Noch nicht gezeugte Erben

  • Hallo liebe Kollegen/Kolleginnen,

    ich habe folgendes gemeinschaftliches Testament:

    "Wir setzen uns gegenseitig zu alleinigen befreiten VE ein.
    NE nach dem Überlebenden soll sein der Sohn J.
    Als ErsNE für J setzen wir ein unser Enkelkind S und etwa noch weiter geborene Kinder unseres Sohnes J zu gleichen Teilen."

    Ein Erbschein nach dem Zuerstverstorbenen wurde nicht beantragt, ich habe jetzt einen Erbscheinsantrag nach dem Überlebenden, Alleinerbin soll sein S. Der Sohn J hat die Erbschaft ausgeschlagen.

    Ich habe jetzt das Problem, die weiteren bisher weder geborenen noch gezeugten Kinder in den Erbschein zu kriegen.
    Mithilfe OLG Köln, Rpfleger 1992, 391 f. habe ich mir folgende Formulierung überlegt:

    "... ist zu gleichen Teilen beerbt worden von S und den weiter geborenen Kindern des J.
    Der genaue Erbanteil ist derzeit nicht bestimmbar.
    Es ist NE angeordnet für den auf die nachgeborenen Kinder entfallenden Bruchteil.
    Eintritt des NE-Falles ist deren Geburt."

    Oder bin ich hier auf dem Holzweg? :confused:
    Kennt jemand noch eine andere Entscheidung zu diesem Thema bzw. hattet Ihr überhaupt schon einmal ein solches Testament?

    Vielen Dank!

    Wir taumeln durch die Straßen, so als wären wir jung und schön.

  • 1. Erbfolge nach dem erstverstorbenen Ehegatten

    Der Nacherbfall ist im vorliegenden Fall durch das Ableben des überlebenden Ehegatten eingetreten. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bestimmung der Person der Nacherben ist nach den testamentarischen Bestimmungen der Nacherbfall (Nachnacherbfolge wurde ja nicht angeordnet!).

    Der zum alleinigen Nacherben berufene Sohn hat die Erbschaft ausgeschlagen. Damit sind seine im Zeitpunkt des Nacherbfalls vorhandenen Abkömmlinge zu gleichen Anteilen zu (Ersatz)Nacherben berufen (vorliegend wohl S als alleiniger Nacherbe). Als weitere Nacherben kommen somit nur noch Abkömmlinge des Sohnes in Betracht, die im Zeitpunkt des Eintritts des Nacherbfalls bereits gezeugt, aber noch nicht geboren sind. Insoweit genügt für das Erbscheinsverfahren eine Erklärung (am besten als Bestandteil der abzugebenden eidesstattlichen Versicherung!), wonach die Ehefrau des Sohnes im Zeitpunkt des Eintritts des Nacherbfalls kein Kind erwartete. Eine Bescheinigung des Frauenarztes der Ehefrau zu verlangen, würde wohl entschieden zu weit gehen.

    Die später gezeugten und geborenen Abkömmlinge des Sohnes gehen damit leer aus. Aber anders kann man das Testament m.E. nicht interpretieren, weil aufgrund der angeordneten Ersatzerbfolge nichts für die Anordnung einer Nachnacherbfolge spricht. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bestimmung der Person der Nacherben ist somit der Eintritt des Nacherbfalls.

    2. Erbfolge nach dem überlebenden Ehegatten

    Der zum Nacherben des erstversterbenden Ehegatten eingesetzte Sohn ist im Zweifel auch Alleinerbe des überlebenden Ehegatten, weil er als Ersatzerbe für den erstverstorbenen Ehegatten anzusehen ist (§ 2102 I BGB). Durch dessen Ausschlagung sind nun wieder die im Zeitpunkt des Ablebens des überlebenden Ehegatten vorhandenen oder bereits gezeugten Abkömmlinge des Sohnes als weitere Ersatzerben zu Erben des überlebenden Ehegatten berufen. Es gilt somit im Ergebnis nichts anderes wie in Ziffer 1).

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