Prüfung der Wirksamkeit der Ausschlagung

  • Hallo!
    Ich habe ein kleines Problem. Folgender Fall:

    Die Verstorbene (ledig, keine Abkömmlinge) hat ein Testament hinterlassen, in welchem sie keine Erbeinsetzung getroffen hat, sondern lediglich zugunsten eines Ordens ein Vermächtnis in Höhe von 20.000 DM ausgebracht ist.

    Die Erben der II. Ordnung wurden daraufhin benachrichtigt unter Hinweis auf die Möglichkeit der Ausschlagung, einige Erben haben die Erbschaft ausdrücklich durch Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht angenommen. Bei den Übrigen wurde Fristablauf festgestellt, und die Erben an die Vermächtnisnehmerin mitgeteilt.

    Als diese jedoch bei allen Miterben ihr Vermächtnis einfordert schlagen mehrere die Erbschaft nachträglich aus, mit der Begründung sie hätten erst durch diese Einforderung Kenntnis davon erlangt, dass sie zu Erben berufen seien und damit die Ausschlagungsfrist noch gar nicht abgelaufen sei. Ich musste daraufhin feststellen, das die uns vorliegenden Adressen dieser Miterben uns nicht korrekt angegeben wurden, so dass das durchaus möglich ist. Postrücklauf wurde jedoch nicht verzeichnet.

    Und hier das Dilemma: Zu prüfen ob die Ausschlagung wirksam ist hat letztendlich der Zivilrichter, der über das Bestehen des Vermächtnisanspruchs gegen einen der Miterben zu entscheiden hat.
    Andererseits hat das Nachlassgericht die Erbfolge festzustellen (kommen Nächstberufene jetzt zum Zuge?) und es muss das Nachlassgericht dem Vermächtnisnehmer mitteilen, von wem er das Vermächtnis einfordern kann, so dass auch das Nachlassgericht die Wirksamkeit der Ausschlagung prüfen muss. Wie soll mir aber der einzelne Miterbe "beweisen", dass er tatsächlich keine Mitteilung durch das Nachlassgericht erhalten hat? (eV?)

    Insbesondere ist in diesem Verfahren einer der Fristablaufskandidatan nachverstorben (nach Ablauf der Ausschlagungsfrist), auch dessen Erben sollen nach Auskunft eines anderen Miterben die Erbschaft noch ausschlagen, da auch dieser Miterbe eben keine Mitteilung erhalten haben soll.

    Beweis ??
    Wer prüft was wie ?? :gruebel:

  • M.E. hat das NLG die Wirksamkeit einer Ausschlagung erst bei Beantragung eines ES zu prüfen.

    Dem VN bleibt damit der Klageweg.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Der Vermächtnisnehmer kann nach § 1961 BGB vorgehen und sich auf diese Weise einen "Gegner" verschaffen, dem gegenüber er seinen Anspruch geltend machen kann.

    Ist etwas über die Höhe des Nachlasses bekannt?

  • Nun, nach aussen haften die Erben als Gesamtschuldner, §§ 2058, 420 ff BGB. Da einige Miterben die Erbschaft ausdrücklich angenommen haben dürfte für § 1961 BGB kein Rechtschutzinteresse mehr bestehen, zumindest diese Anspruchsgegner stehen ja fest.
    (Hierauf hingewiesen erklärte die Rechtsanwältin des Ordens, der Mandantschaft widerstrebe die Geltendmachung des Vermächtnisses bei einem einzelnen Miterben ... Ethik ... aber deren Problem)

    Insoweit ist das Problem ja gelöst, bleibt allerdings die Frage § 1953 III BGB
    - ja oder nein ?

    Erbschein wurde nicht beantragt, unterm Strich wird etwas übrigbleiben.

  • MünchKomm/Leipold § 1961 RdNr.9:

    "Bei einer Erbengemeinschaft kann der Gläubiger die Bestellung des Pflegers für einen unbekannten Miterben beantragen, selbst wenn andere Erben bekannt sind und die Erbschaft schon angenommen haben, denn für die Zwangsvollstreckung in den ungeteilten Nachlass sind Urteile gegen alle Miterben erforderlich (§ 747 ZPO), und außerdem kann es auch nach Teilung des Nachlasses von Bedeutung sein, gegen welchen Miterben der Titel erwirkt wurde."

    Ebenso Staudinger/Marotzke § 1961 RdNr.11.

    Im vorliegenden Fall sollte auch berücksichtigt werden, dass die bekannten Miterben selbst nach der Erteilung eines entsprechenden Teilerbscheins nicht ohne Mitwirkung der unbekannten Miterben (bzw. eines für diese bestellten Nachlasspflegers) zur Verfügung über die Nachlasskonten berechtigt sind.

    Das Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag nach § 1961 BGB ist daher wohl zu bejahen.

    Alternativ kommt natürlich in Betracht, dass der Vermächtnisnehmer mit der Geltendmachung seines Anspruchs bis zum Abschluss der Erbenermittlung zuwartet und das NachlG beizeiten einen Erbscheinsantrag durch einen festgestellten Miterben für den gesamten Nachlass (also nicht nur für die Erbteile der bekannten Miterben) anregt, damit in diesem Erbscheinsverfahren über die Wirksamkeit der erklärten Erbausschlagungen befunden werden kann. Diese Antragstellung muss auch im Interesse der bekannten Miterben liegen, da ihnen aus den genannten Gründen ohne vollständige Erbenermittlung der Zugang zu den Nachlasskonten verwehrt ist.

  • Zitat von Tyrael

    Nun, nach aussen haften die Erben als Gesamtschuldner, §§ 2058, 420 ff BGB. Da einige Miterben die Erbschaft ausdrücklich angenommen haben dürfte für § 1961 BGB kein Rechtschutzinteresse mehr bestehen, zumindest diese Anspruchsgegner stehen ja fest.
    (Hierauf hingewiesen erklärte die Rechtsanwältin des Ordens, der Mandantschaft widerstrebe die Geltendmachung des Vermächtnisses bei einem einzelnen Miterben ... Ethik ... aber deren Problem)

    Insoweit ist das Problem ja gelöst, bleibt allerdings die Frage § 1953 III BGB
    - ja oder nein ?



    Also ich würde hier schon eine NLPflegsch. anordnen.

    Paladt sagt zu §1961 BGB: ... bei Prüfung ob der Erbe unbek. ist, muß die Situation des GL berücks. werden (...) dem umfangr. Nachf. und Nachweisbesch. nicht zugemutet werden können (...)

    Die Komm. zu §1960 sagt ferner: "unbek. ist der Erbe auch, wenn zwar alle in Betracht kommenden Pers. bek. sind, das NLG sich aber nur durch umfangr. Ermittl. davon überzeugen kann, wer davon der wahre Erbe ist."

    Genau diesen Fall haben wir doch, oder?

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • Dieser zitierte Fall liegt vor, nachdem die Gewissheit über die Erbenstellung einzelner zumindest erschüttert ist.
    Ein Erbschein wurde nicht beantragt und wird auch nicht benötigt.

    Gesetzt dem Fall ich ordne Nachlasspflegschaft an, ändert das aber noch nichts am Kernproblem. In Bayern herrscht der Grundsatz der amtlichen Erbenermittlung, d.h. auch ohne Erbscheinsantrag sind die Erben festzustellen, ausser in den vorgesehenen Fällen, Art 37 BayAGGVG.

  • Für den Fall, daß der NLPfleger nicht mit der Erbenermittlung betraut wird, müßte (und könnte das NLG auch parallel dazu) die pot. Erben vorladen oder im Wege der Rechtshilfe dazu anhören (mit EV), wann diese Kenntnis vom Erbfall und dem Erbrecht erlangt haben und was diese zu weiteren Verwandten berichten können.

    Danach kann dann ja die abschließende Prüfung (wer Erbe wurde) erfolgen, oder?:confused:

    Gruß
    TL

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