Amtsvormundschaft - Widerspruch gegen Taufe

  • Das Jugendamt rief mich gerade mit der Bitte um Rat an.

    Amtsvormundschaft über Säugling (6 Monate alt), Kindesmutter wurde im Oktober 17, hat sich nicht um das Kind gekümmert. Kind ist bei Pflegeeltern.

    Pflegeeltern und Jugendamt möchten das Kind am Sonntag taufen lassen. Kindesmutter war einverstanden, hat das Einverständnis nun jedoch zurück gezogen. Genauer Grund ist mir nicht bekannt, es soll aber darum gehen, dass ihr nahestehende Personen nicht zur Feier eingeladen sind.

    Rechtliche Situation ?

    Ich bin derzeit auch RAtlos.



  • Oha. Gespaltene Persönlichkeit. ...

    Hm, da die Amtsvormundschaft besteht, hat das JA ja die komplette elterliche Sorge, gell?
    Demgemäß müssten sie doch auch die Taufe durchführen können :gruebel:

    Hm. Nee, :nixweiss:
    Ich glaube, eine Hilfe bin ich Dir heute nicht.

  • Hilft das?


    Autor:Rainer OllmannBeitragstyp:AufsatzQuelle: juris Fundstelle:JAmt 2003, 572-576 [Blockierte Grafik: http://www.juris.testa-de.net/jportal/jp_js1…n_doku-info.gif]Normen:§ 1595 Abs 2 BGB, § 1596 Abs 1 S 1 BGB, § 1673 Abs 2 S 2 BGB, § 1632 Abs 1 BGB, § 1837 Abs 2 BGBMeinungsverschiedenheiten zwischen minderjähriger Mutter und Vormund
    [Blockierte Grafik: http://www.juris.testa-de.net/jportal/jp_js1…/lay/1px_tr.gif]Kurzreferat

    [Blockierte Grafik: http://www.juris.testa-de.net/jportal/jp_js1…/lay/1px_tr.gif]Vor dem Hintergrund des Rechtsgutachtens des Deutschen Instituts für Jugendhilfe und Familienrecht e.V. zum Meinungsvorrang der minderjährigen Mutter eines nichtehelichen Kindes gegenüber dem Amtsvormund zeigt der Beitrag die Problemstellung und die Grenzziehung bei der tatsächlichen und der rechtlichen Personensorge auf. Der Verfasser legt die Abwechslung der Meinungsverschiedenheiten zwischen Betreutem und Betreuer dar und erläutert die Lösungsmöglichkeiten der Konflikte. Weiter zeigt er die Handhabung von Sonderfällen der Zustimmungsbedürftigkeit oder Genehmigungsnotwendigkeit auf, etwa bei der Vaterschaftsanerkennung, der Religionsbestimmung, sowie beim Arztvertrag und der Einwilligung in Eingriffe.

  • Wenn die (Raben-)Mutter die Taufe ablehnt, weil sie selbst nicht an Gott glaubt, wird die Taufe ja wohl keinen großen Schaden anrichten...

    Was soll denn passieren, wenn man die Taufe ohne Zustimmung der Mutter vornimmt?

  • @Ancalimòn: Das liest sich gut, danke. :daumenrau

    Ansonsten gibt es noch § 3 des Gesetzes über die religiöse Kindererziehung (KErzG - aus juris)

    Steht die Sorge für die Person eines Kindes einem Vormund oder Pfleger allein zu, so hat dieser auch über die religiöse Erziehung des Kindes zu bestimmen. Er bedarf dazu der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts. Vor der Genehmigung sind die Eltern sowie erforderlichenfalls Verwandte, Verschwägerte und die Lehrer des Kindes zu hören, wenn es ohne erhebliche Verzögerung oder unverhältnismäßige Kosten geschehen kann.

    Richterzuständigkeit, § 14 I Nr. 19 RpflG. :D


  • Steht die Sorge für die Person eines Kindes einem Vormund oder Pfleger allein zu, so hat dieser auch über die religiöse Erziehung des Kindes zu bestimmen.



    Im konkreten Fall steht die Personensorge nach § 1673 Abs. 2 Satz 2 BGB der minderjährigen Mutter neben dem Vormund zu und nach Satz 3 geht die Meinung des minderjährigen Elternteils vor, wenn der gesetzliche Vertreter ein Vormund oder Pfleger ist.

  • Das ist natürlich ein toller Hinweis. :daumenrau

    Dann würde gelten:

    § 3 I KErzG:
    Steht dem Vater oder der Mutter das Recht und die Pflicht, für die Person des Kindes zu sorgen, neben einem dem Kind bestellten Vormund oder Pfleger zu, so geht bei einer Meinungsverschiedenheit über die Bestimmung des religiösen Bekenntnisses, in dem das Kind erzogen werden soll, die Meinung des Vaters oder der Mutter vor, es sei denn, daß dem Vater oder der Mutter das Recht der religiösen Erziehung auf Grund des § 1666 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entzogen ist.

  • Wenn ich das richtig verstanden haben, gibt es jetzt also erst mal keine Taufe. Oder?
    Finde ich übrigens auch besser so. Aus Sicht der Kinder habe ich in meiner Nachbarschaft folgenden Fall: 1. Kind (Sohn) wurde als Säugling getauft. 2. Kind (Tochter) wurde erst mit 3 Jahren getauft und hat das richtig bewusst erlebt.
    Der Sohn ist richtig sauer, dass er um dieses Erlebnis gebracht wurde und sich an seine Taufe überhaupt nicht erinnern kann. Er fragt seine Eltern immer mal wieder, warum die das bei ihm schon so zeitig gemacht haben.
    Also: Noch etwas warten schadet bestimmt nichts.

  • Der Richter wollte das (Telefonat mit JA) jetzt erst mal übernehmen, nachdem ich ihn über das Ergebnis unserer Bemühungen unterrichtet habe. Bin ich auch froh drum. :daumenrau

    Er war übrigens zunächst der Meinung, das JA könne das ohne Weiteres selbst entscheiden.

    Problematisch ist natürlich, dass es der Mutter anscheinend gar nicht so sehr um die Religionsfrage als solches geht.

  • Trotzdem finde ich es an sich nicht so tragisch, wenn die Taufe verschoben werden müsste. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Das kann doch jederzeit nachgeholt werden.

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Die religiöse Erziehung gehört zur Personensorge. Aufgrund der Einschränkungen des § 1673 Abs. 2 Satz 2 BGB würde ich als Amtsvormund die Taufe absagen.

    Selbst wenn keine gesetzl. Vormundschaft nach § 1791c BGB bestehen würde, sondern der Vormund alleiniger Personensorgeberechtigter wäre, ist gem. § 1801 BGB Rücksicht auf das religiöse Bekenntnis der Herkunftsfamilie zu nehmen.

  • Dem Kollegen Amtsvormund gib bitte den Beitrag von Ancalimon #6 zur Kenntnis. Schade, wenn er seine Aufgabe unter falschen gesetzlichen Voraussetzungen ausübt.

    Gesagt ist nicht gehört
    Gehört ist nicht verstanden
    Verstanden ist nicht einverstanden
    Einverstanden ist nicht durchgeführt
    Durchgeführt ist nicht beibehalten
    N.N.

  • Aus dem Sachverhalt ist bisher nicht ersichtlich, ob die Mutter gegen die Taufe an sich ist , oder nur zum jetzigen Zeitpunkt.
    Hierzu bedarf es noch einer Aufklärungsarbeit.

    Zum Fall für den Richter nach RKEG wird das Ganze doch nur ,wenn die Taufe grundsätzlich strittig ist.

  • Wenn die (Raben-)Mutter die Taufe ablehnt, weil sie selbst nicht an Gott glaubt, wird die Taufe ja wohl keinen großen Schaden anrichten ...

    Was soll denn passieren, wenn man die Taufe ohne Zustimmung der Mutter vornimmt?




    An welchen Gott? Auch den bei den Z...... J....a oder den in Hamburg bei Sc..... ? Oder einer Konversion als M..l.m zustimmen? Einmal M..l.m immer M..l.m.

    Der Staat nimmt sein Wächteramt über das Jugendamt wahr. Er hat sich in Fragen der Religion herauszuhalten, also kann er statt der Eltern weder der Taufe in der einen noch der anderen Religionsgemeinschaft zustimmen.

    "In Deutschland ist es dem Staat auf Grund der Trennung von Staat und Kirche und seiner weltanschaulichen Neutralität verwehrt, zu bestimmen, wer einer Kirche angehört. Die mitgliedschaftliche Zugehörigkeit zu einer Religionsgesellschaft ordnet diese vielmehr nach Art. 137 Abs. 3 WRV in Verbindung mit Art. 140 GG als eigene Angelegenheit selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes (BVerfGE 30, 415 - Mitgliedschaftsrecht)". (Wikipedia)

    Bei vielen Freikirchen hängt die Gültigkeit einer Taufe davon ab, ob der Täufling sich bewusst für die Taufe entschieden hat. Christen, die als Säuglinge getauft wurden, gelten dort als ungetauft. Sie werden in der Regel, sofern sie sich zum christlichen Glauben bekennen, dennoch als Mitchristen anerkannt. Irgendwie hat das was an sich, auch wenn man sonst diesen Religionsgemeinschaften nicht nahe stehen muss.

    Eine Kirche, die ein ungetauftes Kind benachteiligt, nur weil es (noch) bei Pflegeeltern ist, sollte es auch nicht taufen dürfen. Eine Taufe ist einmalig, unwiederholbar und nicht rückgängig zu machen.

    "Der Mensch erlangt das Seelenheil allein durch die Gnade Gottes, nicht durch gute Werke" (Martin Luther)

    Dem Kind schadet es also nicht, wenn es nicht getauft wird.
    Allenfalls können ihm intolerante Menschen schaden.

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