Benachrichtigungspflicht nach Eröffnung

  • ich habe manchmal Probleme bei der Benachrichtigung der Beteiligten nach Eröffnung. Wir hier benachrichtigen fast alle - andere Gerichte hier im Kreis kaum, daher bin ich im Moment etwas verunsichert und erhoffe Eure Hilfe.

    Mir liegt ein Erbvertrag von Ehehleuten vor, den ich nach dem Erstversterbenden (Ehemann) zu eröffnen habe. Die beiden haben einen Sohn. Der Längstlebende beruft den Sohn als Vorerben und dessen Töchter als Nacherben.

    Muss ich die Enkel jetzt schon benachrichtigen? Ich würde eher zu "nein" tendieren. Im Palandt steht aber alle, denen ein Recht gewährt wird - auch ein aufschiebend bedingtes - sind zu benachrichtigen. Ist das so ein Fall?

    Schon mal ein dickes Danke für Eure Antworten.

  • Ich habe in solchen Fällen immer die Personen benachrichtigt, die Erben und die von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen worden sind. Hier also nur den überlebenden Ehegatten und den Sohn.

  • Da die Enkelkinder erst beim Tode des Letztlebenden zum Zuge kommen, sind sie beim ersten Erbfall noch keine Beteiligte i. S. des § 2262 und deshalb nicht zu benachrichtigen.



    :zustimm:

    Ich verstehe es so, dass der erste Erbfall eingetreten ist und der Ehegatte als Alleinerbe eingesetzt wurde. Dann sind der Ehegatte als gewillkürter Erbe und der Sohn als gesetzlicher Erbe zu informieren.

    Trenne dich nie von deinen Illusionen und Träumen. Wenn sie verschwunden sind wirst du weiter existieren, aber aufgehört haben zu leben.

    (Mark Twain)

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  • Völlig zutreffend.

    Personen, denen nach dem ersten Sterbefall zweifelsfrei keinerlei Rechte zustehen, sind nicht zu benachrichtigen.

  • Ich vestehe den Sachverhalt so, dass eine gemeinschaftliche Verfügung der Eheleute vorliegt, in der sich diese gegenseitig zu Erben eingesetzt haben und der überlebende Ehegatte, das gemeinsame Kind zum Vorerben und dessen Töchter zu Nacherben eingesezt hat.

    In diesem Falle eröffne ich das Testament in vollem Umfange. Die Beteiligten sind von der Verfügung des Erstverstorbenen einschließlich derjenigen zu benachrichtigen, die er für den Fall getroffen hat, dass er der Längerlebende ist.
    Ich würde daher auch die Enkelkinder (Töchter) bereits jetzt benachrichtigen. Ob die Verfügung des Erstverstorbenen zur Zeit tatsächlich schon Wirkungen entfalten oder nicht, ist nicht im Eröffnungsverfahren zu prüfen. In diesem Verfahren sind nur die Beteiligten zu unterrichten. Ob diesen Ansprüche zustehen oder nicht, ist von diesen selbst zu prüfen. Dies setzt jedoch eine Benachrichtigung voraus.
    Tatsächlich hat der Erblasser die Enkelkinder unter bestimmten Voraussetzungen zu Nacherben bestimmt. Sie sind daher Beteiligte.

    Ich verfahre entsprechend in Hinblick auf eine Entscheidung des OLG Hamm in Rpfleger 81,486.

  • Ich halte mich da lieber an Palandt Rdnr. 4 zu § 2273:
    Schlusserben sind keine Beteiligten i. S. des § 2273, wenn sie eindeutig erst nach dem Überlebenden Rechte erwerben.

    So liegt der Fall hier. Der Ehemann ist Alleinerbe, nach seinem Tod wird zunächst der Sohn Vorerbe und dann die Enkel Nacherben. Die Enkel sind deshalb nach dem ersten Erbfall keine Beteiligten.

    Der vom OLG Hamm entschiedene Fall lag etwas anders. Frau verstorben, Ehe kinderlos, Mann hatte einen (noch lebenden) Sohn aus erster Ehe. Als Erben nach dem Letztlebenden waren die Kinder des Sohnes eingesetzt (sie waren also keine gesetzlichen Erben).

    Das OLG Hamm hat nun die Enkel als Beteiligte angesehen, weil diese möglicherweise nicht als Schluss-, sondern als Nacherben der verstorbenen Frau (mit der sie gar nicht verwandt waren) eingesetzt sein könnten. Eine aus meiner Sicht sehr fragwürdige Entscheidung. Der Wortlaut des Testamentes war: „Wir setzen uns gegenseitig zu Erben ein“ und „Nach dem Tode des Letztlebenden sollen ... Erben ... sein“.

  • Ob ein Testament nur für einzelne Verfügungen oder insgesamt (weil sie sich nicht trennen lassen) zu eröffnen ist, ist die erste Frage. Sie hat aber nichts mit der zweiten Frage zu tun, wer wovon zu benachrichtigen ist. Und wer ganz eindeutig nach dem ersten Sterbefall (noch) keine Rechte erwirbt, ist nicht zu benachrichtigen.

    Beispiel:

    Ehegatten setzen sich gegenseitig zu Alleinerben ein. Der überlebende Ehegatte (gleich, wer es sein wird) ordnet für seinen Nachlass eine Nacherbfolge oder ein Vermächtnis zugunsten von X an.

    Das Testament ist insgesamt zu eröffnen. Gleichwohl ist X nicht zu benachrichtigen.


  • Beispiel:

    Ehegatten setzen sich gegenseitig zu Alleinerben ein. Der überlebende Ehegatte (gleich, wer es sein wird) ordnet für seinen Nachlass eine Nacherbfolge oder ein Vermächtnis zugunsten von X an.

    Das Testament ist insgesamt zu eröffnen. Gleichwohl ist X nicht zu benachrichtigen.



    Siehst Du das auch so, wenn die Ehegatten nicht - wie gewöhnlich - in der "Wir"-Form die Nacherbschaft oder das Vermächtnis anordnen, sondern separat, also jeder in der "Ich"-Form ? Dann dürfte § 2273 Abs. 1 gelten.

  • Das macht in meinen Augen nur für den Umfang der Eröffnung, nicht jedoch für die Benachrichtigungs-problematik einen Unterschied. Denn selbst wenn der erstversterbende Ehegatte ausdrücklich als "ich, der Überlebende" ein Vermächtnis anordnet, steht zweifelsfrei fest, dass diese Anordnung durch sein Erstver-sterben gegenstandslos geworden ist und der Vermächtnisnehmer aus dieser Anordnung somit keine Rechte aufgrund des ersten Sterbefalls erwerben kann.

    Nochmals:

    Man darf die Frage nach dem Umfang der Eröffnung nicht mit der Problematik der Benachrichtigung vermengen.

  • Ich denke, wir sind uns einig.

    Ich wollte nur klarstellen, dass eine Verfügung des Überlebenden in der "Ich"-Form nach dem ersten Todesfall nicht zu eröffnen ist. Das hatte sich aus dem Wortlaut von # 9 m. E. nicht ergeben.

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