Kindesunterhalt - Masse ja oder nein?

  • Ein TH hat eine Schuldnerin, die aufgrund eines Titels rückständigen Eltern- und Kindesunterhalt für die Zeit vor Insolvenzeröfnung beanspruchen kann. Da der Kindesvater nicht zahlte, dafür aber eine Erbschaft machte, wurde noch vor Insolvenzeröffnung, der Erbanteil des KV gepfändet. Zu einer Auszahlung kam es jedoch nicht, da der Nachlass völlig ungeklärt war und auch die Anteile am Nachlass usw. Mittlerweile sind wir in der RSB-Phase, jetzt ist urplötzlich und unerwartet eine Abschlagszahlung aus dieser Pfändung geflossen, der TH beantragt Nachtragsverteilung. Die Schuldnerin möchte das Geld jedoch für sich.
    Problematisch ist der Kindesunterhalt. Bisher bin ich davon ausgegangen, dass dieser nicht Masse werden kann, da Anspruchsinhaber das Kind ist. Jetzt kommt mir der TH mit der Argumentation, die Kindesmutter sei schließlich in Vorleistung getreten (da der Vater nicht gezahlt hat) und der Anspruch sei daher auf die Schuldnerin übergegangen und damit massezugehörig. Argumentiert wird mit § 1607 Abs. 2 Satz 2 BGB. Ich halte das für sehr gewagt, würde aber gern eure Meinungen hören. Kleines Sahnehäubchen: Jetzt kommt auch noch das Jugendamt und will Geld sehen, da es in Vorleistung getreten ist (UVG). Inwieweit sich die Zeiträume, für die gepfändet wurde, und die Leistungszeiträume des Jugendamts überschneiden, ist noch unklar.
    Komischer Fall, aber ich bin dankbar für jede Meinung.

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Inwieweit sich die Zeiträume, für die gepfändet wurde, und die Leistungszeiträume des Jugendamts überschneiden, ist noch unklar.
    Komischer Fall, aber ich bin dankbar für jede Meinung.



    Das würde ich zuerst klären.

  • Mit Familienrecht habe ich überhaupt nichts am Hut, aber da Du ja für jede Meinung dankbar bist:

    Die gesetzlichen Unterhaltsansprüche des Ehegatten, des früheren Ehegatten, der Kinder etc. - inklusive Rückstände (BGHZ 31, 210, 218) sind nach § 850b ZPO in der Einzelzwangsvollstreckung nur bedingt pfändbar (vgl. Zöller/Stöber, 26. Aufl., § 850b Rz. 3) und unterliegen mangels Verweis in § 36 I InsO auf § 850b ZPO nicht dem Insolvenzbeschlag.

    Der Pfändungsschutz entfällt bei Übergang des Unterhaltsanspruchs kraft Gesetzes auf einen nur in zweiter Linie Unterhaltspflichtigen, der anstelle des primär Pflichtigen Unterhalt geleistet hat (a.a.O. m.w.N.).

    Davon ausgehend dürften die Unterhaltsforderungen nicht zur Insolvenzmasse gehören bzw. gehört haben, soweit sie schon erfüllt sind, womit m.E. auch eine Nachtragsverteilung ausscheidet.

  • Also grundsätzlich sind die Ansprüche des Kindes tabu, soll der TH doch etwas besser begründen warum er meint, dass die übergegangen sein sollen.

    Auch die Unterhaltsansprüche der Mutter sind meiner Meinung nach nicht zur Masse oder in die Nachtragsverteilung zu ziehen, weil sie nur nach § 850b ZPO für pfändbar erklärt werden können, was § 36 Abs. 1 Satz 2 InsO aber ausdrücklcih ausschließt.

  • Und wieso ist die Schuldnerin in Vorleistung getreten ? Wahrscheinlich hat die Mutter normal Unterhalt geleistet. das Kind hat aber doch einen Anspruch gegen den Vater und die Mutter. Ich denke, Absatz 1 ist deshalb nicht anwendbar. Und damit auch nicht Absatz 2 BGB.

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Und wieso ist die Schuldnerin in Vorleistung getreten ? Wahrscheinlich hat die Mutter normal Unterhalt geleistet. das Kind hat aber doch einen Anspruch gegen den Vater und die Mutter. Ich denke, Absatz 1 ist deshalb nicht anwendbar. Und damit auch nicht Absatz 2 BGB.



    Also Mosser, das ist doch ganz einfach. Das Kind ist nicht verhungert und lebt noch. Also musste es von irgend etwas doch leben und wenn sonst niemand (außer kurzen Zeiten die UVK) gezahlt hat, war es wohl die Mutter.

    Man darf alles machen, man muss es nur gut begründen.

  • Und wieso ist die Schuldnerin in Vorleistung getreten ? Wahrscheinlich hat die Mutter normal Unterhalt geleistet. das Kind hat aber doch einen Anspruch gegen den Vater und die Mutter. Ich denke, Absatz 1 ist deshalb nicht anwendbar. Und damit auch nicht Absatz 2 BGB.


    Genau so begründet der TH ja. Die Mutter hat quasi für beide Elternteile Unterhalt geleistet und ist somit für den Unterhalt, den der Vater zu leisten hätte in Vorleistung getreten. Ich denk ja auch, dass das alles furchtbar konstruiert ist, aber ich würd gern irgendwie aus der Nummer rauskommen :D

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Die Mutter hat quasi für beide Elternteile Unterhalt geleistet und ist somit für den Unterhalt, den der Vater zu leisten hätte in Vorleistung getreten.

    Dann könnten wir ja nie Unterhaltsrückstände beitreiben! Das ist ... ich führe das mal nicht aus. Freiwillige Leistungen Dritter entlasten den Unterhaltsschuldner nicht!

    Es macht mir nichts aus, ein Vorurteil aufzugeben. Ich habe noch genügend andere.
    Fraue machet au Fähler, abber firs richtige Kaos braucha mer scho no d'Menner..

  • Natürlich nicht, wie will man das ggfs. überprüfen wenn der Unterhaltsgläubiger angibt, dass er dafür Fremdmittel in Anspruch genommen hat. Familie, Freunde, etc. hätten ggfs. darlehensweise in Vorlage treten können und wollen natürlich ihr Geld zurück, wenn es zurückfließt. Die wollten doch nicht (und gerade nicht bei Insolvenz) die Gläubiger zusätzlich befriedigen.

    Laufende Unterhaltsleistungen kann man schließlich auch nicht (oder nur bedingt) pfänden und in die Insolvenz gehören sie schon mal gar nicht weil der Verweis in § 36 I InsO fehlt. Für Nachzahlungsbeträge kann nichts anderes gelten. Weil sie wie AE pfändbar sein könnten s. Stöber, 14. Auflage, Rdn. 1042.

  • Mich beruhigt unheimlich, dass alle hier die Argumentation des TH auch für untragbar halten. Dann werd ich mal zunächst mit § 36 argumentieren, mal sehen, ob er da noch was gegenzusetzen hat ;)
    Im Ergebnis sind wir uns dann also einig, dass der Kindesunterhalt entweder dem JA wegen Forderungsübergang oder der Kindesmutter für das Kind zusteht und der Elternunterhalt ebenfalls der Schuldnerin, ohne Masse zu sein.

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Guck Dir mal die von chick zitierte Entscheidung des BGH (vom 11.11.1959 - IV ZR 88/59 - Abs. 49, 50 in Juris) an.

    Eine bessere Entscheidung kannst Du Dir nicht wünschen:daumenrau

    Außerdem s. Stöber, 14. Auflage Rdn. 1008 und 1012. Eindeutiger geht es nicht!

  • Guck Dir mal die von chick zitierte Entscheidung des BGH (vom 11.11.1959 - IV ZR 88/59 - Abs. 49, 50 in Juris) an.

    Eine bessere Entscheidung kannst Du Dir nicht wünschen:daumenrau

    Außerdem s. Stöber, 14. Auflage Rdn. 1008 und 1012. Eindeutiger geht es nicht!


    Stimmt! Die Entscheidung ist sehr eindeutig :daumenrau
    Dann werd ich die Sache hoffentlich gütlich über die Bühne bringen. Manche THs verbeißen sich gerne mal in was komisches :cool:

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Der TH "quält" mich weiterhin und will jetzt wissen, wie ich zu § 1607 BGB stehe. Seiner Meinung nach findet der hier Anwendung, ich dagegen habe schon Mühe den Paragraphen in meinen Sachverhalt zu basteln und abgesehen davon finde ich sowieso das der nicht passt. Was meint ihr?

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Die Unterhaltspflicht des Vaters ist doch unstreitig, er will nur nicht zahlen oder sich um Erwerbstätigkeit bemühen oder denkt, bin reicher Erbe. Es fehlt also schon mal an der Voraussetzung des Abs. I.
    Und dann verweise ihn doch mal dezent auf Abs. IV.

    Es macht mir nichts aus, ein Vorurteil aufzugeben. Ich habe noch genügend andere.
    Fraue machet au Fähler, abber firs richtige Kaos braucha mer scho no d'Menner..

  • Vielleicht sollte sich der Treuhänder lieber auf den familienrechtlichen Ausgleichsanspruch berufen, denn soweit dessen Voraussetzungen erfüllt sind, stehen dem "ersatzleistenden" Elternteil diese Ansprüche zu und sollten insoweit wohl dann auch in die Masse fallen, da es sich ja nicht um Unterhaltsansprüche handelt - wobei mir dieses Ergebnis nicht wirklich gefällt.

  • Der familienrechtliche Ausgleichsanspruch funktioniert aber nur, wenn die Mutter aus dem Titel für das Kind nicht mehr vollstrecken kann, weil es nicht mehr bei ihr lebt.

    Es macht mir nichts aus, ein Vorurteil aufzugeben. Ich habe noch genügend andere.
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  • Der familienrechtliche Ausgleichsanspruch funktioniert aber nur, wenn die Mutter aus dem Titel für das Kind nicht mehr vollstrecken kann, weil es nicht mehr bei ihr lebt.



    Sowas hatte ich ursprünglich auch im Kopf, konnte aber hierfür keine Begründung finden ... Betreuender Elternteil leistet einerseits "seinen" Betreuungsunterhalt und andererseits Barunterhalt, den eigentlich der andere (leistungsfähige) Elternteil zu erbringen hat. Mit der Leistung des Barunterhaltes erfüllt der betreuender Elternteil gegenüber dem Kind eine fremde Schuld. Dies wiederum gibt ihm das Recht von dem anderen Elternteil Ausgleich zu verlangen. Wenn ein Unterhaltstitel des Kindes vorliegt, so kann im Fall, dass der fam.rechtl. Ausgleichsanspruch geltend gemacht wird, hieraus keine Erfüllung mehr verlangt wreden, da die Schuld erloschen ist

    Da es sich bei diesem Ausgleichsanspruch nicht um eine Unterhaltsschuld handelt, sondern um eine "gewöhnliche", kann dieser Anspruch ge- /verpfändet, abgetreten oder mit / gegen ihn aufgerechnet werden, ohne die für Unterhalt sonst geltenden Beschränkungen - maW er kann auch Masse werden.

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