein Kind.



    Das ist schon klar - Zähler also 1. Setze ich jedoch als Nenner 2 (also 1/2), weil ich nur von 2 unterhaltsverpflichteten Personen ausgehe, oder eine 3 (also 1/3) weil ich das Land als weitere unhaltsberechtigte Person berücksichtige?

  • Da streiten sich die Geister infolge § 7 Abs. 3 S. 2 UVG...

    Ich würde in Unkenntnis der Höhe der Einkünfte des Schuldners zunächst 1/2 ansetzen, da hier nur von 2 Unterhaltsberechzigten auszugehen ist, weil einem Unterhaltsberechtigten nach Gl.-Vortrag kein laufender Unterhalt geleistet wird.

    Würde er hingegen beiden Kindern Unterhalt leisten, würde ich von 1/3 ausgehen (davon ausgehend, dass der Schuldner ausreichende Einkünfte hat, um alle gleichrangigen Unterhaltsansprüche (sowohl den laufenden als auch den rückständigen, vom Lang geltend gemachten, zu befriedigen).

    Mögen sich der Schuldner oder das betroffene Kind ggf. im Erinnerungswege melden; dan wäre § 7 III 2 UVG zu berücksichtigen mit der Folge, dass der laufende Unterhalt vorrangig zu setzen wäre.

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Könnt Ihr folgende Aussagen bestätigen ?
    1.Die UVG-Kasse behält immer den Rang eines minderjährigen Kindes (§ 1609 Ziff. 1), weil es wegen Unterhaltsansprüche vollstreckt, die einem minderjährigen Kind zugestanden haben.
    2. Rückstände einer vorrangigen Rangklasse haben vor laufenden Unterhaltsansprüchen einer nachrangigen Rangklasse Vorrang

    Mein Fall:
    LRA vollstreckt wegen Unterhaltsansprüchen eines mittlerweile 21-jährigen Kindes, welches schon eigenes Einkommenhat. Der Vater zahlt derzeit noch laufenden Unterhalt an seine 19-jährige Tochter, die noch nicht mit der Ausbildung fertig ist. Das LRA ist nun der Meinung, dass dem Schuldner für seine lfd. Unterhaltszahlung nichts belassen werden darf (weil die 19-jährige Tochter dem damals minderjährigen Sohn (Rechtsnachfolger LRA) nachrangig ist)

  • Warum ist denn die 19-jährige Tochter "noch nicht in Ausbildung", geht sie noch zur Schule, und wohnt sie etwa im Haushalt des Vaters mit, sodass sie wegen dem Konstrukt "Bedarfsgemeinschaft" selbst nichts an Sozialleistungen erhält. Das kann durchaus noch kompliziert werden.

  • Stöber, Rdnr. 1082 bringt leider nicht viel, weil diese Kommentarstelle nur besagt, dass das Kind, für das Unterhaltsvorschuss bezahlt wurde, Vorrang vor der UVG-Kasse hat, falls es einen lfd. Unterhaltsanspruch noch hat (was vorliegend nicht der Fall ist).
    Vielmehr geht es um den Rang des anderen Kindes, welches die erste Ausbildung abgebrochen hat und derzeit ein soziales Jahr macht.
    Naja, ich glaub, ich geb dem LRA Recht. Nach Anrechnung von Kindergeld und Vergütung dürfte ohnehin kein Unterhaltsanspruch mehr bestehen und bei den Zahlungen des Vaters handelt es sich dann mehr oder weniger um freiwillige Zahlungen - es kann doch nicht sein, dass das Vollstreckungsgericht so tief in materielles Familienrecht einsteigen muss ????

  • Da in § 850 d ZPO auf materielles Recht verwiesen wird, ist das aber so.

    Im Übrigen sehe ich das auch so: dasselbe Kind hat Vorrang zu den Rückstandsforderungen des Landes hinsichtlich des laufenden Unterhalts (aber selbstverständlich nur, wenn an dieses Kind auch tatsächlich laufender Unterhalt gezahlt wird). Andere Kinder müssen, soweit sie in einer "schwächere" Rangklasse fallen, erst mal zurücktreten.

  • Im Übrigen sehe ich das auch so: dasselbe Kind hat Vorrang zu den Rückstandsforderungen des Landes hinsichtlich des laufenden Unterhalts.



    Was ist aber, wenn dasselbe Kind volljährig wird und nicht mehr privilegiert ist, steht es dann auch den UV-Leistungen des Landes in der Pfändung nach? :gruebel:

  • Mmh. Jetzt wird's richtig kompliziert. Ich steig aus.

    Die Frage von oben, ob wir wirklich so tief ins Familienrecht einsteigen müssen, bezog sich nicht auf die Eingruppierung der Unterhaltsberechtigen in Rangklassen, sondern darauf, dass das Vollstreckungsgericht prüfen muss, ob es sich bei den Zahlungen des Schuldners an ein anderes Kind, um freiwillige Zahlungen handeln könnte, weil der gesetzliche Unterhaltsanspruch des Kindes wegen eigener Einkünfte entfallen sein könnte. Hierzu muss man sich im Unterhaltsrecht auskennen und wissen, dass es Rspr.en gibt, die besagen, dass man auch während des sozialen Jahres einen Unterhaltsanspruch hat und dass aber eine Anrechnung der Vergütung und des Kindergeldes vorzunehmen ist, etc....

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