Gutachter-Entschädigung

  • Ein gerichtlich bestellter Gutachter lädt die Klägerin zur Untersuchung. Er nimmt sich dafür einen Vormittag frei, in dem er seine Praxis für andere Patienten geschlossen lässt.

    Die Klägerin erscheint unentschuldigt nicht zur Untersuchung.

    Hat der Arzt eine Möglichkeit, seinen Verdienstausfall am besagten Vormittag gegenüber der Landeskasse geltend zu machen ?

    Problem wäre dann aber auch, dass er über kein regelmäßiges Einkommen verfügt, so dass eine konkrete Höhe schlecht zu errechnen wäre.

    Ideen ?

  • Wir hatten mal einen ähnlichen Fall. Die Gutachterkosten ( Verdienstausfall aber nur nach dem JVEG) wurden von der Staatskasse erstattet, in dem abschließenden Urteil folgten diese Kosten nicht der Kostenentscheidung, sondern wurden der Klägerin auferlegt.

  • Oh,Oh, das ist bitter.
    Tatsache ist, dass der SV nicht gutachterlich tätig war.
    Auf alle Fälle würde ich ihm kein SV-Entschädigung erstatten.

    Aber es gab in grauer Vergangenheit durchaus die Meinung, dass ein Selbstständiger seine Tätigkeit auch nachholen kann.

    Ich mache ein Beispiel: ein Zeuge, der Bauer ist, kann sein Feld auch noch nach dem Termin bearbeiten.
    Ich muss gestehen, so eng habe ich das nie gesehen. Im extremsten Fall habe ich eine Versicherung/Bestätigung verlangt, dass der Betreffende gerade an diesem Tag Arbeiten hatte, die er nicht verschieben konnte.

    Etwas kritisch würde ich (wohl in Deinem Fall), wenn ein Arzt, in der sprechstundenfreien Zeit die Begutachtung angesetzt hatte. Wenn er z.B. jeden Mittwoch keine Sprechstunden hat, dann kann er, wenn der Kläger nicht erscheint, auch das tun, was er üblichwerweise an jedem Mittwoch auch in der Praxis tut (zB. Abrechnungen vorbereiten, Arztberichte schreiben)


    Kurz: Freundlich nachfragen, ob er aufgrund der ausgefallenen Untersuchung gehindert war, üblicherweise immer zu erbringende Tätigkeiten, die mit seiner Erwerbstätigkeit zusammenhängen, nicht durchführen zu können.

    Anm.: Wirklich nicht als Verwaltungsidiot reagieren. Gerade Gutachter sind soooo empfindlich, wenn da ein pupsiger Beamter nur ansatzweise sich erdreistet zu unterstellen, er habe vor sich an der Staatskasse gütlich zu tun.

  • Noch einmal nachgeschoben:

    Garfield: Versuche einmal an den Beschluss des LSG Niedersachsen
    (:D) vom 06.01.2000 - L 4 B 240/99 SF - heranzukommen.


    Dort sind einige interessante Ausführungen zu Verdienstausfall bei Ärzten und evtl. notwendigen Vertretungskosten.



  • Ist in Juris.

  • Tatsache ist, dass der SV nicht gutachterlich tätig war.
    Auf alle Fälle würde ich ihm kein SV-Entschädigung erstatten.

    Aber es gab in grauer Vergangenheit durchaus die Meinung, dass ein Selbstständiger seine Tätigkeit auch nachholen kann.



    Der Gutachter war aus reinem Jux und Tollerei in seiner Praxis, weil das zu seiner bevorzugten Freizeitbeschäftigung gehört und der Erholungswert ungemein hoch ist.
    Wer so denkt, sollte wenigstens einmal eine Monat lang als Freiberufler sein Geld verdienen und nicht alimentiert werden.


  • Der Gutachter war aus reinem Jux und Tollerei in seiner Praxis, weil das zu seiner bevorzugten Freizeitbeschäftigung gehört und der Erholungswert ungemein hoch ist.
    Wer so denkt, sollte wenigstens einmal eine Monat lang als Freiberufler sein Geld verdienen und nicht alimentiert werden.




    Beim Sachverhalt lesen wäre festzustellen gewesen, dass es sich um einen Arzt handelt. Diese haben angeblich ja soviel Schriftkram (die aufwändigen, geizigen Krankenkassen und unnötige Mitbehandlungsberichte usw.) und die lästigen Abrechnung zu machen. Das geht doch während der Praxiszeit nicht.
    Logischerweise entspricht es ja der Lebenswirklichkeit, dass im Falle eines ausgefallenen Termins der Sachverständige/Arzt dann dasitzt und Däumchen dreht und über die üble Sachverständigenentschädigung jammert und sinniert:teufel:

  • Beim Sachverhalt lesen wäre festzustellen gewesen, dass es sich um einen Arzt handelt. Diese haben angeblich ja soviel Schriftkram (die aufwändigen, geizigen Krankenkassen und unnötige Mitbehandlungsberichte usw.) und die lästigen Abrechnung zu machen. Das geht doch während der Praxiszeit nicht.
    Logischerweise entspricht es ja der Lebenswirklichkeit, dass im Falle eines ausgefallenen Termins der Sachverständige/Arzt dann dasitzt und Däumchen dreht und über die üble Sachverständigenentschädigung jammert und sinniert:teufel:



    Dann muss ich mir ja keine Gedanken mehr machen, wenn ich einmal einen Gerichtstermin vertrottele. Da handelt es sich ja nur um Richter, die ja in der Zeit bestimmt etwas anderes zu tun und sowieso keine festen Arbeitszeiten haben. Die anwesenden Rechtsanwälte können auch wieder zeitiger in die Kanzlei fahren und sich ihrer anderen Arbeit widmen. Keiner wird's dem Sachverständigen übelnehmen ?

    Hätte die Klägerin den Arzt als Privatgutacher beauftragt, könnte der Arzt nach § 642 BGB eine angemessene Entschädigung verlangen, wenn sie nicht erscheint. Warum soll die Klägerin priviligiert werden ?

    Demnächst muss ich damit rechnen, wenn ich zum Ortstermin fahre und keiner ist trotz ordnungsmäßer Terminsbenachrichtigung da, ich die Anfahrt und die verbrauchte Zeit nicht vergütet erhalte. Womöglich führe ich dann für den Ausflug noch Vergnügungssteuer ab und muss die Fahrt als privaten Verbrauch versteuern.

    Der Sachverständige hat nach JVEG einen Vergütungsanspruch für die verbrauchte Zeit, auch wenn er sie mit Warten verbringen muss.

    Vorsorgshalber sollte man bei Zubbel sich gleich einen Vertreter bestellen und die Klägerin in der Besenkammer begutachten, falls sie doch kommt.
    Zubbel sei nicht neidisch auf die Vergütung nach JVEG, rund 20 % bleiben einem Gutachter, der Rest geht für Kosten und Steuern drauf.

  • Once again...die von mir dargestellte Vergütungspraxis betrifft ärztliche SV, die i.d.R. neben der Praxis (in der Praxis) Gutachten erstellen.

    Ich kann inzwischen auf mehrere Tausend SV-Entschädigungen zurückschauen und in keinem einzigen Fall wurde die dargestellte Handhabung bisher aufgehoben.
    Im übrigen handelt es sich um Steuergeld (allein an unserem Gericht - mehrere Millionen EURO im Jahr), das nicht von den Klägern einzuziehen ist.

    Warum sollte ich neidisch sein? Ich bin doch ein zuviel verdienender pupsiger, nichts arbeitender Beamtenarsch.:D

    Ich frage mich, warum bestimmte Leutz bei solchen Diskussionen immer persönlich werden ...Schade

    Nein...ich neide es ehrlich nicht. Jeder in seinem Beritt. Leistung muss und wird auch vergütet; aber es muss auch was geleistet worden sein, was irgendwie mit der gutachterlichen Frage zu tuen hat. Mögliche Ersparnisse sind zu berücksichtigen.

    Ende der Diskussion von meiner Seite.

  • Jetzt kommt mal runter. Und was soll diese Neiddiskussion. Jeder von uns hat sich für eine Seite entschieden und muss, will damit leben. Nur mit dem Unterschied: wir sind selbstständige Dienstleister. Das heißt, wir arbeiten selbst und ständig und dienen. Und das auf eigene Rechnung. Und dass da ab und an mal bissel Schwund dabei ist, damit sollte man umgehen können. Weil: No risk, no fun. In diesem Sinne, kommt gut in die Betten......

  • Ich konnte es mir nicht verkneifen doch noch zu antworten.

    Im übrigen handelt es sich um Steuergeld (allein an unserem Gericht - mehrere Millionen EURO im Jahr), das nicht von den Klägern einzuziehen ist.



    Herrlich, niemand muss mehr Vorschuss für Gutachten zahlen - Herr Steinbrück kommt dafür auf.

    Freilich ist immer Schwund bei Privatgutachten. Bei der Festsetzung der JVEG-Stundensätze wurde der geringere Ansatz aber damit begründet, dass es bei Gericht kein Ausfallrisiko gäbe. Es ist nur skuril, welche Blüten manche Fantasie treibt. Ich denke nur an die Diskussion, auf wessen Kosten nun ein Belegexemplar anzufertigen ist. Von mir aus mach ich dieses auch auf eigene Kosten. Dann muss ich es aber auch nicht zur Erläuterung oder für Mehrausfertigungen bereit halten.

    Der Sachverständige soll Gehilfe des Gerichts sein. Warum schützt ihn das Gericht dann nicht angemessen und sagt: "Liebe Klägerin, entweder neuer Vorschuss, dann neues Spiel oder ab mit der Klage". Die §§ 642 und 649 BGB sind doch auch nicht unbillig. Wer nicht kommt, muss es sich leisten können. Der Architekt, dem der Auftraggeber aus Jux und Tollerei kündigt, darf doch auch fürs Nichtstun abrechnen, wenn er sich auf diese Aufgabe eingerichtet hatte. So wie von Zubbel vorgeschlagen wird der Gutachter, und damit das Gericht, zum Hampelmann gemacht.

    Bei 30 Sekunden verspäterer Einreichung eines Schriftsatzes geht es doch auch mit der Pünklichkeit. Mehr als einmal PKH oder Kostenbefreiung sollte es nicht geben.



  • Das ich unsachliche Beiträge provoziere, war nicht meine Absicht.

    @ Schätzer: Das Gutachten im Ausgangsfall war nach § 103 SGG von Amts wegen in Auftrag gegeben worden, es gibt hier daher nicht mal einen Klägervorschuss. Im sozialgerichtlichen Verfahren ist dies übrigens der Regelfall, da hier - aus größtenteils naheliegenden Gründen - die Untersuchungsmaxime gilt.

    Außerdem ging es mir in der Frage gerade darum, wie es ggfs möglich wäre, den Gutachter nicht als Depp dastehen zu lassen.

    Er hatte sich darauf eingestellt, ein gerichtliches Gutachten anzufertigen und die Klägerin ist nicht erschienen. Ich sehe hier die Haftung eher auf Seiten des Gerichts, da dieses ja den eigentlichen Auftrag erteilt hat. Anderseits halte ich Zubbels Argument, dass dem SV (dadurch, dass er andere Arbeiten erledigen konnte) möglicherweise gar kein größerer Nachteil (bis auf den Frust) entstanden ist, für vernünftig und nachvollziehbar.

    Ich sehe nur keine Norm, nach der der SV einen Anspruch geltend machen könnte, daher auch dieser Thread. Schadensersatz oder z.B. Treu und Glauben halte ich für zu weit hergeholt bzw. praxisfern. Deswegen hätten mich auch andere Praxiserfahrungen interessiert, da ich mir vorstellen konnte, dass dieses Problem öfters auftritt.

  • Einen direkten Verdienstausfall erhält der Gutachter nicht. Ich habe aber immer in Abstimmung mit dem Gutachter bei der Stundenzahl für das Aktenstudium und die Erstellung des Gutachtens großzügig über die allgemein gültigen Zeiten hinweggesehen (nach altem ZSEG-Recht). Aber auch im JVEG in § 8 Abs. 2 könnte dieser Weg eine Stütze (notwendige Wartezeit) finden. Mehr ist aber sicher nicht drin.

  • Zu Garfield: Wieso soll die Staatskasse dafür haften, dass ein Proband nicht zur Untersuchung erschienen ist?

    Der Sachverständige erhält gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 1 JVEG ein Honorar für seine Leistung. Das vergebliche Warten auf den Probanden ist aber keine Leistung in diesem Sinne, daher kann der Sachverstände dafür keine Vergütung fordern. Im übrigen hat es auch nicht die Staatskasse zu vertreten, wenn ein Proband nicht zu dem vom Gutachter angesetzten Termin erscheint. Es gehört zum "Geschäftsrisiko" des Sachverständigen, dass ein geladener Proband nicht zum Termin erscheint. Dem Sachverständigen bleibt es unbenommen, dem Probanden seine Ausfallzeit in Rechnung zu stellen. Das Gleiche gilt schließlich auch, wenn ein Patient nicht zum vereinbarten Termin erscheint.

  • Zu Garfield: Wieso soll die Staatskasse dafür haften, dass ein Proband nicht zur Untersuchung erschienen ist?

    Der Sachverständige erhält gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 1 JVEG ein Honorar für seine Leistung. Das vergebliche Warten auf den Probanden ist aber keine Leistung in diesem Sinne, daher kann der Sachverstände dafür keine Vergütung fordern. Im übrigen hat es auch nicht die Staatskasse zu vertreten, wenn ein Proband nicht zu dem vom Gutachter angesetzten Termin erscheint. Es gehört zum "Geschäftsrisiko" des Sachverständigen, dass ein geladener Proband nicht zum Termin erscheint. Dem Sachverständigen bleibt es unbenommen, dem Probanden seine Ausfallzeit in Rechnung zu stellen. Das Gleiche gilt schließlich auch, wenn ein Patient nicht zum vereinbarten Termin erscheint.



    Die Frage ist, ob sich der SV nicht gewissermaßen "in gutem Glauben" darauf verlassen kann, dass ein im gerichtlichen Verfahren bestellter Termin auch wahrgenommen wird.

    Tinamaria: In deinem Fall ist ja der Patient der unmittelbare Auftraggeber, hier ist es allederings das Gericht, der Kläger/Patient allenfalls mittelbar.

  • Zu Garfield: Wieso soll die Staatskasse dafür haften, dass ein Proband nicht zur Untersuchung erschienen ist?



    Das Gericht hat dem SV aber einen Auftrag erteilt und haftet natürlich als Auftraggeber und muss dem SV m.E. auch den Schaden ersetzen, wenn die Klägerin nicht erscheint.
    Und wenn unser Sozialstaat es zulässt, dass ein Gutachten ohne KV in Auftrag gegeben werden kann, muss der Staat den Schaden bezahlen und zusehen, dass meine Steuergelder wieder reinkommen.

  • Ja, richtig ..wie Krabbe schon schreibt, ist der Zeitaufwand der für Aktenstudium, Vorbereitung usw. angefallen und ohne Zweifel im Rahmen der Sachverständigenentschädigung zu erstatten.
    Hier haftet der Auftraggeber (Staat/Steuerzahler).
    Die Untersuchungszeit ist bei Gutachten i.d.R. der geringste Zeitaufwand.

    Wenn in diesem Zeitrahmen keine gutachterliche Tätigkeit erfolgte, spricht wenig dagegen dem SV auch die Höchstwentschädigung von 17,00 € zu erstatten. Er war ja allenfalls als sachverständiger Zeuge (er warte, begutachtet bzw. untersucht aber nicht) tätig.

    Sollte er die Untersuchung nachholen, dann erhält er wieder die SV-Entschädigung (im Mittel M2).

    Hat er die gepalnte Untersuchungszeit anderweitig genutzt, ist die Ersparniß gegenzurechnen.

    Soweit in den obigen Beiträgen Bausachverständige sich äußern ist ein anderer Sachverhalt gegeben. Auf nicht mehr habe ich hingewiesen.

    In der Reform von ZSEG zu JVEG hatte ich die Ehre ca 1000 Vergleichsberechnungen Verhältnis ZSEG/JVEG-Vergütung durchzuführen. Mir sind die Erhöhungen und tatsächlichen Auswirkungen der gesetzlichen Neuregelung bekannt. Einer Bewertung, wieviel die Neuregelung JVEG Sachverständigen/Zeugen gebracht hat, enthalte ich mich.

  • Bei allem Verständnis für den Sachverständigen: Es ändert nichts daran, dass er eine Vergütung nur für eine Leistung fordern kann. Daran fehlt es aber, wenn er nur wartet. Und nochmal: Die Staatskasse kann nichts dafür, wenn der Proband nicht erscheint, deshalb haftet sie auch nicht dafür. Im Übrigen darf davon ausgegangen werden, dass der Sachverständige nicht 8 Stunden reglos an seinem Schreibtisch verharrt, sondern die Zeit sinnvoll mit diversen Bürotätigkeiten ausfüllt, die ein Selbständiger so zu erbringen hat.

  • Ja, richtig ..wie Krabbe schon schreibt, ist der Zeitaufwand der für Aktenstudium, Vorbereitung usw. angefallen und ohne Zweifel im Rahmen der Sachverständigenentschädigung zu erstatten.
    Hier haftet der Auftraggeber (Staat/Steuerzahler).
    Die Untersuchungszeit ist bei Gutachten i.d.R. der geringste Zeitaufwand.



    Das mit der Untersuchungszeit war auch immer nur die absolute "Hilfskrücke", weil es hier von Obergerichten kaum Vorgaben gibt. Möglicherweise macht sich die Klägerin mit ihrem Nichterscheinen ersatzpflichtig. Hier könnte natürlich der Richter prüfen, ob die Kosten der "Säumnis", abweichend vom Grundsatz der Kostenfreiheit im Sozialrecht, doch durch die Klägerin zu tragen wären. Meiner Erinnerung nach ist das aber eine schwierige Geschichte über Mutwillenskosten oder so ähnlich?

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!