Festsetzung nach Aufhebung

  • Sicherlich besteht ein Unterschied zwischen Bewilligung und Beiordnung. Allerdings ist eine Beiordnung immer an eine Bewilligung geknüpft. Wenn die PKH jedoch aufgehoben ist, sprich eine Bewilligung nicht mehr vorliegt, kann ab diesem Zeitpunkt auch keine Beiordnung mehr gegeben sein, mit der Folge, dass Gebühren, die nach der Aufhebung der PKH erstmals entstanden sind, zwar entstanden seien mögen, jedoch seitens des RA nicht mehr ggü. der Landeskasse abgerechnet werden können, da sie nicht (mehr) von einer PKH-Bewilligung und der damit zusammenhängenden Beiordnung abgedeckt sind.

    Den Hinweis auf § 54 RVG verstehe ich nicht.Er verwirrt mich. Einen solchen Fall haben wir doch vorliegend nicht, oder ?



    § 54 RVG stellt eine Ausnahme dar - will sagen diese Gründen befreien die Landeskasse von Ihrer mit der Beiordnung eingegangenen Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Anwalt. Weitere Ausnahmen finde ich nicht im RVG.
    Noch ein Gedanke, wenn das (m.E. zutreffende) Argument Vertrauensschutz nicht überzeugt:
    Handelt es sich bei der Beiordnung um einen Vertrag, der nicht einseitig rückwirkend aufgehoben sondern nur für die Zukunft aufgekündigt werden kann?

  • Weil ich die letzten Tage drüber gestolpert bin, hier nochmals eine aktualisierte Zusammenstellung der Fundstellen dieses Threads zzgl. weiterer. Jeweils ergänzt um die Aktenzeichen für einen evtl. Schnellzugriff

    Zöller/Philippi, ZPO, 27. A., § 124 Rn. 25 unter Hinweis u. a. auf OLG Köln, Beschluss 21.03.2005, 14 WF 33/05, FamRZ 2005, 2007

    Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, PKH/VKH/BerH, 5. A., Rdn. 773, 855 unter Hinweis auf
    1. OLG Koblenz, Beschl. 24.04.1996, 13 WF 363/96, FamRZ 1997, 755; 2. OLG Düsseldorf, Beschl. 04.05.1982, 10 W 50/82, Rpfleger 1982, 396;
    3. OLG Zweibrücken, Beschl. 03.11.1983, 2 WF 163/83, 2 WF 168/83, Rpfleger 1984, 115;
    4. OLG Hamburg, Beschl. 09.02.1983, 16 WF 1/83, JurBüro 1983, 720;
    5. KG, Beschl. 06.12.1983, 1 WF 4843/83, JurBüro 1984, 1417

    Zimmermann, PKH, 3. A., Rz 488

    Schoreit/Groß, BerH/PKH/VKH, 10. A., § 124 ZPO, Rn. 32 wohl auch
    Thomas-Putzo, Anm. 3 zu § 124

    Anders ist die Sache lt. den vorgenannten Kommentaren nur zu sehen, wenn der RA den falschen Sachvortrag (mit)veranlasst hat (LAG Düsseldorf, Beschl. 08.02.1990, 7 Ta 421/89, JurBüro 1990, 763).

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Möchte mich hier mit meinem Fall mal anschließen:

    VKH-Bewilligung bei Beiordnung erfolgte und Einlegung der Beschwerde gegen den Bewilligungsbeschluss durch Revisor im laufenden Hauptverfahren (wegen unrichtiger Angaben der VKH-Partei)

    Falls der Beschwerde entsprochen wird, hat der RA dann noch Anspruch gegen die Staatskasse auf die bis zum Zeitpunkt der Aufhebung entstandenen Gebühren? :gruebel:

  • Möchte mich hier mit meinem Fall mal anschließen:

    VKH-Bewilligung bei Beiordnung erfolgte und Einlegung der Beschwerde gegen den Bewilligungsbeschluss durch Revisor im laufenden Hauptverfahren (wegen unrichtiger Angaben der VKH-Partei)

    Falls der Beschwerde entsprochen wird, hat der RA dann noch Anspruch gegen die Staatskasse auf die bis zum Zeitpunkt der Aufhebung entstandenen Gebühren? :gruebel:

    Die Aufhebung bringt bereits begründete Honoraransprüche des beigeordneten Rechtsanwalts gegen die Staatskasse (grundsätzlich) nicht zum Erlöschen, vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 32. Auflage, Rnr. 25 zu §124.
    Ausnahmen bestehen z.B., wenn der Rechtsanwalt bei der Irreführung des Gerichts mitgewirkt hat.

    Ich schließe mich in solchen Fällen (Zähne knirschend) dem Zöller an und zahle auf eine Liquidation noch aus. Die Gegenmeinung ist m.W.n. auch populär, allerdings kann ich dazu im Moment keine Fundstellen nennen.

    Fröhliche Weihnachten,
    Schneewittchen

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  • Ich habe gerade einen interessanten Fall zu bieten:

    Aufhebung der PKH (mit Beiordnung eines RA) erfolgte durch den Richter im laufenden Verfahren (wegen Verschweigens von Vermögenswerten). Das Hauptsacheverfahren ist auch noch nicht beendet.

    Problem:

    Der Aufhebungsbeschluss wurde dem beigeordneten RA nicht zugestellt, sondern lediglich der PKH-Partei. Diese hat ihrem RA wohl die Aufhebung verschwiegen und der beigeordnete RA ist zur Verhandlung erschienen.

    Nunmehr liegt ein entsprechender Antrag auf Vergütungsvorschuss im Rahmen der PKH vor, natürlich auch mit der nach Aufhebung entstandenen Terminsgebühr.

    Auf entsprechenden Hinweis an den RA wandte dieser ein, von der Aufhebung nichts zu wissen. Der Richter ließ den Beschluss nunmehr dem RA zustellen.

    Was mache ich jetzt mit dem Vergütungsantrag? :gruebel:

    Einmal editiert, zuletzt von Frog (11. Oktober 2019 um 15:25) aus folgendem Grund: Rechtschreibfehler

  • Lt. Zöller Rz. 26 bei § 127 ZPO ist der beigeordnete Anwalt nicht beschwerdeberechtigt bezüglich des Aufhebungsbeschlusses. Damit müßte der Beschluß mit der nach Zustellung an die Partei irgendwann eintretenden Rechtskraft auch gegen (eigentlich lt. Zöller ja wohl für) ihn wirken. Selbst wenn er tatsächlich keine Kenntnis hatte. Dann wäre die Terminsgebühr abzusetzen.

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  • Danke für deinen Beitrag. Um die Problematik zu verdeutlichen, muss ich meine Ausführungen wohl noch etwas ergänzen:

    Der beigeordnete RA hat (nachvollziehbar) eingewandt, dass die Zustellung bereits nach Erlass des Aufhebungsbeschlusses hätte an ihn erfolgen müssen. Er verweist auf BGH, Beschluss vom 8. Dezember 2010 - XII ZB 38/09. Wegen der unterlassenen Zustellung an ihn läge ein Verstoß gegen § 172 ZPO vor und somit wäre der Beschluss nicht wirksam und erst recht nicht rechtskräftig geworden.

    Er geht davon aus, dass eine Wirksamkeit der Aufhebung erst später (mit der Nachholung der Zustellung an ihn) eingetreten sei. Somit habe zur Zeit des Termins noch keine wirksame Aufhebung der PKH vorgelegen, so dass ein Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse auch für die Termingsgebühr bestehe.

    (Beschwerde gegen die Aufhebung der PKH wurde übrigens nicht eingelegt.)

  • Ich seh es wie der betroffene Kollege. Zumal das Verfahren noch läuft, es geht hier ja nicht um Überprüfung im 4-Jahres-Zeitraum. Wie kann denn im laufenden Verfahren eine Zustellung nicht an ihn selbst vorgenommen werden? Mit der Beiordnung erwirbt der RA einen Anspruch unmittelbar gegen die Staatskasse, weil er hoheitlich in Anspruch genommen wird. Wenn man ihm diesen Anspruch wieder entziehen will, muss er doch wohl im Verfahren beteiligt werden.

  • Ich sehe die Sache selbst aus Revisorensicht wie der betroffene RA und (im Ergebnis) wie #49.

    Die Aufhebung wird nicht rückwirkend angeordnet worden sein, sodass sie - bei nicht verkündetem Beschluss - erst mit mit Zustellung wirksam wird.
    Wenn denn der betroffene RA damals für die Mandantschaft den PKH-Antrag gestellt und damit die PKH-Partei auch im Bewilligungsverfahren vertreten hat, so muss ihm in konsequenter Beachtung der BGH-Rechtsprechung (und auch der der Bundesgerichte der Fachgerichtsbarkeiten) wegen § 172 ZPO - allerdings nicht wegen Beteiligung aus eigenem Recht ! - auch der Aufhebungsbeschluss zugestellt werden und wird erst mit Zustellung wirksam.

    Da (wirksame) Zustellung des Aufhebungsbeschlusses erst nach Termin erfolgte, ist die Terminstätigkeit noch von der Beiordnung gedeckt und muss die TG aus der Staatskasse gezahlt werden.

    Und bei der Sollstellung der Vergütung gegen die (ex-)PKH-Partei schön daran denken, der Einziehungsbehörde gleich die verschwiegenen Vermögenswerte mitzuteilen. :teufel:

  • Ich sehe die Sache selbst aus Revisorensicht wie der betroffene RA und (im Ergebnis) wie #49.

    Die Aufhebung wird nicht rückwirkend angeordnet worden sein, sodass sie - bei nicht verkündetem Beschluss - erst mit mit Zustellung wirksam wird.
    Wenn denn der betroffene RA damals für die Mandantschaft den PKH-Antrag gestellt und damit die PKH-Partei auch im Bewilligungsverfahren vertreten hat, so muss ihm in konsequenter Beachtung der BGH-Rechtsprechung (und auch der der Bundesgerichte der Fachgerichtsbarkeiten) wegen § 172 ZPO - allerdings nicht wegen Beteiligung aus eigenem Recht ! - auch der Aufhebungsbeschluss zugestellt werden und wird erst mit Zustellung wirksam.

    Da (wirksame) Zustellung des Aufhebungsbeschlusses erst nach Termin erfolgte, ist die Terminstätigkeit noch von der Beiordnung gedeckt und muss die TG aus der Staatskasse gezahlt werden.

    ....


    Den Hinweis auf die nicht rückwirkende Anordnung der Aufhebung verstehe ich nicht. Dürfte aber in dem Sinne keine Rolle spielen. So oder so musste der Beschluss nach § 329 II 2 ZPO wegen der Beschwerdefrist zugestellt werden.

    Hinsichtlich einer Entscheidung bin ich noch hin und her gerissen. Zur Problematik der nicht begonnenen Beschwerdefrist, wenn die Zustellung an den Prozessbevollmächtigten unterblieben ist, findet man für PKH-Überprüfungsverfahren ja einiges an Rechtsprechung.

    Keiner Entscheidung konnte ich jedoch etwas zur Wirksamkeit des Aufhebungsbeschlusses entnehmen, wenn die Zustellung unter Verstoß gegen § 172 ZPO erfolgte.

    In mir vorliegenden Kommentaren zum § 329 ZPO lese ich zum einen:
    "Mängel in der Zustellung hindern die Wirksamkeit des Beschlusses nicht. Allerdings beginnen die Fristen, die an die Zustellung geknüpft sind, nicht zu laufen. § 189 ist anwendbar."
    (BeckOK ZPO/Bach, 34. Ed. 1.9.2019, ZPO § 329 Rn. 26)

    Einem weiteren Kommentar (Prütting / Gehrlein: ZPO Kommentar, 11. Auflage 2019, Rn. 5) ist Folgendes zu entnehmen:

    "Handelt es sich dagegen um Beschlüsse, die zuzustellen sind, werden sie bereits mit der Zustellung an eine Partei wirksam (Musielak/Voit/Musielak § 329 Rz 8; Schneider NJW 78, 833 [OLG Nürnberg 22.12.1977 - 7 WF 129/77])." und "Insgesamt gilt, dass Verkündungs- oder Zustellungsfehler bei Beschlüssen nur dann deren Unwirksamkeit zur Folge haben, wenn gegen wesentliche, die Verlautbarung betreffende Vorschriften verstoßen wird. Verkündungs- oder Zustellungsmängel führen daher nur selten zur Unwirksamkeit des Beschlusses (Musielak/Voit/Musielak § 329 Rz 11)."

    Die Folge scheint also zu sein, dass seit der Zustellung an die PKH-Partei ein wirksamer Aufhebungsbeschluss vorlag (und dementsprechend ab diesem Zeitpunkt ein Vergütungsanspruch des beigeordneten RA gegen die Staatskasse für später anfallende Gebühren nicht mehr bestand)? :gruebel:

    Hat jemand vielleicht noch etwas konkretere Rechtsprechung oder Kommentierung zur Hand?

  • Habe ich leider nicht, aber der Kreis zu #46 schließt sich damit...
    (und bevor ich Schläge bekomme: Ich sage ja nicht, daß mir das Ergebnis unbedingt gefällt. Aber das ist gelegentlich so, selbst wenn es richtig ist.)

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