Rückschlagssperre-Revolution

  • Als gesicherte Erkenntnis konnte bislang angesehen werden, dass die Rückschlagsperre nach § 88 InsO dazu führt, dass in analoger Anwendung des § 868 ZPO eine Eigentümergrundschuld entsteht (vgl hierzu OLG Düsseldorf FGPrax 2003, 248 = Rpfleger 2003, 647; BayObLG Rpfleger 2000, 448; Hintzen, Pfändung und Vollstreckung im Grundbuch, 2.A., RdNr. 611).
    Anders nun der BGH in seinem Urteil vom 19.1.2006, Az. IX ZR 232/04, vgl auch Website des Dt. Notarinstituts (http://www.dnoti.de:(
    wird infolge der Rückschlagsperre eine Zwangshypothek unwirksam, entsteht keine Eigentümergrundschuld. Der BGH betont, dass die Rückschlagsperre nicht zu einer relativen Unwirksamkeit, sondern zu einer allumfassenden Unwirksamkeit führe. Er stellt sich damit bewußt gegen die bislang Rspr und Lit beherrschende Ansicht. Gelöscht werden kann fortan auch aufgrund eines Unrichtigkeitsnachweises, § 22 GBO.

  • Der Hinweis kommt mir gerade recht. Hab eine Zwangshypo, die 2 Wochen vor Eintragung des Insolvenzvermerks eingetragen wurde (Verfahrenseröffnung 3 Wochen vor Eintragung). Insolvenzverw. und Gläubiger (!) beantragen jeweils formlos die Löschung der Hypothek.
    Würde Dir das ausreichen (bzw. welcher Unrichtigkeitsnachweis) ?

  • Die neue BGH-Rspr geht von einer Löschung aufgrund Unrichtigkeitsnachweises aus; dann bedarf es der Bewilligung nicht,
    vgl § 22 Abs 1 S 1 GBO.
    Meikel/Böttcher, Grundbuchrecht, 9.Auflage, § 22 Rn 30 a, führen noch aus - also vorrevolutionärer Zustand-, dass eine Eigentümergrundschuld entstanden sei; das Grundbuch sei unrichtig, weil noch eine Zwangshypothek eingetragen sei; für die Grundbuchberichtigung bedürfe es entweder der Berichtigungsbewilligung des Gläubigers in öffentlich beglaubigter Form, oder eines Unrichtigkeitsnachweises, § 22 GBO.
    Diese vorrevolutionäre Meinung ging jedoch davon aus, dass nachträglich eine Eigentümergrundschuld entstanden sei.
    Nach Ansicht des BGH ist jedoch keine Eigentümergrundschuld entstanden, die Zwangshypothek ist unwirksam. Berichtigungsbewilligungen dürften daher keine Rolle mehr spielen.

  • Harald:

    In #5 ist doch sicherlich gemeint, dass Berichtigungsbewilligungen jedenfalls nur noch insoweit eine Rolle spielen können, als die Löschung des Rechts (und nicht mehr dessen Umschreibung in ein EigtRecht) bewilligt wird?

  • @ juris2112: mea culpa - vielen Dank für den Hinweis ! Beitrag 5 ist natürlich so zu verstehen ! "Berichtigungsbewilligungen" zielen nun nicht mehr auf Umschreibung in ein Eigentümerrecht ab, sondern auf Löschung der unwirksamen Zwangssicherungshypothek.

  • Eine ähnliche Frage hab ich schon einmal gestellt aber sie unterscheidet sich in einem winzigen aber entscheidenen Detail :gruebel: :
    Die Insolvenzverwalterin beantragt formlos unter Beifügung des Eröffnungsbeschlusses die Löschung einer Sicherungshypothek, die vor Insolvenzeröffnung (16.01.06) eingetragen wurde (am 29.12.2005 um genau zu sein) mit der Begründung, dass diese gemäß § 88 InsO unwirksam ist. Ich gebe ihr zwar recht, bezwiefle aber, dass mir die einfache Antragsform ausreicht. Kann ich hier auch § 868 ZPO anwenden oder wird die SiHyp gar nicht erst zumm Eigentümerrecht.
    Meine damalige Frage war etwas anders, da wurde die SiHyp nach Eröffnung aber vor dem Vermerk eingetragen ... (siehe Thema "Sicherungshypothek/Insolvenz/Löschung") ... aber trotzdem steh' ich noch auf'm Schlauch.:idee:

    :dankescho sag ich jetzt schon mal! Mela

  • Nach der neuen Rspr des BGH (Urteil vom 19.1.2006, Az. IX ZR 232/04, vgl auch hier im Forum "Rückschlagsperre-Revolution") sind die betroffenen Sicherungen unwirksam. Wird die Zwangssicherungshypothek unwirksam, entsteht keine Eigentümergrundschuld. § 868 ZPO, wie er bislang von der herrschenden Ansicht in der Literatur angewendet wurde, ist nach Ansicht des BGH nicht einschlägig. Damit ist der Weg der Grundbuchberichtigung eröffnet, § 22 GBO. Ausreichend sind ein einfacher Antrag und der Unrichtigkeitsnachweis.

  • Die zitierte Entscheidung des BGH wirft interessante Fragen im Hinblick auf einen denkbaren gutgläubigen Erwerb auf. Ist ein gutgläubiger Erwerb möglich, wenn der Eigentümer die vermeintliche Eigentümergrundschuld abgetreten hat, weil er über seine Eintragung in Abt.I des Grundbuchs auch als potentieller Berechtigter von Fremdgrundpfandrechten als eingetragen gilt? Oder ist ein gutgläubiger Erwerb nur möglich, wenn der Eigentümer das Fremdrecht zuvor auf sich hat umschreiben lassen, was das GBA nach der bisherigen herrschenden Rechtsauffassung ja auch zweifellos getan hätte?

    Ich bin nicht näher in diese Prüfung eingestiegen. Aber interessant ist die Fragestellung schon.

  • Um die Infos und Fragen zu diesem Thema zu bündeln, bitte ich darum, in dem von Harald bereits erwähnten Thread "Rückschlagsperre-Revolution" weitere Beiträge dazu zu posten.

    Diese Threads werden daher zusammengeführt.



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    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Die zitierte Entscheidung des BGH wirft interessante Fragen im Hinblick auf einen denkbaren gutgläubigen Erwerb auf. Ist ein gutgläubiger Erwerb möglich, wenn der Eigentümer die vermeintliche Eigentümergrundschuld abgetreten hat, weil er über seine Eintragung in Abt.I des Grundbuchs auch als potentieller Berechtigter von Fremdgrundpfandrechten als eingetragen gilt? Oder ist ein gutgläubiger Erwerb nur möglich, wenn der Eigentümer das Fremdrecht zuvor auf sich hat umschreiben lassen, was das GBA nach der bisherigen herrschenden Rechtsauffassung ja auch zweifellos getan hätte?

    Ich bin nicht näher in diese Prüfung eingestiegen. Aber interessant ist die Fragestellung schon.

  • Ich hab da nur noch eine Frage: Wenn ich die Zwangssicherungshypothek aufgrund Unrichtigkeitsnachweis lösche, entstehen dann überhaupt Kosten? Ich fänd es irgendwie ungerecht, dem Gläubiger - wie es die Insolvenzverwalterin anregt - nach dem Verursacherprinzip Kosten aufzuerlegen, wenn er doch schon Eintragungskosten gezahlt hat und nun nix davon hat.

  • Ohne groß nachzulesen würde ich die Kosten - wie immer in GB-Sachen - vom Antragsteller, also in der Regel dem Inso-Verwalter, anfordern.

    Man könnte vielleicht darüber nachdenken, ob man den Wert des (ehemaligen) Grundpfandrechts ansetzen kann/muss, oder ob nicht nur ein Wert von Null anzusetzen ist, da das Recht ja nach BGH gegenstandslos geworden ist.

    Ulf

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  • Es wird wohl kein Weg daran vorbeiführen, die Löschungsgebühr aus dem Nominalwert des Rechts zu erheben, weil es nicht darauf ankommt, ob eine Rechtsänderung oder eine Grundbuchberichtigung zur Eintragung ansteht.

    Wenn der Gläubiger keinen Löschungsantrag stellt, kann er auch nicht für die Kosten haften.

  • Zitat von juris2112


    Es wird wohl kein Weg daran vorbeiführen, die Löschungsgebühr aus dem Nominalwert des Rechts zu erheben, weil es nicht darauf ankommt, ob eine Rechtsänderung oder eine Grundbuchberichtigung zur Eintragung ansteht.


    Hmm, ich würde den Fall mit den Fällen vergleichen, in denen eine geganstandslos gewordene Dienstbarkeit (z.B. Wohnrecht nach Tod des Berechtigten) gelöscht wird. Daher bin ich auf den Wert Null gekommen.

    Zitat von juris2112

    Wenn der Gläubiger keinen Löschungsantrag stellt, kann er auch nicht für die Kosten haften.



    Mein Reden! Also beleibt nur der Inso-Verwalter als Kostenschuldner.
    Vielleicht kann man noch auf den Trichter kommen, die Kosten wegen Vermögenslosigkeit außer Ansatz zu lassen??! Mir würde das aber wohl zu weit gehen. Ich würde die Kosten vom Verwalter erheben. Schließlich ist er ja auch nicht unbedingt gezwungen, die Löschung zu beantragen, oder?!

    Ulf

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  • Wie von Ulf vorgeschlagen, sind die Kosten vom Antragsteller anzufordern. Dies ist im Regelfall der Insolvenzverwalter. Sofern dieser erklärt, keine Kosten übernehmen zu wollen, muss der Antrag beanstandet werden. Da nach Ansicht des BGH die Rechte unwirksam sind, kann m.A. nach nur die Mindestgebühr erhoben werden. In Betracht käme auch eine Löschung wegen Gegenstandslosigkeit, § 84 Abs 2 GBO. Dann würde § 70 KostO als lex specialis einschlägig sein (s. Filzek, KostO, § 70 Rn 1), was zur grundsätzlichen Gebührenfreiheit führen würde. Nach § 70 Abs 1 S 2 KostO kann das GBA die Gebühr für die Löschung einem Beteiligten auferlegen, wenn dies nach den Umständen angemessen erscheint. Abzuwägen sind hier sämtliche Umstände des Einzelfalles (Filzek, a.a.O., § 70 Rn 2). Hier kann m.A. nach dem Insolvenzverwalter als Antragsteller oder Veranlasser die Gebühr auferlegt werden, da er durch die Löschung bei der späteren Verwertung der Immobilie begünstigt wird. Ob der Nominalbetrag des Rechts iSv § 23 Abs 2 KostO oder ein Gegenstandswert von 0 zu berücksichtigen ist, ist noch nicht geklärt. M.A. kann jedoch der Nominalbetrag nicht zugrunde gelegt werden, da das Recht unwirksam ist.

  • Die Anwendung des § 70 KostO, die Erhebung der Mindestgebühr oder die Annahme eines Geschäftswerts von "0" kann meines Erachtens nicht in Betracht kommen. Es liegt kein anderer Fall vor, als wenn ein geschäftsunfähiger Eigentümer eine Hypothek bestellt, deren Nichtigkeit dazu führt, dass -auch hier- kein Eigentümerrecht entsteht. Es muss also bei der normalen Löschungsgebühr und bei § 23 Abs.2 KostO (Nominalwert) verbleiben.

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