Zwangsverwaltung: Nießbrauch

  • Hallo, zusammen!

    Ich habe die Zwangsverwaltung des mit einem in Abt. II belasteten Grundstücks angeordnet Hierauf hat sich die Nießbrauchsberechtigte in Abt. II mit Erinnerung nach § 766 ZPO gewendet und beantragt, die Anordnung der Zwangsverwaltung abzuweisen bzw. hilfsweise die Zwangsverwaltung unter Wahrung der Rechte der Nießbraucherin zu beschränken.
    Der Gläubiger hat sich dahingehend geäußert, die Erinnerung zurückzuweisen.
    Begründung von Gläubigerseite:
    Die Eintragung des Nießbrauchs und auch die Bewilligung erfolgte zu einem Zeitpunkt, zu dem der Eigentümer und Darlehensnehmer die Mieten des zwangsverwalteten Objekts bereits an den Gläubiger abgetreten hat.
    Abtretung an den Gläubiger erfolgte gemäß der Darlehensbedingungen.
    Der Gläubiger trägt vor, dass die Abtretung dem Nießbrauch vorginge.
    Hiergegen wendet sich wiederum die Erinnerungsführerin.
    Begründung:
    Abtretungsvertrag betrifft schuldrechtliches Verhältnis und Nießbrauchsrecht dingliches Recht, das Nießbrauchsrecht sei gutgläubig erworben worden und gewähre der Berechtigten schon mit Bestellung das Recht, die Mieten einzuziehen.

    Vielleicht hattet ihr schon mal so einen oder ähnlichen Fall, denn ich bin mir nun nicht ganz sicher, wie ich entscheiden soll!!! Vorerst habe ich das Verfahren einstweilen eingestellt bis zur endgültigen Entscheidung, wobei ich diese w/ der Mietzahlungen bald treffen muss, damit die Mieter nicht an eine falsche Person zahlen.

    Vielen Dank für eventuelle Tips/Erfahrungen o.ä.
    Sabine

  • Eine Pfändung der Mieteinnahmen ist bei Beschlagnahme durch Zwangsverwaltung belanglos. Die Mieteinnahmen stehen ab Beschlagnahme dem Zwangsverwalter zu. Erst mit Aufhebung der Zwangsverwaltung lebt die Pfändung wieder auf.
    Für die Anordnung der Zwangsverwaltung zugunsten eines dem Nießbraucher im Range vorgehenden Rechts ist ein Duldungstitel gegen den Nießbraucher erforderlich.
    Liegt ein Duldungstitel nicht vor oder hat der Gläubiger gegenüber dem Nießbrauch lediglich nachrangige Rechte, muß die Zwangsverwaltung wie oben erwähnt beschränkt werden. Damit ist allerdings die Zwangsverwaltung wirtschaftlich ziemlich sinnlos.

  • Zitat von Stefan


    Für die Anordnung der Zwangsverwaltung zugunsten eines dem Nießbraucher im Range vorgehenden Rechts ist ein Duldungstitel gegen den Nießbraucher erforderlich.

    Diese Rechtsprechung hab ich glaub ich auch schonmal gehört, verstehe sie aber nicht so ganz. So kann ja theoretisch jeder Schuldner, in dem er der Gläubigerbank gegenüber nachrangig einen Nießbrauch für seine Frau/Eltern/Kinder/Freunde & Bekannten eintragen lässt, dass Zwangsverwaltungsverfahren blockieren. Ergibt für mich irgendwie keinen Sinn. Wobei ich die Entscheidung nochmal nachlesen muss (wenn ich mal Zeit habe) ...

    Es stand alles in Büchern, die Alten lebten noch
    Wir haben nicht gelesen, nicht gesprochen, weggeschaut, uns verkrochen ...
    No!

  • Dh. das Argument des Gläubigers, die Mieten seien im Darlehensvertrag an sie abgetreten, zieht nicht!
    Und wenn kein Duldungstitel vorliegt bzw. die Zustimmung der Nießbraucherin (die wird wohl kaum einzuholen sein, wenn muss der Gläubiger sich doch darum kümmern, oder?), ist es wohl am sinnvollsten die Zwangsverwaltung aufzuheben bzw. den Gläubiger zur Rücknahme zu bewegen, oder?
    Der Nießbrauch ist rangschlechter als das Gläubigerrecht, daher kommt eine Beschränkung doch nicht in Frage??

    Gruß
    Sabine

  • Aber es ist doch Aufgabe des Gläubigers, diese Verurteilung, sprich den Duldungstitel zu erhalten und vorzulegen?
    Liegt mir dieser vor, ginge doch die Erinnerung nach § 766 ZPO ins Leere?

  • Zitat von Stefan

    M.E. hätte die Zwangsverwaltung ohne Duldungstitel (den der Gl. vorzulegen hat) ohne Beschränkung nicht angeordnet werden dürfen.



    Richtig. Und wäre demzufolge auf die Erinnerung hin aufzuheben. Liegt der Duldungstitel vor, erfolgte die Anordnung zu recht und die Erinnerung ist zurückzuweisen.

    Es stand alles in Büchern, die Alten lebten noch
    Wir haben nicht gelesen, nicht gesprochen, weggeschaut, uns verkrochen ...
    No!

  • Nachfolgend der Entwurf eines Beschlusses nach § 28 ZVG aus 2004, der allerdings wegen Antragsrücknahme nicht über das Entwurfsstadium hinausging:

    ...wird die Zwangsverwaltung gemäß §§ 161 IV, 28 I ZVG insoweit einstweilen eingestellt, als durch die Anordnung die Nießbraucherin in ihrem Recht auf Ziehung der Nutzungen aus dem Grundstück beeinträchtigt wird.

    Die Gläubigerin hat zur Fortsetzung des Verfahrens eine Zustimmungserklärung der Nießbraucherin oder einen Duldungstitel mit entsprechender Zustellung an die Nießbraucherin vorzulegen. Als Frist gemäß § 28 I, 2 ZVG werden 3 Monate bestimmt. Nach furchtlosem Ablauf dieser Frist wird das Verfahren insoweit aufgehoben werden.


    Gründe:

    Mit Beschluss vom 04.05.2004 wurde die Zwangsverwaltung über das o.g. Wohnungseigentum angeordnet. Das Grundstück ist u.a. mit dem im Grundbuch in Abteilung III Nr. 2 eingetragenen Grundpfandrecht der betreibenden Gläubigerin und einem nachrangigen Nießbrauch für XY, die auch das Beschlagnahmeobjekt bewohnt, belastet.

    Mit Anordnung der Zwangsverwaltung hat sich der Zwangsverwalter in den Besitz des Beschlagnahmegegenstandes zu bringen. Dem steht wegen § 1036 BGB das Besitzrecht der Nießbraucherin entgegen.

    In Literatur und Rechtsprechung ist umstritten, ob bei einem nachrangigen Nießbrauch ein Duldungstitel gegen den Nießbraucher erforderlich ist oder nicht und ob das Vollstreckungsgericht bei Anordnung den Nießbrauch berücksichtigen muss. Dort wird im wesentlichen argumentiert, der Nießbrauch sei nachrangig und daher kein Vollstreckungshindernis (s. MüKo/Eickmann, BGB, Rdnr. 45 zu § 1124, Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, Zwangsverwaltung, 2. Aufl. § 146 ZVG Rdn. 12).

    Überwiegend wird jedoch die Auffassung vertreten, dass sehr wohl ein Duldungstitel erforderlich sei (so z.B. Stöber/ZVG, Rdnr. 10.3 zu § 146).

    Nach nochmaliger Überprüfung der Rechtslage und in neuer Kenntnis des Beschlusses des BGH vom 14. März 2003 - IXa ZB 45/03 - schließt sich das Gericht der letztgenannten Auffassung aus folgenden Gründen an:

    Wegen des grundbuchlichen Nachrangs (§ 879 BGB) hat die Nießbraucherin die Vollstreckung in das Grundstück zu dulden. Dieser materiellrechtliche Anspruch der Gläubigerin gegen die Nießbraucherin kann ohne einen Duldungstitel vollstreckungsrechtlich nicht durchgesetzt werden. Die Nießbraucherin ist zum Besitz des Grundstücks befugt. Aus diesem Besitzrecht kann sie nur dann verwiesen werden, wenn gegen sie ein Vollstreckungstitel vorliegt. Der von der Gläubigerin vorgelegte Titel berechtigt nur zur Vollstreckung gegen den Eigentümer, an dessen Stelle der Zwangsverwalter tritt. Dieser hat im wesentlichen die Aufgabe, die Rechte des Eigentümers gegen die Nießbraucherin wahrzunehmen. Darüber hinausgehende Befugnisse hat der Zwangsverwalter aus dem Titel gegen den Eigentümer nicht, insbesondere nicht das Recht zur Einziehung von Nutzungen. Möchte der besserrangige Gläubiger auch gegen die Nießbraucherin vorgehen und Nutzungen einziehen, benötigt er auch gegen diese einen Duldungstitel, da die Vollstreckung immer nur mit einem Titel und einer Klausel gegen die betreffende Person zulässig ist.

    Es handelt es sich damit um einen vollstreckungsrechtlichen Mangel. Diese müssen in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen berücksichtigt werden. Dies kann nicht von der Geltendmachung der Betroffenen, hier der Nießbraucherin, abhängig sein.

    Sofern die Nießbraucherin ihr Einverständnis zur Zwangsverwaltung erklärt, bedarf es eines Duldungstitels nicht.

    Zum gesamten Themenkomplex siehe auch Stöber, ZVG, 16. Auflage, Rdnr. 10.3 und 10.4 zu § 146 ZVG.

  • Sehe ich im Nachhinein genauso, durch nachträgliches Vorlegen des Duldungstitels kann das nicht mehr "geheilt" werden, oder?

  • Zitat von hiro
    Zitat von Stefan

    M.E. hätte die Zwangsverwaltung ohne Duldungstitel (den der Gl. vorzulegen hat) ohne Beschränkung nicht angeordnet werden dürfen.



    Richtig. Und wäre demzufolge auf die Erinnerung hin aufzuheben. Liegt der Duldungstitel vor, erfolgte die Anordnung zu recht und die Erinnerung ist zurückzuweisen.



    Intuitiv halte ich das eher für einen behebbaren Mangel und würde daher unter Fristsetzung nach § 28 ZVG einstellen wollen. Im Haarmeyer-Wutzke-Förster-Hintzen heißt es bei § 146 Rdnr. 12 "Ohne einen entsprechenden Duldungstitel könnte das Verfahren nur mit der Maßgabe angeordnet werden, dass dem Verwalter der mittelbare Besitz zugewiesen wird". Daraus folgere ich, dass die Anordnung der Zwangsverwaltung nicht schlechthin unzulässig war.

    In dem Kommentar wird übrigens auf zwei Entscheidungen hingewiesen:
    LG Krefeld Rpfleger 1988, 325
    LG Bielefeld Rpfleger 1991, 74.
    Leider habe ich derzeit keinen Zugriff auf juris, vielleicht helfen diese Entscheidungen ja weiter?

  • Danke, Kai für den Entwurf eines Beschlusses nach § 28 ZVG! Ich habe eben im Stöber (18. Auflage, Rdnr. 11.9 zu § 146) die entsprechende Stelle gefunden, dass nach § 28 I das Recht der Nießbraucherin zu wahren ist! Und wenn der Gläubiger innerhalb der Frist den Duldungstitel nicht vorlegt, ist die Beschränkung der Zwangsverwaltung anzuordnen.
    Bei Nichtberücksichtigung des Rechts der Nießbraucherin steht dieser § 766 ZPO zu!
    Meine Überlegung derzeit ist nur, ob ich nach § 28 I ZVG einstellen könnte und den Gläubiger zur Vorlegung des Duldungstitels bewegen könnte, obwohl ich ja schon derzeit einstweilen nach § 769 ZPO bis zur endgültigen Entscheidung eingestellt habe!!! Dies hatte die Nießbraucherin in ihrer Erinnerung nach § 766 ZPO hilfsweise beantragt!!!

  • Mhm ... also "einstweilige Einstellung" und "Zwangsverwaltung" beißt sich irgendwie, insofern gefällt mir das nicht.

    Es stand alles in Büchern, die Alten lebten noch
    Wir haben nicht gelesen, nicht gesprochen, weggeschaut, uns verkrochen ...
    No!

  • also ich denke die einstweilige einstellung läßt sich in diesem fall rechtfertigen . sie dient ja zur klärung der rechtslage , anders gesagt ob die verwaltung überhaupt an einnahmen kommen kann . ist nicht vergleichbar mit einer einstellung sonst , die in der tat in einer verwaltung nicht möglich ist .

  • Da ein fehlender Titel (ich gehe davon aus, daß ein Duldungstitel bisher nicht existent ist) nach § 83 Nr. 6 ZVG ein nicht heilbarer Verfahrensmangel ist, der zur Zuschlagsversagung führen muß, gehe ich davon aus, daß es sich hierbei auch in der Zwangsverwaltung um einen nicht heilbaren Mangel handelt.

  • Hallo zusammen,

    ich habe im obigen Fall mich dazu entschieden, die beschränkte Zwangsverwaltung anzuordnen und der Erinnerung nach § 766 ZPO somit abzuhelfen.
    Es kamen auch keine Beschwerden mehr! Allerdings möchte die Erinnerungsführerin eine Ergänzung des Beschlusses. Sie verlangt die Aufnahme des Ausspruches " Die Gläubigerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen."
    Kann ich den Beschluss entsprechend ergänzen oder gehört der Ausspruch nicht in den Beschluss! Ich muss nachfragen, da ich solche Fälle noch nicht allzuoft hatte!!!

    Vielen Dank!
    Liebe Grüße
    Sabine

  • Wenn die Kostenauferlegung erst nach Erlass des Abhilfebeschlusses beantragt wurde, kann eine Kostentragungspflicht m.E. nur durch erneuten separaten Beschluss ausgesprochen werden. Ich weiß allerdings nicht, ob dieser nachträgliche Kostenantrag fristgebunden ist.

  • Hallo !
    Ich erbitte um Meinungen zu folgendem Fall, den ich etwas ausführlicher schildern muss:

    Es wurde die beschränkte Zwangsverwaltung in ein durch einen Nießbrauch belastetes Grundstück angeordnet. Ein Duldungstitel gg. den Nießbraucher wurde bis dato nicht vorgelegt.
    Der Verwalter hat bereits in seinem Inbesitznahmebericht darauf hingewiesen, dass der Nießbraucher sämtliche Kosten und die öffentlichen Lasten zu tragen hat.
    Entgegen dieser Vereinbarung hat er jedoch festgestellt, dass bereits vor Anordnung der Verwaltung (nach Bestellung des Nießbrauchs) der Eigentümer das Grundstück vermietet hat, die Mieten und auch die Kaution an den Grundstückseigentümer gezahlt wurden.
    Der Eigentümer hat auch die Grundstückskosten getragen.
    Es bestand daher die Vermutung, dass der Nießbraucher bereits vor Anordnung des Verfahrens auf seine Rechte aus dem Nießbrauch verzichtet hat.
    Weder Eigentümer noch Nießbraucher haben sich zu den Hintergründen geäußert.

    Während des Zwangsverwaltungsverfahrens wurden nun die Mieten an den Verwalter gezahlt, dieser hat vorsorglich natürlich keine Auszahlungen daraus vorgenommen, sie liegen weiterhin auf dem Konto.
    Gerichtskosten und Verwaltergebühr waren durch ausreichende Vorschüsse gedeckt.

    Das Verwaltungsverfahren wurde nach Zuschlagserteilung aufgehoben und nun stellt sich natürlich erst recht die Frage: wohin mit den Mieten, die für die Zeit vor dem Zuschlag gezahlt wurden ?
    Ich tendiere dazu, dass diese nicht beschlagnahmt waren und daher nicht an den Gläubiger auszuzahlen sind sondern an den Nießbraucher. Sofern der Gläubiger Anspruch auf die Mieten erhebt, müsste er hierfür entsprechenden Duldungstitel oder Zustimmung des Nießbrauchers vorlegen.
    Nachgewiesen wurde ja bisher nicht, dass der Nießbrauch nicht mehr besteht und die Mieten doch beschlagnahmt waren. Dies wäre wohl auch als materiell-rechtliches Problem vor dem Prozessgericht zu klären oder ?

    Vielen Dank. 

  • Ich denke auch, dass die Mieten dem Berechtigten aus dem Nießbrauch zustehen. Für Anderweitiges gibt es nur Vermutungen.
    Wenn der Berechtigte sich nicht zuckt (Angabe Konto u.ä.), muss das Geld hinterlegt werden.

    Lasst ja die Kinder viel lachen, sonst werden sie böse im Alter. Kinder, die viel lachen, kämpfen auf der Seite der Engel.
    Hrabanus Maurus


    Nach manchen Gesprächen mit einem Menschen hat man das Verlangen, eine Katze zu streicheln, einem Affen zuzunicken oder vor einem Elefanten den Hut zu ziehen.
    Maxim Gorki




  • Ich tendiere dazu, dass diese nicht beschlagnahmt waren und daher nicht an den Gläubiger auszuzahlen sind sondern an den Nießbraucher. Sofern der Gläubiger Anspruch auf die Mieten erhebt, müsste er hierfür entsprechenden Duldungstitel oder Zustimmung des Nießbrauchers vorlegen.
    Nachgewiesen wurde ja bisher nicht, dass der Nießbrauch nicht mehr besteht und die Mieten doch beschlagnahmt waren. Dies wäre wohl auch als materiell-rechtliches Problem vor dem Prozessgericht zu klären oder ?


    Dahin tendiere ich auch. So ist die grundbuchersichtliche Rechtsfolge.

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