Teilflächenveräußerung und vormundsch.gerichtl. Gen.

  • A, der unter Betreuung steht, ist Eigentümer eines Grundstückes. B, der Betreuer, verkaufte im Namen des A eine Teilfäche an C und verpflichtet sich in der Urkunde, die Auflassung zu erklären. Die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts (vG) zu dem Kaufvertrag lag vor mit dem üblichen Wortlaut ("Die Erklärungen des B ... bla bla ... abgegeben in der Urkunde ..., URNr. ... werden vormundschaftsgerichtlich genehmigt"). Eine AV ist eingetragen.

    Mittlerweile ist die Vermessung mit Messungsanerkennung und Auflassung erfolgt und wird mir zum Vollzug vorgelegt. Nun frage ich mich, ob die vG zum Kaufvertrag auch die Genehmigung zur Auflassung enthält. Regelmäßig wird davon auszugehen sein, sagen Rechtsprechung und Literatur, was durch Auslegung zu ermitteln ist. Meiner Meinung nach ist aber tatsächlich nur der schuldrechtliche Vertrag genehmigt, da sich die vG ausdrücklich auf den "Kaufvertrag vom ..., URNr. ..." bezieht. Oder sehe ich das falsch? Lege ich die vG zu eng aus? :gruebel:

    Ja ja wir reiten bis zum Horizont - anschlagen - und zurück!
    (Mike Lehmann)

  • In aller Regel enthält die Genehmigung des schuldrechtlichen Geschäfts zugleich die Genehmigung des dinglichen Erfüllungsgeschäfts (und umgekehrt). Der vorliegende Sachverhalt bietet keinen Anlass, von diesem Grundsatz abzuweichen, weil es in der Natur der Dinge liegt, dass die Auflassung im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrags mangels Vermessung noch nicht erklärt werden konnte und es aus Sicht des VormG überhaupt keinen Sinn machen würde, einerseits den Kauf zu genehmigen und andererseits die sich hieran anschließende Auflassung trotz nunmehr wirksamer schuldrechtlicher Verpflichtung verweigern zu wollen.

    Etwas anderes könnte allenfalls gelten, wenn die Örtlichkeit der aufgelassenen Teilfläche nicht mit dem Lageplan zum Kaufvertrag übereinstimmt (lässt sich leicht durch einen Vergleich mit dem VN feststellen) oder wenn die vermessene Fläche letztlich erheblich größer ist als im Kaufvertrag vorgesehen. Aber auch im letztgenannten Punkt hätte ich keine Bedenken, falls im Kaufvertrag vorgesehen ist, dass sich der Kaufpreis pro Quadratmeter nach der Größe der künftig vermessenen Fläche richtet. Denn dann ist auch die evtl. Flächenabweichung und die entsprechende Auflassung genehmigt.

  • Sofern verkaufte Teilfläche und vermessenes Flurstück identisch sind, was hier vom GBA m.E. zu prüfen wäre, würde ich die Auflassung als bereits genehmigt ansehen.

    Als FamG formuliere ich meine Genehmigungen in solchen Fällen immer so, dass die sich die Genehmigung auch auf die spätere Erklärung der Auflassung erstreckt.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
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  • Ulf:

    Wenn alle ihre Genehmigungen so formulieren würden,:daumenrau dann brauchten sich die Grundbuchrechtspfleger nicht über die Ausgangsfrage den Kopf zu zerbrechen.

  • Stimmt, juris2112! Vielleicht liegt das daran, dass ich eben in beiden Bereichen tätig bin und daher bei Abfassung einer Genehmigung auch die grundbuchrechtlichen Aspekte im Hinterkopf habe. Vielen KollegInnen, die mit GB nichts am Hut haben, ist wohl die Problematik gar nicht geläufig. Sonst würden sie sicherlich die Genehmigungen auch deutlicher abfassen.

    Ulf

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  • Genau!

    Wenn man noch nicht um Grundbuch war, kann man als NachlG auch leicht vergessen, nicht nur den Grundbuchberichtigungsantrag für die Eintragung der eingetretenen Nacherbfolge, sondern auch den Antrag für die Löschung des eingetragenen NE-Vermerks zu protokollieren.

  • In meinem Fall ist die nun tatsächlich veräußerte Fläche etwas kleiner als ursprünglich verkauft. Mit der Kollegin aus dem Vormundschaftsgericht, die die vG zum Kaufvertrag erteilt hat, habe ich auch gesprochen. Auch sie ist der Meinung, dass die Auflassung einer neuen Genehmigung bedarf. Folglich muss ich die erste Genehmigung nicht mal auslegen; die Auflassung ist hier einfach nicht abgedeckt. Der Notar sieht es wie ich und holt die Genehmigung ein.

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    (Mike Lehmann)

  • Also es tut mir furchtbar leid, aber ich sehe das anders:

    Genehmigungsbedürftig in diesem Fall ist die Veräußerung von Grundbesitz. Der Kaufvertrag samt Verpflichtung zur Auflassung ist genehmigt. Jetzt stellt sich heraus, dass die vermessene Fläche sogar etwas kleiner ist als bei vorläufiger Schätzung angenommen. Wo soll hier ein Problem liegen? Im Mehr liegt doch das Weniger!

    Außerdem: Für die Prüfung der Frage, ob die vorliegende Genehmigung des Kaufvertrags auch die Auflassung umfasst, kommt es auf den Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung an. Ist diese Frage zu bejahen, so ist die Sache geklärt und es ist rechtlich nicht mehr von Belang, was die Kollegin des VormG hinterher dazu meint.

    Wenn es bei der Verfahrensweise verbleibt, dass die Auflassung nochmals gesondert genehmigt wird, so hoffe ich nur, dass die notarielle Doppelvollmacht im Kaufvertrag auch das Tätigwerden des Notars im Hinblick auf das Wirksamwerden dieser zweiten Genehmigung nach erfolgter Vermessung und Auflassung umfasst. Denn falls nicht, muss der Zugang der Genehmigung an den Betreuer (§ 1828 BGB) und dessen Mitteilung an den Erwerber (§ 1829 BGB) jeweils gesondert in der Form des § 29 GBO nachgewiesen werden, weil ein Verfahren nach § 20 GBO vorliegt und das GBA daher die materielle Wirksamkeit der Auflassung zu prüfen hat. Also Zustellung der Genehmigung an den Betreuer mit PZU und Zustellung der Mitteilung des Betreuers an den Erwerber ebenfalls mit PZU.

    Für den Fall der vorgenannten Probleme mit § 29 GBO:

    Alternativer pragmatischer Vorschlag: Deklaratorischer Nachtragsbeschluss des VormG, dass die vorliegende Genehmigung des Kaufvertrags auch das Erfüllungsgeschäft umfasst. Folge: Problem mit § 29 GBO gelöst, da der Beschluss keine konstitutive, sondern nur klarstellende Wirkung hat. Damit ist der gesamte förmliche Nachweis des in den §§ 1828, 1829 BGB geschilderten Procedere entbehrlich.

  • Hmm, ich finde diese Verfahrensweise auch eher befremdlich. Was soll denn das VormG bei Genehmigung der Auflassung noch prüfen, was bei Genehmigung des Vertrages noch nicht geprüft werden konnte?!

    Okay, wenn die nun vermessene Fläche räumlich an anderer Stelle liegen würde als die ursprünglich laut Vertrag zu verkaufende Fläche oder die vermessene Fläche größer wäre, dann müsste das VormG natürlich gucken, ob der Verkauf zu den vereinbarten Bedingungen trotzdem noch im Interesse des Mündels liegt. Aber in diesem Fall hier??

    Aber als zuständiger GB-Rpfl. würde ich mich in vorliegendem Fall auch der Ansicht des zuständigen Vorm-Rpfls. beugen und den dann eben nochmals genehmigen lassen - wenn ich's auch für Unsinn halte.

    Ulf

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  • Das Problem bei dieser Sache liegt meines Erachtens darin, dass es zwei Genehmigungstatbestände gibt: § 1821 I Nr. 1 BGB und § 1821 I Nr. 4 BGB. Im Kaufvertrag ist eben nur der der Nr. 4 enthalten, weshalb die Genehmigung auch nur diesbezüglich erteilt sein kann (wenn man es streng nimmt). Erst mit Auflassung ist auch Nr. 1 erfüllt.

    Ich danke euch beiden natürlich für eure Antworten. In jedem Fall bin ich nachdenklich geworden, ob ich das alles nicht doch zu eng sehe. In dieser Angelegenheit hatte ich jedoch schon beim Notariat angerufen, bevor ich gepostet habe und gestern hat mir der Sachbearbeiter mitgeteilt, dass der Notar ebenfalls meint, eine neue Genehmigung ist erforderlich. Hier sind also weitere Überlegungen egal.

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    (Mike Lehmann)

  • Nein, die weiteren Überlegungen sind m. E. nicht egal. Der Notar ist doch nicht Eure Oberinstanz. Für fast alle Notare gilt im Zweifel immer, dass alles was irgendein/e Rechtspfleger/in meint, jedenfalls vertretbar sein könnte, und es entspricht dann dem Gebot der für die Beteiligten (Mandanten) zügigsten Sachbehandlung, diesen Auffassungen im Zweifel zu folgen; vielleicht springen ja auch noch geringfügige Mehrgebühren für weitere Einholungen oder in anderen Fällen für ergänzende Urkunden dabei heraus.

    Ich würde mich, wenn ich wie andere so kompetente Ausführungen hätte machen können, etwas ärgern, wenn ich hinterher dann vom Fragesteller gesagt bekomme, schönen Dank, aber meine Kollegin Meier und Notar Müller, die ich vorher schon gefragt habe, sind für mich maßgeblicher. Wäre es da in künftigen vergleichbaren Fällen nicht vorzuziehen, erst im Forum zu fragen? Oder jetzt noch Frau Meier und Notar Müller zu sagen, dass eine erneute Genehmigung doch nicht nötig ist und deren Einholung gestoppt werden kann? Man kann doch immer seine Meinung wieder ändern, das wäre doch kein Gesichtsverlust, den man um jeden Preis vermeiden müsste.

  • Zitat von Sandy

    Das Problem bei dieser Sache liegt meines Erachtens darin, dass es zwei Genehmigungstatbestände gibt: § 1821 I Nr. 1 BGB und § 1821 I Nr. 4 BGB. Im Kaufvertrag ist eben nur der der Nr. 4 enthalten, weshalb die Genehmigung auch nur diesbezüglich erteilt sein kann (wenn man es streng nimmt). Erst mit Auflassung ist auch Nr. 1 erfüllt.


    Dieser Denkansatz ist ja auch absolut nicht verkehrt.
    Nur:
    M.E. erfolgt die Erklärung der Auflassung ja eindeutig in Erfüllung einer Verbindlichkeit, nämlich der aus dem genehmigten schuldrechtlichen Vertrag. In der Regel ist daher davon auszugehen, dass das Erfüllungsgeschäft bei Genehmigung des Verpflichtungsgeschäftes bereits als mitgenehmigt gilt. So jedenfalls auch MüKo, 4. Auflage 2002, beck-online, Rn. 16 zu § 1821 BGB.
    M.E. ist daher nach wie vor in dem geschilderten Fall - sowohl aus Sicht des GBA als auch aus Sicht des FamG/VormG - keine weitere Genehmigung erforderlich.

    Dass der Notar hier sich der Sachbearbeitermeinung anschließt hat nach meinen Erfahrungen wenig zu sagen. Da werden schnell auch eigentlich unnötige Dinge getan, wenn das Gericht es so haben will. Da muss ich Martin Filzek beipflichten.

    Ulf

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  • Ich stimme meinen beiden Vorrednern zu. Der entscheidende Gesichtspunkt dürfte wohl sein, dass der Kaufvertrag genehmigt und das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft bereits wirksam ist. Damit kann das VormG die (unterstellt erforderliche) Genehmigung der Auflassung von Rechts wegen überhaupt nicht mehr verweigern. Gerade dies ist ja auch der Grund dafür, weshalb Rechtsprechung und Literatur davon ausgehen, dass die Genehmigung des Kausalgeschäfts auch die Genehmigung des Erfüllungsgeschäfts beinhaltet.

  • Das Vormundschaftsgericht wird die Genehmigung ja auch nicht verweigern. Aber die Überlegungen zu "Erfüllung einer Verbindlichkeit" usw. sind m.E. Fragen, die die Genehmigungsfähigkeit betreffen, nicht die Genehmigungsbedüftigkeit. Ich will ja auch gar nicht abstreiten, dass in den meisten Fällen die Genehmigung sowohl schuldrechtliches als auch dingliches Geschäft umfasst. (Hatte ich auch nicht behauptet.) In Ausnahmefällen kann es aber anders sein.

    In dem mir vorliegenden Fall weiß ich mittlerweile, dass die Kollegin aus dem Vormundschaftsgericht die Genehmigung zum Kaufvertrag erteilt hat mit dem Gedanken im Hinterkopf, zur späteren Auflassung ist eine neue Genehmigung erforderlich. Da gibt es einfach nichts zum Auslegen; in diesem Fall betrifft die Gen. tatsächlich nur den Kaufvertrag.

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    (Mike Lehmann)

  • Das Problem ist nur, dass der "insgeheime Vorbehalt" der VormG-Rechtspflegerin in der Genehmigung selbst nicht zum Ausdruck kommt und der Rechtsverkehr die erteilte Genehmigung daher völlig zu Recht nach den hierfür entwickelten Grundsätzen auslegt. Hätte die VormG-Rechtspflegerin die Genehmigung von vorneherein ausdrücklich auf das schuldrechtliche Geschäft beschränkt, hätten alle Beteiligten gewusst, wie sie sich zu verhalten haben und der Notar hätte die Auflassung erst nach Einholung der zweiten Genehmigung zum Vollzug vorgelegt.

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