§ 850 f ZPO oder § 100 InsO????

  • Verbraucherinsolvenzverfahren: Die pfändbaren Beträge der Schuldnerin werden jeden Monat an den TH abgeführt. Nun führt die Schuldnerin folgende Gründe an weshalb sie mehr Geld pfandfrei braucht:
    1) sie pendelt jeden Tag 84 km
    2) sie musste einen neue Waschmaschine erwerben .....

    :nixweiss: Zunächst einmal würde mich grundsätzlich interessieren, ob § 850 f ZPO überhautpt Anwendung finden kann oder ob das ausschließlich über § 100 InsO geregelt wird (am Freitag ist ausserordentliche Gläubigerversammlung und keiner wird kommen, das ist sicher). Wenn ich über § 100 InsO gehen muss, was mach ich dann, wenn keiner mitspielt ...? :(

    Ist nach dem neuen "Sozialhilferecht" eine Waschmaschine tatsächlich ein aus den monatlichen 345 € zu "ersparendes" Luxusgut?? :gruebel:

    Ich bin zu doof :behaemmerund die Luft wird langsam knapp, also lasst bitte ein paar Geistesblitze lesen ..... DAAAAANKE!

  • Wegen der Entfernung zum Arbeitsplatz: § 850f, problemlos.
    Waschmaschine ist ja ein einmaliger Betrag, der ist nicht im § 850f, denn da geht es um (dauerhafte) Erhöhung des pfändbaren Anteils des Einkommens, eine Einmalanschaffung ist nicht vorgesehen.
    Wir haben früher auch mal Anschaffung aus der Masse bewilligt, haben aber einen Denkwechsel vollzogen, mangels Grundlage nicht nach § 850f.
    Wenn nun die Gläubigerversammlung zustimmt, ok, dann nach § 100.
    Wenn niemand kommt, dann würde ich wohl vorliegend angemessen wegen Pendeln erhöhen, die Waschmaschine zurückweisen.

  • @Hego
    42 km einfache Entfernung *sorry*

    Naja der Schuldner muss nachweisen, dass der notwendigem Unterhalt nicht gedeckt ist und dann muss ich doch über den Mindestbedarf nach SGB nachdenken - oder net?? :oops:

  • Stichwort Vergleichsberechnung?
    Die muss dann aber auch der Schuldner mit seinem Vortrag beibringen.
    Dann gibts die Waschmaschine aber sicher nicht, denn die hat er sich dann anzusparen.

  • @Hego
    42 km einfache Entfernung *sorry*

    Naja der Schuldner muss nachweisen, dass der notwendigem Unterhalt nicht gedeckt ist und dann muss ich doch über den Mindestbedarf nach SGB nachdenken - oder net?? :oops:



    Das gehört doch nur zu Bustabe a). wenn er unterhaltsrechliche Gründe angibt. Z.B. gehören zu den Personen ggs. auch Personen, denen er Unterhalt zu gewähren hat, aber nicht auf gesetzlicher Grundlage. Anders der Buchstabe c), der stellt auf die gesetzlichen Grundlagen ab.

    Aber:

    Buchstabe b) hat nur mit den besonderen persönlichen oder beruflichen Verhältnissen zu tun und nichts mit den Sozialhilfesätzen.

    Wenn ein Schuldner auch mit hohem Einkommen mit der Entfernung kommt, dann ist das Grund genug. Ob er über den Sozialhilfesätzen liegt ist unbeachtlich.

  • Wegen der Entfernung zum Arbeitsplatz: § 850f, problemlos.
    Waschmaschine ist ja ein einmaliger Betrag, der ist nicht im § 850f, denn da geht es um (dauerhafte) Erhöhung des pfändbaren Anteils des Einkommens, eine Einmalanschaffung ist nicht vorgesehen.
    Wir haben früher auch mal Anschaffung aus der Masse bewilligt, haben aber einen Denkwechsel vollzogen, mangels Grundlage nicht nach § 850f.
    Wenn nun die Gläubigerversammlung zustimmt, ok, dann nach § 100.
    Wenn niemand kommt, dann würde ich wohl vorliegend angemessen wegen Pendeln erhöhen, die Waschmaschine zurückweisen.



    Das verstehe ich nicht. Warum sollte keine Rechtsgrundlage in § 850f ZPO für einmalige Anschaffungen liegen ? Wenn es ein besonderes Bedürfnis aus persönlichen Gründen ist, kann es auch ein Einmalbetrag sein. Das ist doch überhaupt kein Problem (vgl. auch z.B. Zöller/Stöber: ZPO, § 850f, Rn. 4). Warum sollte es bei § 850f nur um dauerhafte Erhöhung gehen ?

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Vielleicht weil der Schuldner die Waschmaschine bei M*d*a M*r*T oder r**l auf Raten kaufen könnte und somit eine zeitlich begrenzte aber doch irgendwie monatliche Berücksichtigung erfolgen könnte:gruebel:

  • Habe eine angestellten Zahnarzt, der 850f ZPO beantragt für Fortbildungsseminare zur Erzielung der gesetzlich vorgeschriebenen Pflichtpunkte. Ausgaben in Höhe von 170,-- Euro für dieses Jahr kann er bereits nachweisen, aber er will als Pauschale noch mal 2000,-- Euro bei der Berechnung des unpfändbaren Teils des Einkommens mit berechnet haben. Eine entsprechende Bestätigung des Steuerberaters hat er ebenfalls mit vorgelegt.

    Ich tendiere ja dazu diesem Antrag bzgl. der 2000,-- Euro nicht stattzugeben.

    Hatte jemand schon mal sowas?

    :gruebel:

  • Wenn ich mich recht erinnere, laufen bei "meinem" derzeitigen Arzt die Fortbildungskosten als Betriebsausgaben - sind ja auch steuerlich absetzbar - weshalb gar keine Diskussion über § 850f aufkommt.

    (I.Ü. werden Medizinerseminare doch ohnehin zumeist uneigennützig von der Pharmaindustrie finanziert.)


  • Also, ich hatte zwei Handeslvertreter, die 850f bei mir beantragt haben. 1 ist durch, der andere ist jetzt beim LG wegen RM gegen meine Abänderung.
    Ich würde mir die Fortbildungsseminare (Termine, Preise, etc.) genau darlegen lassen, Teilnahmebestätigungen bzw. Avisierungen sollten ebenfalls vorliegen. Sonst kann er ja das blaue vom Himmel herab erfinden. Und die jeweils notwendigen Kosten soll er ebenfalls darlegen können, Jahresmittelwert für den mtl. Betrag errechnen. Dann könnte man über eine positive Entscheidung nachdenken...

    Fällt mir noch was ein: Erstattung durch den Arbeitgeber?

  • Hm, wenn gesetzlich vorgeschrieben, dann wird man um die Aufwendungen nicht herumkommen, aber nicht pauschal einfach mal so 2.000,- €.
    Wenn dann mit entsprechendem Einzelnachweis.

  • Je nach Einzelnachweis einen einzelnen Beschluss machen.
    Ja, das ist nervig, aber eine verallgemeinende Entscheidung kommt mA nicht in Betracht, ausser die GlVs. würde nach § 100 entscheiden, was ich mir irgendwie nicht vorstellen kann.

  • Hm, wenn gesetzlich vorgeschrieben, dann wird man um die Aufwendungen nicht herumkommen, aber nicht pauschal einfach mal so 2.000,- €.
    Wenn dann mit entsprechendem Einzelnachweis.



    Auch klar, aber wie soll man das in einem Beschluss fassen?


    z. B. so:
    wird der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom ____ auf Antrag des Schuldners gemäß § 850f ZPO dahingehend abgeändert, dass dem Schuldner nun nicht mehr gem. der Tabelle des § 850c ZPO , sondern ein monatlicher Betrag in Höhe von XXXX EUR (zzgl. der Umsatzsteuer auf die steuerpflichtigen Umsätze) pfandfrei zu belassen ist.

    Die weiteren Bestimmungen bleiben unberührt.

    Der Schuldner hat durch Vorlage einer Bedarfsberechnung des Sozialamtes nachgewiesen, dass er einen Betrag von YYY € dringend zum Bestreiten des notwendigsten Lebensunterhalts benötigt. (Dazu wurden aus der Umsatzsteuerabrechnung des erstem Quartals 2007 monatliche Durchschnittskosten von ABC € errechnet.) Außerdem ist die tituliere Unterhaltsforderung für die getrenntlebende Gattin und ein Kind in Höhe von 736 € und 389 € eingerechnet worden (AG XY ____ v. ______).

    Überwiegende Belange der Gläubigerin sind weder von dieser vorgetragen noch sonst ersichtlich.

    Die Kosten trägt der Schuldner, § 788 ZPO.

    Gegen den Beschluss ist das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde zulässig.

    Die USt.-Ergänzugen rühren aus der Tatsache, dass mein Schuldner Hdl.-Vertr. war/ist: ggf. weglassen. Hier hatte die Restfamilie Unterhalt eingeklagt.

    Vltt. hilfts...

  • z. B. so:
    wird der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom ____ auf Antrag des Schuldners gemäß § 850f ZPO dahingehend abgeändert, dass dem Schuldner nun nicht mehr gem. der Tabelle des § 850c ZPO , sondern ein monatlicher Betrag in Höhe von XXXX EUR (zzgl. der Umsatzsteuer auf die steuerpflichtigen Umsätze) pfandfrei zu belassen ist.

    ...



    Die Formulierung halte ich grundsätzlich für unzutreffend (obwohl das hier nichts ausmachen dürfte).

    Das Gericht bestimmt, dass von dem nach §§ 850c, 850d und 850i ZPO unpfändbaren Teil des AE ein weiterer Teil belassen wird....

    Der Bezug auf die Tabelle muss bestehen bleiben, nur der zusätzliche unpfändbare Betrag muss festgelegt werden.

    Wenn bei einer Pfändung des AE die Festsetzung - wie von Dir beschrieben - gemacht wird, kann das für den Drittschuldner zu Problemen führen.

    Beispiel:

    Alleistehender AN hat ein monatliches Nettoeinkommen von 1.200,00 €. Davon wären nach § 850c ZPO 150,39 € pfändbar, also 1.049,61 € unpfändbar. Der Rechtspfleger setzt nun fest, dass nicht mehr nach Tabelle sondern ein Betrag von 1.100,00 € pfandfrei zu belassen ist.

    Im Dezember bekommt der Schuldner Weihnachtsgeld in Höhe von 900,00 € netto. Nach Abzug des WFB beläuft sich das pfändungsrechtliche Nettogehalt im Dezember auf 1.600,00 €. Davon wären 430,39 € pfändbar, also 1.169,61 € unpfändbar (zuzüglich 500,00 € WFB).

    Bei Deiner Formulierung kommt der DS ins Schleudern, weil er nicht weiß, ob er nun die 1.100,00 € oder 1.169,61 € unpfändbar auszuzahlen hat.

    Natürlich darf der zusätzliche Schuldnerschutz nicht zum Nachteil des Schuldners gehen. Aber damit haben viele Arbeitgeber ein Problem, wenn der unpfändbare Betrag so wie von Dir beschrieben festgesetzt wurde.

    Ich bin auch der Meinung, dass die Festsetzung eines (mindestens) pfandfreien Betrages nur nach Buchstaben a) und c), nicht aber nach Buchstabe b) zulässig ist.

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