Gebühr RVG VV 4142 für Verfall von Wertersatz?

  • Hallo Leute,
    vielleicht kann mir einer von Euch helfen. In einem Strafverfahren wurde im Urteil u.a. auch der Verfall von Wertersatz ausgesprochen. Gerold/Schmidt, RVG und BRAGO, sowie Hartmann, BRAGO, besagen zur Gebühr VV 4142 bzw. ehem. § 88 BRAGO die Unanwendbarkeit bei Wertersatz. Dementsprechend habe ich diese Gebühr angesetzt. Auch der Revisor ist dieser Auffassung. Mein Richter ( Beschwerdewert nicht erreicht) müßte nun abschließend entscheiden ( nach § 56 RVG , da Pflichtverteidigung). Er hat angedeutet, dass er der Beschwerde wohl stattgeben wird, weil für ihn der Verfall und der Verfall von Wertersatz dasselbe seien. Leider scheint es ja so, dass im Gegensatz zur BRAGO, bei der der § 88 BRAGO anscheinend keine Anwendung bei den Pflichtverteidigern fand, die Gebühr nun auch dem Pflichtverteidiger erwachsen kann.
    Gibt es hierzu Rechtsprechung ( JurBüro 2006, Heft 3, Seite 118 passt leider nicht) oder hat jemand eine passende Argumentation wie ich den Richter doch noch überzeugen kann?
    Danke

  • Also bei uns ist die Sache nun entschieden. Aber es hat sich herausgestellt, dass wirklich keiner ( nicht nur im Forum) hierzu was sagen konnte, selbst Revisoren nicht. Oder sehen hier andere kein Problem?

  • Nach meiner Ansicht ist - im Hinblick auf die Verweisung in 4142 Abs. 1 VV - der Begriff "Verfall" in § 442 Abs. 1 StPO als Oberbegriff für sämtliche Varianten des Verfalls zu verstehen, zumal in Abs. 2 auch § 73a StGB erwähnt wird. In der Titelüberschrift im StGB wird "Verfall" auch als Oberbegriff verwendet.

    Sonst könnte man doch sogar auf die Idee kommen, daß die Vollstreckung des Verfalls des Wertersatzes nicht geregelt ist, wenn mit "Verfall" in § 442 Abs. 1 StPO nur Verfall i.S.d. § 73 StGB gemeint wäre. :confused:

    Auch RVG-Kommentatoren können sich irren. :teufel: Ich finde es nicht unbedingt einleuchtend, daß es vergütungstechnisch einen Unterschied von 100 % machen soll, ob z.B.

    a) der Beschuldigte bei Übergabe des Lohns für seine Straftaten verhaftet und genau die empfangenen Scheinchen beschlagnahmt worden sind (= Verfall) oder

    b) ihm erst aufgrund der Ermittlungen bzw. Beweisaufnahme in der HV nachgewiesen wird, daß er irgendwann mal soundsoviel Euro erhalten hat, die dann aber natürlich nicht mehr aussonderungsfähig in seinem Vermögen vorhanden sind (= erweiterter Verfall). :gruebel:

  • So in etwa sah es der Richter auch. Eine obergerichtliche Entscheidung wollte er aber auch nicht zulassen. Und Kommentare können sich ja irren - zumahl da ja nur Wertersatz im zivilr. Sinne ( Forst ) genannt ist und nicht passt. Vielleicht steht es auch nirgend, weil keiner ein Problem sieht - ausser mir?
    Nun ja, jetzt haben wir ja eine Entscheidung!

  • Zitat von Diabolo

    Und Kommentare können sich ja irren - zumahl da ja nur Wertersatz im zivilr. Sinne ( Forst ) genannt ist und nicht passt.

    Da scheinen die aber irgendwas grundlegend verwechselt zu haben. Verfall des Wertersatzes = Forstschaden??? :confused::gruebel:

    Zitat von Diabolo

    Vielleicht steht es auch nirgend, weil keiner ein Problem sieht - ausser mir? Nun ja, jetzt haben wir ja eine Entscheidung!

    Unsereiner würde sich für eine Einsendung an ein §§-Fachblatt sicher :huldigen::beifallkl:blumen:, damit die RVG-:tipptipp auf den rechten Weg geführt werden. :D

  • Zitat von advocatus diaboli

    ...damit die RVG-:tipptipp auf den rechten Weg geführt werden. :D



    Da wäre ich aber noch nicht so sicher, denn die Materie erscheint aufgrund der Qualität der Legislativen recht verworren zu sein:

    Jeder entscheidet, wie er will,
    keiner entscheidet, wie er soll,
    aber alle entscheiden mit... :teufel:

    Oder wie heißt das berüchtigte Lied (nach der Melodie "Gloryland"):

    Oh, mir tun die Augen weh,
    sehe ich das RVG... :unschuldi

  • @Advocatus diaboli: ich werde mal meinen Richter fragen ( Entscheidung muss erst noch ausgefertigt werden ) , ob er einverstanden ist. Ansonsten kann ich es bei Einverständnis auch hier einsetzen oder an die Adresse von D. Burhoff senden.

  • @ Diabolo: Zum Trost. Stehe grad vor dem gleichen Problem. Momentan ist eine ZwVfg draussen wegen eines anderen Fehlers.
    Ich denke, ich werd dem Pflichtverteidiger die Gebühr geben.Mal schaun, was mein Revisor sagt.

    Ich werde auf jeden Fall berichten. :blah: .

    Teilst du mir noch mit, wie Dein Richter seinen Beschluss begründet hat?

  • Zitat von Clau

    Teilst du mir noch mit, wie Dein Richter seinen Beschluss begründet hat?



    Gerne,
    er wird gerade getippt und dann ab die Post:D .
    Mein Revisor ist übrigens einer Festsetzung entgegengetreten, aber mangels Beschwerdewert reicht es nicht für mehr!

  • Anbei die Gründe

    Gründe:



    Rechtsanwalt xxx hat in dem vorliegenden Strafverfahren nach seiner Bestellung zum Pflichtverteidiger am xxx den in Untersuchungshaft befindlichen Angeklagten vertreten. Nachdem bereits im Zusammenhang mit der Anklageerhebung die Staatsanwaltschaft die Anordnung des Verfalls von Wertersatz gem. §§ 73, 73 a StGB in Aussicht gestellt hat, wurde auf der Grundlage entsprechender Tatsachenfeststellungen im Rahmen der Hauptverhandlung vom xxxx und unter Berücksichtigung der Schlussanträge des Vertreters der Staatsanwaltschaft, wie des Verteidigers, durch Urteil vom xxxx in Höhe eines Betrages von 1.500,-- € der Verfall von Wertersatz angeordnet.

    Mit Festsetzungsantrag vom xxxx hat der Verteidiger Gebühren und Auslagen in Gesamthöhe von 1.444,26 € geltend gemacht. Durch Beschluss vom xxxx, zugestellt am xxxx , hat der zuständige Rechtspfleger diesem Festsetzungsantrag überwiegend, d.h. in einer Höhe von 1.322,46 € stattgegeben, jedoch den drüber hinaus gehenden Antrag abgelehnt. Dieser ablehnende Teil betrifft eine von dem Verteidiger geltend gemachte Gebühr nach RVG VV 142 (Gebühr bei Einziehung und verwandten Maßnahmen). Mit Schriftsatz vom xxxx, eingegangen am xxxx, hat Rechtsanwalt XXX form- und fristgerecht Erinnerung gem. § 56 Abs. 1 RVG eingelegt, soweit sein Gebührenantrag abgelehnt wurde.

    Der Erinnerung war abzuhelfen. Entgegen dem Festsetzungsbeschluss vom xxxx ist eine Gebühr RVG VV 142 entstanden und dem Verteidiger zu erstatten, somit ein Betrag in Höhe von brutto 121,80 €.

    Der genannte Gebührentatbestand bezieht sich auf Tätigkeiten des Verteidigers, die sich (u.a.) auf die Einziehung und dieser gleichstehenden Rechtsfolgen beziehen. Dabei verweist der Gebührentatbestand ausdrücklich auf § 442 StPO. Nach dieser Vorschrift stehen Verfall, Vernichtung, Unbrauchbarmachung und Beseitigung eines gesetzwidrigen Zustandes (im Sinne der StPO) der Einziehung gleich. Zwar erwähnt Absatz 1 dieser Vorschrift nicht ausdrücklich auch den hier in Frage stehenden Verfall von Wertersatz. Dies lässt jedoch nicht den Schluss zu, dass dieser nicht von deren Geltungsbereich umfasst sein soll. Vielmehr liegt dies daran, dass es sich bei dem Verfall von Wertersatz lediglich um eine Sonderform des Verfalls handelt, der seiner Rechtsnatur nach jedoch nichts anderes als ein Verfall ist. Dementsprechend erwähnt § 442 Abs. 2 StPO auch ausdrücklich § 73 a StGB, gleichwertig mit der allgemeinen Verfallsregelung des § 73 StGB. Schon nach dem Gesetzeswortlaut bezieht sich somit der hier in Frage stehende Gebührentatbestand auch auf § 73 a StGB, also die Anordnung des Verfalls von Wertersatz.

    Dies ist auch deshalb plausibel, weil seiner Rechtsnatur nach der Verfall von Wertersatz und der Verfall identischer Art sind. Soweit in der angegriffenen Entscheidung auf Kommentierungen verwiesen wird, nach denen „Wertersatz, der den Charakter eines bürgerlichen Schadensersatzes hat, nicht zu den verwandten Maßnahmen“ gehöre, wird verkannt, dass es sich bei Maßnahmen nach § 73 a StGB nicht um Wertersatz im Sinne einer zivilrechtlichen Ausgleichsmaßnahme handelt, sondern vielmehr um eine Gewinnabschöpfungsmaßnahme, um strafrechtlich bemakelte Vermögensverschiebungen zwangsweise rückgängig zu machen. Spätestens seit der Umstellung auf das insoweit geltend Bruttoprinzip ist allseits anerkannt, dass es sich insoweit um eine Maßnahme mit strafähnlichem Charakter handelt und deshalb beispielsweise die Anordnung des Verfalls von Wertersatz den selben verfassungsrechtlichen Anforderungen wie anderen Strafsanktionen unterliegt.

    Offenkundig wird dies, wenn man bedenkt, dass es in tatsächlicher Hinsicht meistens von reinen Zufälligkeiten abhängt, ob der Verfall nach § 73 StGB (z.B. des gerade übergegebenen Drogenkaufgeldes) oder derjenige des Wertersatzes nach § 73 a StGB (wenn das Kaufgeld mit eigenem Geld vermischt oder z.B. auf ein Konto einbezahlt wurde) anzuordnen ist.

    Schließlich hat im vorliegenden Fall der Verteidiger entsprechende Tätigkeiten entfaltet. Bereits im Rahmen der Ermittlungen wurde im Zusammenhang mit den Finanzermittlungen und Gewinnabschöpfungsmaßnahmen ein gesonderter Aktenband geführt; die Frage der Anordnung des Verfalls von Wertersatz war Gegenstand der Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung (zur Tatsachenfeststellung der Höhe der Kaufpreise) sowie Gegen-
    stand divergierender Ausführungen und Anträge des Vertreters der Staatsanwaltschaft, wie des Verteidigers in der Hauptverhandlung. Dass das Gericht, sofern die Voraussetzungen der §§ 73, 73 a StGB gegeben sind, von Gesetzes wegen diese Maßnahme, wie auch den Rechtsfolgenausspruch im übrigen, anzuordnen hat, ändert daran nichts.





  • Da hat das Richterlein aber ganz schön was geschrieben. Da bei uns momentan geschäftsstellenmäßig akut Not am Mann ist, dauert es anscheinend, bis ich meine Akte mit dem Verfall wieder bekomme.

    Da ich noch dem Revisor vorlegen muss, bin ich ja mal gespannt, was der dazu sagt, wenn ich dem RA die Gebühr geb.

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