Verzugszinsen, auch wenn nicht tituliert?

  • Da fällt mir doch eine Forderungsaufstellung über laufenden Kindesunterhalt eines anderen Anwaltsbüros in die Finger. Obwohl in den zugrunde liegenden Titeln (Unterhaltsurkunde und Vergleich) Zinsen nicht festgelegt wurden, werden diese im Forderungskonto berechnet :gruebel:
    Meines Erachtens kann ich doch nur das geltend machen, was im Titel steht oder stehe ich völlig auf dem Schlauch???

  • Vollstreckt werden kann nur das, was tituliert ist. Bei Kindesunterhalt ist eigentlich nur äußerst selten Verzinsung tituliert. Hab den Fehler in den Forderungsaufstellungen bei den PfÜBsen aber auch oft moniert.

  • Die Titulierung ist keine Voraussetzung für das Bestehen des Anspruchs. Mit Fälligkeit tritt m.E. zumindest die gesetzliche Verzugszinsregelung in Kraft sofern die Verzinsung nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist.
    Ob die Zinsen wegen Verjährung dann einredebehaftet sind ist eine andere Sache.

  • Der Gläubiger ist aber nicht gehindert freiwillige Zahlungen auf rückständige Zinsen zu verrechnen.



    Diese Ansicht teile ich nicht so ganz: Das Recht zur Tilgungsbestimmung steht - wenn nicht anders vereinbart - ausschließlich dem Schuldner zu. Selbst wenn er (spätestens mit der Zahlung) keine Tilgungsbestimmung vornimmt, richtet sich die Tilgung nicht nach den Wünschen des Gläubigers, sondern nach §§ 366, 367 BGB. Das i.R.v. § 367 die Zinsen vor der Hauptforderung kommen, ist lediglich dem Umstand geschuldet, dass der Gesetzgeber hier zugunsten des Gläubigers mitgedacht hat.

  • Der Gläubiger ist aber nicht gehindert freiwillige Zahlungen auf rückständige Zinsen zu verrechnen.



    Diese Ansicht teile ich nicht so ganz: Das Recht zur Tilgungsbestimmung steht - wenn nicht anders vereinbart - ausschließlich dem Schuldner zu. Selbst wenn er (spätestens mit der Zahlung) keine Tilgungsbestimmung vornimmt, richtet sich die Tilgung nicht nach den Wünschen des Gläubigers, sondern nach §§ 366, 367 BGB. Das i.R.v. § 367 die Zinsen vor der Hauptforderung kommen, ist lediglich dem Umstand geschuldet, dass der Gesetzgeber hier zugunsten des Gläubigers mitgedacht hat.

    Dem würde ich so auch folgen, wobei ich auch Bauchschmerzen hätte, freiwillige Zahlungen des Schuldners ohne Tilgungsbestimmung im Rahmen der Zwangsvollstreckung, in welcher ja der UH ohne Zinsen geltend gemacht wurde, auf mögliche Verzugszinsen zu verrechnen. Der Schuldner kann doch dann nur auf die geltend gemachten Forderungen zahlen, oder?

  • @BINI

    Im Rahmen freiwilliger Zahlungen kann der Schuldner m.E. zahlen, worauf er will und bei Zahlungen ohne Tilgungbestimmung gelten die §§ 366, 367 BGB.

    Bei unfreiwilliger "Leistung" des Schuldners i.R.d. Zwangsvollstreckung dürfte natürlich die Forderung getilgt werden, wegen der vollstreckt wird.

  • @BINI

    Im Rahmen freiwilliger Zahlungen kann der Schuldner m.E. zahlen, worauf er will und bei Zahlungen ohne Tilgungbestimmung gelten die §§ 366, 367 BGB.

    Bei unfreiwilliger "Leistung" des Schuldners i.R.d. Zwangsvollstreckung dürfte natürlich die Forderung getilgt werden, wegen der vollstreckt wird.



    Sehe ich genauso.

    Nur dürfte es um die Forderung gehen deretwegen vollstreckt wird...:flucht:

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Wenn ein Titel "ohne Zinsen" vorliegt und der Schuldner Zahlungen leistet, ist dies so auszulegen, dass er nur das zahlen will, was im Titel steht. Wird die Zwangsvollstreckung aus dem Titel betrieben, gilt das erst recht.

  • Wenn ein Titel "ohne Zinsen" vorliegt und der Schuldner Zahlungen leistet, ist dies so auszulegen, dass er nur das zahlen will, was im Titel steht. Wird die Zwangsvollstreckung aus dem Titel betrieben, gilt das erst recht.


    sehe ich auch so.

    entgegen Chicks Aussage (und Ernstls Zustimmung) eben auch für freiwillige Zahlungen, weil er doch wohl seine Schuld bezahlen will.

  • Es ist letztlich auch im Interesse des Schuldners unnötige zusätzliche Kosten, die mit der Titulierung etwaiger Zinsen verbunden wären, einzusparen. Von daher sehe ich die Sache unverändert.

    Es kommt durchaus vor, dass z. B. Schuldner nach Titulierung eines Teiles der Forderung eine Rückzahlungsvereinbarung über die gesamte Schuld treffen, die auch eine Verzinsung beinhaltet.

  • @Eden und @Bine1

    Eine Tilgungsbestimmung des Schuldners kann natürlich auch konkludent erfolgen. Allerdings muss dann m.E. schon mehr vorliegen als nur der Umstand, dass es für den Schuldner günstiger ist, vorrangig die Hauptschuld zu tilgen. Wenn ich konkludentes Verhalten immer dann schon unterstellen dürfte, wenn eine entsprechende Erklärung für den Erklärenden günstig ist, dann gäbe es keinen Kaufvertrag ohne verlängerten und erweiterten Eigentumsvorbehalt (dass das nicht so ist, weiss ich seit meinem kleinen BGB-Schein :oops:).

    Die §§ 366, 367 BGB sind nun mal an den Interessen des Gläubigers orientiert, nicht an denen des Schuldners. Die Kommentierung im MüKo ist hier sehr aufschlussreich.

  • aber wenn der titulierte Unterhaltsbetrag monatlich bezahlt wird (von mir aus 2-5 Tage zu spät, aber eben genau der Betrag) gehe ich doch davon aus, dass der Betrag als solcher bezahlt werden wollte :confused:

    und die Verrechnung entsprechend vorgenommen werden soll.

  • aber wenn der titulierte Unterhaltsbetrag monatlich bezahlt wird (von mir aus 2-5 Tage zu spät, aber eben genau der Betrag) gehe ich doch davon aus, dass der Betrag als solcher bezahlt werden wollte :confused:

    und die Verrechnung entsprechend vorgenommen werden soll.



    Für diese Argumentation könnte man sich zumindest auf die BGH-Rechtsprechung zur Aufbringung der Stammeinlage bei der GmbH stützen. Danach entfaltet auch eine ohne Tilgungsbestimmung vom Gesellschafter vorgenommene Zahlung Tilgungswirkung hinsichtlich der Einlage, wenn der Betrag der Einlageschuld entspricht und keine andere Verbindlichkeit bestand, auf die die Zahlung sonst passen könnte.

    Wäre einen Versuch wert - Rückschluss auf eine konkludente Tilgungsbestimmung aus dem Zahlungsbetrag.

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