zu Unrecht mitübertragenes Recht

  • Ich habe folgendes Problem:
    1916 wurde ein Grunddienstbarkeit, lastend an Grdst. X eingetragen.
    Das Flurstück wurde in der Folge mit vielen anderen Grundstücken vereinigt.
    Dann wurde dieses vereinigte Grundstück auf ein anderes Blatt übertragen, das Recht ohne Hinweis darauf, dass es nur an Flst.X lastet, mitübernommen.
    Später wurden etliche Flst. aus diesem vereinigten Grundstück auf andere Blätter übertragen. Das Recht wurde jeweils mitübertragen, obwohl diese Flst. nie belastet waren.

    Kann ich das Recht aufgrund Unrichtigkeit dort löschen ohne den Berechtigten anzuhören?

  • Ich beantworte nicht die Frage, begrüße aber als neue Userin

    fontane.

    :laola

    H e R z L i C h W i L l K o M m E n

    Persönlich freut mich der Name "Fontane", weil das mein Lieblingsschriftsteller ist.

  • Für die Flächen, auf denen das Recht nicht lastet, könnte doch § 1026 BGB wieterhelfen. Dann noch anhören?

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Vielen Dank für die nette Begrüßung!!!
    Auch ich finde Fontane immer wieder lesenswert.

    Aber nun zurück zum Thema.
    An § 1026 BGB habe ich auch schon gedacht. Ich bin mir nur nicht sicher, ob er tatsächlich einschlägig ist, da die Grundstücke, um die es geht, ja eigentlich nie belastet waren, bis die Dienstbarkeit auf das jeweils neue Blatt mitübertragen wurde. Ich könnte mir aber schon auch eine konkludente Anwendung vorstellen.
    Aber auch da befürchte ich, komme ich um eine Anhörung der Berechtigten nicht herum.

  • So schlimm stelle ich mir die Anhörung hier aber nicht vor. Was soll denn einer gegen die Löschung haben? Im Zweifel antwortet nicht mal jemand, wenn ihm geschrieben wird, er braucht nichts zu sagen, wenn er einverstanden ist.

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  • Mich würde mal interessieren, weshalb da ein GBA einen vor 100 Jahren gemachten Fehler ( wenn es denn einer war ) jetzt plötzlich "von Amts wegen" korrigieren möchte ?

    Ich kann mir nur denken, dass - wie bei mir auch schon mal vorgekommen - Dich jetzt irgendein Notar bequatscht hat, "mal zu gucken, ob es da nicht einen anderen Weg gibt..."

    Um es kurz zu machen :
    Nach Deiner Beschreibung sehe ich keinen "Fehler des Grundbuchamtes" und auch keine Voraussetzung für ein Amtslöschungsverfahren.
    Es ist Aufgabe der Parteien selbst, die durch gedankenlose Vereinigung/Verschmelzung sowie Teilung/Zerlegung die Dienstbarkeit unnötig vervielfältigt haben, das Problem durch Beibringung der Löschungsbewilligungen aus der Welt zu schaffen.
    Palandt BGB § 1026 Rn 2. erfordert Nachweis des Erlöschens "nur unter strengen Auflagen" und meint damit den Unrichtigkeitsnachweis nach § 22 GBO.

    Offenbar will da ein Eigentümer die Arbeit und Kosten nur auf das GBA abwälzen.
    Da kann ich nur sagen : Wehre den Anfängen !
    Dafür ist das Verfahren nach §§ 84 ff. GBO nicht da.
    Setze für dieses Verfahren hohe Hürden, sonst prüfst Du ständig die Arbeit der Kollegen der letzten 100 Jahre nach !

  • Nie im Leben würde ich auf die Idee kommen so etwas von Amts wegen zu berichtigen!
    In diesem Fall hat der Eigentümer die Berichtigung beantragt.
    Der kann aber gar nichts dafür, denn es fanden keine Verschmelzungen/Zerlegungen statt, sondern die Flurstücke wurden nur als vereinigtes Grundstück vorgetragen und zu allem Überfluss nicht einzeln aufgeführt, sondern unter Hinweis auf das Liegenschaftsbuch "Landwirtschaftliches Anwesen ABC, vgl. Auszug aus dem Liegenscahftsbuch für..." eingetragen.
    Später hat sich ein Kollege die Mühe gemacht, die Flurstücke (als vereinigtes Grundstück) wieder einzeln vorzutragen. Damals war das vereinigte Grundstück aber schon auf das neue Blatt übertragen und das Recht auf die gesamte (vereinigte) BVNr. 1 "Landwirtschaftliches Anwesen" übernommen. Als dann in der Folge einzelne Flurstücke überlassen wurde, wurde das Recht auch auf nicht belastete Flurstücke mitübernommen, da sich aus der Eintragung allein nicht ergab, dass nur ein Flurstück Belastungsgegenstand war. Die Parteien trifft also gar keine Schuld, da das belastete Flurstück immer gleich blieb.

    Die Anhörung ist insofern aufwendig, als das berechtigte Grundstück seit der Eintragung x-mal geteilt wurde und ich erstmal herausfinden müsste, wer inzwischen alles berechtigt ist.

  • Muß hier tatsächlich angehört werden, wenn der Unrichtigkeitsnachweis erbracht ist und das Recht dort nie entstanden ist?

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  • Hat er GB-Berichtigung beantragt ( § 22 GBO )
    oder Löschungsverfahren angeregt ( §§ 84 ff. GBO )?

    Nach § 22 GBO ist es Aufgabe der Antragstellenden Partei, die Unrichtigkeit darzustellen und nach § 29 GBO nachzuhalten.

    Auch das Löschungsverfahren hat seine Hürden ( Demharter GBO § 86 Rn. 3 ).

    Es ist im Grundbuch nun mal nicht ganz so einfach "Fehler" des Grundbuchamtes von Amts wegen auszubügeln. Das dient der ja nur Rechtssicherheit.
    Ich würde auf gar keinen Fall ein Amtslöschungsverfahren einleiten, sondern die Durchführung ablehnen.

    Betrachte das mal unter folgendem Gesichtspunkt :
    Du schließt das Nichtbestehen des Rechts aus reinen formalen Buchungsgesichtspunkten.
    Rechte entstehen aber mit Einigung und Eintragung - wobei ja auch Eintragung vor Einigung liegen kann -, Palandt BGB § 873 Rn.1.

    Es ist also zunächst rein formell die Dienstbarkeit nicht entstanden, dann treffen sich nach Erhalt der Eintragungsnachrichten Berechtigter und Begünstigter und finden die Sache eigentlich ganz o.k.
    Und dann ?

    Es gibt erstmal eine gesetzliche Vermutung für das Bestehen des Rechts und auch die materiell rechtliche Möglichkeit dazu.

    § 84 Abs. 2 Buchstabe a) GBO fällt also flach.
    Das Verfahren ist abzulehnen.

  • Ich teile Josys Auffasung nicht und würde
    a) die Löschung im Wege des Amtslöschungsverfahrens grundsätzlich durchziehen und
    b) dabei jedoch nicht auf die Anhörung verzichten.

    1. Die Unrichtigkeit des Grundbuchs steht bereits fest. Sie ergibt sich unmittelbar aus dem Grundbuch. Damit ist die Unterscheidung in Antrag oder Anregung in Bezug auf diesen Eigentümer im Ergebnis obsolet, denn der Nachweis liegt in Form der (auch alten) Grundbücher bereits formgerecht vor.
    Da aber die Unrichtigkeit offenbar nicht nur bezüglich dieses, sondern höchstwahrscheinlich auch bezüglich anderer Grundbücher besteht (weitere Wegübertragungen und v. a. das Grundbuch mit dem landwirtschaftlichen Anwesen, wo die Einschränkung auf den ursprünglich belasteten Grundbesitz offenbar bis heute nicht erfolgt ist), würde ich ein Amtslöschungsverfahren durchführen, um diese Unrichtigkeit sogleich allerorts im Grundbuch zu berichtigen.
    Die Nichtdurchführung des Amtsverfahrens würde vorliegend bedeuten, dass die Eigentümer anderer Blattstellen wieder von vorne anfangen, was auch entsprechende Mehrarbeit des Grundbuchamts einschließt. Das Aufwändige, nämlich die Ermittlung des Sachverhalts und der Berechtigten sowie die Anhörung, hat es eh schon. Dann kann man sich künftige Arbeit sparen und sogleich Nägel mit Köpfen machen.

    2. Wenn man die Leute auf den Bewilligungsweg verweisen würde, würde man sich die Hauptarbeit, nämlich das Ermitteln der Berechtigten, gleichwohl nicht ersparen, da diese spätestens bei Vorliegen der Bewilligung zu ermitteln sind. Zudem halte ich einen solchen Verweis im vorliegenden Fall für grundfalsch, vor allem weil das Grundbuchamt den Fehler gemacht hat.

    3. Ich würde trotz der evidenten Unrichtigkeit anhören. Erstens besteht die Rechtsprechung sowieso darauf. Zweitens ist nicht auszuschließen, dass ein Berechtigter auf die Idee des gutgläubigen Erwerbs kommt. Deswegen würde ich bei der Anhörung auch zweigleisig verfahren: Einserseits ist das Grundbuch unrichtig, weil real immer nur Flst. x belastet war und die andere Eintragung, nach der andere Flurstücke ebenfalls belastet seien, falsch ist, andererseits wäre die Dienstbarkeit auch ansonsten gemäß § 1026 BGB auf das Flurstück zu beschränken, das ursprünglich allein belastet war, weil sich der Ausübungsbereich nach Ansicht des Grundbuchamts nur auf das ursprünglich belastete Grundstück beziehen kann.

    § 1026 BGB wird für die eigentliche Berichtigung gar nicht verwendet und für die Ausschaltung eines möglicherweise angedachten gutgläubigen Erwerbs direkt, nicht analog.

    Und dann muss man eben abwarten, was an Post kommt. Wir haben hier mit einer Frist von vier Wochen gute Erfahrungen gemacht. Zu kurze Fristen veranlassen die Leute, erst mal vorsorglich Widerspruch einzulegen, bis ihnen der Sachverhalt klar ist.

    Zur Beruhigung weise ich darauf hin, dass auch mehrere durchgeführte Amtslöschungsverfahren nicht dazu führen, dass jemand einen Rechtsanspruch auf die Durchführung eines solchen hätte. Man muss also keinen Anfängen wehren.

    Von den großen Amtslöschungsverfahren, die ich schon durchgezogen habe, habe ich keines bereut.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Ich glaube, da liegt ein Missverständnis vor.

    Ein Amtslöschungsverfahren kommt auch dann in Frage, wenn eine Grundbuchunrichtiugkeit nach § 1026 BGB vorliegt (Hügel/Zeiser GBO § 84 Rn. 13), weil das Recht an Teilflächen tatsächlich gegenstandslos ist.

    Im übrigen ist die Dienstbarkeit an den übrigen Grundstücken derzeit ohne Einigung eingetragen. Wollte man wie Josy verfahren, wäre es auch nicht möglich, eine Grundschuld, die über 100.000 € bestellt und über 200.000 € eingetragen ist, wegen des Überbetrags zu löschen. Um eine spätere Einigung auszuschließen, gibt es ja die Anhörung. Und bei der von mir vorgeschlagenen Zweigleisigkeit ist über § 1026 BGB das letztlich richtige Ergebnis auch gewährleistet, es sei denn, der Ausübungsbereich wäre variable gewesen, hätte sich geändert und eine Einigung läge auch noch vor. Aber dafür gibt es ja die Anhörung.

    Ich halte das Amtslöschungsverfahren bezüglich des Rechts an den Flurstücken, an denen die Eintragung irrtümlich erfolgte, weiterhin für sie sinnvollste Lösung. Es sei denn, Ihr wollt Euch die gleiche Arbeit in ein paar Jahren beim nächsten Eigentümer wieder machen.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Ich denke, Andreas liegt richtig.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Ich denke ihr habt Recht.
    Vielen Dank, ich mach mich jetzt an die Arbeit und ermittle die Berechtigten.

    Ich muss sagen, das Forum ist super! Ich besuche euch jetzt öfter.

    Bis bald.

  • Guten Morgen!

    Mich würde im Zusammenhang mit dem §1026 BGB mal eure Vorgehensweise interessieren:

    Wenn ihr ein mit einer Dienstbarkeit belastetes Grundstück teilt und die Teilfläche abschreibt, prüft ihr dann den §1026 BGB von Amts wegen? Oder muss ich zumindest mal einen Antrag auf lastenfreie Abschreibung nach §1026 BGB haben?
    Vorliegend hab ich den Antrag auf EW und lastenfreie Abschreibung einer Teilfläche (Straßenbauvertrag). Das Stammgrundstück ist mit 3 bpD belastet und ich habe nur für eine die Bewilligung zur 'Pfandentlassung' der Teilfläche. Ich würde jetzt eigentlich gerne die anderen beiden Bewilligungen anfordern, bin mir aber nicht sicher, ob ich nicht vorher den §1026 BGB prüfen müsste.

    Außerdem bin ich mir unsicher wegen der Kosten. Ich würde für die 'Pfandentlassung' die 25,00 EUR Löschungsgebühr (14143 GNotKG) ansetzen, da das Recht ja an dieser Teilfläche gelöscht wird. Oder gibt's da andere Ansichten?

  • M.E. ist § 1026 BGB von Amts wegen zu beachten, da man sonst das GB durch Mitübertragung der Dbk. unrichtig machen würde. Allerdings erfordert das natürlich, dass die Ausübungsstelle festgelegt wurde und bei der Abschreibung erkennbar ist, dass die Ausübungsstelle nicht auf dem abzuschreibenden Teilstück lastet. Sofern dies nicht mit Sicherheit zu erkennen ist, übernehme ich das Recht (wenn die Beteiligten keine lastenfreie Abschreibung beantragt haben) oder fordere Haftentlassungserklärungen an.

    Kosten:
    0,3 Geb. nach Nr. 14142 KV-GNotKG aus dem Wert des abgeschriebenen Grundstücks, höchstens aber Wert des Rechts.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Wenn keine Anträge gestellt und entsprechende Unterlagen als Unrichtigkeitsnachweis gemäß § 22 GBO eingereicht werden, sehe ich mich nicht zu irgendwelchen Eintragungen veranlasst --> die Dbk wird übernommen. Bei den Kosten habe ich mich für KV 14143 GNotKG entschieden, weil Dienstbarkeiten keine "echten" Gesamtrechte sind.

  • Weder bin ich von Amts wegen verpflichtet, ohne mir konkrete Umstände nachzuforschen, welches Recht tatsächlich wo ausgeübt wird und damit, ob ich das Grundbuch unrichtig "mache" (auch nicht durch Nachschau in den Grundakten), noch bin ich verpflichtet, ein Amtslöschungsverfahren durchzuführen. Ich muss lediglich dann, wenn ein Beteiligter ein Amtslöschungsverfahren beantragt hat, begründen, warum ich es nicht durchführe.

    Mit der Teilung mache ich das Grundbuch auch nicht unrichtig, sondern ich lasse es unrichtig. Ein im doppelten Wortsinne feiner Unterschied. Aber z. B. bei Nießbrauchsrechten oder Leibgedingen wird i. d. R. auch weder von Amts wegen geprüft, ob bzw. wieweit sie noch bestehen, noch von Amts wegen ein Verfahren eingeleitet, wenn ein Recht erloschen ist.

    Die Nachschau von Amts wegen ist zwar sachlich zweifellos sinnvoll (gelegentlich mache ich das auch), aber für eine stets stattfindende Prüfung nebst Verfahren mit Anhörung dürfte in weiten Teilen Deutschlands das Personal nicht vorhanden sein.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

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