Bestellung einer Baulast

  • Als FamG soll ich die Bestellung einer Baulast genehmigen.

    Nach dem Inhalt der Baulast sollen 2 nebeneinander liegende Grundstücke baurechtlich als ein Grundstück behandelt werden.

    Eigentümer des einen Grundstücks ist die Mutter, Eigentümer des anderen ihr mdj. Sohn.

    Die Baulast wird deshalb bestellt, weil die auf dem Grundstücks des Kindes stehende Garage über die Grenze hinaus auf das Grundstück der Mutter erweitert werden soll.

    In notariell beurkundeter Erklärung haben Vater und Mutter daher nun für beide Grundstücke diese Zusammengehörigkeitsbaulast erklärt und der Notar hat Genehmigung beantragt.

    Dazu beschäftigen mich nun folgende Fragen:

    1. Liegt überhaupt ein Genehmigungstatbestand vor?

      Ich denke, hier könnte eine Grundstücksverfügung i.S.d. § 1821 Abs. 1 Nr. 1 BGB vorliegen.
      So jedenfalls verstehe ich MükoBGB, 4. Auflage 2002, beck-online, Rn. 21 zu § 1821 BGB, und OVG Münster, Urteil vom 09.05.1995, Az. 11 A 410/92, NJW 1996, 275, 276.
      Demnach wäre eine Genehmigung erforderlich.
    2. Können die Eltern (bzw. die Mutter) das Kind überhaupt selbst vertreten?

      Erklärungsempfänger der Baulast ist zwar wohl der Landkreis aber der Baulast liegt ja eine Art Vertrag zwischen Mutter und Sohn zugrunde. Ich sehe daher die Eltern eigentlich als von der Vertretung ausgeschlossen an, da ein (verdecktes) Insichgeschäft vorliegt. Die Kollegin vom VormG sieht das leider bisher anders.
    3. Wäre die Baulastbestellung genehmigungsfähig?

      Im Moment profitiert von der Bestellung eigentlich nur das Kind. "Sein" Garagenanbau soll sich auf das Grundstück der Mutter erstrecken. Deshalb erfolgt auch keine Gegenleistung. Allerdings wäre ja nun auch ohne weiteres eine Bebauung auf dem Grundstück der Mutter über die Grenze hinweg möglich.
      Ich tendiere dennoch dazu, die Genehmigung zu erteilen, sofern überhaupt das FamG (und nicht das VormG) zuständig sein sollte.

    Bin auf Eure Meinungen sehr gespannt!

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • also, es ist ja nicht so, dass ich den begriff "baulast" schon mal gehört hätte, aber mal folgende überlegungen:

    zu. 1.: die genehmigungspflicht nach § 1821 I1 würde ich bejahen, weil die erklärung auswirkungen auf die rechtlichen verhältnisse betreffend das grundstück hat. die erklärung bewirkt, dass es baurechtlich wechselseitig zum überbau kommen kann und darf, was vorher nicht der fall war.

    zu. 2. denke schon, dass hier ein in-sich-geschäft nach § 181 (bzw. §1795 beim vater) vorliegt, weil neben den gleichgerichteten erklärungen der beiden grundstückseigentümer an die behörde auch ein innenverhältnis zwischen diesen bestehen muß. sie müssen sich intern darüber einigen, dass und wie ein solcher überbau stattfinden darf.

    zu 3.: ich würde von genehmigungsfähigkeit ausgehen, da derzeit nur der momentane überbau zur diskussion steht. ein evtl. später stattfindender (von seiten der mutter) bedürfte der erneuten einigung mit dem kind, da dieses hierzu erneut seine bereitschaft erklären müßte, auch wenn verwaltungstechnisch eine baugenehmigung ohne weiteres erfolgen kann.

    wie gesagt, alles ohne gewähr, weil ich keine ahnung habe, was eine baulast genau beinhaltet.

  • Da die Übernahme der Baulast durch Dienstbarkeit dinglich gesichert wird, ist der Genehmigungstatbestand des § 1821 Abs.1 Nr.1 BGB erfüllt (so auch OLG Frankfurt NJW 1989, 232). Im Hinblick auf die Genehmigungsfähigkeit hätte ich keine Bedenken.

    Mit dem Vertretungsausschluss bin ich mir auf Anhieb auch nicht sicher. Ich würde aber meinen, dass im vorliegenden Fall nur die Bestellung des dinglichen Rechts in Frage steht und dass man nach der neuen BGH-Rechtsprechung das dingliche Geschäft daher durchaus isoliert betrachten kann. Der springende Punkt scheint mir zu sein, wer als Berechtigter der Dienstbarkeit eingetragen werden soll. Werden (wie bei der Abstandsflächenübernahme) sowohl Dienstbarkeiten für den öffentlichen Träger als auch wechselseitige Dienstbarkeiten für die jeweiligen Eigentümer eingetragen, so führt an der Bestellung eines Ergänzungspflegers kein Weg vorbei. Auf die Problematik mit dem schuldrechtlichen Geschäft käme es dann nicht mehr an.

  • Wieso sprichst Du von "Dienstbarkeiten"??!
    In meinem Fall soll nichts in Grundbuch sondern nur jeweils eine Baulast ins Baulastenverzeichnis beim Bauamt des Landkreises eingetragen werden.

    Berechtigter soll wohl sein der Eigentümer des Nachbargrundstücks (falls man bei solchen Baulasten überhaupt von einem "Berechtigten" in diesem Sinne sprechen kann; die Baulast dient ja "nur" dazu, die Unanwendbarkeit bestimmter Bauvorschriften wegen der Grenzbebauung zu "verdinglichen").
    (Siehe dazu auch meinen Folgebeitrag mit dem Wortlaut der Baulasterklärung.)

    Ulf

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  • Nach der not. Urkunde lautet die bestellte Baulast wie folgt:

    "Die jeweiligen Eigentümer der Grundstücke A und B sind verpflichtet, mit ihren baulichen Anlagen und Baumaßnahmen auf den Grundstücken A und B das öffentliche Baurecht so einzuhalten, als wären die Grundstücke A und B ein einziges Baugrundstück im Sinne von § 4 Abs. 1 NBauO."

    Vielleicht hilft das ja weiter...

    Ulf

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  • Ulf:

    Mea culpa, da hatte ich den Sachverhalt falsch verstanden.

    Meines Erachtens ist in diesem Fall von einem Vertretungsausschluss auszugehen, weil hier beide Eigentümer zwar lediglich eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung gegenüber der Bauaufsichtsbehörde übernehmen, die sich nicht bereits aus öffentlich-rechtlichen Vorschriften ergibt, diesen Verpflichtungserklärungen aber eine nicht formbedürftige privatrechtliche Nachbarvereinbarung der beiden Grundstückseigentümer zugrunde liegt. Im Rechtssinne wird die Baulast somit privatrechtlich zwischen den Grundstückseigentümern vereinbart, welche dann lediglich im Wege der Baulasterklärung gegenüber der Baubehörde öffentlich-rechtlich umgesetzt wird. Damit greift für die Mutter § 181 BGB und für den Vater § 1629 Abs.1 S.1 BGB i.V.m. § 1795 Abs.1 Nr.1, Abs.2 BGB.

    Die Kollegin beim VormG wird daher wohl umdenken müssen.

    Also: Bestellung eines Ergänzungspflegers, Genehmigung (oder Neuvornahme) der Erklärung des Kindes durch diesen sowie hierzu die nach den bisherigen Ausführungen erforderliche Genehmigung des VormG (nicht des FamG).

    Ich kann mir nicht vorstellen, dass die interessante Frage des Vertretungsausschlusses bereits in Rechtsprechung und Literatur erörtert wurde. Dafür ist der Fall der zwei Nachbargrundstücke von Mutter und Kind wohl auch zu selten.

  • He juris2112, macht ja nix! Kann ja jedem mal passieren. ;)

    Dann sind wir uns ja also doch mal wieder einig. :einermein

    Mich würden trotzdem noch andere Meinungen interessieren!
    Vielleicht gibt's ja noch ein paar Denkrichtungen, in die wir bisher noch gar nicht gedacht haben.
    Das ganze scheint in der Praxis irgendwie wohl relativ selten zu sein. Ich vermute fast, die Bauämter tragen in aller Regel ohne Genehmigung ein. Hier kam das ja auch nur zu uns, weil der Notar daran gedacht hat. Der Landkreis hätte wohl sonst einfach eingetragen.

    Ulf

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    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Wenn die Bauämter die Baulast bisher immer ohne Genehmigung eingetragen haben, ist das für den Minderjährigen eigentlich doch sehr praktisch. Hält er sich später daran, dann ist es gut. Und will er anders bauen, dann beruft er sich auf die Unwirksamkeit der Erklärung.:D

  • Für mich stellt sich die Frage, aus welchem Grunde die Baulast eingetragen werden soll.

    - Es gibt keine gesetzliche Verpflichtung, dass hierzu eine Eintragung im Baulastenverzeichnis zu erfolgen hat.

    - Mir ist bekannt, dass es in einigen Landkreisen keine Baulastenverzeichnisse mehr gibt. Soweit noch solche vorhanden sind, soll bereits über ihre Abschaffung nachgedacht werden.

    Aus ZK-Verfahren weiß ich, dass bei der Eintragung ins Baulastenverzeichnis von der Baubehörde viel übersehen wird mit der Folge, dass diese unwirksam sind. Insoweit sind mir entsprechende Prozesse bekannt.

    Zu der Genehmigungspflicht schließe ich mich den vorstehenden Ausführungen an.

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