"Rechtliche Beratung" für Betreuer

  • Ich möchte hier mal aus konkretem Anlass etwas Grundsätzliches anfragen:

    Ein Berufsbetreuer - Sozialarbeiter - meldet sich bei mir und teilt mit, sein Betreuter habe geheiratet und die neue Perle habe ihn als erstes gefragt, ob sie da nicht so einen Taschengeldanspruch gegen den Betreuten habe.
    Der Betreuer bittet "diesbezüglich um eine rechtliche Würdigung" meinerseits.
    Selten wurde der Wunsch nach rechtlicher Beratung so deutlich und unverblümt ausgesprochen wie hier, aber letztlich ist der Wunsch nach rechtlicher Beratung bei uns täglich Brot.

    Natürlich halte ich es für die Pflicht des Vormundschaftsgerichts, den Betreuer in seiner Arbeit zu unterstützen und zu beraten. Ich meine aber, das ich auch als Vormundschaftsgericht darauf zu achten habe, dass ich die Grenzen zur Rechtsberatung nicht überschreite (allenfalls ein kleines bißchen dehne...)

    Wie haltet ihr es mit dem Spagat zwischen Beratung und Rechtsberatung?

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Wenn das Gericht einen Sachverhalt (gleich welchen und gleich ob einfach oder extrem schwierig) rechtlich würdigt und dem Betreuer hierzu seine Rechtsauffassung mitteilt, kann es sich schon begrifflich nicht um eine Rechtsberatung handeln, weil das Gericht damit in erster Linie eigene Aufgaben erfüllt.

    Die Frage nach dem "Spagat" zwischen Beratung und Rechtsberatung ist daher dahingehend zu beantworten, dass dieser Spagat nicht existiert.

  • ich würde an einen anwalt verweisen. wir haben hier eine direkte anweisung von "oben" (direx) bekommen, keine rechtsberatung zu erteilen. und ich meine, dass dieser fall auch nicht zu aufsichtspflicht des vormundschaftsgerichts gehört. im zweifel, wenn man das falsche sagt, macht man sich ggü. dem betreuer noch regresspflichtig. hier ist eine rpfl.in verklagt worden, weil sie angeblich eine falsche rechtsauskunft erteilt hat, aus der ein schaden entstanden ist.

  • Sehe ich ähnlich.
    Eine rechtliche Würdigung (d.h. ich sage ob ich denke dass das so oder so ist) und eine Rechtsberatung (ich sage, wie er sich verhalten soll) sind zwei verschiedene Sachen. Ersteres geht, zweiteres eher nicht.

  • Nach § 1837 BGB obliegt dem Gericht Beratung und Aufsicht der Vormünder/Betreuer
    Dies beinhaltet m. E. aber nur die Beratung und Beratschlagung bei praktischen Fragen (Führung Vermögensverzeichnis, oder "Was muss ich machen wenn..."), oder Hilfestellungen, an welche Ämter sich der Betreuer wenden kann/muss.
    Nach meiner Ansicht sind wir nicht dazu da, rechtliche Hinweise oder Ratschläge zu geben. Denn wir sind nicht befugt dazu und (zumindest in manchen Fällen) auch nicht befähigt, verbindliche Auskünfte zu geben.

    Da muss wohl der Betreuer zum Anwalt gehen. Er kann ja evtl für seinen Betreuten Beratungshilfe bekommen. Diesen Tipp können wir selbstverständlich im Rahmen unserer Aufsichtspflicht geben...

    ich weiß aber, wie schwierig es ist, nicht in die Rechtsberatung abzugleiten. Und noch schwieriger ist es, zumindest den ehrenamtlichen Betreuern zu verklickern, dass wir ihnen da nicht so weiterhelfen können, wie sie das möchten (zumal ein älterer Kollege sehr gern mal "unverbindlich" beratend tätig wird...

  • Bei einem Berufsbetreuer bin ich da sehr zurückhaltend. Das nimmt sonst Überhand.
    Mein Metzger frägt ja auch nicht, wie er ein Schwein zu schlachten hat.

  • Das sehe ich nicht so eng wie rpfl. nds in #5. Das VG hat zu beraten - § 1837 I BGB -. Es ist natürlich nicht immer in der Lage, komplizierte Sachverhalte rechtlich zu würdigen, sonst wären wir lauter kleine BGH's.
    Aber über die gegenseitige Unterhaltspflicht bei Ehegatten - § 1360 BGB - aufzuklären, halte ich für ohne weiteres möglich. Ich würde mich nie dazu verleiten lassen, den Taschengeldanspruch konkret zu beziffern, aber den abstrakten Hinweis würde ich geben.

  • man kann ja sagen, dass es sowas gibt, aber wenn er nähere infos will, und insbesondere die würdigung der konkreten umstände, ob und wieviel er zahlen müsste, da würde ich in jedem fall an anwaltliche hilfe verweisen.


  • Aber über die gegenseitige Unterhaltspflicht bei Ehegatten - § 1360 BGB - aufzuklären, halte ich für ohne weiteres möglich. Ich würde mich nie dazu verleiten lassen, den Taschengeldanspruch konkret zu beziffern, aber den abstrakten Hinweis würde ich geben.



    Genau so habe ich es im vorliegenden Fall übrigens gemacht.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!